Pleuritis tuberculosa A15.6, A16.5

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2022

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Synonym(e)

Brustfellentzündung; eitrige Brustfellentzündung; eitrige Rippenfellentzündung; fibrinöse Pleuritis; Pleuritis exsudativa; Pleuritis purulenta; Pleuritis sicca; Rippenfellentzündung; trockene Brustfellentzündung; trockene Rippenfellentzündung

Definition

s. a. Pleuritis und Tuberkulose

Unter einer Pleuritis tuberculosa versteht man eine akute Entzündung des Mesothels der Pleura parietalis und ggf. auch der Pleura viszeralis, die nur einzelne Abschnitte oder die gesamte Pleura erfassen kann. Sie kann ein- oder beidseitig auftreten.

Die Pleuritis wird in eine mit Bildung von Exsudat und in eine ohne Exsudatbildung unterteilt:

  • Pleuritis sicca (trockene Pleuritis oder auch fibrinöse Pleuritis genannt)
  • Pleuritis exsudativa (hier kommt es zu einer Ergussbildung in den zwischen den Pleurablättern gelegenen Pleuraspalt)

In den meisten Fällen einer Pleuritis entwickelt sich im Verlauf die Pleuritis sicca in eine Pleuritis exsudativa. Bei der Pleuritis tuberculosa besteht jedoch nicht selten primär eine Pleuritis exsudativa.

Vorkommen/Epidemiologie

In vielen Teilen der Welt stellt die Infektion mit dem Mycobacterium tuberculosis die häufigste Ursache eines Pleuraergusses dar. In Mittel- und Westeuropa sowie in den USA findet sich aber nur noch selten eine tuberkulöse Pleuritis.

Die Pleuritis tuberculosa ist - hinter der Lymphknotentuberkulose - mit ca. 20 % die zweithäufigste Manifestation einer extrapulmonalen Tuberkulose.

Ätiopathogenese

Die Pleuritis tuberculosa kann sich im Verlauf einer Infektion mit dem Mycobacterium tuberculosis entwickeln. Sie wird als eine hyperergische Reaktion auf das tuberkulöse Protein im Pleuraraum angesehen.

Sie tritt auf:

  1. in engem Zusammenhang mit der Primärtuberkulose der Lunge
  2. als postprimäre Pleuritis durch direkten Durchbruch eines subpleuralen Herdes
  3. von einem der Pleura nahe gelegenen Herd per continuitatem
  4. selten auch hämatogen, dann auch als bilaterale Erkrankung möglich
  5. als Begleitpleuritis

 

Klinisches Bild

Häufig tritt bei der Pleuritis tuberculosa gleich primär eine Pleuritis exsudativa mit Pleuraerguss auf. Es kann aber auch zunächst eine Pleuritis sicca bestehen, die dann in eine exsudative Form übergeht.

Die Patienten klagen – neben den für die Grunderkrankung vorliegenden Symptomen – über:

  • atemabhängige, in- und exspiratorische thorakale Schmerzen; mit Ausbildung eines Ergusses sind diese Schmerzen rückläufig bzw. nicht mehr vorhanden
  • Dyspnoe (besonders nach Auftreten des Ergusses)
  • bei der Pleuritis exsudativa liegen die Patienten bevorzugt auf der erkrankten Seite

 

Bildgebung

Sonographie: Initial findet sich eine diskrete, unregelmäßige Verdickung der Pleurablätter. Das pleurale Reflexband stellt sich unregelmäßig dar (sog. Pleuraaufrauhung). Die Pleura ist aber atemabhängig verschieblich.

Im weiteren Verlauf - oder auch initial - tritt dann häufig ein wandständiger schmaler Erguss zwischen den Pleurablättern auf und oftmals findet sich ein kleiner basaler Winkelerguss an der betroffenen Thoraxseite. Hierbei lassen sich – anders als im Röntgenbild - schon kleine Ergussmengen (ab 20 ml) darstellen.

Röntgen: Im Röntgenbild können Lokalisation und Ausdehnung des Ergusses beurteilt werden. Allerdings sind hier erst Ergüsse ab ca. 100 ml darstellbar (bei Aufnahme im Liegen und lateralem Strahlengang). Bei der p.a.- Aufnahme im Stehen sind erst Ergüsse ab ca. 200 ml darstellbar.

