HBs-Ag

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 25.11.2023

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Synonym(e)

Hepatitis B- Oberflächenantigen; Surface- Ag

Erstbeschreiber

Im Jahre 1967 entdeckte B. S. Blumberg das sog. „australische Antigen“, das später als Hepatitis- B- Oberflächenantigen (HBs- Ag) bezeichnet wurde. Er erhielt dafür den Nobelpreis (Leung 2008).

Das Hepatitis B Virus wurde erstmals im Jahre 1970 von D. S. Dane et al. beschrieben (Puchta 2006) und nach ihm als sog. „Dane- Partikel“ bezeichnet (Mueller- Eckhardt 1996).

In den 70er Jahren wurden erstmals Radioimmunoassays und Enzymimmunoassays zum Nachweis von HBs- Ag entwickelt (Lee 2011).

Der erste Impfstoff zur aktiven Immunisierung gegen Hepatitis B wurde 1982 eingeführt und bestand aus gereinigten, nicht infektiösen HBs- Ag- Partikeln (Kasper 2015).

Definition

Unter dem HBs- Ag versteht man ein Protein, das im klinischen Bereich als diagnostischer Marker für eine Hepatitis B- Virusinfektion dient (Lee 2011).

Allgemeine Information

Zu den Virusbestandteilen einer Hepatitis B Erkrankung zählen:

- HBV- DNA

- Proteine wie z. B.:

       - Surface- Antigen (HBs- Ag)

       - Envelope- Antigen (HBe- Ag) Dieses entspricht der sekretorischen Form des HBc- Ag.

       - Core- Antigen (HBc- Ag und HBcr- Antigen = HB- core- related- Antigen)

Die korrespondierenden Antikörper sind anti- HBs, anti- HBe und anti- HBc (Herold 2022).

Vorkommen

Der Mensch und größere Menschenaffen sind die einzigen natürlichen Träger des HBs- Ag (Gressner 2019).

Das HBs- Ag findet sich bei ca. 93,3 % der an einer akuten Hepatitis B Erkrankten (Madalinkski 1979). Es bleibt bei ca. 10 % länger als 6 Monate positiv. Von diesen lässt sich bei 50 % in den nächsten Jahren HBs- Ag nicht mehr nachweisen. Die restlichen 50 % hingegen bleiben persistierend chronisch HBs- Ag positiv.

Neuere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die Rate chronischer Infektionen nach akuter Hepatitis B bei immunkompetenten jungen Erwachsenen bei lediglich 1 % liegt (Kasper 2015), Cornberg (2021) beziffert sie mit 0,4 – 0,8 %.

Unter Schwangeren finden sich - selbst in Niedrig- Endemie- Gebieten - bis zu 1,5 % HBs- Ag- Träger, die eine HBV- Infektion auf das Kind übertragen können (Cornberg 2021).

Pathophysiologie

HBs- Ag wird durch einen komplexen Mechanismus produziert und sezerniert, der bislang noch nicht vollständig geklärt werden konnte (Lee 2011).

Die Hauptfunktion des HBs- Ag besteht darin, die viralen Komponenten einzuschließen. Das Antigen spielt außerdem eine Rolle bei der Zellmembrananheftung, um den Infektionsprozess einzuleiten. Es verfügt zusätzlich über die wichtigsten antigenen Komponenten wie z. B. die a- Determinante (Lee 2011).

Labor

HBs- Ag kann qualitativ und quantitativ bestimmt werden. Der quantitative Nachweis spielt eine Rolle als Verlaufsparameter unter einer Therapie (Gressner 2019).

Bei einer akuten Infektion mit Hepatitis B ist HBs- Ag bereits vor Beginn der klinischen Symptome (ca. 2 – 6 Wochen zuvor [Kasper 2015]) nachweisbar. Bei Krankheitsbeginn findet man es bei ca. 90 % der Erkrankten (Herold 2022).

I. d. R. ist HBs- Ag 1 – 2 Monate nach Erkrankungsbeginn nicht mehr nachweisbar. Sobald dies der Fall ist, treten erstmals Antikörper gegen HBs- Ag auf. Gelegentlich kann hier jedoch eine diagnostische Lücke von mehreren Wochen bestehen. Nach Auftreten von anti- HBs bleiben diese lebenslang bestehen (Kasper 2022).

Der Nachweis von HBs- Ag bedeutet immer eine Viruspersistenz (Cornberg 2021) und damit Infektiosität, da in diesem Fall weiterhin eine Virusreplikation stattfindet (Herold 2022). Falls außerdem noch HBe- Ag nachweisbar ist, erhöht dies zusätzlich die Infektiosität (Kasper 2015).

