Perikarditis, konstriktive I31.1

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 15.03.2019

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Synonym(e)

Konstriktive Perikarditis; Panzerherz; Pericarditis constrictiva; Perikarditis konstriktive

Erstbeschreiber

Die konstriktive Perikarditis hat wahrscheinlich Galen als Erster beschrieben. Bereits um 190 n.u.Z. beobachtete Galen bei Tieren eine Herzbeutelverdickung und hielt diese auch beim Menschen für möglich (Gall 1992).

 

Definition

Durch eine anhaltende Entzündung des Perikards kommt es zu einer Fibrosierung, Verdickung, Versteifung und letztlich Verklebung der beiden Perikardblätter. Zusätzlich können sich Verkalkungen ausbilden. Dieser Prozess kann regional begrenzt sein oder das gesamte Perikard umfassen. Bei hochgradigen Verkalkungen wird das Herz durch die Kalkspangen regelrecht eingeengt und man spricht von einem sog. Panzerherz. Auch das Myokard kann in diesen Prozess mit einbezogen werden. Dabei kommt es dann zu einer regionalen oder globalen Myokardatrophie. Prognostisch gilt das als ungünstiges Zeichen (Kühl 2004). Durch die Fibrosierung entsteht eine hämodynamisch zunehmende Behinderung der Füllung aller vier Herzhöhlen während der Diastole. Das wiederum führt zu einem Drucksteigerung im rechten Vorhof und damit auch im venösen System (Bob 2001).

Im Gegensatz zur Perikardtamponade ist jedoch zu Beginn der Diastole die rasche Füllung der Ventrikel nicht behindert, es endet vielmehr die verstärkte frühe Füllung in der mittleren Diastole abrupt, also zu einem Zeitpunkt, in dem der intrakavitäre Druck den intraperikardialen Druck übersteigt (das sog. Dip-Plateau-Phänomen beim invasiven Druckmonitoring). Durch diese Behinderung der Füllung kommt es – ähnlich wie bei der Perikardtamponade – zu einem Angleichen der diastolischen Druckwerte in den Herzhöhlen auf ein erhöhtes Niveau (Kühl 2004).

 

Einteilung

Die konstriktive Perikarditis stellt eine von insgesamt drei Verlaufsformen der chronischen Perikarditis dar (Bob 2001). Die beiden anderen Formen, zu denen die persistierende (auch rezidivierende fibrinöse Perikarditis genannt) und die Perikarditis mit chronisch entzündlichem Erguss gehören, können in ihrem Verlauf in eine konstriktive Form übergehen (Bob 2001).

 

Die Erkrankung kann nach Kühl  (Kühl 2004) unterschiedlich rasch verlaufen:

  • akut ( hierbei handelt es sich um Tage bis Wochen)
  • subakut (Monate)
  • chronisch (Jahre)

 

Ätiopathogenese

Die konstriktive Perikarditis kann durch folgende Erreger verursacht werden:

  • idiopathisch / viral (betrifft ca. 15% - 49% der Fälle [Pinger 2019])
  • bakterielle Erreger, insbesondere Mycobacterium tuberculosis (in Entwicklungsländern verursachen diese in ca. 38% bis 83% der Fälle die konstriktive Perikarditis [Pinger 2019])
  • Autoimmunerkrankungen (insbesondere Lupus erythematodes und rheumatoide Arthritis)
  • Infiltration des Perikards im Rahmen maligner Erkrankungen
  • Hämoperikard
  • Strahleneinwirkung des Mediastinums (in ca. 1% - 31 % der Fälle [Pinger 2019])
  • im Rahmen einer mykotischen Perikarditis
  • durch eine Urämie
  • medikamentös induziert (z. B. durch Penicillin, Hydralazin, Minoxidil etc. )
  • nach herzchirurgischen Operationen (in ca. 11% - 39 % der Fälle [Pinger 2019])
  • parasitäre Erreger

 

Klinisches Bild

Bei dem Patienten kommt es – durch die peripheren und zentralvenösen Stauungen - zunehmend zu Zeichen einer chronischen Rechtsherzinsuffizienz mit folgenden Symptomen:

