Gastroösophageale Refluxkrankheit K21.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 29.04.2022

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Synonym(e)

Erosive reflux disease; Erosive Refluxkrankheit; Gastroesphageal reflux disease; Gastroösophageale Refluxkrankheit; Gastroösophagealer Reflux; GERD; Refluxkrankheit

Definition

Gastroösophagealer Reflux: Rückfluss von Mageninhalten in den Ösophagus. Ursächlich ist ein insuffizienter Sphinkterschluss.

Gastroösophageale Refluxkrankheit: Entzündung des Ösophagus hervorgerufen durch den Reflux sauren Magensaftes. Ursächlich ist eine säurebedingte erosive Schädigung der Ösophagusschleimhaut. Nicht selten liegen multiple Faktoren ursächlich zugrunde (Ates F et al. 2014).

Endoskopisch negative Refluxkrankheit (NERD = non erosive reflux disease): Gehäufte Refluxbeschwerden ohne Nachweis einer Reflusxösophagitis. 

Endoskopisch positive Refluxkrankheit = Refluxösophagitis (ERD = erosive reflux disease): Refluxkrankheit mit makroskopischer oder histologischer Schleimhautentzündung.

Einteilung

Primäre gastroösophageale Refluxkrankheit: Insuffizienz des UÖS unklarer Genese (am häufigsten)

Sekundäre gastroösophageale Refluxkrankheit bei bekannter Ursache wie: Abdominelle Adipositas, bei fortgeschrittener Schwangerschaft (50% der Schwangeren, häufig im letzten Trimenon). Zustand nach operativer Behandlung einer Athanasie, Magenausgangsstenose, Sklerodermie

Vorkommen/Epidemiologie

Etwa 20% der Bevölkerung der westlichen Industrieländer sind von einer gastroösophagealen Refluxkrankheit betroffen. 60% dieses Klientels haben endoskopisch keine erkennbaren Läsionen (NERD). 40% haben erkennbare erosive Läsionen (ERD) und somit eine Refluxösophagitis mit makroskopischer und/oder histologischer Sicherung. 5% der GERD-Patienten entwickeln einen Barret-Ösophagus, der als Langzeitfolge der Refluxösophagitis angesehen wird und der ein gesteigertes Risiko für die Entwicklung eines Adenokarzinoms der Speiseröhre darstellt (Präkanzerose).        

Ätiopathogenese

Funktionsstörung im Bereich des unteren Ösophagussphinkter. Letztlich ist die genaue Ätiologie unbekannt. Begünstigend sind eine gestörte Barrierefunktion (physiologisch ist eine konstante Druckbarriere zwischen Speiseröhre und Magen (Druck im unteren Ösophagus ist physiologischerweise 10-25mm Hg höher als der Magendruck)), abnorme Kontraktionsabläufe im unteren Ösophagus, dadurch reduzierte Reinigungsfunktion (Clearance), verminderte Neutralisation, Schleimhautfaktoren (Mukoresistenz), gastrale Funktionsstörungen, genetische Faktoren.

Hauptursache: Insuffizienz des UÖS und aggressives Refluat.

Klinisches Bild

Sodbrennen (75% der Patienten) und retrosternales Druckempfinden (Mikami DJ et al. 2015), fakultativ schmerzhafte Schluckbeschwerden (60%); Luftaufstoßen (60%); Meteorismus; Flatulenz; epigastrische Schmerzen und Brennen (30%). Die Refluxösophagitis kann jedoch auch einen asymptomatischen Verlauf haben und wird zufällig, z.B. im Rahmen einer Gastroskopie, entdeckt.

Extraösophageale Manifestation der Refluxkrankheit:

Evtl. stenokardische Beschwerden (kardia-kardiale Reflexbahn)

Reizhusten (Refluxbronchitis - chronischer Husten (D'Urzo A et al. 2002)); Auslösen oder Verstärken eines Asthmas bronchiale, Auslösen einer chronischen Bronchitis

Evtl. Heiserkeit durch laryngo-pharyngealen Reflux (Refluxlaryngitis).

Diagnose

Diagnostische Abklärung erfolgt endoskopisch (Gastroskopie).  

Langzeit-pH-Metrie: Dabei wird über 24 Stunden der pH-Wert in der unteren Speiseröhre gemessen, um die Säurebelastung dieser Bereiche zu erfassen.

Röntgenuntersuchungen der Speiseröhre ergeben nur einen wenig aufschlussreichen Hinweis über die Erkrankung. Sie werden deshalb nicht empfohlen.

Entsprechend Anzahl und Ausdehnung der Läsionen kann die Refluxösophagitis nach Savary und Miller bzw. Siefert-Ottenjahn in unterschiedliche Schweregrade unterteilt werden:

  • Stadium 0: normale Schleimhaut
  • Stadium I: fleckförmige Läsionen (mit (Ib) oder ohne (Ia) fibrinösen Belag)
  • Stadium II: streifige Läsionen (IIa ohne fibrinösen Belag; IIb mit fibrinösem Belag)
  • Stadium III: zirkulär konfluierende Läsionen
  • Stadium IV: Komplikationen, wie z.B. Barrett-Ösophagus

Weitere Schemata zur Stadieneinteilung der Refluxösophagitis sind die Los-Angeles-Klassifikation und die MUSE-Klassifikation nach Armstrong.

Therapie

Die Therapie der Refluxerkrankung stützt sich auf 3 wesentliche Maßnahmen:

  • allgemeine Maßnahmen
  • medikamentöse Therapie der Beschwerden
  • chirurgische Behandlung des Säurerückflusses.

