Lupus erythematodes systemischer M32.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autoren: Marcus Kuchner, Dr. Jenny-Lou Navarra

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Zuletzt aktualisiert am: 26.08.2023

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Synonym(e)

Hautrheuma; late-onset-SLE; Lupus erythematodes integumentalis et visceralis; Lupus erythematodes visceralis; Schmetterlingsflechte; SLE; Systemerythematodes; Systemic lupus erythematosus; Systemischer Erythematodes; Systemischer Lupus erythematodes; Viszeraler Erythematodes; Viszeraler Lupus erythematodes

Definition

Entzündliche, heterogene, polyorganische Autoimmunkrankheit mit variablem Krankheitsverlauf.

Die Diagnose basiert auf wegweisenden klinischen Symptomen an Haut, Gelenken, Nieren und Zentralnervensystem. Weiterhin auf serologischen (v.a. antinukleäre Antikörper gegen dsDNA) und weiteren allgemein entzündlichen und immunhistologischen Parametern (pathologisch: BSG, alpha2/gamma-Globuline, Komplementaktivierung, Anämie, LDH)

Die klinische Diagnostik erfolgte in der Vergangenheit nach den Kriterien der ARA (American Rheumatism Association), die jedoch die realen klinischen Verhältnisse nur ungenügend widerspiegeln und revidiert werden sollten. Im Jahr 2012 wurde daher von den "Systemic Lupus International Collaberating Clinics - SLICC" eine neue Klassifikation erarbeitet:

Klinische Kriterien (SLICC Kriterien - zitiert n. Petri M et al. 2012):

  • Akut kutaner Lupus erythematodes (inklusive Schmetterlingserythem)
  • Chronisch kutaner Lupus erythematodes (z.B. lokalisierter oder generalisierter diskoider Lupus erythematodes)
  • Orale Ulzera (Gaumen oder Nase)
  • Nicht vernarbende Alopezie (oder diffuses Effluvium)
  • Synovitis oder Druckschmerz (2 oder >2 Gelenke) und Morgensteifigkeit (30 min oder länger)
  • Serositis (Pleuritis oder perikardiale Schmerzen, die länger als 1 Tage andauern)
  • Nierenbeteiligung (Einzelurin: Protein/Kreatinin-Ratio oder Eiweiß im 24h-Sammelurin, Disk-Elektrophorese: Proteinurie: >500mg/d oder Zylindrurie)
  • Neurologische Beteiligung (z.B. Epilepsie, Psychose, Myelitis)
  • Hämolytische Anämie
  • Leukopenie (<4.000/µl) oder Lymphopenie (<1.000/µl)
  • Thrombozytopenie (< 100.000/µl) 

Immunologische Kriterien:

  • Chromatin-Ak
  • ANA-Titer oberhalb des Laborreferenzwertes
  • Anti-dsDNA-Antikörper = Anti-nDNA-Ak (ds=double stranded ⇔  n=native)
  • Anti-ssDNA-Ak  ss= single stranded 
  • Anti-Histon-Ak
  • Anti-Sm-Antikörper
  • Anti-Phospholipid-Antikörper (anti-Cardiolipin- und anti Beta2-Glykoprotein-Antikörper, falsch positiver VDRL)
  • Erniedrigtes Komplement (C3,C4, CH50)
  • Positiver direkter Coombs-Test

Bewertung; =/>4Kriterien (davon mindetens 1 klinisches und 1 immunologisches) oder gesicherte Lupusnephritis + positive ANA, anti-dsDNA (Sensitivität 94%, Spezifität 92%).

 

Einteilung

Der systemische Lupus erythematodes kann je nach Erstmanifestation der Erkrankung in 3 Gruppen unterschieden werden:

  • Juvenile-onset SLE (≤18 Jahre):  18%
  • Adult-onset SLE (>18 - 50 Jahre): 71%
  • Late-onset SLE(>50 Jahre):  11%

Vorkommen/Epidemiologie

Prävalenz: 36/100.000; Inzidenz: 5-10/100.000.