 

Labor

Die Adenosin-Desaminase (ADA) sollte im Pleuraerguss bestimmt werden, da deren Sensitivität bei ca. 95 % liegt und die Spezifität bei ca. 90 %. Die ADA zeigt bei einem positiven Ergebnis Werten von über 40 IU/l. Bei sehr niedrigen Werten kann eine Tuberkulose praktisch ausgeschlossen werden.

Lysozym ist bei einer tuberkulösen Genese des Ergusses ebenfalls nachweisbar.

Ein weiterer Tuberkulosemarker ist das erhöhte Interferon gamma mit > 140 pg / ml und eine positive PCR.

Diagnose

Auskultation

  • Die Pleuritis sicca ist gekennzeichnet durch fibrinöse Auflagerungen, die das typische knirschende in- und exspiratorische Reibegeräusch verursachen, welches auch als „Schneeballknirschen“ bezeichnet wird
  • sobald es zur Bildung eines Exsudates kommt, findet sich ein abgeschwächtes bzw. aufgehobenes Atemgeräusch
  • oberhalb des Ergusses kommt es vielfach zu Kompressionsatmen (Bronchialatmen innerhalb einer streifenförmigen Zone)

Perkussion

  • zunächst unauffällig, solange eine Pleuritis sicca besteht
  • Dämpfung, sobald es zur Ergussbildung kommt (Pleuritis exsudativa)

Stimmfremitus

  • zunächst unauffällig (Pleuritis sicca)
  • abgeschwächt bis aufgehoben, sobald es zur Ergussbildung im Rahmen einer Pleuritis exsudativa kommt

Pleurapunktat

  • Das Punktat erscheint bernsteinfarben, mitunter auch hämorrhagisch und enthält einen hohen Anteil an Lymphozyten (vielfach > 85 %) ). Im Frühstadium können neutrophile Granulozyten überwiegen, später finden sich mehr Lymphozyten.
  • Die Glucose zeigt Normwerte oder ist erniedrigt.
  • Der Proteingehalt beträgt mehr als 50 % der Serumeiweißkonzentration.
  • Der pH-Wert liegt bei 7,3, mitunter auch < 7,2.
  • Es handelt sich somit um ein Exsudat.
  • Bei der Begleitpleuritis im Rahmen einer postprimären Tuberkulose sind im Exsudat meistens keine Erreger nachweisbar. Bei nur 20 % der Fälle lässt sich der Erreger kulturell nachweisen.

Thorakoskopie

  • Erst durch eine Thorakoskopie gelingt bei über 90 % der Fälle die histologische Sicherung durch Nachweis von granulomatös-epitheloidzelligen Veränderungen der Pleura. Der kulturelle Nachweis hat hierbei ebenfalls eine sehr hohe Trefferquote.

 

Mitunter gelingt die Diagnose erst nach mehreren Anläufen. In hartnäckigen Fällen sollten auch atypische Mykobakterien ins Auge gefasst werden.

Differentialdiagnose

  • Pleuraerguss anderer Genese
  • bei hohen Werten der Adenosin-Desaminase kommen differenzialdiagnostisch auch auch eine rheumatoide Arthritis, ein Malignom, ein Empyem oder ein parapneumonischer Erguss in Frage.

 

Therapie

Bei Nachweis eines tuberkulösen Ergusses besteht die Indikation zur antituberkulotischen Therapie, unabhängig davon, ob sich ein Infiltrat im Röntgenbild findet oder nicht.

Die früher vertretene Meinung, ein solcher Erguss sei bei fehlendem Infiltrat immer selbstlimitierend, hat sich als nicht richtig erwiesen. Inzwischen konnte nachgewiesen werden, dass in der CT bei einer derartigen Kasuistik meistens doch kleine Herde im Lungenparenchym oder in den Lymphknoten nachweisbar sind.

Um einer Schwartenbildung vorzubeugen, empfiehlt sich eine initiale Pleuradrainage, sofern diese nicht bereits im Rahmen der Thorakoskopie durchgeführt wurde.

Die medikamentöse Behandlung der Pleuritis entspricht der Behandlung einer pulmonalen Tuberkulose.

Bei paralleler Gabe von Glukokortikoiden lassen sich die Dauer des Fiebers und die atemabhängigen Schmerzen verkürzen. Der Nutzen ist aber nicht sicher erwiesen.

