Südamerikanische hämorrhagische Fieber-Syndrome

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 05.03.2020

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Synonym(e)

Südamerikanische hämorrhagische Fieber-Erkrankungen; Südamerikanische hämorrhagischen Fieber

Definition

Die „Südamerikanischen hämorrhagischen Fieber-Erkrankungen“ werden wie versch. andere Erkrankungen (z.B. Lymphozytäre Choriomenigitis, Lassa-Fieber) durch Arenaviren ausgelöst (Familie der Arenaviren der neuen Welt).

Einteilung

Die Junin-, Machupo-, Guanarito- und Sabia-Viren gehören zur der Familie der Arenaviren der neuen Welt und kommen in Südamerika vor. Diese Arenaviren lösen verschiedene  hämorrhagische Fiebererkrankungen aus so:

Die Bezeichnung Arenavirus leitet sich von einer charakteristischen dunklen Granulierung (arenosus = sandartig) der Viren in elektronenmikroskopischen Darstellungen ab. Diese stellen sich als Ribosomen dar, die beim Aussprossen der Viren miteingeschlossen werden.

Die Arenaviren bestehen aus einer Lipidhülle und sind pleomorph mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 50-300nm. Sie beinhalten 2 RNA-Segmente, das L- du das S-Segment, welche die Information für Strukturproteine (Nucleocapsidprotein und Glycoproteine) und ein Enzym (virale Polymerase) enthalten. Im fertigen Virus lagert sich das Nucleocapsid schützend um die RNA. Die Glycoproteine G1 und G2 sind in der Lipidhülle verankert. Sie dienen zur Absorption und Freisetzung der L und S-Segmente in das Zytoplasma, sind somit für das Erkennen und Eindringen in die Wirtszelle essentiell. Die Vermehrung der Viren in der Zelle erfolgt über eine virale Polymerase.

Vorkommen/Epidemiologie

Arenaviren werden grundsätzlich von infizierten Nagetieren verbreitet. Diese Nagetiere können persistierend (andauernd) infiziert sein und das Virus über längere Zeit ausscheiden. Die Verbreitung des Virus innerhalb  verschiedener Nagerpopulationen geschieht horizontal (auf die gleiche Generation) und nicht vertikal auf den Nachwuchs. Die Übertragung auf den Menschen ereignet sich meist über Exkremente und Sekrete (Stuhl, Urin und Speichel). Das Virus wird entweder über kleine Verletzungen in der Haut aufgenommen oder es gelangt durch Inhalation von kontaminierten Staubpartikeln und Aerosolen in die Atemwege. Die Infektionsdosis für Mensch und Tier wird auf 1-10 Viren geschätzt. Es konnte gezeigt werden, dass die Viren in der Umwelt während mehreren Stunden stabil sind.

Klinisches Bild

Inkubationszeit: 1-2 Wochen.

Die Krankheit beginnt gewöhnlich schleichend mit Unwohlsein, Fieber und Myalgien. Es folgen oft Schmerzen im Bereich der Lenden, des Magens und der Augen, verbunden mit Lichtscheu, Obstipation, Übelkeit und Erbrechen. Das Fieber bleibt relativ konstant hoch bei 40°C. Beim

Argentinischen hämorrhagischen Fieber und beim Brasilianischen hämorrhagischen Fieber (BHF) sind Konjuktivitis und Gesichtserytheme, sowie Erytheme an Nacken und Thorax auffällig (50% der Patienten) Häufig wird eine relative Bradykardie beobachtet. Nach etwa 6 Krankheitstagen beginnt bei 70-80% der Patienten die Krankheit abzuklingen. Bei einem kleineren Teil der Patienten tritt eine komplikative zweite Phase ein. Sie kennzeichnet sich durch Haut- und Organblutungen sowie durch akute neurologische Symptome (s. die Erkrankungen im einzelnen). Lungenoedeme, bakterielle Superinfektionen hypovolämischer Schock sind die wichtigsten Todesursachen beim AHF und BHF. Die Sterblichkeitsrate ist  mit 15-30% hoch.