Im Kindesalter ist die Prävalenz um eine Zehnerpotenz niedriger anzusetzen.

In Abhängigkeit von der ethnischen Zugehörigkeit lassen sich unterschiedliche Häufigkeiten beobachten, so kommt der systemische LE bei Afrikanern 4mal häufiger als bei Kaukasiern oder Asiaten vor.

Ätiopathogenese

Autoimmunerkrankung, wahrscheinlich verursacht durch genetisch induzierte Anomalien des Immunsystems. Dies betrifft v.a.  die immunologische Erkennung von „Selbst“-Nukleinsäuren. So kann viral induziertes IFN-α eine Fehlregulation der Immunantwort in Gang setzen, die einerseits über die Reifung und Proliferation myeloider dendritischer Zellen die Antigenpräsentation fördert und andererseits über die Aktivierung autoreaktiver B-Zellen zur Entstehung von Autoantikörpern führt.

Diese beim SLE typischerweise gegen Nukleinsäuren gerichteten Autoantikörper bilden mit „Selbst“-Nukleinsäuren aus Zelldebris Immunkomplexe. Die Ablagerung dieser Immunkomplexe in den Gefäßen setzt einerseits Entzündungsprozesse in Gang. Andererseits stimuliert die Aufnahme der Immunkomplexe durch plasmazytoide dendritische Zellen über TLR-Signalkaskaden die weitere Interferon -Produktion. Die Aktivierung des Typ-I-Interferon (IFN)-Systems scheint somit der zentrale pathogene Mediator bei SLE zu sein. Die Zellsignalisierung durch alle Typ-I-IFNs, einschließlich IFNα, IFNβ, IFNɛ, IFNκ und IFNω, wird durch den Typ I IFN-α/β/ω-Rezeptor (IFNAR) vermittelt, was zu einer IFN-stimulierten Gentranskription führt. Auf diese Weise entsteht ein Circulus vitiosus, der zum Zusammenbruch der immunologischen Toleranz und damit zu Autoimmunität führt.

Demzufolge muss der Organismus über geeignete Mechanismen verfügen, die einerseits eine prompte und effiziente Immunantwort gegenüber viralen Nukleinsäuren gewährleisten, andererseits jedoch vor einer inadäquaten Aktivierung des Immunsystems durch körpereigene Nukleinsäuren schützen.

Bei einem kleineren Teil der Patienten wurde eine Mutation im TREX1-Gen (3p21.31) nachgewiesen, einem Gen, das eine intrazelluläre DNase (s.u. Nukleasen) kodiert, die in der Apoptose eine wichtige Rolle spielt. Es gibt Hinweise, dass eine erhöhte Apoptoseneigung und eine verminderte Clearance apoptotischen Materials ein wichtiges pathogenetisches Prinzip des SLE darstellen.

Weitere mit SLE assozierten Gene sind:  FCGR2A (1q23.3/ Lupusnephritis), FCGR2B (1q23.3), CTLA4 (2q33.2), DNASE1 (16p13.3). 

Komplementmangel: Die Häufigkeit von SLE bei Patienten mit dem Mangel an C1q, C4 oder C2 beträgt jeweils 90 %, 75 % und etwa 15 %.      

