Eisenstoffwechsel

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 09.07.2022

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Erstbeschreiber

Synonyme

Eisenmetabolismus;

 

 

Erstbeschreiber

Im 18. Jahrhundert erschienen erstmals Darstellungen, die über das Vorhandensein von Eisen im Blut berichteten. Aber erst in den 1930er Jahren wurden erste Berichte über den Eisenstoffwechsel auf molekularer Ebene bekannt. Die Entdeckung des Plasma- Eisenresponders, das sog. Transferrin geht auf das Jahr 1946 zurück. Die Eisenresorption wurde 1958 publiziert, der Transferrinrezeptor (TfR) in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das lang gesuchte eisenregulierende Hormon, Hepcidin und der Eisenexporter Ferroportin wurden in den frühen 2000er Jahren entdeckt.

Das exakte Wissen über die Eisenbiologie ist aber selbst heutzutage noch unvollständig (Chifman 2014).

Allgemeine Information

Eisen spielt eine entscheidende Rolle bei der Zellatmung, dem Sauerstofftransport, der Sauerstoffspeicherung (Gafter- Gvili 2019), der Energieproduktion und der DNA- Synthese (Chifman 2014).

Der Körper eines Mannes verfügt über ca. 50 mg / kg KG Eisen, der einer Frau über 35 mg / kg KG.

Der tägliche Eisenverlust beträgt beim Mann 1 mg, bei menstruierenden Frauen 2 mg und bei Schwangeren 3 mg (Herold 2022). Zu dem Eisenverlust kommt es durch Abschilferung von Epithelien der inneren und äußeren Oberflächen, bei menstruierenden Frauen durch die Periode (Heimpel 2003) und durch Schwitzen. Um diesen Verlust auszugleichen, nimmt der Körper aus der Nahrung ca. 1 – 2 mg Eisen pro Tag auf (Chifman 2014).

Eisen ist für den Körper in hoher Dosis toxisch. Da es bei einer klinisch relevanten Eisenüberladung nicht ausgeschieden werden kann, benötigt man in diesem Fall Aderlässe oder eine Therapie mit Chelatbildnern (Heimpel 2003) s. u. „Eisenüberlastung“.

 

Man differenziert beim Eisenbestand im menschlichen Körper zwischen:

  • Hämeisen:

Dieses macht mit bis zu 70 % den größten Anteil aus. Es ist als zweiwertiges Eisen an das Hämoglobin der Erythrozyten und Erythroblasten gebunden. Geringe Mengen Eisen sind an Myoglobin (ca. 2 %) und eisenhaltige Zytochrome (unter 0,1 %) gebunden (Heimpel 2003).

Ein Gramm Hämoglobin enthält etwa 3,4 mg Eisen, 1 ml Blut 0,5 mg und 1 Erythrozytenkonzentrat 250 mg Eisen (Herold 2022).

  • Depoteisen:

Depoteisen - auch als Speichereisen bezeichnet - macht ca. 18 % aus (Herold 2022). Es wird intrazellulär in den Makrophagen von Leber, Milz und Knochenmark als dreiwertiges Eisen- Eiweiß, den sog. Apoferritin- Verbindungen in Form von Ferritin und Hämosiderin gespeichert (Heimpel 2003).

  • Transporteisen:

Dieses ist gebunden als sog. Transferrin und macht lediglich 0,1 % des Eisenbestandes aus (Herold 2022). Normalerweise wird die Bindungskapazität des Transferrins zu einem Drittel ausgenutzt (Heimpel 2003).

 

Im Körper ist Eisen in folgenden Proteinen enthalten:

 

  • 1. Homöostase:

Da Eisen für den Körper essentiell ist, hat der Organismus während der Evolution Mechanismen zur Wiederverwertung des Metalls entwickelt (Kühne 2016).