  • periphere Ödeme
  • unklare Oberbauchbeschwerden
  • Lebervergrößerung
  • Aszites
  • Stauungsproteinämie
  • Leistungsminderung
  • Müdigkeit
  • Pleuraergüsse
  • Pulsus paradoxus hierbei kommt es während der Inspiration zu einem pathologischen Abfall des systolischen Blutdrucks um mehr als 10 mmHg; laut Bob (2001) tritt dieses Phänomen in ca. 30 % der Fälle auf; Pinger (2019) hingegen weist darauf hin, dass ein Pulsus paradoxus sehr selten ist, im Gegensatz zur Tamponade; der Pulsus paradoxus tritt nur dann im Rahmen einer konstriktiven Perikardditis auf, wenn gleichzeitig ein Pleuraerguss oder eine schwere pulmonale Erkrankung vorhanden sind)
  • Arrhythmien (sind ein Hinweis auf eine myokardiale Beteiligung[Kühl 2004])
  • Dyspnoe, besonders bei Belastung, aber auch in Ruhe
  • Husten (die beiden letztgenannten Symptome treten erst bei einem Druckanstieg im rechten Atrium von über 18-30 mmHg auf
  • Kussmaul-Zeichen - tiefe Inspiration führt zu einem paradoxen Anstieg des Drucks in den Jugularvenen - Pinger 2019)

 

Diagnose

Anamnese: anamnestisch stattgehabte Perikarditis erfragen (Dopp 2018).

Auskultation: häufig tritt ein sog. Galopprhythmus auf, der von einem protodiastolischen Ton begleitet wird. Dieser Ton entsteht durch die plötzliche Füllungsbegrenzung durch das Perikard (Bob 2001) und ist vom Klang her dem Mitralöffnungston ähnlich (Pinger 2019).

Labor: ein niedriger BNP-Wert bei gleichzeitig eindeutigen Zeichen einer Herzinsuffizienz spricht für eine konstriktive Perikarditis (Dopp 2018).

EKG: Im EKG finden sich nach Bob (Bob 2001):

  • häufig eine Niedervoltage
  • T-Wellen-Negativierung
  • Vorhofflimmern (bei ca. 40 % der Patienten)
  • eine Tachykardie (nur durch Steigerung der Herzfrequenz kann das Herzminutenvolumen erhöht werden)

Bildgebende  Verfahren (s. dort)

Rechtsherzkatheteruntersuchung:  Eine sichere Diagnose lässt sich mit Hilfe der Herzkatheteruntersuchung stellen.

Allerdings ist diese invasive Untersuchungsmethode nur bei ca. 50% der Patienten, die eine typische Klinik, typischen Echobefund und den Nachweis einer Perikardverdickung zeigen, präoperativ überhaupt erforderlich, (Pinger 2019). Hierbei findet sich ein charakteristisches Druckprofil mit erhöhten Druck sowohl im rechten Vorhof als auch im rechten Ventrikel. Der erhöhte Druck zeigt einen enddiastolischen Druckangleich zwischen dem rechten Vorhof, rechten Ventrikel und der Arteria pulmonalis. Charakteristisch sind auch eine doppelgipflige Vorhof- und Jugularvenendruckkurve sowie ein frühsystolischer Druckabfall, auf den ein spätdiastolisches Druckniveau folgt, ein sog. Dip-Plateau (Bob 2001), auch Dip-und-plateau-Konfiguration oder square root sign genannt. Das Dip-Plateau tritt außerdem auf bei

  • ausgedehntem rechtsventrikulären Infarkt
  • ausgeprägter (sub-) akuter Trikuspidalinsuffizienz
  • Bradykardie (Pinger 2019)

Talreja (2008) schlägt für die kathetergestützte Diagnostik der konstriktiven Perikarditis einen „Systolic area index“ vor, bei dem in der Systole das Verhältnis der Flächen unter der RV- und LV-Kurve in Inspiration gegenüber der in Expiration bestimmt werden. Ein Wert von > 1,1 zeigt mit einer Sensitivität von 97% und einer Spezifität von 100% eine konstriktive Perikarditis an. Bei Patienten, die zuvor mit Diuretika behandelt wurden, können diese hämodynamischen Veränderungen allerdings uncharakteristisch sein. Deshalb empfiehlt sich bei mit Diuretika vorbehandelten Patienten, deren rechtsatrialer Druck Werte von < 15 mmHg aufweist, die rasche Gabe einer 1.000 ml NaCl- Lösung.

