Eisenmangelanämie D50.9

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 27.09.2022

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Erstbeschreiber

Synonyme

Eisenmangel; Bleichsucht; Sideropenie; Iron deficiency anemia; IDA;

 

 

Erstbeschreiber

Im Jahre 1988 kam erstmals ein rekombinantes humanes Epoetin auf den Markt (Schwabe 2016).

Definition

Unter einer Eisenmangelanämie (IDA) versteht man eine durch Eisenmangel ausgelöste Anämie. Sie stellt eine Form der Mangelernährung dar (Kasper 2015). Es handelt sich um eine hyporegeneratorische, mikrozytäre und hypochrome Anämie mit – bedingt durch die Verminderung der Verfügbarkeit von Eisen - erheblicher Anisozytose (Behnisch 2021).

Einteilung

Die Eisenmangelanämie zählt zu den hypochromen mikrozytären Anämien, die in den Erythrozyten durch einen Mangel an Hämoglobin gekennzeichnet ist (Metzgeroth 2015).

Man differenziert bei der IDA zwischen einem absoluten und einem relativen Eisenmangel.

  • Absoluter Eisenmangel:

Beim absoluten Eisenmangel sind die Eisenspeicher entleert (Herold 2022). Man bezeichnet ihn auch als den „echten Eisenmangel“ (Gafter- Gvili 2019).

  • Funktioneller Eisenmangel:

Hierbei ist zwar Speichereisen vorhanden, der Körper kann aber nicht darüber verfügen (Herold 2022). Der funktionelle Eisenmangel ist vorwiegend auf einen erhöhten Hepcidinspiegel zurückzuführen (Gafter- Gvili 2019).

 

 

Vorkommen/Epidemiologie

Eine Anämie wird in ca. 50 % der Fälle durch Eisenmangel hervorgerufen. Damit ist die Eisenmangelanämie die weltweit am häufigsten verbreitete Mangelernährung (Kasper 2015). 

In den Entwicklungsländern ist die Prävalenz am höchsten (Metzgeroth 2015).

Weltweit leiden ca. 25 % aller Menschen an Eisenmangel, davon sind ca. 80 % Frauen. In Europa sind ca. 10 % der Frauen im gebärfähigen Alter betroffen und in Entwicklungsländern > 50 % (Herold 2022).

Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz liegt die Prävalenz bei 15,4 %, die in der terminalen Phase auf 53,4 % steigt (in der Allgemeinbevölkerung bei 7,6 %).

Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz sind zwischen 37 % - 61 % von einem Eisenmangel mit oder ohne Anämie betroffen (Elstrott 2020).

 

 

Ätiopathogenese

Allgemeine Information

Eine Eisenmangelanämie ist definiert als ein 

  • Hb < 13 g / dl bei Männern und 
  • < 12 g / dl bei Frauen
  • Serumferritin < 30 ng / ml (Gafter- Gvili 2019).

Bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung (CKD) ist die Eisenmangelanämie wie folgt definiert:

  • Transferrinsättigung (TSAT) ≤ 20 %
  • Serumferritin ≤ 100 ng / ml bzw. ≤ 200 ng / ml bei Hämodialyse 
  • Hepcidin erhöht (Gafter- Gvili 2019)

 

 

Eisenmangel stellt mit 80 % die häufigste Ursache aller Anämien dar. Verursacht werden kann eine IDA bei Frauen im gebärfähigem Alter insbesondere durch Menstruation, Gravidität und Laktation. Der tägliche Eisenbedarf liegt bei Männern bei 12 mg, bei menstruierenden Frauen bei 15 mg und bei Schwangeren bei 30 mg (Herold 2022).

  • Absoluter Eisenmangel: Dieser kann entstehen durch
    • Eisenverluste: Diese finden sich mit 80 % als häufigste Ursache. Zu Eisenverlusten kann es kommen durch
      • Blutungen aus dem Verdauungstrakt z. B. bei Ulzera, Ösophagusvarizen, erosive oder HP- positive Gastritis, Kolondivertikulose, Karzinome, Magenlymphom, Hämorrhoiden etc.
      • Blutungen aus Urogenitaltrakt, Lunge, Nase, Zahnfleisch, Oropharynx etc.
      • traumatische Blutverluste
      • Blutverluste durch Hämodialyse (erreichen ca. 2,5 l / Jahr)
      • operativ bedingte Blutverluste
      • Blutspenden
      • Blutspender, die kein Eisen substituieren
      • Menorrhagien
      • gehäufte Blutabnahmen
      • hämorrhagische Diathese (angeboren oder erworben durch Medikamente wie z. B. ASS, Antikoagulantien etc.)
      • absichtlich induzierte Blutungen durch den Patienten im Rahmen psychischer Störungen wie z. B. Borderline- Störung, Münchhausen- Syndrom etc.
    • Mangelhafte Eisenresorption: Findet sich z. B. bei einem Malassimilationssyndrom, bei Zöliakie, einer chronischen- entzündlichen Darmerkrankung (CED), nach Magenresektion etc. (Herold 2022).
    • Mangelhafte Eisenzufuhr: Diese kann insbesondere bei Säuglingen, Kindern und Vegetariern auftreten (Herold 2022).
    • Gesteigerter Eisenbedarf: Dieser besteht besonders bei Schwangeren, stillenden Müttern, Sportlern, während der Wachstumsphasen und bei einer Vit. B 12- Substitution wegen einer Vit. B 12- Mangelanämie (Herold 2022).

