Aloe barbadensis

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 24.10.2023

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Synonym(e)

Aloe barbadensis extract; Aloe-Emodin; Aloe vera; Bärengalle; Kap-Aloe; Succus Aloes inspissatus, Curacao-Aloe, Venezuela-Aloe, Barbados-Aloe

Definition

Pflanzliches Arzneimittel zur kurzfristigen Anwendung bei gelegentlicher Verstopfung.

HMPC:  Innerliche Anwendung von Kap- und Curaçao-Aloe zur kurzfristigen Behandlung gelegent­lich auftretender Obstipation:  well-established use Phytopharmakon
ESCOP: Kap- und Curaçao-Aloe: zur kurzfristigen Behandlung einer gelegentlich auf­tretenden Verstopfung.
Kommission E: Kap- und Curaçao-Aloe: bei Verstopfung

Als Aloe wird der stabilisierte Saft aus  Aloe-Blättern versch. Aloe-Arten bezeichnet. Dieser Saft wirkt antientzündlich und antibakteriell und wird v.a. in der Kosmetik angewendet.
Die pharmazeutisch genutzten Extrakte werden je nach Herkunft bezeichnet:

  • Curacao Aloe (Aloe barbadensis) besteht aus dem eingedickten Saft der Blätter von Aloe barbadensis Miller, der in entsprechenden Applikationen und Dosierungen verabreicht werden kann.
  • Kap Aloe (Aloe capensis), besteht aus dem eingedickten Saft der Blätter v.a. von Aloe ferox.

Inhaltsstoffe

Beide Drogen unterscheiden sich graduell in der Zusammensetzung ihrer Wirkstoffe. Sie enthalten Anthranoide (Bezeichnung für natürlich vorkommende Anthracenderivate) wie Aloin dem stark laxierend wirkenden Hauptwirkstoff (Aloin ist außerhalb des Wasserspeichergewebes der Blätter unter der Blattrinde lokalisiert). Aloin vesitzt antiangiogenetische und zytotoxische Aktivitäten, hieraus resultiert die antitumoröse Wirkung.

Weiterhin finden sich die Chromon-Derivate Aloesin, Aleoson, Aloenin (ein Bitterstoff) sowie in eher geringer Konzentration (<1%) das 1,8 Dihydroxyanthrochinonderivat  Aloe-Emodin (s.u. Emodine). Nach Ph.Eur. 2 enthält Aloe capensis (Kap-Aloe) mindestens 18% Aloin, Aloe barbadensis (Curacao Aloe) mindestens 28% Aloin.

Vorkommen

Die pharmazeutische Droge Aloe  wird als Extrakt aus Aloe vera, der offizinellen Stammpflanze, durch Eindampfen bis zur Trocknung gewonnenen. 

Durch 2 graduell unterschiedliche Verarbeitungsweisen des Extraktes werden die folgenden Ausgangssubstrate gewonnen: 

  • Aloe hepatica: Entsteht durch langsames, schonendes Eindampfen an der Sonne oder im Vakuum als mattbrauner leberfarbene Festprodukt (sogenannter "Aloe-hepatica-Typ").
  • Aloe lucida: Entsteht durch rasches Eindampfen als tiefbrauner, glasig erscheinender Festprodukt (sogenannter "Aloe-lucida-Typ").

Aloe ist von stark bitterem Geschmack, ist wenig löslich in kaltem, sehr gut löslich in heißem Wasser.

Als Arzneimittel werden bezeichnet:

  • Curaçao-Aloe (Barbados Aloe) wird aus Aloe barbadensis Miller (Aloe vera Linné) enthält als wesentlichen Inhaltsstoff den stark abführend wirkenden 1,8-Dihydroxyanthracen-Abkömmling Aloin.
  • Kap-Aloe (Aloe capensis) wird v.a. aus Aloe ferox Miller Art gewonnen.