Als auslösende Faktoren gelten:

  • UV-Bestrahlungen (induzieren Apoptose)
  • Medikamente (Antihypertensiva, Procainamid, Antikonvulsiva, INH, Antibiotika, Antimykotika z.B. Terbinafin, orale Antikonzeptiva, Thiaziddiuretika, NSAR, Atorvastatin)
  • Traumen, psychischer Stress, Gravidität
  • Systemische Grunderkrankungen wie: Tuberkulose, Hepatitis, Nierenerkrankungen.
  • Silikose: Bei diesem Personenkreis wurde ein zwei- bis achtfaches Risiko für rheumatoide Arthritis und für den systemischen Lupus erythematodes festgestellt (weiterhin ein mehr als 24-faches Risiko für systemische Sklerodermie und ANCA+-Vaskulitis) (Makol A et al. 2011).
  • B-Zell-Defekte: es gibt Hinweise darauf, dass B-Zellen von Patienten mit systemischem Lupus erythematodes eine verminderte regulatorische Kapazität gegenüber CD4+T-Zellen (s.u. regulatorische B-Zelle) aufweisen und zwar unabhängig von deren Herkunft.
  • Regulatorische T-Zellen (Treg): auch diese spielen in einem gesunden Organismus eine wichtige Rolle bei der Verhinderung von Autoimmunkrankheiten.

Manifestation

Vor allem bei jüngeren Erwachsenen auftretend.

Verhältnis von Frauen zu Männern (w:m) liegt bei 4:1.

Der sog. "late onset SLE" tritt nach dem 50.Lj. auf (w:m=2:1).

Der sog. juvenile onset SLE tritt durchschnittlich im Alter von 12 Jahren auf (w>m; Inzidenz 0,9/100.000/Jahr); bevorzugt bei Afroamerikaner; seltener Kaukasier.    

Klinisches Bild

  • Allgemeinsymptome sind bei 95% der SLE-Patienten nachweisbar: Fieber, Schwäche, Gewichtsverlust, Arthralgien.
  • Weitere Organveränderungen: Polyarthritis, bei 50 - 65% der SLE-Patienten findet sich Nierenbeteiligung (Lupus-Nephritis, nephrotisches Syndrom), Lymphknotenschwellungen, feuchte Pleuritis (40-60%) seltener sind Lupuspneumonitis oder Lungenfibrose, Hepatosplenomegalie, Endo - und/oder Perikarditis (Libman-Sacks-Syndrom) sowie eine Myokarditis mit konsekutiver dilatativer Kardiomyopathie. Weiterhin: Polymyositis, Peritonitis, Gastritis, Kolitis und meist unspezifische neurologische Symptome (15-20%) wie Kopfschmerzen, kognitive Einschränkungen, Psychosen und Depressionen aber auch hirnorganische Symptome wie Krampfanfälle und eine transverse Myelitis. 
  • Hautveränderungen sind bei etwa 75% der Patienten vorhanden. Bei etwa 25% der Patienten sind sie Erstsymptome der Erkrankung.
  • Die Hautveränderungen können unterteilt werden in häufige und weniger häufig vorhandene sowie in spezifische und unspezifische (Lupus-assoziierte) Hautveränderungen: 
    • Häufig vorhandene spezifische HV:
      • "Schmetterlingserythem": Persistierendes, unscharf begrenztes, schmetterlingsartiges Erythem im Gesicht.
      • Morbilliforme, skarlatiniforme, multiforme, großflächige (rosazea- oder livedoartige) oder bullöse Exantheme (v.a. obere Rücken- und Brustpartien)
      • Lokalisierte, pityriasiforme, fest haftende Schuppung oder spritzerartige Atrophien.
      • Mit zunehmender Bestandsdauer der Erytheme bilden sich (v.a. bei dem late-onset-Typ)  flächige livid-rote Plaques, bevorzugt im vorderen Brustbereich sowie auch an Schultern sowie den Händen und Fingern aus. Es entstehen in den Plaques flächige (manchmal schmerzhafte) Keratosen, spritzerartige weißliche Atrophien, Teleangiektasien,  Erosionen mit Krusten. Insgesamt kann sich ein poikilodermatisches Krankheitsbild entwicklen (s. Abbn.).        
      • Lokalisierte, fleckige oder diffuse Erytheme und Plaques v.a. an Finger- und Zehenendgliedern.
      • Chilblain-Lupus (Chilblain = Frostbeule) sind druckdolente Plaques, die vor allem bei Kälteexposition auftreten und hauptsächlich die Akren betreffen.
    • Weniger häufig vorhandene spezifische HV:
    • Assoziierte (nicht spezifische) HV:
  • Schleimhautveränderungen: Ödematöse, livide Enantheme an der Mundschleimhaut mit flächigen, auch großflächigen  Erosionen und Ulzerationen vor allem am harten Gaumen und an der Wangenschleimhaut. Exsudative, verkrustete, zur Atrophie neigende Cheilitis.
  • Der Medikamenten-induzierte (drug-induced lupus), weniger schwer verlaufende Lupus erythematodes beschränkt sich i.A. auf folgende Symptomatik: Polyarthritis, Pleuritis/Perikarditis; keine ZNS- oder Nieren-Beteiligung, weiterhin ANA+, häufig Anti-Histon-Ak, meist keine Anti-DNA-Ak!  
  • Um Aktivität und Schaden von mukokutanen Manifestationen zu erfassen, wurde der CLASI (Cutaneous Lupus Erythematosus Disease Area and Severity Index) entwickelt und validiert.  