 

 

  • Funktioneller Eisenmangel: Beim funktionellen Eisenmangel ist zwar genügend Speichereisen vorhanden, es ist aber nicht bioverfügbar. Dazu kann es kommen durch
  • Hereditäres, eisenrefraktäres Eisenmangelsyndrom (IRIDA = iron-resistant iron deficiency anemia [Behnisch 2021])
  • Anemia of chronic disease (ACD): 

 

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass nach einer bariatrischen OP ebenfalls häufig eine IDA auftritt (Elstrott 2020).

 

 

Pathophysiologie

Eisen spielt eine entscheidende Rolle bei der Zellatmung, dem Sauerstofftransport und der Sauerstoffspeicherung (Gafter- Gvili 2019).

Eisen ist im Körper in folgenden Proteinen enthalten:

Da Eisen für Körper essentiell ist, hat der Organismus während der Evolution Mechanismen zur Wiederverwertung des Metalls entwickelt (Kühne 2016), indem nach der Phagozytose der Erythrozyten durch die Makrophagen das frei werdende Eisen für die Hämatopoese verwendet wird oder für die weitere Verwendung gespeichert wird (Gafter- Gvili 2019).

Auf der anderen Seite ist Eisen im Überfluss toxisch (Kühne 2016), da es Elektronen aufnehmen und übertragen kann und so zu einem schweren oxidativen Stress und zu Gewebeschäden führen kann (Gafter- Gvili 2019).

Die Regulierung des Eisenhaushaltes geschieht durch Anpassung und Absorption. Dabei spielt das Peptidhormon Hepcidin eine große Rolle. Es verhindert den Eisentransport durch Bindung an den Eisentransporter Ferroportin. Die Fähigkeit, Eisen auszuscheiden, ist vernachlässigbar (Gafter- Gvili 2019).

Klinisches Bild

Falls es durch den Eisenmangel zu Symptomen kommt, spricht man von einer „Sideropenie“.

Diese können sein:

  • Allgemeine Symptome einer Anämie:
    • Blässe der Haut (unsicheres Zeichen)
    • Blässe der Schleimhäute (sichereres Zeichen)
    • Tachykardie: Zur Kompensation des Sauerstoffmangels kommt es zu einer Steigerung der Herzfrequenz. Das kann bei starker körperlicher Belastung u. U. zu einer irreversiblen Tachykardie- induzierten Kardiomyopathie führen.
    • Belastungsdyspnoe durch die verminderte Zahl von O2- Trägern
    • allgemeine Schwäche
    • Verschlechterung einer bereits bestehenden Herzinsuffizienz
    • systolisches Herzgeräusch durch Strömungsturbulenzen bei erhöhtem Herzzeitvolumen und verminderter Viskosität (Herold 2022)
  • Haut- und Schleimhautsymptome:
    • chronisch rezidivierende Aphthen im Bereich der Mundschleimhaut 
    • trockene Haut 
    • Pruritus
    • diffuser Haarausfall
    • Brüchigkeit der Nägel
    • Hohlnägel (sog. Koilonychie)
    • Rillenbildung der Nägel
    • Mundwinkelrhagaden (Perlèche)
    • Plummer- Vinson- Syndrom (Herold 2022)
  • Unspezifische neurologische oder psychische Symptomen:
    • Konzentrationsmangel
    • Kopfschmerzen
    • leichte Erregbarkeit
    • abnorme Essgelüste (sog. Pica)
    • Restless Legs- Syndrom (RLS) (Herold 2022)

 

Bei einer Eisenmangelanämie in der Fetalzeit oder frühen Säuglingsperiode sind auch (kontroverse) Daten hinsichtlich des Auftretens kognitiver Defizite erhoben worden (Behnisch 2021).

 

 

Diagnostik

Die Diagnose einer Eisenmangelanämie wird erhoben anhand der Anamnese, Klinik und Laborbefunde (Herold 2022).