Labor

Die Labordiagnose von Arenaviren sollte grundsätzlich unter Bedingungen der Biosicherheitsstufe 4 durchgeführt werden, insbesondere wenn das Virus kultiviert werden muss. Für serologische und molekularbiologische Untersuchungen können die Proben zuvor inaktiviert und bei tieferen Sicherheitsstufen bearbeitet werden.

Die RT-PCR (Nachweis von RNA mittels molekularbiologischer Technik) ist eine zuverlässige Methode und erlaubt die frühe und schnelle Diagnose der südamerikanischen Arenaviren.

Die Virusisolierung aus dem Blut auf Zellkulturen ist während der akuten Phase der Infektion (8-14 Tage nach Ansteckung) möglich.

Die Virusisolierung aus Rachenabstrich, Urin, Liquor (Cerebrospinalflüssigkeit) und anderen Flüssigkeiten wurde ebenfalls beschrieben.

Das Virus kann in der Zellkultur mittels Immunfluoreszenz identifiziert werden.

Für den Antikörpernachweis wird ebenfalls ein Immunfluoreszenztest (IFA) durchgeführt, wobei die Seren auf infizierten und inaktivierten Zellen getestet werden.

Die Antikörper gegen das Machupo-Virus- oder Guanarito-Virus erscheinen erst 12-30 Tage nach Krankheitsbeginn und sind meist bereits mit einer Verbesserung des klinischen Verlaufs assoziiert.

Therapie

Die Infektionen mit den südamerikanischen hämorrhagischen Fieberviren werden hauptsächlich symptomatisch behandelt. Bei vielen Patienten ist eine leichte Sedierung (Beruhigung) und die Schmerzbehandlung mittels Opiaten sinnvoll. Blutungen sollten durch Transfusionen von Blutplättchen und Gerinnungsfaktoren therapiert werden.

Kontrolle des Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt, gfls. kontrollierter Ausgleich.

Therapeutisch erfolgreich waren Infusionen von Immunplasmen (Plasma von rekonvaleszenten Patienten). Die Sterblichkeitsrate konnte von 10% auf 1% reduzieren konnte, wenn die Behandlung innerhalb der ersten 8 Krankheitstage erfolgte.

Ein kommerzielles Immunglobulin zur Therapie von AHF existiert noch nicht.

Das antivirale Medikament Ribavirin scheint zumindest bei Junin- und Machupo-Virus-Infektionen einen positiven Einfluss auf deren Ausgang zu haben.

Tierexperimentell konnten bei versch. Infektionen mit Arenaviren gute Erfolge mit dem Virustatikum Favipiravir erzielt werden (Gowen BB et al. 2017; Furuta Y et al. 2013), sodass anzunehmen ist, dass dieses Medikament auch beim Menschen eingesetzt wird (s. hierzu unter Favipiravir).

Therapie allgemein

Stumpfe Traumata die das Auftreten neuer Blutungen auslösen könnten müssen unbedingt vermieden werden (keine unnötige Transporte. Weiterhin keine intramuskuläre Injektionen; keine Einnahme von Acetylsalicylsäure.

Hinweis(e)

Südamerikanische Arenaviren sind hochinfektiös und können via Aerosole übertragen werden. Die Viren sind als Aerosole relativ stabil. Die meisten Arenaviren lassen sich in Zellkulturen auf hohe Konzentrationen vermehren. Sie verursachen schwere Krankheitssymptome und können von Mensch zu Mensch übertragen werden. Sie erfüllen somit wichtige Kriterien für den Einsatz als biologische Waffen.

Literatur
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  1. Gowen BB et al. (2017) Enhanced protection against experimental Junin virus infection through the use of a modified favipiravir loading dose strategy. Antiviral Res 145:131-135.
  2. Tani H et al. (2018) Arenavirus research and antiviral candidate. Uirusu 68:51-62.
  3. Furuta Y et al. (2013) Favipiravir (T-705), a novel viral RNA polymerase inhibitor. Antiviral Res 100:446-454.

Disclaimer

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