Asthma bronchiale und Schwangerschaft J45.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 15.08.2018

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Synonym(e)

Asthma und Schwangerschaft

Definition

Die physiologischen Veränderungen während der Schwangerschaft können den Verlauf eines Asthma bronchiale sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Bei etwa 1/3 der Patientinnen  verbessern sich die Asthma- Symptome, bei 1/3 tritt keine Änderung auf, bei 1/3 der Patientinnen verschlechtern sich die Symptome. Schubaktivitäten des Asthmas können in der Schwangerschaft gehäuft auftreten, insbesondere am Ende des 2. Trimenons (Murphy VE et al. 2006). Wenn das Asthma bronchiale während der Schwangerschaft gut kontrolliert ist, ist das Risiko mütterlicher und fetaler Komplikationen gegenüber Schwangeren ohne Asthma nicht oder allenfalls gering erhöht (Murphy VE et al. 2011).

Ätiopathogenese

Als Ursachen für Exazerbationen des Asthmas bronchiale werden mechanische, hormonelle und immunologische Veränderungen während der Schwangerschaft angeführt; aber auch eine "gewollte Reduktion" der notwendigen Asthma-Medikation (v.a. der Glukokortikosteroide) infolge von Verunsicherungen über potentielle Gefahren der Asthmamedikamente.

Schwangere Asthmatikerinnen zeigen sich besonders anfällig gegenüber viral bedingten Atemwegsinfekten (Murphy VE et al. 2013).  

Schwangere Asthmatikerinnen erleiden höhere Raten an Präeklampsie, Schwangerschaftsdiabetes, Plazentaablösung, Plazenta prävia und Frühgeburten (Mendola P et al. 2013).

Bei Schwangeren mit unkontrolliertem Asthma besteht für dern Fötus ein höheres Risiko an Komplikationen wie: intrauterine Wachstumshemmungen, vaginale Blutungen, Frühgeburten und Hypoxie des Neugeborenen (Murphy VE et al. 2006).

Chronischer Zigarettenkonsum führt zu negativen Auswirkungen auf den Föten bzw. das Kind: Reduktion der neonatale Immunfunktionen, erhöhtes Risiko für den plötzlichen Kindstod, niedriges Geburtsgewicht, Frühgeburten, Lungenfunktionseinschränkungen im Schulalter,  höhere Rate an Atemwegsinfektionen, psychische Auffälligkeiten, erhöhte Asthmaprävalenz. Weiterhin ist die die Gefahr für eine Plazentaablösung, eine Plazenta prävia und Uterusblutungen erhöht (Hodyl NA et al. 2014; Salihu HM et al. 2007).

Therapie

Pharmakotherapie: Ein unkontrolliertes Asthma schadet der Schwangeren und dem ungeborenen Kind. Die Gefahren einer unzureichenden Asthma-Kontrolle überwiegen bei weitem die vielfach befürchteten (überschätzten) Medikamentennebenwirkungen. Asthmatikerinnen sollten zu Beginn einer Schwangerschaft ein Beratungsgespräch zur Bedeutung und Sicherheit der während der Schwangerschaft fortzuführenden Asthmatherapie führen. Die Basistherapie sollte wegen des Eintritts einer Schwangerschaft nicht geändert werden.

Inhalative Glukokosteroide (ICS): Die Inhalation von ICS, von denen für Budesonid die größten Erfahrungen in der Schwangerschaft vorliegen, beugt Asthma-Exazerbationen in der Schwangerschaft vor (Schatz M et al. 2005; Wendel PJ et al. 1996); das Absetzen von ICS während der Schwangerschaft ist hingegen ein signifikanter Risikofaktor für die  Verschlimmerung des Asthmas (Murphy VE et al. 2006). Insofern sollte die Asthmabehandlung während der Schwangerschaft nicht mit einer Dosisreduktion der ICS einhergehen (Lim A et al. 2011).