Wirkungen

Die meisten In-vitro-Studien zum Hautschutz untersuchen die Fähigkeit der Aloe vera und ihrer Wirkstoffe zur Wundheilung. Die immortalisierte menschliche Keratinozyten-Zelllinie HaCaT, die primäre normale menschliche epidermale Keratinozyten-Zelllinie HEKa und Fibroblasten-Zelllinien sind die am häufigsten verwendeten. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Aloe vera und ihre Hauptbestandteile (Aloesin, Aloin und Emodin) ihre schützende Wirkung hauptsächlich über antioxidative und entzündungshemmende Mechanismen ausüben. So hat Aloe vera die Expression von TFGβ1, bFGF und Vegf-A in Fibroblasten hochreguliert und die Proliferation und Differenzierung von Keratinozyten durch die Stabilität der lysosomalen Membran erhöht (Sánchez M et al. 2020). Darüber wirkt eine Aloe vera-Lösung bei niedrigen Konzentrationen (≤175 μg/mL) bei Wunden heilungsfördernd, indem sie die Aktivität des Typ-IV-Kollagenabbaus in einem Zellmodell mit Primärkulturen von Hornhautepithelzellen erhöhte. Darüber hinaus schützte Aloesin die Haut, indem es die IL-8-Produktion, DNA-Schäden, Lipidperoxidation und ROS-Bildung verringerte und den GSH-Gehalt und die SOD-Aktivität erhöhte. Die Verbindung Aloesin förderte die Wundheilung, indem sie die Zellmigration über die Phosphorylierung von Cdc42 und Rak1, Zytokine und Wachstumsfaktoren erhöht. Zusätzlich zu dieser Heilungsaktivität wurde festgestellt, dass Aloe-Polysaccharid (20, 40 und 80 µg/mL für 24 Stunden) ein nützliches Mittel bei Psoriasis sein könnte, was durch die Hemmung der TNF-α-Spiegel und der IL-8- und IL-12-Proteinexpression in der menschlichen Keratinozyten-Zelllinie HaCaT belegt wird (Sánchez M et al. (2020). Darüber hinaus zeigte ein UV-induziertes Mausmodell, dass Aloe vera-Gelpulver den epidermalen Wachstumsfaktor und die Hyaluronsynthase erhöht und die Expression von Matrixmetalloproteinasen (Typ 2, 9 und 13) reduziert. Die Sterole der Aloe sind an diesem UV-Schutz beteiligt. Ebenso wurde beobachtet, dass Aloe vera durch antioxidative Mechanismen (erhöhte antioxidative Enzymaktivität und GSH-Gehalt sowie verringerte ROS-Produktion und Lipidperoxidation) vor Röntgenstrahlung schützt. Von den isolierten Verbindungen haben Untersuchungen mit den Verbindungen Aloe-Emodin und Aloe-Sin gezeigt, dass ihre heilende Wirkung auf angiogene Eigenschaften zurückzuführen ist.

Wirkungsspektrum

Systemische Wirkungen: 1,8-dihydroxyanthracenderivate hat eine stark laxierende Wirkung. Die beta-glykosidischen gebundenen Glykoside sind wahrscheinlich Prodrugs, die erst im Dickdarm durch bakterielle Enzyme  zu Aloe-Emondinanthron katalysiert werden. Aloe-Emondinanthron ist der eigentliche Wirkstoff mit den laxierenden Eigenschaften.  

Externe Wirkungen: Bei äußerlicher Anwendung (Salben und Gels) wird der antientzündliche und antiseptische Effekt genutzt.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Aloe ist ein fester Bestandteil in der Phytotherapie und der modernen Kosmetik. Bei äußerlicher Anwendung (Salben und Gels) wird dem Saft der Aloe ein positiver Effekt auf Juckreiz von Insektenstichen zugeschrieben.

Aloe-Extrakte werden ebenfalls in Zahnpastem verwendet. 

Weitere Indikationen sind Sonnenbrand (Aloe Gel), Acne vulgaris und Psoriasis vulgaris und Lichen planus mucosae.

Weitere Indikationen sind Sonnenbrand (Aloe Gel), Acne vulgaris, Psoriasis vulgaris und Lichen planus mucosae.