Die Behandlung einer tuberkulösen Pleuritis erfolgt immer mit einer Kombination von Medikamenten. Dazu stehen 4 Hauptsubstanzen als Mittel der 1. Wahl zur Verfügung: Isoniazid, Rifampicin, Pyrazinamid und Ethambutol. Mittel der 2. Wahl ist neuerdings - laut WHO - Streptomycin, da es nicht oral verabreicht werden kann und in mehreren Ländern für die Behandlung einer unkomplizierten Tuberkulose nicht mehr angewandt wird.

Bei täglicher Gabe wird folgende Dosierung empfohlen:

Unter einer Standard-Kurztherapie wird beim Erwachsenen eine 6-monatige Chemotherapie verstanden. In den ersten 2 Monaten, der sogenannten Initialphase, wird mit einer Kombination aus INH, RMP, PZA und EMB behandelt.

In der daraufhin folgenden 4-monatigen Stabilisierungsphase wird lediglich mit einer Zweier-Kombination aus INH und RMP weiterbehandelt.

Die Verabreichung der Medikamente sollte 1 x / d als Einzeldosis oral erfolgen. .

In manchen Ländern wird während der Stabilisierungshase die intermittierende Medikamentengabe mit 3 x wöchentlicher Einnahme praktiziert. Dieses Vorgehen wird in Deutschland nicht empfohlen, da die maximale Therapiesicherheit nur bei täglicher Einnahme der Medikamente gegeben ist.

Sollten Zweifel an der regelmäßigen Einnahme der Medikamente bestehen, so muss die Einnahme ständig überwacht werden.

Der Erfolg der Therapie sollte regelmäßig 1 x monatlich kontrolliert werden, einschließlich der Organe, die durch die Medikamenteneinnahme gefährdet sind. Dazu gehören:

  • Leberfunktion bei INH, RMP, PZA (additive Wirkung!)
  • ophthalmologische Kontrollen bei EMB
  • Nierenfunktion bei Aminoglykosiden
  • Audiogramm kontrollieren bei Aminoglykosiden
  • Blutzuckerkontrollen bei zusätzlicher Gabe von Kortison (s.o)

Außerdem sollte das Körpergewicht des Patienten ebenfalls regelmäßig kontrolliert werden.

Bei mehr als 80 % der Patienten sind nach 2 Monaten der Kombinationstherapie negative Kulturen zu erwarten.

Verlauf/Prognose

Für die tuberkulöse Pleuritis liegen mir aus der Literatur keinerlei Angaben zur Prognose vor. Es ist deshalb anzunehmen, dass die Prognose am ehesten der der Lungentuberkulose entspricht.

Hierfür gilt:

Bei frühzeitiger und sachgemäßer Behandlung ist die Tuberkulose heilbar. Entscheidend ist jedoch in erster Linie die gute Compliance des Patienten. Auch Mehrfachresistenzen und zusätzliche schwere Begleiterkrankungen sowie ein höheres Lebensalter verschlechtern die Prognose.

 

Hinweis(e)

Meldepflichtige Nachweise von Krankheitserregern nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) § 6 und § 7:

Es besteht nach dem IfSG § 6 eine ärztliche Meldepflicht gegenüber dem - für den Patienten zuständigen - Gesundheitsamt sowohl bei Erkrankung als auch bei Tod an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose, selbst ohne dass ein bakteriologischer Nachweis bereits vorliegt.

Zusätzlich sind dem Gesundheitsamt Personen mitzuteilen, die an einer behandlungsbedürftigen Tuberkulose erkrankt sind und solche, die die Behandlung abbrechen oder verweigern.

Nach § 7 des IfSG muss von Seiten des untersuchenden Labors der direkte Nachweis von Mykobakterium tuberculosis / africanum und Mykobakterium bovis gemeldet werden. Ebenso der Nachweis säurefester Stäbchen im Sputum und das Ergebnis der Resistenzbestimmung.

Die Meldung an das Gesundheitsamt muss namentlich und spätestens 24 h nach erlangter Kenntnis erfolgen. Zusätzlich sind Angaben zum Geburtsstaat, Jahr der Einreise nach Deutschland und der Staatsangehörigkeit zu machen.

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

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