Insulin-Aspart

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 22.03.2022

This article in english

Erstbeschreiber

Da sich nach Einführung der Humaninsuline in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts die Erwartungen nicht voll erfüllten (zu später Wirkungseintritt, zu lange Wirkdauer etc.), wurden Ende der 90er Jahre modifizierte Insulinanaloga entwickelt(Hürter 2013). Zu ihnen zählt u. a. auch das Insulin Aspart, welches im Jahre 2000 auf den Markt kam (Heinemann 2001).

Aus einer Weiterentwicklung des Insulins Aspart entstand das Insulin Faster Aspart. Dieses ist seit April 2017 auf dem Markt (Jaursch- Hancke 2021)

Definition

Beim Insulin Aspart (IAsp) handelt es sich um ein rekombinantes Analogon des Humaninsulins (Simpson 1999), welches synthetisch mit Hilfe von Bakterien (Escherichia coli) und Hefepilzen (Saccharomyces cerevisiae) hergestellt wird (Huismann 2005).

Einteilung

Insulin Aspart (IAsp) zählt zur Gruppe der Insulinanaloga (Haak 2018). Bei der Herstellung von IAsp wird gentechnologisch die Aminosäure Prolin gegen Asparaginsäure ausgetauscht (Zeeck 2017).

Neben dem IAsp gibt es noch das Insulin Faster Aspart, welches durch einen rascheren Wirkungseintritt gekennzeichnet ist (Haahr 2019). Das Faster Aspart konnte gentechnisch (Kasper 2015) aus dem IAsp durch Zusatz von L- Arginin und Niacinamid (Vitamin B3) so verändert werden, dass der Wirkungseintritt rascher erfolgt (Herold 2018)

Allgemeine Information

Vergleich von IAsp mit Humaninsulin:

  • in kürzerer Zeit werden höhere Konzentrationen an Seruminsulin erreicht
  • der Abfall der Seruminsulin- Konzentration erfolgt rascher
  • die Kontrolle der Glukosewerte tagsüber gelingt besser
  • die minimalen Glukosewerte nachts sind nicht so niedrig
  • Hypoglykämien treten seltener auf
  • bei Typ 1 Diabetikern finden sich weniger postprandiale Glukose- Exkursionen (Simpson 1999)
  • IAsp muss vor der Injektion nicht durchgemischt werden (Herold 2018).

 

 

Pharmakodynamik

Die DNA- Synthese erfolgt bei normalem Insulin ausschließlich über Aktivierung des Insulinrezeptors. Beim IAsp hingegen spielt die Signalinduktion durch den IGF- I- Rezeptor eine wichtige Rolle (Eckhardt 2007). Eine dadurch befürchtete mitogene Wirkung konnte bislang nicht bestätigt werden (Haak 2018).

Eine Variation der Aminosäuresequenz verhindert beim Insulin Aspart die subkutane Bildung der Hexamere. Dies bewirkt die raschere Resorption (Herold 2018). IAsp ahmt, wie alle kurz wirksamen Insulinanaloga, die physiologische Sekretion von Insulin in der ersten postprandialen Phase am besten nach (Jahn 2020 / Rodbard 2020).

 

 

Indikation

IAsp kann bei allen Formen der Insulintherapie eines Diabetes Typ 1 oder Diabetes Typ 2 eingesetzt werden (Prinz 2012) wie z. B.:

- SIT (supplementäre Insulintherapie)

intensivierte Insulintherapie (sowohl bei der ICT als auch bei der Insulinpumpentherapie [Herold 2020])

Basis- Boluskonzept (Alawi 2019)

- konventionelle Insulintherapie (Greten 2005)

 

 

Dosierung und Art der Anwendung

Die Verabreichung von IAsp kann durch Pen, Pumpe und Closed- Loop- Systeme erfolgen (Jahn 2020). 

IAsp wird i. d. R. s. c. appliziert. Es ist zusätzlich aber auch für die i. v. Applikation zugelassen, was jedoch klinisch keinen Vorteil erbringt (Danne 2016).

Injiziert werden kann Insulin Aspart in die Bauchdecke (raschere Resorption) und in die Vorder- oder Außenseite des Oberschenkels (langsamere Resorption).

(Schubert 2009)

Die Injektionsstellen sollten zur Vermeidung einer Lipohypertrophie ständig gewechselt werden (Marischler 2020).

Bei Aspart- Mischinsulinen empfiehlt sich die Applikation morgens in die Bauchdecke und abends in den Oberschenkel (Schubert 2009). 