Labor

  • Unspezifische Aktivitätserscheinungen:
    • BSG-Erhöhung (korreliert oft mit der Schwere der Krankheitsphase), CRP erhöht.
    • Oft Antikörper-induzierte Zytopenien: Leukopenie, Neutropenie, Linksverschiebung, Lymphopenie, Eosinopenie, Thrombopenie, makrozytäre Anämie.
    • Retikulozyten und LDH erhöht
    • Zeichen der Komplementaktivierung (Erniedrigung von C3 u. C4 oder CH50).
    • Elektrophorese: Hypalbuminämie, Hypergammaglobulinämie.
    • Kryoglobuline, zirkulierende Immunkomplexe möglich
    • In 33% der Fälle falsch positiver Rheumafaktor, aber auch falsch negativer Rheumafaktor ist möglich, Coombs-Test gehäuft positiv.
    • In 25% der Fälle falsch-positive Syphilisserologie (VDRL)
    • Calreticulin-Ak: Die Wertigkeit dieser Antikörper gegen dieses Chaperon-Protein ist bisher noch ungeklärt.
  • Spezifische Aktivitätserscheinungen:
    • ANA: positiv zu 95% (hochtitrig) - Titer korreliert nicht mit der Krankheitakuität!
    • Anti-dsDNS-Ak: positiv zu 70%. Titer korrelieren mit Aktivität (Bemerkung: meist geht der Abfall der Komplementfaktoren parallel zum Titeranstieg!).
    • Anti-Sm -Ak: positiv zu 30%
    • Anti-Ro-Ak (SSA): positiv zu 25%. Erhöhte Titer von SSA (meist in Kombination mit  SSB) finden sich v.a. bei LE-Patienten mit erhöhter Photosensitivität.   
    • Anti-C1q-Ak: korreliert mit Krankheitsaktivität
    • U1-RNP-Antikörper
    • Phospholipid-Antikörper (positiv zu 35%)
    • Urin: je nach Nierenbeteiligung Proteinurie, Hämaturie und Zylindrurie.

 

Antinukleäre Antikörper (homogenes, gesprenkeltes, peripheres oder nukleoläres Muster), Antikörper gegen definierte Zellkernbestandteile (Doppelstrang- und Einzelstrang-DNS-Antikörper, RNS, ENA, Sm-Antikörper), antizytoplasmatische Antikörper (Mitochondrien, Ribosomen, Proteine), Antikörper gegen Blutzellen (Erythrozyten, T- und B-Lymphozyten, Thrombozyten). 30-50% der Patienten weisen Antiphospolipid-Ak auf. Diese können thromboembolische Komplikationen hervorrufen, die als Folge eines Phospholipid-Antikörper-Syndroms gedeutet werden können. S.a.u. Autoantikörper.