Die intestinale Resorption erfolgt durch einen divalenten Metalltransporter 1 (DMT 1), der zweiwertiges Eisen in duodenale Enterozyten aufnimmt. Ein Bürstensaumenzym, das duodenale Cytochrom b (Dcytb) reduziert zunächst das Eisen.

Aus den Enterozyten gelang das Eisen mit Hilfe von Ferroportin 1 ins Blut und es erfolgt ein Valenzwechsel durch Hephaestin (Hephastein) in 3- wertiges Eisen (Herold 2022).

Das frei werdende Eisen wird für die Hämatopoese verwendet oder für eine weitere Verwendung zunächst gespeichert (Gafter- Gvili 2019).

Auf der anderen Seite ist Eisen im Überfluss jedoch toxisch (Kühne 2016), da es Elektronen aufnehmen und übertragen kann und so zu einem schweren oxidativen Stress und Gewebeschäden führt (Gafter- Gvili 2019).

Die Regulierung des Eisenhaushaltes geschieht durch Anpassung und Absorption. Dabei spielt das Peptidhormon Hepcidin, welches hauptsächlich in der Leber produziert wird (Percy 2017), eine entscheidende Rolle. Es stellt praktisch das „Insulin des Eisenwechsels“ dar (Herold 2022).

Hepcidin verhindert den Eisentransport durch Bindung an den Eisentransporter Ferroportin (Gafter- Gvili 2019).

Hepcidin wiederum wird durch das im Knochenmark gebildete Hormon Erythroferron reguliert. Bei gestiegener Erythropoese senkt Erythroferron den Hepcidinspiegel (Herold 2022).

Die Fähigkeit, Eisen auszuscheiden, ist im menschlichen Körper vernachlässigbar (Gafter- Gvili 2019).

 

  • 2. Eisen- Rückgewinnung

Freigesetztes Hämeisen oder Funktionseisen wird durch die Makrophagen des retikulohistiozytären Systems (RHS) zurückgewonnen und als Ferritin oder Hämosiderin gespeichert bzw. an Transferrin gebunden (Herold 2022).

 

  • 3. Eisentransport im Blut

Eisen ist im Blut als 3- wertiges Eisen an das Transportprotein Transferrin gebunden. Transferrin sorgt für den Eisenaustausch zwischen den im Darm liegenden Enterozyten, den Erythroblasten und den Speicherkompartimenten (Herold 2022). Der Organismus wird durch Bindung des Eisens vor Toxizität geschützt (Heimpel 2003).

Im Normalfall sind ca. 20 - 45 % des Serum- Transferrins mit Eisen gesättigt. Durch Bestimmung der Transferrinsättigung (TfS oder TSAT) sind Aussagen über die Eisenversorgung bei der Erythropoese möglich. Wenn der TSAT- Wert < 20 % liegt, ist zu wenig Eisen für die Erythropoese vorhanden (Herold 2022).

Transferrin- Rezeptoren können das an Transferrin gebundene Plasma- Eisen über die Zellmembran in die Erythroblasten des Knochenmarks und Retikulozyten aufnehmen. Sollte es zu einem Eisenmangel kommen, reguliert sich die Zahl der Transferrin- Rezeptoren hoch. Die Zahl der Transferrin- Rezeptoren ist im Blut messbar durch Bestimmung der „löslichen Transferrin- Rezeptoren (sTfR)“. Von daher stellt die Konzentration von sTfR im Serum einen Indikator für die Eisenversorgung bei der Erythropoese dar (Herold 2022).

 

  • 4. Speichereisen

Speichereisen findet sich als wasserlösliches Ferritin und wasserunlösliches Hämosiderin intrazellulär zu jeweils 1 /3 in der Leber und im Knochenmark sowie in kleinerer Menge in Milz und verschiedenen Geweben wie z. B. Muskulatur (Herold 2022).

 

  • 4. a. Ferritin

Ferritin besteht aus einer Proteinschale und einem Kern. Es handelt sich dabei um ein sog. Akutphase- Protein, welches Eisen in biologischer Form speichert und die Zellen vor der toxischen Wirkung ionisierten Eisens schützt. Zirkulierendes Eisen im Serum korreliert gut mit den Eisenvorräten des Körpers.