Therapie allgemein

Umstellung der Ernährungsgewohnheiten: Verzicht auf fettige und scharfe Speisen, Verzicht auf Alkohol (keine strong drinks)- und Zigarettenkonsum, keine säurehaltige Getränke,

Gewichtsreduktion, keine einschnürende Kleidung, keine Mahlzeiten am späten Abend 3 Stunden vor dem Einschlafen (Yang JH et al. 2014), Vermeidung von Medikamenten die den Druck im UÖS senken wie: Anticholinergika, Betaadrenegika, Kalziumantagonisten, Nitropräparate, Theophyllin, Pfefferminz.  

Interne Therapie

Eine Refluxerkrankung kann mit Medikamenten wirksam behandelt werden. Zum Einsatz kommen Protonenpumpeninhibitoren (PPI). Diese Medikamente hemmen Transporter in der Schleimhaut des Magens, die an der Produktion der Magensäure beteiligt sind (sogenannte Protonenpumpen). Durch eine Hemmung dieser Transporter wird die Menge an produzierter Magensäure verringert und somit die Ursache für die Beschwerden beseitigt (Omeprazol, Pantoprazol, Lansoprazol, Esomeprazol, Dexlansoprazol). Andere Stoffe sind nur bei leichten Refluxbeschwerden ohne Ösophagitis einzusetzen z.B. H2-Reezptorantgonisten, Antazida).

Refluxkrankheit ohne Ösophagitis (NERD): mit H2-Blockern oder niedrig dosierten Protonenpumpenhemmer.

Peptisch erosive Refluxösophagitis (ERD): PPI über 8 Wochen in 1-2-facher Standarddosis. Bei häufigen Rezidiven Langzeitprophylaxe mit PPI.

Therapierefraktäre schwere peptische Refluxösophagitis: hoch dosierte PPI. Bei jungen Patienten mit großen Refluatmengen oder großer axialer axialer Hiatushernie, bei Unverträglichkeit der med. Therapie chirurgische Intervention (Frazzoni M et al. 2014).                                                                                                                                                                                                                                          

Operative Therapie

Chirurgische Maßnahmen: Hierbei wird eine Fundusmanschette um den unteren Ösophagus geschlungen. Dadurch entsteht eine Druckerhöhung im unteren Ösophagussphinkter, wodurch physiologische Verhältnisse wiederhergestellt werden.

Verlauf/Prognose

Die Refluxkrankheit ohne Ösophagitis nimmt meist einen gutartigen aber durchaus chronischen Verlauf. Die komplikative Refluxösoaphagitis hat eine deutlich schlechtere Prognose:

Komplikativ treten Ulzera, peptische Stenosen, Einriss der Schleimhaut (Mallory-Weiss-Einriss), komplette Ruptur der Speiseröhre (Boerhaave-Syndrom); Barrett-Ösophagus auf (Rubenstein JH et al. 2014).    

Barrett-Ösophagus: bei einer unkomplizierten Verlaufsform – konsequente Langzeit-Säuresuppression mit PPI. Bei hochgradiger Dysplasie Mukosektomie o. lokale Resektion mit Dünndarminterponat (Op nach Merendino). Beim Vorliegen eines invasiven Adeno-Karzinoms is eine Ösophagusresektion indiziert.    

Erweiterte Naturheilverfahren

Leinschleim:

Frisch geschroteten Leinsamen – 3 Esslöffel / 500 ml Wasser über Nacht einweichen. Kurz aufkochen, das überschüssige Wasser in einem engmaschiges Küchensieb oder Tuch aus Leinen absieben. Den festen Bestandteil durch das Tuch oder Sieb pressen und mit dem Löffel von der Außenseite entnehmen. Schluckweise trinken.

Wirkt auch bei Resistenz auf die z.T. umstrittenen PPI, keine Nebenwirkungen.

 

Nachsorge

Wichtig ist eine Überwachungsstrategie beim Barrett-Ösophagus (der Barrett-Ösophagus wird nicht zur erosiven Refluxösophagitis gerechnet, da das Barrett-Epithel auch ohne entzündliche Veränderungen vorliegen kann).   

Hinweis(e)

Physiologischer Reflux: Gelegentlich bei Gesunden auftretend (z.B. nach fetten Mahlzeiten, nach Weinkonsum)

Literatur
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  1. Achem SR et al. (2014) Gastroesophageal reflux disease and the elderly. Gastroenterol Clin North Am 43:147-160.
  2. Ates F et al. (2014) Refractory gastroesophageal reflux disease: advances and treatment. Expert Rev Gastroenterol Hepatol 8: 657-667. 
  3. D'Urzo A et al. (2002) Chronic cough. Three most common causes. Can Fam Physician 48:1311-1316. 
  4. Frazzoni M et al. (2014) Laparoscopic fundoplication for gastroesophageal reflux disease. World J Gastroenterol 20:14272-14279. 
  5. Mikami DJ et al. (2015) Physiology and pathogenesis of gastroesophageal reflux disease. Surg Clin North Am 95:515-525. 
  6. Rubenstein JH et al. (2014) Epidemiology of gastroesophageal reflux disease. Gastroenterol Clin North Am 43:1-14. 
  7. Yang JH et al. (2014) Recurrence of gastroesophageal reflux disease correlated with a short dinner-to-bedtime interval. J Gastroenterol Hepatol 29:730-735.

Disclaimer

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