 Merke! Der medikamenteninduzierte Lupus erythematodes zeigt häufig H1- und H3-Histon-Antikörper. Histon-AK spielen ansonsten in der DD der Autoimmunerkrankungen keine bedeutende Rolle.

Histologie

Interface-Dermatitis, meist wesentlich weniger prägnant als beim Lupus erythematodes integumentalis. Diskretes perivaskuläres lymphozytäres Infiltrat mit unterschiedlich kräftig ausgebildetem Ödem (je nach Akuität) in der oberen Dermis mit verwaschener dermo-epidermalen Junktionszone. Fokale Epidermotropie mit vakuolärer Degeneration der basalen Keratinozyten.

Direkte Immunfluoreszenz

Lupusbandtest: Granuläre Immunglobulinablagerungen an der Basalmembran (IgG, IgM, C3, IgA); auch in gesunder Haut (bes. bei Sonnenexposition in bis zu 80% der Fälle positiv). Die Wertigkeit des Lupusbandtestes wurde in der Vergangenheit zunehmend in Frage gestellt. In größeren Studien konnte jedoch gezeigt werden, dass bei positivem Lupusbandtest die Krankheitsaktivität (DNA-AK-Titer und Nierenbeteiligungen größer als in der Kontrollgruppe) höher war als bei negativem Ausfall.

Therapie allgemein

Die Behandlung des SLE basiert auf wenigen randomisierten kontrollierten Studien. Persönliche langjährige Expertise ist somit wichtige Voraussetzung für eine adäquate Therapie.   

 

 

 

Externe Therapie

Lichtschutzmittel: Konsequenter Lichtschutz ist angeraten mit Lichtschutzpräparaten mit hoher Protektion im UVA- und UVB-Bereich. Konsequenz für die das berufliche wie auch freizeitliche Verhalten z.B. auch für die Auswahl von Urlaubsorten. Kein Sonnenbaden!

