Hämolyse

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 27.09.2023

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Synonym(e)

Auflösung der Erythrozyten; Erythrozytenzerfall; Zerfall der Erythrozyten

Definition

Unter einer Hämolyse versteht man die Freisetzung intrazellulärer Bestandteile der Blutzellen (vornehmlich Erythrozyten) in den extrazellulären Raum (Hofmann 2014). Diese kann physiologisch oder pathologisch sein (Hoffbrand 2003). Zur Freisetzung dieser intrazellulären Bestandteile kann es durch Abbau oder Zerstörung der Erythrozyten kommen (Michl 2019).

Einteilung

- Ort des Erythrozytenabbaus:

Eine Hämolyse kann in- vivo sowohl intravasal (i. d. R. pathologisch [Hoffbrand 2003]) als auch extravasal erfolgen (Herold 2022 / Müller 2023). Außerdem ist eine Hämolyse in- vitro bei z. B. einer Blutentnahme möglich (Gressner 2013).  Näheres s. „Ätiologie“

- Art der Schädigung:

Die Schädigung kann intrinsisch (korpuskulär) oder extrinsisch (extrakorpuskulär) erfolgen (Michl 2019).

Eine Hämolyse kann außerdem kompensiert oder nicht kompensiert sein:

- Kompensierte Hämolyse:

Falls es bei einer Hämolyse zu einer gesteigerten Erythropoese kommt und der Hb- Gehalt im Blut im Normbereich bleibt, spricht man von einer kompensierten Hämolyse (Herold 2022).

- Nicht kompensierten Hämolyse:

Falls die Hämolyse nicht kompensiert wird und damit sowohl Erythrozyten als auch der Hämoglobingehalt des Blutes abfallen, spricht man von einer hämolytischen Anämie (Herold 2022).

Man differenziert zusätzlich zwischen einer akuten und einer chronischen Hämolyse (Berger 2010)

Allgemeine Information

Erythrozyten haben eine Lebensdauer von ca. 120 Tagen. Danach werden diese durch eine extravasale in- vivo Hämolyse abgebaut (Müller 2023).

Eine in- vivo Hämolyse kann aber auch intravasal erfolgen und ist dann i. d. R. pathologisch (Müller 2023).

Eine Hämolyse ist im Serum oder Plasma ab einer Hb- Konzentration von ca. 20 mg / dl mit bloßem Auge erkennbar (Herold 2022).

Ätiologie

Eine in -vivo- Hämolyse kann verursacht werden durch:

- Physiologisch am Ende der Lebensdauer der Erythrozyten (Müller 2023)

- thermisch induziert durch z. B. Verbrennungen

- traumatisch nach z. B. Marschhämoglobinurie oder Herzklappenersatz

- chemisch durch z. B. Schlangengifte

- arzneimittelinduziert als sog. Immunhämolyse (theoretisch durch jedes Medikament möglich, insbesondere durch nichtsteroidale Antirheumatika, Cephalosdporine, Tuberkulostatika [Kiefel 2010])

- parasitär bedingt durch z. B. eine Malariaerkrankung (Berger 2010)

- bakteriell bedingt durch insbesondere Streptokokken (Müller 2023)

- Hypersplenismus (Aulbert 2008)

- Blutgruppenunverträglichkeiten durch Antigen- Antikörper- Reaktion (Emminger 2005) 

- Osmotische Schädigung (Müller 2023)

 

Zu einer in- vitro- Hämolyse im Rahmen einer Blutabnahme kann es z. B. kommen durch:

- zu enge Punktionskanülen

- zu lange Venenstauung

- schlechte Transportbedingungen (Müller 2023)

Klinisches Bild

Die Hauptsymptome einer Hämolyse sind Hämoglobinurie und Ikterus (Aulbert 2008).

Bei einer akuten Hämolyse können auftreten:

- Tachykardie

- Palpitationen

- Belastungsdyspnoe (Berger 2010)

 

Bei der chronischen Hämolyse bestehen i. d. R. kaum Symptome. Selbst Hämoglobinwerte bis zu 6 – 8 mg / dl werden toleriert. Ansonsten können bestehen:

- geringgradiger Ikterus

- oftmals bilirubinhaltige Gallensteine

- Splenomegalie (Berger 2010)

 

Bei einer hämolytischen Krise können zusätzlich auftreten:

- Schüttelfrost

- Fieber

- Schmerzen im Rücken, Abdomen, Kopf (Berger 2010)

Labor

Durch die Zerstörung der Erythrozyten werden Hämoglobin und andere Zellbestandteile wie z. B. LDH, GOT, Kalium freigesetzt. Das Hämoglobin wird an Haptoglobin gebunden, so dass das freie Haptoglobin abnimmt (Müller 2023).

Typische Laborveränderungen bei einer Hämolyse sind deshalb:

Es kommt zu einem Abfall von:

- Haptoglobin (sensitivster Parameter)

- AP

- Gamma- GT

- Hämoglobin

- Hämatokrit

- Erythrozyten

- Überlebenszeit der Erythrozyten (Berger 2010)

 

und zu einem Anstieg von:

- Bilirubin gesamt

- GPT

- Retikulozyten

- Eisen im Serum

- Freies Hb

- Hämopexin

- LDH (Berger 2010)

 

Man sollte beachten, dass durch die Hämolyse in einer Blutprobe folgende Werte artefiziell ansteigen:

- LDH

- AST (GOT)

- ALT (GPT)

- Kalium (Herold 2022)

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Aulbert E, Nauck F, Radbruch L (2008) Lehrbuch der Palliativmedizin. Schattauer Verlag Stuttgart / New York 395, 401
  2. Berger D P, Engelhardt R, Mertelsmann R, Engelhardt M, Henß H (2010) Das rote Buch: Hämatologie und Internistische Onkologie. Ecomed Verlag 498, 516
  3. Emminger H (2005) Physikum Exakt: Das gesamte Prüfungswissen für die 1. ÄP. Georg Thieme Verlag Stuttgart 160
  4. Gressner A M, Arndt T (2013) Lexikon der Medizinischen Laboratoriumsdiagnostik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 609
  5. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 42, 965
  6. Hoffbrandt A V, Pettit J E, Moss H, Hoelzer D (2003) Grundkursa Hämatologie.  Blackwell Verlag Berlin / Wien 55
  7. Hofmann W, Hofmann G, Aufenanger J (2014) Klinikhandbuch Labordiagnostische Pfade: Einführung – Screening – Stufendiagnostik. Walter de Gruyter GmbH Berlin / Boston 155
  8. Kasper D L, Fauci A S, Hauser S L, Longo D L, Jameson J L, Loscalzo J et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education
  9. Kiefel V (2010) Transfusionsmedizin und medizinische Immunhämatologie: Grundlagen – Therapie – Methodik. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 86
  10. Michel M. (2019) Basics Hämatologie. Elsevier Urban und Fischer Verlag 57
  11. Müller M (2023) Labormedizin: Mikrobiologie, Klinische Chemie, Infektiologie, Transfusionsmedizin in Frage und Antwort. BoD- Books on Demand Norderstedt 212, 853 - 854
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