Neuroblastom C47.-; C72.2-; C72.5; C47.0; C69.6; C47.1; C47.2; C47.3; C47.4; C47.5; C47.6; C47.8; C48.-; C48.0; C74.-; C74.1;

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 22.10.2022

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Synonym(e)

Neuroblastoma,

Definition

Maligner Tumor des sympathischen Nervensystems und nach ZNS-Tumoren der häufigste maligne solide Tumor im Kindesalter (Schulte JH et al. 2015). 8-10% aller malignen kindlichen Prozesse betreffen das Neuroblastom (Ahmed AA et al. 2017). Der maligne Tumor leitet sich von den Zellen der Neuralleiste ab. Der Tumor kann in allen Geweben auftreten, in denen sich Ansammlungen von sympathischen Nervenzellen befinden, so im Nebennierenmark, im Truncus sympathicus dem paravertral verlaufenden Grenzstrang der vom Hals bis zum Steißbein reicht, oder in den Paraganglien.

Die klinischen Symptomatik ist maßgeblich von der Lokalisation der Geschwülste beeinflusst, weiterhin auch von dem sehr unterschiedlichen  Wachstumsverhalten zwischen spontaner Regressionen des Ausgangstumors und Metastasierungstendenz.

Einteilung

Klinische Stadien nach Evans:

  • Stadium 1: Tumor auf Ursprungsorgan begrenzt
  • Stadium 2a: Infiltration der Umgebung ohne Überschreitung der Mittellinie ohne Lymphknotenbefall
  • Stadium 2b: Infiltration der Umgebung ohne Überschreitung der Mittellinie mit ipsilateralem Lymphknotenbefall
  • Stadium 3: Überschreiten der Mittellinie
  • Stadium 4: Metastasierung in andere Organe sowie Fernlymphknoten
  • Stadium 4S: Lokalisierter Primärtumor bei Säuglingen im ersten Lebensjahr, der in Haut, Leber und/oder Knochenmark metastasiert, allerdings nicht in die Knochen (Prognose besser als bei Stadium 4); nicht selten spontane Rückbildung

 

Vorkommen/Epidemiologie

Nach ZNS-Tumoren häufigster maligner solider Tumor im Kindesalter. 

Ätiopathogenese

Unklar; mögliche Ursache ist eine Amplifikation des Onkogens N-myc (MYCN-Amplifikation) bei Deletion des kurzen Armes des Chromosom 1 (1p-Deletion). Da Neuroblastom-spezifische Genveränderungen nicht beschrieben wurden, wird vermutet, dass es sich um ein heterogenes Krankheitsbild handelt.

 

Manifestation

Mittleres Erkrankungsalter: 2,0 Jahre, auch jünger.  Bei 50% der Betroffenen liegt zum Diagnosezeitpunkt das Stadium 4 vor

 

Klinisches Bild

Differente Symptomatik , je nach Lage des Tumors.

Lokalisationen und Klinik:

  • Abdomineller Tumor (>60%): Bauchschmerzen, Gedeihstörung/Gewichtsabnahme, Erbrechen/Inappetenz. Durch erhöhte Katecholaminbildung bedingte Symptomatik, z.B. Hypertonie oder chronische Diarrhö. Weiterhin Fieber.
  • Kopf/Gesicht/Hals-Tumor: Horner-Syndrom; retrobulbäres Neuroblastom: Nachweis von Lidekchymosen (Waschbär-Augen = Brillenhämatome); Heterochromie der Iris und Hautblässe nach Stoß oder Schlag auf eine Metastase mit blaugrüner Eigenfarbe durch Katecholaminausschüttung sind besondere Charakteristika. ,
  • Thorakaler Tumor (ca. 20%): Husten, Dyspnoe, Stridor, mögliche Querschnittssymptomatik bei Sanduhrtumoren
  • Tumor im Knochenmark: Knochenschmerzen

Histologie

Histologische Einteilung der Malignitätsgrade nach Hughes:

  • Grad 1: Mix aus undifferenzierten Zellen und reifen Ganglienzellen
  • Grad 2: Unreife Zellen zusammen mit einigen ausreifenden Ganglienzellen
  • Grad 3: Undifferenzierte Zellen, gelegentlich Rosettenbildung

Diagnose

Urin: Katecholaminabbauprodukte (v.a. Vanillinmandelsäure, Homovanillinsäure) im 24-h-Sammelurin erhöht; Blut:  Katecholaminabbauprodukte erhöht; ebenso LDH, Ferritin und die Neuronenspezifische Enolase (NSE).

Röntgen-Thorax: CT bzw. MRT zum Ausschluss eines Sanduhrtumors

Sono-Abdomen; MIBG-Szintigraphie; Knochenmarkpunktion zum Ausschluss von Knochenmarkinfiltration

 

Differentialdiagnose

Nephroblastom; leukämische Infiltrate; Neubildungen aus der Familie der neuroektodermalen Tumor-Ewing-Sarkom-Familie, neuroendokrine Tumoren.

Therapie

Abhängig vom Alter des Kindes und Krankheitsstadium: Bei lokalisiertem Tumor und fehlender MYCN -Amplifikation: Abwartendes Verhalten: möglich ist eine spontane Regression (Whittle SB et al. 2017).  Bei „High-risk Neuroblastomen“ (HR-NB) kommen High-dose Chemotherapie, Tumorresektion und/oder Strahlentherapie zum Ansatz. Bei Sanduhrtumoren sofortige Operation wegen Gefahr der Querschnittslähmung indiziert!  In klinischer Erprobung sind Immunotherapien, so mit monoklonalen GD2-Antikörper (Sait S et al. 2017).

 

Verlauf/Prognose

Je niedriger das Tumorstadium zum Behandlungszeitpunkt, desto besser die Prognose:

  • Stadium 1 und 2 (>90% Heilungsrate)
  • Stadium 3 und 4S (ca. 60–70% Heilungsrate)
  • Stadium 4 (10–20% Überlebenschance)

Je älter das Kind bei Tumorentdeckung, desto schlechter die Prognose. Selbst bei Metastasen ist eine spontane Regression in den ersten 15 Lebensmonaten möglich (Ahmed AA et al. 2017). Eine hohe LDH ist mit einer schlechten Prognose assoziiert. Erst im fortgeschrittenen Stadium kommt es zu Symptomen wie Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, Belastungsdyspnoe (Atemnot bei Belastung) oder peripheren Ödemen (Ayerza-Krankheit).

 

Literatur
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  1. Ahmed AA et al. (2017) Neuroblastoma in children:Update on clinicopathologic and genetic prognostic factors. Pediatr Hematol Oncol 34:165-185.
  2. Sait S et al. (2017) Anti-GD2 immunotherapy for neuroblastoma. Expert Rev Anticancer Ther 17:889-904.
  3. Schulte JH et al. (2015)  Neuroblastoma. Crit Rev Oncog 20(3-4):245-70.https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26349419
  4. Whittle SB et al. (2017) Overview and recent advances in the treatment of neuroblastoma. Expert Rev Anticancer Ther. 17:369-386. 

Disclaimer

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