Interne Therapie

  • Stadiengerechte interdisziplinäre (Basis-)Therapie. Abgesehen von der Basistherapie, sind Organmanifestationen (z.B. Nierenbeteiligungen) fachspezifisch zu behandeln.  
    • Antimalariamittel: Bei Patienten ohne organgefährdenden Manifestationen (Haut-Gelenke-Pleuritis) sollte langfristig eine Monotherapie mit Antimalariamittel ausreichend sein. Initial werden diese mit nicht-steroidalen Antiphlogistika und/oder Glukokortikoiden (s.u.) kombiniert. Die Glukokortikoiddosis sollte unter diesem Theapieregime auf 5,0-7,5 mg (Prednisolonäauivalent) reduziert werden können. Falls dies nicht möglich ist ist der Einsatz von Immunsuppressiva angezeigt. 
      •  Chloroquin (z.B. Resochin) oder alternativ Hydroxychloroquin (z.B. Quensyl) haben einen festen Platz in der Basistherapie bei leichten Formen des SLE mit überwiegender Gelenk- und Hautbeteiligung in Kombination mit einer niedrigen Prednisolon-Dosis (Dauertherapie bis max. 7,5 mg/Tag p.o.). Initialtherapie mit Chloroquin  6,0-6,5mg/kgKG p.o., nach 2 Wochen Reduktion auf 250 mg/Tag. Hydroxychloroquin wird mit einer Dosierung von 3,5-4,0 mg/kgKG /Tag p.o. über 4 Wochen verabreicht.
      • bei Resistenz kann Mepacrin in Kombination zu Chloroquin oder Hydroxychloroquin gegeben werden. In Ausnahmefällen, bei Unverträglichkeit von Chloroquin oder Hydroxychloroquin auch als Monotherapie. Die Mepacrin-Tagesdosis von 100 mg/Tag sollte nicht überschritten werden,bei Nebenwirkungen ggf. Reduktion auf 25-50 mg /Tag. Eine Besserung des Hautbefundes tritt nach  3 bis 4 Wochen ein, die maximale Wirkung nach 6 bis 8 Wochen.
    • Glukokortikoide: In der Basismedikation als Mittel der Wahl ist Prednisolon (z.B. Decortin H) als Standardtherapie allgemein akzeptiert. Die Höhe der Initialdosis ist von der Krankheitsaktivität abhängig.
    • Leichte Krankheitsmanifestation (Haut, Muskel-, Skelettsystem, Raynaud): Perorale Applikation von 0,25-0,5 mg/kg KG als morgendliche Einmaldosis.
    • Mittelschwere Krankheitsmanifestation (Haut, Muskel-, Skelettsystem, Leukopenie, diskrete Nierenbeteiligung, leichte Pleuroperikarditis): 0,5-1,0 mg/kg KG, auf 2-3 ED verteilt (z.B. 50-25-0 oder 50-25-25 mg p.o.).
    • Schwere Krankheitsmanifestation (schwere Lupusnephritis, ZNS-Beteiligung, Pleuroperikarditis, nekrotisierende Vaskulitis): 8-stündliche Gabe von 100 mg Methylprednisolon i.v., Initialdosis kann auf 250 mg erhöht werden. Alternativ Pulstherapie mit 500-1000 mg/Tag i.v. als Einzeldosis. Bei Dosisreduktion abendliche und mittägliche Dosis eher reduzieren als die morgendliche Dosis. Ab einer Gesamtdosis von 25 mg/Tag weitere Reduktion in Form des "alternate day" Modus, z.B. 25 und 20 mg bzw. 25 und 15 mg im tgl. Wechsel. Als Erhaltungsdosis sind 10 und 5 mg anzustreben.
    • Azathioprin (z.B. Imurek): Als Standardtherapeutikum bei mittelschweren und schweren Formen (bei ungenügendem  Ansprechen auf eine Kombiantinstherapie mit Antimalaria/Prednisolon - Prednisolondosis läßt sich nicht unter 10 mg absenken) ist allgemein akzeptiert. Initialdosis mit 2-3 mg/kg KG p.o. Dosis wird auf 2-3 ED verteilt. Wirkungseintritt nach 3-4 Wochen.
    • Merke! Der Einsatz von Azathioprin führt zur Glukokortikoidersparnis!