Seit 1994 ist in Deutschland ein generelles HBs- Ag- Screening bei Schwangeren vorgeschrieben, da bei einer HBs- Ag positiven Mutter ein Infektionsrisiko für das Kind besteht (Cornberg 2021). So übertragen HBe- Ag positive Mütter in > 90 % der Fälle das Virus auf das Neugeborene, während es bei ausschließlich HBs- Ag positiven lediglich 10 – 15 % sind (Kasper 2015).

 

Hepatitis D

HBs- Ag ist außerdem immer im Rahmen einer Hepatitis D nachweisbar (Kasper 2015), da das Hepatitis D- Virus nur durch eine HBs- Ag- haltige Hülle in der Lage ist, infektiöse Viruspartikel zu bilden (RKI 2016).

 

Extrahepatische Manifestation

HBs- Ag kann sich gelegentlich bei einer akuten Hepatitis B in den Blutwandgefäßen ablagern und prodromal eine Serumerkrankungs- ähnliche Symptomatik hervorzurufen (Kasper 2015).

Bei Patienten mit chronischer Hepatitis B treten gelegentlich Immunkomplexerkrankungen wie z. B. eine Glomerulonephritis mit nephrotischem Syndrom auf. Hierbei finden sich in der glomerulären Basalmembran Ablagerungen von HBs- Ag. Auch bei einer Polyarteriitis nodosa kann sich HBs- Ag in den kleinen und mittelgroßen Arteriolen nachweisen lassen (Kasper 2015).

Histologie

HBs- Ag ist im Zytoplasma der Hepatozyten nachweisbar (Herolds 2022).

Komplikation(en)

Chronische Hepatitis B

HBs- Ag bleibt bei ca. 10 % der Erkrankten länger als 6 Monate positiv. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Rate chronischer Infektionen nach akuter Hepatitis B bei immunkompetenten jungen Erwachsenen bei lediglich 1 % liegt (Kasper 2015), Cornberg (2021) beziffert sie mit 0,4 – 0,8 %.

Bestimmte Risikogruppen wie z. B. Immunsupprimierte, Dialysepatienten, Homosexuelle, Neugeborene, Drogenabhängige entwickeln häufig ein Persistieren des HBs- Ag mit Entwicklung einer chronischen Hepatitis B (Höfler 2019).  

 

Leberzirrhose

In asiatischen Ländern stellt die Hepatitis B mit persistierendem HBs- Ag die häufigste Ursache für eine Leberzirrhose dar. In westlichen Ländern ist sie unter den führenden 3 Ursachen (Heintges 2006). 

 

Hepatozelluläres Karzinom

HBs- Ag positive Träger haben ein bis zu 98- fach höheres Risiko am hepatozellulärem Karzinom (HCC) zu erkranken als HBs negative (Kasper 2015).

Therapie

Hinweis(e)

Prophylaxe:

Bei HBs- Ag positiven Schwangeren erhält das Neugeborene innerhalb der ersten 12 h post partum eine aktive und passive Immunisierung gegen Hepatitis B (Cornberg 2021).

Entsprechenden Risikogruppen wie z. B. im medizinischen Bereich Tätigen, die HBs- Ag und Anti- HBc negativ sind und über keinen ausreichenden Impfschutz verfügen, sollte eine Impfung empfohlen werden (Cornberg 2021).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Cornberg M, Sandmann L, Protzer U, Niederau C, Tacke F, Berg T, Glebe D, Jilg W, Wedemeyer H, Wirth S, Höner zu Siederdissen C, Lynen- Jansen P, van Leeuwen P, Petersoen J  (2021) S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion (AWMF-Register-Nr. 021-11)
  2. Gressner A M, Arndt T (2019) Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik.  Springer Verlag Deutschland 1092 – 1094
  3. Heintges T, Häussinger D (2006) Hepatitis B: Infektion – Therapie – Prophylaxe. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 90
  4. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 527 – 528
  5. Höfler G, Kreipe H, Moch H (2019) Pathologie: Das Lehrbuch. Elsevier Urban und Fischer Verlag 545
  6. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 544, 2006 – 2007, 2011 – 2012, 2021 – 2022
  7. Lee J M, Ahn S H (2011) Quantification of HBsAg: basic virology for clinical practice. World J Gastroenterol. 17 (3) 283 – 289
  8. Leung N W Y (2008) Recent data on treatment of chronic hepatitis B with nucleos(t)ide analogues. Hepatology International 2 (2) 163 – 178
  9. Madalinski K, Bragiel I (1979) HBsAg immune complexes in the course of infection with hepatitis B virus. Clin Exp Immunol. 36 (3) 371 - 378
  10. Mueller- Eckhardt C (1996) Transfusionsmedizin: Grundlagen – Therapie – Methodik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York 551
  11. Puchta I (2006) Das Hepatitis B- Virus in der Transfusionsmedizin. Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Universität zu Lübeck - Aus der Medizinischen Fakultät.
  12. RKI- Ratgeber (2016) Hepatitis B und D. DOI: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_HepatitisB.html#Start

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