Familiäre adenomatöse Polyposis D12.6

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Guido Gerken

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Zuletzt aktualisiert am: 28.05.2020

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Synonym(e)

Familiäre adenomatöse Polypose; FAP

Definition

Autosomal dominant vererbte (25% Neumutationen) Polyposis-Syndrom mit disseminiert auftretenden Polypen des Kolons und möglicherweise des gesamten Gastrointestinaltraktes.

Vorkommen/Epidemiologie

1:10.000, 1% aller kolorektalen Karzinome

Ätiopathogenese

Mutationen des APC (Adenomatous Polyposis of the Colon) -Tumorsuppressorgens auf Chromosom 5q21. Eines der beiden Allele dieses Gens ist dabei inaktiviert. Kommt eine weitere (somatische) Mutation hinzu, kann auch das andere Allel inaktiviert werden. Beim Gesunden bindet das APC-Protein an Beta-Catenin und vermittelt über Ubiquitinylierung dessen Abbau im Proteasom. Kann Beta-Catenin nicht mehr ubiquitinyliert werden, kommt es zu einer Kumulierung an Beta-Catenin. Beta-Catenin transloziert in den Zellkern und wirkt dort gemeinsam mit anderen Faktoren als Transkriptionsfaktor. Die Folge: Förderung des Zellwachstumes, vermehrte Bildung von Telomerase wodurch Zellen immortalisiert werden (Apoptose wird verhindert). Es kommt hierdurch zu ein einem Enhancement der Adenom-Karzinom-Sequenz.

Wurde bei einem Betroffenen die verantwortliche Mutation identifiziert, ist es möglich, alle Angehörigen einer Familie im Rahmen einer humangenetischen Beratung auf das Vorliegen dieser Mutation zu testen, bevor erste klinische Symptome beobachtet werden (vorhersagende bzw. prädiktive Diagnostik). Für nachgewiesene Mutationsträger (Anlageträger) besteht ein nahezu 100-prozentiges Erkrankungsrisiko. Insofern sollten deshalb intensive Vorsorge- bzw. Früherkennungs-Untersuchungen und gegebenenfalls therapeutische Maßnahmen hinsichtlich einer FAP durchgeführt werden.

Klinisches Bild

Meist symptomloser Zufallsbefund im Rahmen einer koloskopischen Untersuchung. Multiple (>100) kolorektaler Adenome. Extrakolonische Manifestationen des klassischen FAP sind: Adenome des Dünndarms, Drüsenkörperzysten im Magen (80%), Duodenalkarzinom (10%).  Mögliche klinische Symptome sind:

  • Blut- und/oder Schleimabgang aus dem Darm
  • Durchfälle oder Verstopfung, oder häufiger Wechsel zwischen beidem
  • Blähungen
  • Schmerzen im Bauch oder im Enddarmbereich
  • Gewichtsverlust

Diagnose

Digitale rektale Untersuchung, Rekto-/Koloskopie; bei größeren Rektumadenomen endorektaler Ultraschall (ERUS) zur Klärung einer Invasivität in die Submukosa. Ergänzende Methode: Hydro-MRT des Dünndarms und Videokapsel-Endoskopie zum Nachweis möglicher Dünndarmpolypen.

Komplikation(en)

Obstruktion, Karzinomentwicklungen der intestinalen Adenome. 

Therapie allgemein

Ziel ist eine vollständige Abtragung der Polypen der Adenome im Gesunden.

  • Adenome =/<0,5cm: Abtragung mittels Biopsiezange
  • Adenome >0,5cm: Schlingenabtragung in toto unter Erfassung der basalen Anteile.
  • Größere Adenome die mittels Schlingentechnik nicht mehr sicher abgetragen werden können: Transnasale endoskopische Mikrochirurgie (TEM) oder laparaskopische bzw. konventionelle Lararaskopieverfahren.  

Verlauf/Prognose

Verlauf und Prognose: das FAP ist eine obligate Präkanzerose mit einem hohen Entartungsrisiko ab dem 15.Lebensjahr. Insofern ist bei klinischer Verdachtsdiagnose auf eine FAP ist eine genetische Abklärung und ggf. auch familiäre Beratung durchzuführen. FAP-Patienten sind ab dem 10. Lebensjahr endoskopisch zu kontrollieren. Untersuchung auf Extrakolonische Manifestationen (s.u. Hereditäre Polyposis- Syndrome).  

 

Prophylaxe

Screening auf Polypen und kolorektale Karzinome. Nachsorgemanagement: klinische Kontrollen <3 Jahre (s.a. http://familienhilfe-polyposis.de). Durch eine Langzeittherapie mit NSAR nach Proktokolektomie kann da Auftreten neuer Adenome im Kolonstumpf reduziert werden.

Hinweis(e)

Die „Attenuierte Familiäre adenomatöse Polypösen“ ist eine seltene Minus-Variante der FAP (Zahl der der Adenome <100); liegt der Manifestationszeitpunkt der kolorektalen Karzinomentwicklung im 5. Lebensjahrzehnt.

Literatur
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  1. Taniguchi L et al. (2014) Metabolic factors accelerate colorectal adenoma recurrence. BMC Gastroenterol 14:187. 
  2. Guidelines for Colonoscopy Surveillance After Polypectomy: A Consensus Update by the US Multi-Society Task Force on Colorectal Cancer and the American Cancer Society, 2006
  3. Laiyemo AO et al. (2008): Postpolypectomy colonoscopy surveillance guidelines: Predictive accuracy for advanced adenoma at 4 years. Ann Intern Med148:419
  4. S3-Leitlinie: Kolorektales Karzinom. (AWMF-Registernummer: 021-007OL), Juni 2013 Kurzfassung Langfassung
  5. Gerd Herold: Innere Medizin: eine vorlesungsorientierte Darstellung. 2016. Auflage. Herold, Köln 2012, ISBN 978-3-9814660-5-8.

 

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Zuletzt aktualisiert am: 28.05.2020