    • Alternativ: Methotrexat (z.B. MTX): 10-20 mg/Woche p.o. Insbes. bei Formen des SLE mit ausgeprägter Gelenkmanifestation indiziert. Keine Wirkung bei schwerem Nieren- oder ZNS-Befall. Da der immunsuppressive Effekt des Methotrexat sich von seiner zytostatischen Wirkung unterscheidet (Hemmung der Dihydrofolatreduktase), Gabe von 5-10 mg/Woche p.o. Folsäure (z.B. Folsan) um 2 Tage von der Methotrexat-Gabe versetzt.
    • Alternativ: Mycofenolatmofetil 1,0 g/2mal/Tag p.o in Kombination mit Prednisolon p.o. (Dosierungen s.o.) 
    • Alternativ: Cyclophosphamid (z.B. Endoxan): 1-2 mg/kg KG/Tag p.o. oder 1000 mg i.v. alle 4 Wochen. Wirkungseintritt nach etwa 1 Woche. Hohe teratogene Wirkung. Einsatz nur bei schweren und lebensbedrohlichen Verläufen. Nur bei schwerer Lupusnephritis zusammen mit Prednisolon Therapie der 1. Wahl. Wöchentliche Blutbildkontrollen. Therapiedauer bei oraler Gabe 4-6 Wochen, dann 1 Woche Therapiepause, anschließend 3-wöchige Therapie, gefolgt von jeweils einer 1-wöchigen Therapiepause. Max. Therapiedauer 6-10 Monate.
    • Alternativ: Ciclosporin A (z.B. Sandimmun): Scheint eine günstige Wirkung auf SLE zu haben. Die Dosisempfehlungen liegen bei 3-5 mg/kg KG/Tag auf 2 ED verteilt. Der optimale Blutspiegel liegt bei 100-200 mg/ml Blut (Bestimmung in spezialisierten Labors möglich). Begrenzt ist sein Einsatz durch die Nephrotoxizität und Hepatotoxizität sowie durch die Hypertonusentwicklung.
    • Alternativ: Plasmapherese (oder Immunadsorption): Therapieansatz zur Eliminierung von zirkulierenden Immunkomplexen und Autoantikörpern. Derzeit noch kontroverse Diskussionen, günstige Effekte sind in einigen Studien beschrieben worden.
    • Alternativ: Immunglobuline (s.a. IVIG): Als Hochdosistherapie (IgG-Infusionen, z.B. Intratect 400 mg/kg KG an 3-5 Tagen) dann indiziert, wenn eine ausgeprägte Leukopenie (v.a. Granulozytopenie mit häufigen Infekten) oder Thrombopenie den Einsatz von Antimetaboliten oder Alkylanzien nicht erlaubt.
    • Alternativ: Belimumab (Benlysta): Humaner monoklonaler IgG1λ-Antikörper, der die Lebensdauer von CD20+ B-Lymphozyten und Plasmazellen verkürzt.. Belimumab wirkt somit selektiv immunsuppressiv. Es ist zur Behandlung (Add-on-Therapie) von erwachsenen Patienten mit aktivem, Autoantikörper-positivem systemischem Lupus erythematodes (SLE) zugelassen. 2 Phase III Studien mit insgesamt 684 Patienten liegen vor. Die Wertigkeit dieser Behandlung belibt abzuwarten.
    • Ergänzend: Granulozytenkolonie-stimulierender Faktor (z.B. Neupogen): Hat sich  bei lupusassoziierten Leukopenien bewährt; Dosierung: 30 μg/Tag s.c. für 1-3 Tage.
    • Ergänzend: Anakinra (Kineret): anhand von Einzelfallberichten bei Patienten mit Lupusarthritis gut wirksam ( Off-Label-Use). 1mal/Tag 100 mg s.c. in Kombination mit Methotrexat. Alternativ kann Anakinra mit Leflunomid (Arava) kombiniert werden.
    • Eine kleinere Studie existiert zu Tocilizumab. Bei der Krankheitsaktivität des SLE wurde bei 8 von 15 Pat. eine signifikante Verbesserung festgestellt. Die Arthritis verbesserte sich bei 7 Pat. Die Konzentration der DNA-AK reduzierte sich, ebenso wie die IgG-Spiegel.

Verlauf/Prognose

Beginn häufig in der Pubertät. Bei Erstmanifestation < 5 Jahre muss an eine seltene monogene Form gedacht werden. Typisch ist ein schubweiser Verlauf. Prognose quoad vitam abhängig von der Organbeteiligung. In den ersten Jahren der Erkrankung tragen v.a. bakterielle  Infektionen (z.B. auch durch eine immunsuppressive Therapie) zur Mortalität bei. Nach längerer Krankheitsdauer bestimmen kardiovaskuläre Komplikationen die Mortalitätquote. Die Fünfjahres-Überlebensrate bei entsprechender Therapie liegt bei > 90%. Zehnjahres-Überlebensrate: 92%.  

Tabellen

Diagnostische Kriterien der American Rheumatoid Association (ARA) [auch ACR-Kriterien (American College of Rheumatology)] für den systemischen Lupus erythematodes

Schmetterlingserythem: Im Hautniveau oder erhaben, unter Aussparung der Nasolabialfalten.

Diskoide Herde mit festhaftender keratotischer Schuppung und follikulären Keratosen, atrophische Narbenbildung in alten Herden.

