Gallensäureverlust-Syndrom K90.8

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 15.11.2018

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Synonym(e)

Bile acid loss syndrome; Gallensäuremalabsorption; Gallensäureverlustsyndrom; GSVS

Definition

Das Gallensäureverlust-Syndrom bezeichnet eine Erkrankung, in dessen Folge es zu einem funktionell relevanten Verlust an Gallensäuren kommt (Camilleri M 2014).

Einteilung

Ein Gallensäureverlust-Syndrom lässt sich in die Stadien des kompensierten und des dekompensierten GSVS einteilen.
Im Stadium des kompensierten Gallensäureverlustsyndroms wird eine noch ausreichende Menge an Gallensäure in der Leber produziert, eine Diarrhö tritt durch eine laxierende Wirkung der Gallensäure im Kolon auf.
Während des dekompensierten Stadiums kommt es zu einem starken Verlust von Gallensäuren, ohne eine ausgleichende Produktion der Leber; es kommt daher zu Fettstühlen.

Ätiopathogenese

Ein Gallensäureverlust-Syndrom kann bei einer nicht vorhandenen Resorption der Gallensäuren im Ileum vorkommen (Morbus Crohn, Ileumresektion) und im Rahmen einer bakteriellen Dekonjugation der Gallensäuren im Dünndarm (Blindsack-Syndrom).

Fällt die Rückresorption der Gallensäuren im Ileum aus, gelangt sie stattdessen ins Kolon. Bei einem Ausfall des Ileums von > 40 cm, besteht die Gefahr einer chologenen Diarrhö.

Bei Vorliegen einer partiellen Ileumresektion wird der Verlust an Gallensäuren durch eine vermehrte Synthese der Leber ausgeglichen. Bei einer Ileumresektion von > 100 cm besteht die Gefahr einer Steatorrhö.
Ein vermehrter Verlust der Gallensäuren kann dann zu einer Bildung von Gallensteinen und Cholesterinsteinen führen.
Eine intestinale Bindung von Kalzium an Fettsäuren führt zu einer vermehrten Resorption von Oxalsäure und damit zu Oxalnierensteinen.

Klinisches Bild

Chologene Diarrhö bzw. Steatorrhö. Die Folge: Gewichtsverlust, toxisches Analekzem, Hypovitaminose.  

Diagnose

Anamnese und Klinik.

Ein spezifischer Test zum Nachweis eines Gallensäureverlust-Syndroms ist der 14C-Glykocholat-Atemtest (keine Routineutersuchung): nach oraler Gabe von radioaktiv markierter Gallensäure (14c-Glykocholat) werden normalerweise 95% im terminalen Ileum resorbiert. Der Rest gelangt ins Kolon und wird dort bakteriell dekonjungiert. Dabei wird radioaktives CO2 frei, absorbiert und über die Lunge abgeatmet bzw. kann dort bestimmt werden. Ein Gallensäureverlust-Syndrom führt zur  verstärkten CO2-Abatmung.

SeHCAT-Szintigraphie: Dieser nuklearmedizinische Test beinhaltet wiederholte Aufnahmen in gewissen zeitlichen Abständen und ist daher in der Lage, mehrere Zyklen des Gallensäurekreislaufs abzubilden. Allerdings ist diese Untersuchung mit einer starken Strahlenbelastung verbunden.

Quantitative Nachweis von Gallensäuren im Stuhl mit enzymatischen, chromatographischen oder massenspektrometrischen Methoden: Diese Nachweismethode wird nur im Rahmen von wissenschaftlichen Untersuchungen durchgeführt.

 

Komplikation(en)

Es kann zu einem Maldigestionssyndrom oder Cholesteringallensteinen sowie Oxalnierensteinen kommen.

Therapie

Kausale Therapie:

      Falls vorliegend: Behandlung eines Morbus Crohn.

      Bei Blindsack-Syndrom (das Blindsack-Syndrom ist durch eine sackartige Ausstülpung am Dünndarm gekennzeichnet. Hauptursache dieses Syndroms sind Operationen am Dünndarm) korrigierende Op sinnvoll. Versuche mit Ibuprofen (Basturk A et al. 2016) bzw. Cephalosporine, Metronidazol oder Clotrimazol können in Einzelfällen erfolgreich sein (Zhao Z et al. 2017).

Symptomatische Begleittherapie:

  • Behandlung des Malabsorptionssyndroms
  • Oxalatsteine: Calcium 1 g oral/Tag (bindet Oxalat); MCT-Fette (mittelkettige Trigylceride), Trinkmenge steigern
  • Behandlung der chologenen Diarrhö: bei kompensierter GSVS: Einsatz von Austauscherharze wie Colestyramin. Bei starker chologener Diarrhö kann er Einsatz von Colestyramin eine Steatorrhö noch weiter verstärken. Hypovitaminosen infolge Malabsorption sollten ausgeglichen werden. Restriktion der Fettaufnahme, Einnahme mittelkettiger Fettsäuren (MCT-Produkte).

 

 

Literatur
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  1. Basturk A et al. (2016)  Acute vanishing bile duct syndrome after the use of ibuprofen. Arab J Gastroenterol 17:137-139. 
  2. Camilleri M (2014) Advances in understanding of bile acid diarrhea. Expert Rev Gastroenterol Hepatol 8:49-61. 
  3. Pereira-Fantini PM et al. (2106) Short bowel syndrome (SBS)-associated alterations within the gut-liver axis evolve early and persist long-term in the piglet model of short bowel syndrome. J Gastroenterol Hepatol 31:1946-1955.
  4. Zhao Z et al. (2017) Acute vanishing bile duct syndrome after therapy with cephalosporin, metronidazole, and clotrimazole: A case report. Medicine (Baltimore) 96:e8009. 

 

Disclaimer

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