Es kann nachgewiesen werden:

- im Serum radioimmunologisch

- bei der Knochenmarkpunktion färberisch (sog. Berliner- Blau- Reaktion)

- elektronenmikroskopisch (Herold 2022)

 

  • 4. b. (Hämo-) Siderin

Es handelt sich hierbei elektronenmikroskopisch um Siderosomen (Lysosomen), die aus denaturierten Ferritinpartikeln entstehen. Man kann sie lichtmikroskopisch als gelbbraune Granula erkennen bzw. blau bei der Berliner- Blau- Reaktion.

Kommt es zu einem Überangebot von Eisen, so treten Sideringranula verstärkt in Parenchymzellen, z. B. in denen der Leber oder auch in Makrophagen auf (Herold 2022).

 

Jede Zelle verfügt über ein System, um Verbrauch, Speicherung und Aufnahme des Eisens untereinander abstimmen zu können. Reguliert wird dieses System von spezifischen RNA- Strukturen, den sog. „iron responsive elements (IRE)“ und speziellen zytoplasmatischen Proteinen, den sog. „iron regulatory proteins (IRP- 1)“.

(Herold 2022)

 

  • Eisenzufuhr

Eisen wird mit der Nahrung zugeführt. Bei normaler mitteleuropäischer Kost sind das ca. 10 – 30 mg Eisen / d. Von diesem Eisen werden lediglich 10 – 30 % im oberen Dünndarm resorbiert.

In tierischer Nahrung findet sich das sofort verwertbare zweiwertige Eisen. In pflanzlicher Nahrung liegt das Eisen in dreiwertiger Form vor und muss zuvor durch Ferrin- Reduktasen der Enterozyten in eine gut resorbierbare zweiwertige Form überführt werden (Heimpel 2003).

 

Der tägliche Eisenumsatz liegt beim Gesunden bei ca. 30 mg / d. Das Plasmaeisen unterliegt großen Tagesschwankungen, da es mit einer Halbwertszeit von 60 – 120 Minuten ausgetauscht wird (Heimpel 2003).

 

  • Eisenüberlastung

Kommt es zu einem Überschuss an Eisen, so wird dieser in Leber, Herz, Pankreas und endokrinen Drüsen gespeichert. Dadurch entstehen Proteine, die die Zellmembranen schädigen und zum Zelltod führen können. Erkrankungen, die durch eine chronische Eisenüberlastung entstehen können, sind z. B.:

- Karzinome

- Hypogonadismus

- Arthritis

- Netzhautdegeneration

- Herzrhythmusstörungen

- Herzinsuffizienz

- neurodegenerative Erkrankungen wie z. B. Morbus Alzheimer, Morbus Huntington, Morbus Parkinson etc.

- Diabetes mellitus

- vorzeitiger Tod (Chifman 2014)

 

  • Eisenmangel

s. Eisenmangel und Eisenmangelanämie

 

Literatur
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  1. Chifman J, Laubenbacher R, Torti S V (2014) A systems biology approach to iron metabolism. Adv Exp Med Biol. (844) 201 - 225
  2. Gafter- Gvili A, Schechter A, Rozen- Zvi B (2019) Iron Deficiency Anemia in Chronic Kidney Disease. Acta Haematol. 142 (1) 44 – 50
  3. Heimpel H (2003) Physiologie des Eisenstoffwechsels und Pathogenese des Eisenmangels. Onkodin Eisenmangelanämie ISSN: 2193-6021
  4. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 33 – 35
  5. Kühne T, Schifferli A (2016) Kompendium Kinderhämatologie. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 13 – 19
  6. Percy L, Mansur D, Fraser I (2017) Iron deficiency and iron deficiency anaemia in women. Best Pract Res Clin Obstet Gynaecol (40) 55 - 67
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