Lichtempfindlichkeit (Fotosensibilität).

Gewöhnlich schmerzlose orale oder nasopharyngeale Ulzeration.

Nicht erosive Arthritis, die 2 oder mehr Gelenke betrifft, mit Schmerzen, Schwellung oder Erguss.

Serositis, Pleuritis, Pleurareiben oder Pleuraerguss, Pericarditis, Pericardreiben oder Pericarderguss.

Nierenbeteiligung: Persistierende Proteinurie (> 0,5 g/Tag oder > 3 +, Zellzylinder - Erythrozyten, Tubuluszellen u.a.).

Neurologische Beteiligung: Krampfanfälle bei Fehlen anderer eindeutiger Ursachen (wie z.B. Medikamente oder Stoffwechselentgleisungen); Psychosen bei Fehlen anderer Ursachen (wie z.B. Medikamente oder Stoffwechselentgleisungen).

Hämatologische Störungen: Hämolytische Anämie mit Retikulozytose; Leukopenie < 4.000/μl; Thrombozytopenie < 100.000/μl.

Immunologische Symptome: erhöhter Anti-DNS-Titer; Nachweis von Sm-Kernantigen; Nachweis von Antiphospholipid-Antikörpern; biologisch falsch-positive Syphilisserologie (> 6 Monate).

Antinukleäre Antikörper, ohne Zusammenhang mit einem Medikament, das mit einem sog. medikamentös induziertem Lupussyndrom assoziiert sein kann.

 

 

 

 

 

 

Testort

Schulter und oberer Rückenbereich

Testfelder

5 x 8 cm

 

Strahlenquellen

 

Metallhalogenidstrahler (340-400 nm)

UV-B: Fluoreszenstrahler (z.B. Philips TL 12; 285-350 nm)

Strahlendosen

 

UV-A: 3-4 x 60-100 J/cm2

UV-B: 3-4x 1,5fache MED

Ablesung

24, 28, 72 Std. sowie 1, 2, 3 Wochen nach der Bestrahlung

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinweis(e)

  • Rauchen ist strikt zu verbieten. Gefahr der Verstärkung der vaskulären Symptome.
  • Weitere Reduktion kardiovaskulärer Risiken: Optimale antihypertensive Therapie. Diese Einstellung ist auch für die Erhaltung der Nierenfunktion wichtig.
  • Osteoporoseprophylaxe: kalziumreiche Ernährung/Supplementierung+Vit D3    
  • SLE und Schwangerschaft: SLE geht nicht mit eingeschränkter Fertilität einher. Schwangerschaft kann Entzündungsaktivität verstärken. Wichtig ist kompetente Betreuung durch Gynäkologen.
  • SLE und Antikonzeption: Östrogen-haltige Antikonzeptiva wurden zeitweise als schubauslösend charakterisiert. Neuere Studien konnten dies nicht bestätigen. Absolute Kontraindikation von Östrogenen besteht bei nachgewiesenen Antiphospholipidantikörpern und Nikotinabusus.
  •  Merke! Der viszerale Lupus erythematodes geht mit einem erhöhten Vaskulitis- und Thromboembolierisiko einher!

  • Schwangerschaften und systemischer LE werden kontrovers diskutiert. Exazerbationen sind bei 30-60% der Pat. zu erwarten. Insbes. sollte eine nephrologische Überwachung der Patientinnen erfolgen, die bereits vor Eintritt der Schwangerschaft renale Probleme hatten.

  • Bei eingetretener Schwangerschaft sollte eine Basistherapie mit Hydroxychloroquin fortgesetzt werden.  Auch Azathioprin und Cyclosporin  bei strenger Indikationsstellung (s.a.  neonataler Lupus erythematodes)

  • Impfempfehlungen unter http://dgrh.de/Impfempfehlung.html

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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Zuletzt aktualisiert am: 26.08.2023