Schimmelpilze

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor: Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 28.04.2020

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Synonym(e)

Molds; Moulds; Pilze; Schimmel

Definition

Überwiegend saprophytäre, seltener parasitäre Pilze. Hierzu gehören die Aspergillus-Arten, die Mukorazeen und die Geotrichen (s.u. Geotrichose). Ihre Rolle bei der Entstehung von Infektionen wird z.T. unterschiedlich bewertet. Auftreten häufig in Gesellschaft von Dermatophyten und Hefen. Seltenere Erreger von Nagelmykosen und Interdigitalmykosen. Bei Typ I-Sensibilisierung auf Schimmelpilze kann es zu rhino-konjunktivalen oder bronchialen Symptomen kommen. 

Cave! Genuss von Schimmelpilzkäse bei Penicillin-Allergie ist zu unterlassen.

S.a.u. CephalosporioseVerticillioseHemisporosePeyronellaeoseMyzetomChromomykoseschwarze Piedra.

Erreger

Heterogene Gruppe von filamentösen Pilzen (Fungi) zusammen, die in der Mehrzahl zu den taxonomischen Gruppen

  • der Ascomyceten (Schlauchpilze)
  •  und
  • Zygomyceten (Jochpilze)

gehören. Für die Klassifizierung der Pilze gelten im wesentlichen die gleichen Regeln wie für die Pflanzen. Natürliche Verwandtschaftsverhältnisse sollen die Grundlage einer Klassifikation darstellen. Systematische Einheiten helfen hierbei, eine Ordnung zu schaffen. Als Basis dient die Art (Species). Eine Spezies fasst morphologisch übereinstimmende, sexuell kompatible Individuen zusammen. Nahe verwandte Arten werden in einer Gattung (Genus) vereinigt. Der Gattungsname (z.B.: Aspergillus) ist immer dem Namen der Spezies (z.B.: niger) vorangestellt. Eine Spezies kann unter Umständen weiter unterteilt werden in Unterarten (Subspecies), Varietäten (var.), Formen (f.) und Rassen. Schimmelpilze wachsen bei Temperaturen von 0 bis 60°C, am schnellsten zwischen 20 und 25°C. Auf Lebensmitteln können Schimmelpilze auch bei Temperaturen bis zu −10 °C weiterwachsen. Schimmelpilze ernähren sich von organischen Molekülen (z. B. Kohlenhydrate, Fette, Proteine), die sich in Lebensmitteln, im Erdboden, in Holz, in Staubkörnern u.a. finden.

Vorkommen/Epidemiologie

Pathogenität: Für den Menschen haben einige  Schimmelpilzarten aufgrund ihres Vorkommens und ihrer Wachstumsweise pathogene Bedeutung  (z. B. Aspergillus fumigatus). Als Saprophyten (opportunistische Infektionen durch Schimmelspezies v.a. bei Immunsupprimierten (Risikogruppe1-3) oder bei Onychomykose).

Schimmelpilzallergie: Weiterhin spielen Schimmelpilze als Produzenten von Allergenen sowie als Produzenten von Mykotoxinen (z.B. in Lebensmitteln: Aflatoxin,  Deoxynivalenol,  Fumonisin, Griseofulvin, Ochratoxin,  Patulin,  Penicillin,  Satratoxin,  Trichothecene,  Zearalenon) eine Rolle. Eine ausreichende Evidenz für potenziell auslösende Schimmelpilzallergene liegt für folgende Erkrankungen vor: Asthma und Rhinitis allergica, exogen-allergische Alveolitis, Begünstigungen für Atemwegsinfektionen.  

Nahrungsmittel-Veredler: Schimmelpilze spielen auch als Nahrungsmittel-Veredler eine Rolle z.B. die Pinselschimmel-Arten Penicillium roqueforti und Penicillium camemberti, die nach ihrer Verwendung bei der Produktion von Käsesorten Roquefort bzw. Camembert benannt sind. Auch bei der Weinproduktion wird ein Schimmelpilz (Botrytis cinerea) zur Veredelung (Edelfäule) der Trauben genutzt.

