Gastrinom D37.78

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 16.12.2020

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Synonym(e)

Zollinger-Ellison-Syndrom

Definition

Gastrin-produzierender, meist solitärer, meist sporadisch (75%) auftretender Tumor (Nicht-ß-Zell-Tumor des Pankreas) der zu der Familie der Neuroendokrinen Tumoren des Gastrointestinaltraktes gehört. 25% der Gastrinome treten als Teilsymptome eines MEN1-Syndroms in Erscheinung. Bei Diagnosestellung sind bereits 50% der sporadischen Gastrinome metastasiert.

Einteilung

Sporadische Gastrinome (etwa 66% der Gastrinome)

Syndromale Gastrinome (etwa 25% der Gastrinome treten im Rahmen eines MEN1-Syndroms auf)

Vorkommen/Epidemiologie

0,5-1,0/100.000 Personen 

Ätiopathogenese

Unbekannt; bei Teilsymptom von MEN 1 (Mutation des Gens MEN1 - Menin-Gen -, einem Tumorsuppressor-Gen, das auf dem Genlokus 11q13 kartiert ist.

 

Manifestation

Bei Diagnosetsetellung sind die Patienten zwischen 20-50 Jahre alt.

Lokalisation

Sporadische Gastrinome (etwa 66% der Gastrinome) sind Tumore die häufig im sog. „Gastrinom-Dreieck“ (Begrenzung durch Pankreaskopf, Duodenum und Leberpforte) lokalisiert sind.

50–60% der Gastrinome sind im Pankreas lokalisiert (NET des Pankreas); 30–35% der Gastrinome treten im Duodenum auf

Syndromale Gastrinome im Rahmen eines MEN1-Syndroms (etwa 25% der Gastrinome) sind zu 60% im Duodenum und zu 40% im Pankreas lokalisiert.  

Klinisches Bild

Das Gastrinom kennzeichnet sich durch eine Hypersekretion von Magensäure mit fulminanter rezidivierender Ulkusentstehung, rezidivierender Refluxkrankheit und Diarrhoe (50% der Fälle).

Die Ulzera sind bei 95% der Fälle im Magen lokalisiert, weiterhin im Duodenum und seltener im Jejunum. Klinisch stehen dyspeptische Beschwerden (z.B. Ulkusschmerz), Diarrhöen, gelegentlich Dysphagie, Übelkeit und Erbrechen im Vordergrund.

Etwa 50% der sporadischen Gastrinome werden erst nach Metastasierung in die Leber, in abdominelle Lymphknoten oder in den Knochen diagnostiziert. Gastrinome im Rahmen von MEN1  treten häufig multipel auf. Maligne Gastrinome sind bei MEN I seltener; die Metastasen werden in Leber und/oder Lymphknoten gefunden. 

Diagnostik

  • Cave Hypergastrinämie auch unter Therapie mit PPI, bei Autoimmungastritis, H.-p.-Gastritis, Magenausgangsstenose und Niereninsuffizienz
  • im Provokationstest mit Sekretin Anstieg des Gastrinspiegels um mehr als 100 %
  • endoskopischer Nachweis multipler, teilweise auch atypisch lokalisierter Ulzera
  • Endosonographie, MRT einschl. MRCP und MR-Angio, PET-CT, Spiral-CT zur Darstellung des Tumors
  • Somatostatinrezeptor-Szintigraphie

Labor

Erhöhter Gastrinspiegels im Serum (>1000 ng/l)

Zur weiteren Differenzierung der Hypergastrinämie dient der Sekretintest: Beim Gastrinom kommt es zu einem Ansteigen des Gastrinspiegels um mehr als 200 pg/l nach Injektion von Sekretin (1 oder 2 klinische Einheiten/kg Körpergewicht). (Bemerkung: bei Hypergastrinämien (<500 pg/l) mit anderen Ursachen bleiben die Gastrinwerte nach Gabe von Sekretin unverändert oder fallen ab; häufigste Ursache für erhöhte Gastrinspiegel ist die Therapie mit säurehemmenden Medikamenten z.B. mit H2-Rezeptor-Antagonisten, Protonenpumpenhemmer. Diese sind 1 Woche vor Diagnostik abzusetzen!).

Der Sekretintest ist indiziert bei basalen Gastrinspiegeln im leicht erhöhten Bereich (100-1000 pg/ml). Bei sehr stark erhöhten basalen Gastrinspiegeln (>1000 pg/ml) ist bei entsprechender Klinik die Diagnose nahezu gesichert (Hinweis: hohe Gastrinspiegel finden sich auch bei chronisch-atrophischer Gastritis Typ A).

Diagnose

Klinik mit der rezidivierenden Ulkusanamnese; path. Gastrintest; bildgebende Verfahren.

Lokalisationsdiagnostik:

Präoperativ: Bei kleinen Tumoren <1cm unsicher; Endosonographie, one-stop-shop-MRT einschließlich MRCP und MRT-Angiographie); PET-CT (Ga-DOTATOC-PET-CT). Octreotid-Scan.

Intraoperativ: Palpation, Ultraschall und die Möglichkeit eines intraoperativen histologischen Gefrierschnitts sollen zur sicheren intraoperativen Diagnose des Gastrinoms vorgehalten werden.

Interne Therapie

Symptomatisch:

Medikamentöse Säureblockade mit Protonenpumpenhemmer (Omeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol). Die notwendige Dosis sollte dabei individuell ermittelt werden (basale Säuresekretion, gemessen am Morgen vor der nächsten Einnahme des Protonenpumpenhemmers, < 5 mmol/Stunde).

Hemmung der Hormonsekretion durch Somatostatin-Analoga, z. B. Octreotid (Sandostatin®)

Evtl. Radionuklidtherapie oder Chemotherapie

Operative Therapie

Das Ziel einer kurativen chirurgischen Resektion sollte bei allen Patienten mit sporadischem ZES ohne Lebermetastasen oder signifikante Komorbidität angestrebt werden. Für eine kurative Operation sollen die komplette Resektion des Primärtumors und eine systematische Lymphadenektomie im Gastrinomdreieck erfolgen.

Wegen der bereits zur Diagnosestellung erfolgten hohen Metastasierungsrate (bei 70% der Fälle) ist eine kurative Resektion bei sporadischen Gastrinomen nur bei etwa 30% der Fälle möglich.

Operatives Vorgehen bei syndromalen Gastrinomen (im Rahmen eines MEN1-Syndroms). Hierbei verhindert das multilokale Auftreten die Gastrinome meist einen kurativen Resektionsansatz. Dieser ist wegen des niedrigen malignen Potentials dieser genetischen Erkrankung auch nicht zwingend erforderlich. Therapie der Wahl ist bei dieser Konstellation eine lebenslange, säurehemmende Therapie mit Protonenpumpenhemmern.

 

Literatur
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  1. Perren A et al. (2010): Klassifikation und Pathologie gastroenteropankreatischer neuroendokriner Tumoren. Viszeralmed 26: 234-240
  2. Rinke A et al. (2018) S2k-Leitlinie Neuroendokrine Tumore. Z Gastroenterol 56: 583–681
  3. Ruszniewski P et al. (2006) Well-differentiated gastric tumors/carcinomas.  Neuroendocrinology 84:158–164
  4. Scherübl H et al. (2003) Neuroendokrine gastrointestinale Tumore. Diagnostik und Therapie. Dtsch Med Wochenschr 128: 81–83
  5. Scherübl H et al. (2011) Management of early gastrointestinal neuroendocrine neoplasms. World J Gastrointest Endosc 3: 133–139

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