Endomyokardbiopsie: Durch die Endomyokardbiopsie ist es möglich, zwischen einer restriktiven Kardiomyopathie und einer konstriktiven Perikarditis zu differenzieren (Paumgartner 2015).

 

Differentialdiagnose

  • restriktive Kardiomyopathien (durch die Endomyokardbiopsie ist es möglich, zwischen einer restriktiven Kardiomyopathie und einer konstriktiven Perikarditis zu differenzieren [Paumgartner 2015])
  • V.-cava-Syndrom bei Tumorbefall des oberen Mediastinums (Tumor-Anamnese, Röntgen-Thorax, MRT etc.)
  • pulmonale Hypertonie (chronische Ventilationsstörungen etc.)
  • ischämische Herzinsuffizienz
  • venookklusive Erkrankung (selten auftretend)

(Kühl 2004)

  • Trikuspidalstenose (Kasper 2015)
  • nephrotisches Syndrom
  • Leberzirrhose
  • HOCM (Hypertrophe Obstruktive KardioMyopathie)
  • konstriktiv-effusive Perikarditis (trotz Perikardpunktion und -drainage persistierende hämodynamische Alterationen - insbesondere anhaltender erhöhter Druck im rechten Atrium - bei normalem intraperikardialem Druck)
  • Perikardtamponade; bei einer Tamponade finden sich:
    • Pulsus paradoxus
    • Erguss
    • Vorhofdruckkurve X od. Xy
  • aber NICHT die Zeichen einer konstriktiven Perikarditis:
    • Dip and Plateau
    • diastolischer Extraton
    • Verkalkungen des Perikards
    • Vorhofdruckkurve W/M=XY/xY

(Pinger 2019)

 

Therapie

Konservative Behandlung:

Eine zunächst medikamentöse Behandlung kann u. U. sinnvoll sein

  • bei Patienten mit bakterieller bzw. speziell tuberkulöser Perikarditis zur Verhinderung einer Konstriktion
  • bei Patienten mit einer akuten konstriktiven Perikarditis (s.w.u.)
  • bei einer transienten Konstriktion
  • zur Behandlung einer kardialen Stauung
  • bei Patienten mit zu hohem Operationsrisiko bzw. einer Kontraindikation für die OP

Wir sprechen dann von einer sich noch im Entzündungsstadium befindlichen konstriktiven Perikarditis, wenn:

  • C-reaktives Protein steigt noch an
  • Nachweis eines Ödems oder einer Entzündungsreaktion in der CT bzw. CMR

In diesen Fällen wird eine antiinflammatorische Behandlung von 2-3 Monaten empfohlen (Adler 2015). 

Auch Pinger (2019) empfiehlt ein zunächst konservatives Vorgehen bei Patienten mit einer akuten konstriktiven Perikarditis (z. B. bei Zustand nach kardiovaskulärem Eingriff) für 3 Monate, da sich bei einer Studie die spontane Besserung bei 36 von 212 Patienten gezeigt hatte. Während dieser Zeit sollten folgende therapeutische Maßnahmen ergriffen werden:

  • Diuretika
  • NSAR
  • bei Versagen von NSAR Prednisolon

Es wird vermutet, dass es sich bei den o. g. gebesserten Verläufen um eine noch floride perikardiale Inflammation mit rückbildungsfähiger Konstriktion gehandelt hat (sog. transient constrictive pericarditis).

Patienten mit einer konstriktiven Perikarditis sollten niemals mit Betablockern oder Ca-Antagonisten therapiert werden, da die bestehende Tachykardie einen Kompensationsmechanismus darstellt. Nur durch die Steigerung der Herzfrequenz kann bei Patienten mit einer konstriktiven Perikarditis das Herzminutenvolumen erhöht werden (Pinger 2019). Bei einer durch das Mycobacterium tuberculosis ausgelösten konstriktiven Perikarditis muss vor der chirurgischen Resektion des Perikards eine mindestens 2 Monate lange Behandlung mit Antituberkulostatika erfolgen. Erst danach ist eine operative Maßnahme möglich (Maisch 2008). Strang (2004) beschreibt eine reduzierte Mortalität bei einer tuberkulösen Genese (innerhalb von 2 Jahren 4% vs 11 %) bei zusätzlicher Prednisolongabe unter antituberkulostatischer Behandlung.