Prodiuzenten von Mykotoxinen:  Mykotoxine sind toxische Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen. Etwa 200 verschiedene Toxine sind bekannt; sie werden von etwas über 300 Pilzarten produziert.  Mykotoxine sind für den Menschen (auch für gleichwarme Tiere) bereits in geringen Dosen toxisch. In Mitteleuropa nimmt die Bedeutung der Mykotoxine zu. Ursache dafür sind Lebensmittelimporte aus Gebieten mit feuchtwarmem Klima. Sie sind in allen Stufen der Herstellung, von der landwirtschaftlichen Produktion über die Lebensmittelverarbeitung bis zur Lagerung vom Befall durch Schimmelpilze bedroht. Außerdem breiten sich toxinbildende Schimmelpilze, vor allem Fusarien (s.u. Fusarium), in gemäßigten Breiten aus. Die wichtigsten Mykotoxingruppen und ihre Bildner sind:

  • Mykotoxine von Claviceps-Arten (Gruppe der Mutterkornalkaloide)
  • Mykotoxine von Fusarium-Arten (Zearalenon; Fusarenon)
  • Mykotoxine von Penicillium-Arten (Luteoskyrin, Patulin -auf Obstsorten)
  • Mykotoxine von Aspergillus-Arten (Aflatoxine, Sterigmatocystin, Ochratoxin). Aflatoxine, sind eine häufige Ursache von Lebensmittelvergiftungen.  Sie können aber auch über die Raumluft unspezifische gesundheitliche Problemen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Schleimhautreizungen hervorrufen.

Produzenten von Medikamenten: Bestimmte Schimmelpilzspezies produzieren Ausgangsprodukte für Medikamente (z.B. Antibiotika (Penicillinarten), Immunsuppressiva (Cyclosporin, Mycophenolsäure) oder Cholesterinsenker (z. B. Lovastatin).

Therapie

Für Schimmelpilze kann im relevanten Einzelfall eine Testung in Referenzzentren durchgeführt werden. Darüber hinaus ergeben sich aus der Speziesidentifikation wesentliche Hinweise auf therapeutisch geeignete Antimykotika.

Polyenantimykotika: Konventionelles Amphotericin B ist als Breitspektrum-Antimykotikum sowohl für die Therapie von Schimmelpilz- als auch von Hefen-Infektionen geeignet. Liposomales Amphotericin B gilt hinsichtlich der erreichbaren therapeutischen Wirksamkeit als äquivalent zur konventionellen Variante. Eindeutigen Vorteilen in Bezug auf Verträglichkeit und Toxizität stehen sehr hohe Kosten dieser Zubereitung gegenüber.

Azole: Fluconazol ist geeignet zur Therapie von Candida- und Cryptococcus-Infektionen. C. glabrata und C. krusei gelten als häufig resistent. Voriconazol wirkt auch bei C. glabrata und C. krusei sowie bei Schimmelpilzen. Das Wirkspektrum von Posaconazol ist im Vergleich zu Voriconazol durch seine Effizienz bei Infektionen mit Zygomyceten (Rhizopus, Mucor etc.) breiter. 

Echinocandine: Caspofungin wirkt bei Candida- und Schimmelpilzinfektionen. Nicht wirksam ist Caspofungin  bei Cryptococcus-Arten und Zygomyceten (Rhizopus, Mucor etc.). Anidulafungin und Micafungin haben ein ähnliches Wirkspektrum wie Caspofungin.

Literatur
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  1. Gallagher JC et al. (2003) Antifungal pharmacotherapy for invasive mould infections. Expert Opin Pharmacother 4: 147-164
  2. Desoubeaux G et al. (2013) Cutaneous mucormycosis caused by Rhizopus microsporus. Ann Dermatol Venereol 141:201-205
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  4. Refai M (1992) Schimmelpilze differenzieren. Pilzdialog 2: 29–30
  5. Tessari G et al. (2014) Opportunistic deep cutaneous mycoses in
    solid organ transplant recipients. G Ital Dermatol Venereol 149:417-422

  6. Wegmann T (1988) Medizinische Mykologie - ein praktischer Leitfaden. Editiones Roche, Basel
  7. Williams K et al. (2013) Voriconazole-associated cutaneous malignancy: a literature review on photocarcinogenesis in organ transplant recipients. Clin Infect Dis 58:997-1002

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