Nicht-spezifische interstitielle Pneumonie J84.9

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 27.02.2022

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Synonym(e)

NSIP; Pneumonie nicht-spezifische interstitielle

Erstbeschreiber

Erstmals 1994 von Katzenstein beschrieben

Definition

Entsprechend der Klassifikation der ATS (American Thoracic Society) und der ERS (European Respiratory Society) einer der Vertreter der Hauptformen der idiopathischen "interstitiellen Pneumonien" (MajorIIPs). S.a. Interstitielle Pneumonie

Einteilung

Die nicht spezifische interstitielle Pneumonie (NSIP) bezeichnet eine Untergruppe der interstitiellen Pneumonien.

Sie ist in 2 Subgruppen unterteilt:

  • cellular (c)NSIP: interstitielle zellreiche Entzündung mit einer ausgeprägten Alveolitis und deutlichen Milchglastrübungen im CT
  • fibrotic (f)NSIP: hier überwiegt die Fibrosierung, was der IPF ähnelt

Erreger

Unbekannt

Vorkommen

Die NSIP macht ca. 25 % aller IIP aus. Sie betrifft – verglichen mit anderen interstitiellen Pneumonien - vornehmlich jüngere Patienten (40-50 Jahre) und bevorzugt Frauen, die nie geraucht haben.

Ätiologie

Die Ätiopathogenese ist nicht geklärt. Die Erkrankung tritt aber häufig in Kombination mit anderen Grunderkrankungen wie z.B. Kollagenosen, exogen-allergischer Pneumonitis und arzneimittelinduzierten Lungenschäden auf. Oftmals findet sich eine Assoziation mit einer febrilen Erkrankung („Habe mich vom letzten Infekt nicht erholt.“)

Klinisches Bild

Die NSIP verläuft meistens subakut:

  • trockener Husten
  • Belastungsdyspnoe
  • Müdigkeit
  • Gewichtsabnahme (bei bis zu 50 %)
  • subfebrile Temperaturen
  • Uhrglasnägel und Trommelschlegelfinger kommen selten vor

Bildgebung

Im HRCT finden sich häufig milchglasartige Trübungen, überwiegend symmetrisch und subpleural, aber auch peripher und basal gelegen. Es finden sich Konsolidierungen, aber keine noduläre Zeichnung. Oftmals verbunden mit einer Volumenreduktion der Unterlappen.

Labor

LDL leicht erhöht, BSG beschleunigt, gelegentlich antinukleäre AK (ANA) oder Rheumafaktoren leicht erhöht bzw. im Rahmen der zusätzlichen Grunderkrankungen erhöht.

Histologie

Jegliche Art der Gewebeentnahme - mitunter selbst die BAL – kann bei der IPF/UIP einen akuten Krankheitsschub auslösen. Bei den anderen Untergruppen ist dies nicht beschrieben. Von daher sollte die Indikation zur Biopsie eng gestellt werden.

In der Bronchiallavage finden sich bei der NSIP eine erhöhte Gesamtzellzahl und vermehrt Eosinophile, sowie reichlich Neutrophile und Lymphozyten. Alveolarmakrophagen sind i.d.R. nicht nachweisbar. Auf keinen Fall sind bei der NSIP Fibroblastenzellnester zu finden.

Nicht selten findet man in unterschiedlichen Biopsien auch Veränderungen, die einer UIP entsprechen. Von daher ist derzeit noch unklar, inwieweit es sich tatsächlich um Entitäten handelt. Es wird auch diskutiert, ob die NSIP in eine IPF/UIP übergehen kann.

Diagnose

HRCT ist heute Goldstandard. Die Indikation zur Entnahme einer Biopsie bzw. einer BAL ist eng zu stellen, insbesondere bei fehlenden therapeutischen Konsequenzen (s.a. Histologie).

Differentialdiagnose

  • Andere Formen der interstitiellen Pneumonie (IPF/UIPCOPAIP; RB-ILDDIP; LIP;)
  • Kollagenosen
  • Asbestose
  • exogen-allergische Alveolitis
  • Sarkoidose

Komplikation(en)

  • respiratorische Insuffizienz
  • pulmonale Hypertonie
  • Cor pulmonale
  • Lungenkarzinom

Therapie

Bei Patienten mit NSIP sollte immer ein Therapieversuch unternommen werden, da die Erkrankung gut auf eine medikamentöse Behandlung anspricht. Mitunter sind Verläufe beschrieben, in denen die Patienten unter der Behandlung noch über Jahre hinweg stabil blieben. Selbst Komplettremissionen sind unter der Therapie möglich.

Wenn fibrotische Veränderungen dominieren, ist der therapeutische Effekt ähnlich dem der IPF (medikamentöse Maßnahmen haben nur eine begrenzte Wirkung; eine frühzeitige Listung zur Transplantation ist erforderlich)

Therapeutisches Vorgehen bei NSIP:

Zunächst sollte eine Monotherapie mit Prednison erfolgen. Erst bei unzureichender Wirkung oder im weiteren Verlauf zur Toxizitätsminderung des Kortisons wird zusätzlich Azathioprin gegeben.

Prednisolon: Initialdosis 1 mg/kg KG/d, aber nicht mehr als 50 mg/d. Nach 4 Wochen Halbierung der Dosis, nach weiteren 4 Wochen erneute Halbierung.

Azathioprin: 2 mg/kg KG /d, aber nicht mehr als 150 mg/d. Die Dosis sollte in 50-mg-Schritten wöchentlich erhöht werden, bis die Zieldosis erreicht ist.

Bei nicht tolerierbaren Nebenwirkungen der Kortikoide oder bei älteren Patienten, kann man – in Anlehnung an die IFIGENIA-Studie – das Prednisolon mit 3 x 600 mg ACC kombinieren bzw. als alleinige Therapie einsetzen. Der Krankheitsverlauf scheint dadurch nicht negativ beeinflusst zu werden (die der Fibrose zu Grunde liegende chronische Entzündung reagiert vermutlich positiv auf die Verminderung der Antioxidantien).


 

Prognose

Die Prognose wird vom Subtyp bestimmt: (c)NSIP hat die bessere Prognose. Letalität insgesamt ca. 11%, mittlere Überlebenszeit: 17 Jahre. Komplette Remissionen sind möglich.

Literatur
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