 

Der tägliche Insulinbedarf eines gesunden Menschen liegt bei 0,67 I. E. / kg / d = ca. 40 I. E. Davon entfallen ca. 40 % auf die basale Sekretion und ca. 60 % auf die postprandiale (Dellas 2018 / Seifert 2018).

 

Senkung der Blutglukose:

Um eine Senkung der Blutglukose um 30 – 40 mg / dl (1,6 – 2,2 mmol / l) zu erreichen, sind 1,0 I.E. Normalinsulin bzw. rasch wirksames Analoginsulin erforderlich (Haak 2018).

Näheres s. Insulin

 

Anhebung der Blutglukose:

Um eine Anhebung der Blutglukose um 30 – 40 mg / dl (1,6 – 2,2 mmol / l) zu erzielen, sind 10 g Kohlenhydrate = 1 KE erforderlich (Haak 2018).

Die Größe der Mahlzeit wird in Kohlenhydrateinheiten = KE gemessen, die veraltete Bezeichnung lautet Broteinheit = BE [Dellas 2018]) (Herold 2021).

 

Eine höhere Dosis Insulin kann z. B. erforderlich sein bei:

- Blutglukose > 270 mg / dl

- Dehydratation

- Infektionen

- Fieber

- Nachweis von Ketonkörpern (Haak 2018)

 

Eine niedrigere Dosis Insulin kann z. B. benötigt werden bei:

- Insuffizienz der Nebennierenrinde

- schwerer Niereninsuffizienz

- Leberinsuffizienz

- körperlicher Belastung (Haak 2018)

 

 

Unerwünschte Wirkungen

- Hypoglykämie

- Antikörperbildung ist vergleichbar mit der bei Humaninsulin

Entsprechende Studien hinsichtlich Langzeitschäden stehen noch aus (Mehnert 2003)

 

 

Kontraindikation

Absolute Kontraindikationen:

Hypoglykämie

Insulinom (Flake 2021)

 

 

Präparate

  • Insulin Aspart (NovoRapid):

Der Wirkungseintritt bei s. c. Injektion erfolgt nach 20 – 25 min, die Wirkdauer liegt bei 4 – 5 h (Haak 2018)

  • Insulin Faster Aspart (Fiasp):

Hierbei setzt die Wirkung bereits nach 4,9 min ein (Meißner 2021/ Haak 2018). Die Wirkdauer beträgt ca. 3,5 h (Herold 2018).

Das Insulin Faster Aspart kommt der physiologischen Sekretion von Insulin während einer Mahlzeit am nächsten und verbessert dadurch die postprandiale Glukosekontrolle bei Diabetikern (Haahr 2019).

 

Zu den vorgemischten Insulinanaloga zählen:

  • 70 / 30 Novolog / Novo Nordisk: 70 % Protamin- Aspart, 30 % Aspart (Ferri 2021 / Hartman 2008). Wirkungseintritt nach 20 – 25 min, Wirkdauer 10 - 14 h (Haak 2018)

 

  • Kombinationsinsulin Degludec (70) / Aspart (30) = IdegAsp.

IdegAsp ist das erste Kombinationsinsulin von zwei Insulinanaloga. Es gewährleistet mit einer einzelnen Injektion sowohl die Basalversorgung als auch die Mahlzeiten- Insulinversorgung (Haahr 2017). Der Wirkungseintritt erfolgt nach 20 – 25 min, die Wirkdauer liegt bei > 30 h (Haak 2018)

 

 

Hinweis(e)

Bei einer randomisierten kontrollierten Studie mit 423 Typ 1 Diabetikern zeigten sich unter der Behandlung mit Aspart - verglichen mit regulärem Normalinsulin - eine signifikante Verbesserung des HbA1c- Wertes um 0,17 %, eine Verbesserung der Behandlungszufriedenheit (p = 0,005) und eine höher eingeschätzte Flexibilität (p = 0,022).

In einer weiteren Studie wurden deutliche Verbesserungen der klinischen Effekte wie z. B. auf Hypoglykämien, Blutglukose, Therapiezufriedenheit verzeichnet (Haak 2018).

 

Bei Patienten mit Typ 1 Diabetes führt das schnellere Insulin Aspart im Vergleich zu IAsp zu einer stärkeren Senkung des HbA1c. Bei Typ 2 Diabetikern fanden sich diese Unterschiede nicht (Davis 2019).