Monoklonalen Antikörper: Der Einsatz von monoklonalen Antikörpern kann aufgrund fehlender Daten während der Schwangerschaft nicht mit hinreichender Validität bewertet werden. Es wird empfohlen, auf den Einsatz während der Schwangerschaft zu verzichten, außer bei Patientinnen, bei denen diese Therapie eindeutig erforderlich ist (Dtsch Ärztebl 108: A- 600/B- 488/ C- 488). 

Spezifische Immuntherapie: Zur Immuntherapie während der Schwangerschaft gibt es keine verlässlichen Daten. Eine spezifische Immuntherapie (SIT) sollte aufgrund des möglichen Auftretens von systemischen Reaktionen nicht während der Schwangerschaft begonnen, kann aber bei guter Verträglichkeit und bei bisher problemlosen Verlauf der SIT während der Schwangerschaft fortgesetzt werden.

Antibiotika: Pulmonale Infekte sind bei asthmakranken Schwangeren häufig. Bei den meist viralen Infekten ist der Einsatz von Antibiotika nicht erforderlich. Da durch den Einsatz von Antibiotika das Risiko eines Asthmas für die Nachkommen möglicherweise erhöht ist (Mylonas I 2011), sollte die Gabe von Antibiotika auf die notwendigen Indikationen beschränkt werden. Empfehlenswert sind für den Einsatz während der Schwangerschaft Penicilline und Cephalosporine. Erythromycin erscheint sicher, kann aber gastrointestinale Nebenwirkungen, insbesondere Übelkeit hervorrufen. Vermieden werden sollten: Aminoglykoside wegen ihrer Oto- und Nephrotoxizität, Tetrazykline wegen ihrer wachstumshemmenden Effekte, Chinolone wegen der Auslösung von Knochendefekten (Mylonas I 2011).

Schutzimpfungen: Wegen unzureichender Daten bezüglich des Einsatzes der Influenza- und Pneumokokkenschutzimpfung während der Schwangerschaft von Asthmatikerinnen, sollten diese Impfungen möglichst vor Beginn einer Schwangerschaft durchgeführt werden.

Hinweis(e)

Allgemeine Richtlinien  für das Verhalten während einer Schwangerschaft  (variiert n. Buhl R et al. AWMF-Leitlinie):

  • Bei schwerem Asthma wird eine engmaschige Überwachung auch des Ungeborenen empfohlen. Frauen mit schlecht einstellbarem Asthma sollten vom Pneumologen und Gynäkologen gemeinsam in enger Abstimmung betreut werden.   
  • Bei Frauen mit Asthma soll bei Kontrolluntersuchungen in der Schwangerschaft auch die Asthmakontrolle überprüft werden.
  • Die Langzeittherapie und die Bedarfstherapie des Asthmas sollen während der Schwangerschaft in gewohnter Weise fortgeführt werden.
  • Eine Therapie mit Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten soll während der Schwangerschaft nicht begonnen werden.
  • Eine Schwangerschaft gilt als Kontraindikation für den Beginn einer spezifischen immuntherapie (SIT). Die Fortführung der SIT mit Inhalationsallergenen während einer Schwangerschaft ist bei guter Verträglichkeit möglich.
  • Eine schwere Asthmaexazerbation in der Schwangerschaft sollte stets als medizinischer Notfall angesehen werden.
  • Bei Frauen mit Asthma bronchiale sollte Oxitocin als Mittel der ersten Wahl für eine etwaige Geburtseinleitung und für eine Behandlung der postpartalen Uterusatonie gelten.
  • Bei einer guten Kontrolle des Asthmas in der gesamten Schwangerschaft ist die perinatale Prognose der Kinder asthmatischer Mütter denen von nicht asthmatischen Müttern vergleichbar.

Literatur
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  23. Wendel PJ et al. (1996) Asthma treatment in pregnancy: a randomized controlled study. Am J Obstet Gynecol 175: 150-154

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