Durch ihre antiseptische Eigenschaft eignet sich Aloe Vera auch zur Wundbehandlung.

Durch ihre antiseptische Eigenschaft eignet sich Aloe Vera auch zur Wundbehandlung.

Dosierung

Als Abführmittel 0,2-0,25g Kap-Aloe. Als Bittermittel 0,05-0,1g Kap-Aloe. Applikationsformen sind Pilulae laxantes, Extractum Aloes siccum normatum (Ph.Eur.2): Tinctura Aloes.  

Einzeldosis: Pflanzliche Zubereitung entsprechend 10 – 30 mg Hydroxyanthracen-Derivaten, einmal täglich nachts einzunehmen.

Dauer der Anwendung Nicht länger als 1 Woche anwenden, dabei nicht öfters als bis zu zwei- bis dreimal/Woche.

Unerwünschte Wirkungen

Nebenwirkungen bei systemischer Applikation: krampfartige Magen-Darm-Beschwerden, bei längerer Einnahme mögliche Störungen im Wasser- und Elektrolythaushalt; Kaliumverluste. Gefahr der Neprotoxizität (Proteinurie, Hämaturie). Die therapeutische Bedeutung der „Aloe“ ist in der Systemtherapie deutlich zurückgegangen, da  für die Indikationen besser verträgliche Stoffe existieren.

Cave: Karzinogene Wirkung der Blätter aufgrund der enthaltenen Inhaltsstoffe - nur kurzfristige Anwendung ! laut EMA nur 1 Woche!

Toxikologisch relevant ist v.a. die oberste Schicht der Blätter von Aloe arborescens aufgrund des Gehaltes an pflanzlichen Anthranoiden: Verdacht auf genotoxische und kanzerogene Wirkung :  https://www.bfr.bund.de/cm/343/nahrungsergaenzungsmittel-mit-anthranoidhaltigen-aloe-ganzblattzubereitungen-bergen-gesundheitliche-risiken.pdf

https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2017/news107-gesundheitsrisiken-aloe-produkte.php

 

 

 

Kontraindikation

Allergie gegen Einzelbestandteile der Pflanze resp. des Präparates

Nicht bei Ileus, akuten oder anhaltenden Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit und Erbrechen einnehmen

Anwendung während der Schwangerschaft: Genotoxisches Risiko einiger Anthranoide, z.B. Emodin und Aloe-Emodin.

Anwendung während der Stillzeit.

Fertilitätsdaten liegen nicht vor.

Wechselwirkungen

Herzglykoside, Antiarrhythmika, QT-verlängernde Arzneimittel, Diuretika, Adrenocorticosteroide, Süßholzwurzel : Vorsicht:  vor der gleichzeitigen Einnahme mit Aloe-Präparaten Arzt konsultieren.

Aufgrund der möglichen Hypokaliämie Verstärkung der Wirkung von Herzglykosiden, Interaktion mit Antiarrhythmika.

Cave zeitgleiche Gabe von Diuretika, Nebennierenkortikosteroiden und Süßholzwurzel : Verstärkung des aliumverlustes!

Handelsnamen

Phönix Kalophön-Salbe

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. https://arzneipflanzenlexikon.info/aloe.php
  2. https://www.ema.europa.eu/en/documents/herbal-monograph/final-european-union-herbal-monograph-aloe-barbadensis-mill-aloe-various-species-mainly-aloe-ferox_en.pdf
  3. Kessing R (2019) Pflanzliche Wirkstoffe zur topischen Anwendung. Der Privatarzt 9: 42-43
  4. Rajar DU et al. (2008) Efficacy of aloe vera gel in the treatment of vulval lichen planus. J Coll Physicians Surg Pak18:612-4.

  5. Sánchez M et al. (2020) Pharmacological Update Properties of Aloe Vera and its Major Active Constituents. Molecules 25:1324.

  6. Wenigmann M. (2017) Phytotherapie Arzneidrogen, Phytopharmaka, Anwendung. Urban & Fischer, S.66-67
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