 

In einer großen Studien wurden Insulinanaloga mit anderen Insulinpräparaten verglichen:

Der mittlere HbA1c-Wert in der Aspart/Detemir-Gruppe lag mit 7,88 % niedriger als in der NPH/Regular- Insulin-Gruppemit 8,11% (Hartman 2008).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Alawi H et al. (2019) Insulinarten und Insulinwirkung. Ascensia DiabetesKolleg Advisory Board 2019
  2. Bahrmann A et al. (2018) S2k- Leitlinie Diagnostik, Therapie und Verlaufskontrolle des Diabetes mellitus im Alter. 2. Auflage AWMF-Registernummer: 057-017
  3. Bundesärztekammer (2021) Nationale Versorgungsleitlinien: Typ- 2- Diabetes. AWMF- Register- Nr. nvl-001 
  4. Danne T et al. (2016) Kompendium pädiatrische Diabetologie. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 111
  5. Davis A et al. (2019) Faster Insulin Aspart: A New Bolus Option for Diabetes Mellitus. Clin Pharmacokinet. 58 (4) 421 – 430
  6. Dellas C (2018) Kurzlehrbuch Pharmakologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag München 155, 506 – 510, 512
  7. Eckhardt K et al. (2007) Die mitogene Wirkung von Insulinanaloga wird in humanen glatten Muskelzellen und Fibroblasten vom Expressionsniveau des IGF-I Rezeptors bestimmt. Diabetologie und Stoffwechsel (2) 129
  8. Egidi G (2019) Welchen Stellenwert haben Insulinanaloga In der Behandlung des Diabetes? ZFA (95) 360 – 365. DOI10.3238/zfa.2019.0360–0365
  9. Flake F et al. (2021) Notfallmedikamente. Elsevier Urban und Fischer Verlag 157 - 158
  10. Ferri F F (2021) Ferri’s Clinical Advisor: 5 books in 1.Elsevier Urabn und Fischer Verlag 505, 508 
  11. Greten H et al. (2005) Innere Medizin. Georg Thieme Verlag Stuttgart 624
  12. Haahr H et al. (2017) A Review of Insulin Degludec/Insulin Aspart: Pharmacokinetic and Pharmacodynamic Properties and Their Implications in Clinical Use. Clin Pharmacokinet. 56 (4) 339 - 354
  13. Haahr H (2019) Fast-Acting Insulin Aspart: A Review of its Pharmacokinetic and Pharmacodynamic Properties and the Clinical Consequences. Clin Pharmacokinet (59) 155 - 172
  14. Haak T et al. (2018) S3-Leitlinie Therapie des Typ-1-Diabetes. AWMF-Registernummer: 057-013 
  15. Hartman I (2008) Insulin analogs: impact on treatment success, satisfaction, quality of life, and adherence. Clin Med Res. 6 (2) 54 - 67
  16. Heinemann L et al. (2001) Klinische Wirkungen und Pharmakodynamik der Insulinanaloga Lispro, Aspart und Glargin. Dtsch Med Wschr (126) 597 - 604
  17. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 737
  18. Hürter P et al. (2013) Diabetes bei Kindern und Jugendlichen: Klinik – Therapie – Rehabilitation. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 103
  19. Jahn E (2020) Moderne Insulinanaloga. CME (17) 54 https://doi.org/10.1007/s11298-020-8134-2
  20. Jaursch- Hancke C (2021) 100 Jahre Insulin – der Weg zur Physiologie. InFo Diabetologie 15 (4) 32 - 34
  21. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 2412 – 2413
  22. Marischler (2020) Endokrinologie: Basics. Elsevier Urban und Fischer Verlag München 37
  23. Mehnert H et al. (2003) Diabetologie in Klinik und Praxis. Georg Thieme Verlag Stuttgart 244
  24. Meißner T (2021) Typ 1 Diabetes: Fortschritte mit Insulin- Analoga. CME Ausgabe 7 – 8. 12
  25. Prinz C et al. (2012) Basiswissen Innere Medizin. Springer Verlag Heidelberg 296 - 298
  26. Rodbard H W et al. (2020) Biosynthetic Human Insulin and Insulin Analogs. Am J Ther. 27 (1) e42 – e51 DOI: 10.1097/MJT.0000000000001089
  27. Schubert I et al. (2009) Leitliniengruppe Hessen / PMV Forschungsgruppe: Hausärztliche Leitlinien. Deutscher Ärzteverlag Köln 152
  28. Seifert R (2018) Basiswissen Pharmakologie. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 247
  29. Simpson K L et al. (1999) Insulin aspart. Drugs 57 (5) 759 - 765
  30. Zeeck A et al. (2017) Chemie für Mediziner. Elsevier Urban und Fischer Verlag 374
Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 22.03.2022