Progressive familiäre intrahepatische Cholestase

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 18.03.2020

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Synonym(e)

PFIC-1; PFIC-2; PFIC-3; PFIC-4

Definition

Grupppe seltener, angeborener, genotypisch unterschiedlicher, autosomal rezeissiver, cholestatischer Lebererkrankungen, die mit unterschiedlichen Schweregraden in Erscheinung treten (Henkel SA et al. 2019).

Einteilung

Unterteilt wird die Progressive familiäre intrahepatische Cholestase in die klinischen Untergruppen PFIC-1 (Byler-Syndrom) bis PFIC-4.

PFIC bis1 -4 sind unterschiedlich schwer verlaufende cholestatische Lebererkrankungen, die einen autosomal rezessiven Erbgang haben und häufig schon im Kleinkindalter zu einer progredienten Leberzirrhose führen.

Vorkommen/Epidemiologie

PFIC-1 bis -3 stellen die vierthäufigste Ursache für eine neonatale Cholestase in deutschen Kliniken dar (ca. 10% der Fälle).

Ätiopathogenese

Störungen der Gallensäure-Homöostase durch Fehlregulationen in den kanalikulären Membranen des hepatobiliären Systems, die auf unterschiedliche Mutationen in verschiendenen Genen zurückzuführen sind: (ATP8B1-Gen bei FIC1; Bile salt export pump (BSEP; ABCB11) bei FIC2; Multidrug resistance protein 3 (MDR3; ABCB4); TJP2-Gen das für das Tight Junction Protein 2 kodiert (FIC4). Weitere Genmutationen wurden bei FXR (NR1H4), MYO5B (MYO5B) beschrieben (Keitel V et al. 2019).

Klinisches Bild

PFIC-1 (synonym: Morbus Byler): Ursächlich sind Mutationen im familial intrahepatic cholestasis associated protein type 1 (FIC1; ATP8B1), welches als Aminophospholipid-Flippase für die Membranasymmetrie der kanalikulären Membran wichtig ist. FIC1 transportiert Phosphatidylserin von der äußeren in die innere Schicht der Membran und wirkt damit komplementär zu MDR3.

PFIC-2: Hierbei sind Mutationen der bile salt export pump (BSEP; ABCB11) verantwortlich, die Gallensalze in die Galle transportiert. Es sind mittlerweile mehr als 80 Mutationen, die zu einer PFIC-2 führen, bekannt. Die überwiegende Zahl der PFIC-2-verursachenden BSEP-Mutationen sind mit einem Fehlen von BSEP an der kanalikuären Membran verbunden, so dass die Immunfärbung mit BSEP-spezifischen Antikörpern zur primären Unterscheidung von PFIC-1 und PFIC-2 diagnostisch verwertet werden kann, bevor eine aufwendigere Sequenzierung angeschlossen wird (Saha H et al. 2019).

PFIC-3: Ursächlich sind Mutationen des Multidrug resistance protein 3 (MDR3; ABCB4), das als Floppase wirkt und Phospholipide von der inneren in die äußere Schicht der Lipiddoppelmembran transportiert, wo sie durch Gallensalze aus der Membran gelöst werden und in die Galle gelangen. Es existieren einige Mutationen, die trotz der Entwicklung einer PFIC-3 eine normale Lokalisation von MDR3 in Leberbiopsien zeigen. Mutationen im MDR3 Gen können auch erst im Jugendalter oder Erwachsenenalter in Form einer Leberzirrhose auffällig werden (Late-Onset PFIC-3).

PFIC-4. Diese Form von autosomal-rezessiv vererbter low-γGT-cholestasis bzw. low-γGT PFIC kann durch Mutationen im Zell-Zell-Adhäsionsmolekül Tight Junction Protein 2 (TJP2) ausgelöst werden. TJP2 wird fast ubiquitär im Körper exprimiert. In der Leber ist das Protein an den Zellkontakten im Bereich der kanalikulären Membran und zwischen den Cholangiozyten lokalisiert. Während in anderen Organen die Zell-Zell-Kontakte durch Mutationen im TJP2 wenig beeinträchtigt wird, kommt es im Bereich der kanalikulären Membran sowie zwischen den Cholangiozyten aufgrund der toxischen Wirkungen von Gallensalzen zur Auflösung dieser Zell-Zell-Kontakte und zur Ausbildung eines schweren Leberschadens.

PFIC5: wird durch Mutationen im NR1H4-Gen ausgelöst, das für den Farnesoid X Rezeptor kodiert (Vitale G et al. 2019). Der ligandaktivierte Transkriptionsfaktor Farnesoid X Rezeptor (FXR) ist ein nukleärer Hormonrezeptor, mit hoher Expression in der Leber sowie in Darm und Niere, der durch die primäre Gallensäure Chenodesoxycholsäure (CDCA) sowie durch synthetische Agonisten aktiviert wird.

Hinweis(e)

Wu SH et al. (2019) berichteten von einer angeborenen schweren Cholestase bei der eine Mutation im Plectin-Gen nachgewiesen wurde. Sonstige Organveränderungen fehlten.

Mutations in den PFIC Genen scheinen das Risiko für das Leberkarzinom zu steigern (Vitale G et al. 2019).

Literatur
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  1. Henkel SA et al. (2019) Expanding etiology of progressive familial intrahepatic cholestasis. World J Hepatol 11:450-463.
  2. Keitel V et al. (2019) Targeting FXR in Cholestasis. Handb Exp Pharmacol doi: 10.1007/164_2019_231.
  3. Saha H et al. (2019) Two Cases of Progressive Familial Intrahepatic Cholestasis Type 2: Role of Surgery with Brief Review of Literature. J Indian Assoc Pediatr Surg 24:75-77
  4. Vitale G et al. (2019) Familial intrahepatic cholestasis: New and wide perspectives. Dig Liver Dis 51:922-933.
  5. Wu SH et al. (2019) Plectin Mutations in Progressive Familial Intrahepatic Cholestasis. Hepatology doi: 10.1002/hep.30841.

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