Er empfiehlt folgende Dosierung bei Erwachsenen (bei Kindern ist eine Dosisanpassung erforderlich):

  • 60 mg/d für Woche 1-4
  • 30 mg/d für Woche 5-8
  • 15 mg/d für Woche 9-10
  • 5 mg/d für Woche 11

 

Chirurgische Behandlung:

Bei einer konstriktiven Perikarditis ist die chirurgische Behandlung überwiegend die Therapie der Wahl. Hierbei werden entweder eine Dekortikation oder eine Perikardektomie sowohl des parietalen als auch des viszeralen Blattes durchgeführt.

Die operative Maßnahme sollte rechtzeitig erfolgen, auf jeden Fall noch bevor es zu einer Myokardatrophie kommt, da sich die Atrophie des Myokards prognostisch ungünstig auswirken würde (Bob 2001).

Die Mortalität der Operation liegt heutzutage zwischen 5% - 15% (Pinger 2019). Im Jahre 2008 betrug sie noch 15% - 20% (Maisch 2008).

Eine hämodynamisch vollständige Normalisierung tritt postoperativ nur bei ca. 60 % der Patienten ein (Pinger 2019).

 

Verlauf/Prognose

Sowohl die frühzeitige Erkennung als auch die zielgerichtete Behandlung sind bestimmend für die Prognose der konstriktiven Perikarditis (Bob 2001).

Als prognostisch ungünstig hat sich eine im Verlauf auftretende Myokardatrophie erwiesen (Kühl 2004).

Die Langzeitprognose nach Perikardektomie ist jedoch – verglichen mit alters- und geschlechtsbezogenen Vergleichspersonen eingeschränkt (Kühl 2004).

Die 5- und 10- Jahresüberlebensraten postoperativ liegen bei 78% bzw. 57%. Bei der postoperativen Überlebenswahrscheinlichkeit nach 7 Jahren hängt die Rate sehr von der ursächlich auslösenden Erkrankung ab. Bei idiopathischer Genese beträgt sie ca. 88 %, nach einer Kardiotomie 66 % und nach einer Radiatio lediglich 27 % (Pinger 2019).

Das Auftreten einer postoperativen Herzinsuffizienz NYHA III bis IV nach 5 bzw. nach 10 Jahren beträgt 25% bzw. 41% (Pinger 2019).

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Adler Y et al. (2015) ESC Guidelines for the Diagnosis and Management of Pericardial Diseases: Pocket Guidelines. DKG und European Society of Cardiology. Börm Bruckmeier Verlag 26-29
  2. Bob A et al. (2001) Innere Medizin. Sonderausgabe MLP Duale Reihe. Georg Thieme Verlag 34-36
  3. Deepack R T et al. (2008) Constrictive Pericarditis in the Modern Era. Journal of the American College of Cardiology (3). Elsevier Verlag 315-319
  4. Dopp H et al. (2018) Dtsch Med Wochenschr 143: 731-734
  5. Gall F P et al. (1992) Fortschritte in der Chirurgie im letzten Jahrzehnt. Langenbecks Archiv für Chirurgie. 109. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Springer Verlag. 488
  6. Herold G et al. (2018) Innere Medizin. Herold Verlag S 237
  7. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education SS 1575-1577
  8. Kühl H P et al. (2004) Akute und chronisch-konstriktive Perikarditis. Der Internist 45: 574-586
  9. Maisch B et al. (2008) Neue Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie der Perikarditis. Der Internist 49:  22
  10. Paumgartner G et al (2015) Therapie innerer Krankheiten. Springer Verlag 165
  11. Pinger S et al. (2019) Repetitorium Kardiologie: Für Klinik, Praxis, Facharztprüfung. Deutscher Ärzteverlag 597-602
  12. Seferovic P et al. (2004) Management of tuberculous constrictive pericarditis and tuberculous pericardial effusion in Transkei: results at 10 years follow-up. QJM. Oxford University Press 8:  525-535

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