Nitrovasodilatatoren

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 31.07.2020

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Synonym(e)

NO-Donatoren

Definition

Gruppe von Pharmaka, die in der glatten Muskulatur der Gefäße des großen und kleinen Kreislaufs und der ableitenden Harn- und Gallenwege abgebaut werden und dabei NO (Stickstoffmonoxid) freisetzen (NO-Donatoren). Nitrovasodilatatoren sind Basistherapeutika bei der koronaren Herzkrankheit. 

Einteilung

Man unterscheidet zwei Gruppen von Nitrovasodilatoren:

Organische Nitrate (aus diesen wird NO enzymatisch freigesetzt). Hierzu gehören die Salpetersäure-Ester:

Nitroprussidnatrium und Molsidomin: Diese Stoffe setzen NO nicht-enzymatisch frei. Insofern wirkt u.a. Molsidomin erst nach 20-30 min. da es präsystemisch erst in der Leber metabolisiert werden muss (s. Metabolisierungsweg von Molsidomin).

  • Nitroprussidnatrium ist eine instabile, lichtempfindliche Komplexverbindung die bei Kontakt mit Zellmembranen unter Bildung von NO zerfällt.
  • Molsidomin wird in der Leber zunächst zu Linisidomin und weiter zu dem instabilen Sydnonimin metabolisiert. Sydnonimin zerfällt spontan unter Freisetzung von Stickstoffmonoxid.  

Pharmakodynamik (Wirkung)

Aus heutiger Sicht tragen Endothelien, durch autokrine und parakrine Funktionen zur regionalen Modulation der Gefäßdurchblutung im Bereich des Koronarbettes bei. Seit 1987 ist bekannt, daß vom Endothel Stickoxid (NO) freigesetzt wird. Diese (endogene) NO-Produktion lässt sich auf unterschiedliche Reize hin stimulieren z.B. durch Bradykinin, Substanz-P, ATP, Thrombin, und Serotonin.

Antiaggregatorische Wirkung von NO: Als lipophiles Gas kann NO sehr rasch in Richtung Gefäßlumen diffundieren und die Thrombozyten erreichen. NO ist nach Prostazyklin das stärkste antiaggregatorische Agens für die Thrombozytenadhäsion und -aggregation.

Muskelrelaxierende Wirkung von NO: NO kann in der glatten Muskelzelle eine Relaxation herbeiführen. Das freigesetzte NO aktiviert in den glatten Muskelzellen die zytoplasmatische lösliche Guanylatcyclase (GCs). Dadurch kommt es zur Bildung von cGMP, das glatte Muskelzellen relaxiert. Vieles weist darauf hin, daß im Rahmen einer KHK das Zusammenspiel zwischen Thrombozyten, Endothelien und glatte Muskulatur gestört ist. Über die erhöhte Thrombozytenaggregation werden Stoffe wie Serotonin, Histamin und Thrombin freigesetzt, die dann zu entsprechenden Reaktionen im Endothel beziehungsweise in der glatten Muskelzelle führen können.

Antiischämische Wirkung der Nitrovasodilatatoren: Alle therapeutisch angewandten Nitrovasodilatatoren entfalten ihre antiischämische Wirksamkeit uniform über den gleichen Mechanismus. Sie setzen, wenn auch über unterschiedliche Bioaktivierungswege radikales NO frei. Dabei hat NO den größten Relaxationseffekt dort, wo der größte Mangel an physiologischem (endogenem) NO besteht. Auch koronarangiographische Untersuchungen beim Menschen haben bestätigt, daß Koronargefäßsegmente, die arteriosklerotisch verändert sind, besonders stark auf radikales NO reagieren. 

Verbesserung der Myokardfunktion und Erhöhung des Sauerstoffangebots für schlecht durchblutete Teile des Myokards.  

Unerwünschte Wirkungen

Nitrovasodilatatoren haben zwar unterschiedlich ausgeprägt ein ähnliches Nebenwirkungssprektrum: 

  • Nitratkopfschmerz
  • Orthostatische Dysregulation (= Orthostatische Hypotonie)
  • Nitratsynkope
  • Toleranzentwicklung
  • Selten sind allergische Hautreaktionen und bei lokaler Anwendung Kontaktdermatitis

Wechselwirkungen: Nitrovasodilatoren schwächen die Wirkung von Heparin ab! Die blutdrucksenkende Wirkung wird durch Alkohol, Neuroleptika oder trizyklische Antidepressiva verstärkt.

 

Literatur
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  1. Graefe KH et al. Pharmaka mit Wirkungen auf das Gefäßsystem. In: Graefe KH et al. (Eds) Pharmakologie und Toxikologie. Georg Thieme Verlag Stuttgart S.177-181

Verweisende Artikel (3)

Glycerolnitrat; Molsidomin; Stickstoffmonoxid;
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