Da es nur bei einer schweren Eisenmangelanämie zu einer Mikrozytose und Hypochromie kommt, ist die Verminderung der Serum- Ferritinkonzentration (sog. Speichereiweiß für Eisen [Kaltwasser 2013]) von entscheidender Bedeutung. Falsch niedrige Werte für das Serum- Ferritin sind bislang nicht beschrieben (Kaltwasser 2013).

 

Ein indirektes Maß für das zirkulierende Transferrin ist die „totale Eisenbindungskapazität“ (TEBK), im angelsächsischen Raum auch als „Total Iron Binding Capacity“ (TIBC) bezeichnet. Der Normalbereich liegt zwischen 300 – 360 µg / dl (Kasper 2015).

 

Die Bestimmung der Eisenkonzentration hingegen ist diagnostisch nicht hilfreich (Burdach 2007). Die Eisenkonzentration kann falsch niedrige Werte anzeigen bei z. B. chronischen Entzündungen und Tumorleiden und falsch hohe Werte bei z. B. bei einer akuten Hepatitis (Kaltwasser 2013).

 

Zusätzlich muss die Ursache der IDA geklärt werden:

- Abklärung von Blutungen durch Hämoccult- Test

- Magen- Darm- Diagnostik

- Dünndarm- Kapselendoskopie bei bis dahin unklarer Ursache (Tischendorf 2019)

- urologische Untersuchung 

- gynäkologische Untersuchung

- Zahnfleischuntersuchung

- Ausschluss einer intravasalen Hämolyse die sich z. B. bei einer paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie und einer autoimmunen Hämolyse findet (Herold 2022)

 

 

Labor

- großes Blutbild

- Ferritin

- löslicher Transferrinrezeptor (sTfR)

- Zink- Protoporphyrin (ZPP)

- Retikulozyten- Hämoglobin (Ret- Hb)

- Transferrinsättigung (TSAT)

- Bestimmung von Hepcidin im Urin:

Bei Patienten mit hereditärem eisenrefraktärem Eisenmangelsyndrom (IRIDA) finden sich normale bis deutlich erhöhte Werte, bei Patienten mit alimentär bedingtem Eisenmangel hingegen ist es stark erniedrigt bzw. fehlt (Behnisch 2021).

 

Laborchemisch lässt sich zwischen verschiedenen Stadien einer Eisenmangelanämie differenzieren:

  • Stadium des Speichereisenmangels: 

Dieses Stadium wird auch als „latenter Eisenmangel“ bezeichnet. Es finden sich hierbei 

- keine Anämie

- MCH und MCV sind normal

- Serum- Ferritin ist erniedrigt (bei gleichzeitiger CRP- Erhöhung finden sich jedoch erhöhte Werte)

- im Knochenmark lässt sich ein reduzierter Eisengehalt feststellen (Herold 2022).

- Retikulozyten sind erniedrigt, der Retikulozyten- Index liegt bei < 2 – 2,5

- sog. hypoproliferative Anämie (Kasper 2015)

 

  • Stadium 1:

Hierbei findet sich bereits ein sog. „manifester Eisenmangel“. 

Zusätzlich zu den o. g. Symptomen besteht eine 

- Verminderung der Transferrinsättigung (TSAT < 20 %) (Herold 2022)

 

  • Stadium 2:

Das Stadium 2 des manifesten Eisenmangels – auch als „eisendefizitäre Erythropoese“ bezeichnet (Herold 2022).

Sie ist gekennzeichnet durch zusätzliche 

- Erhöhung des löslichen Transferrinrezeptors (sTfR)

- Sideroblasten im Knochenmark sinken auf < 15 %

- der Prozentsatz hypochromer Erythrozyten steigt in der Durchflusszytometrie auf > 10 % an

- Zink- Protoporphyrin (ZPP) steigt an: Hierbei handelt es sich um einen alternativen Stoffwechselweg. Wegen des fehlenden Eisens wird Zink eingebaut und es entsteht anstatt Häm ein Zink- Protoporphyrin (ZPP). Dieses Phänomen ist nicht spezifisch für eine Eisenmangelanämie, da es sich auch bei Bleivergiftungen, Eisenverwertungsstörungen und myelodysplastischen Syndromen (MDS) findet.

- Retikulozyten- Hämoglobin (Ret- Hb) sinkt auf < 26 pg (Herold 2022)

 

  • Stadium 3:

Dieses Stadium wird auch als sog. „Eisenmangelanämie“ bezeichnet. Hierbei treten zusätzlich folgende Veränderungen auf:

- Erythrozyten erniedrigt

- Hämoglobin erniedrigt (erstes Anzeichen, da die Hämoglobinproduktion früher und stärker gestört ist als die Erythropoese)

- Hämatokrit erniedrigt

- reaktive Thrombozytose durch Zytostimulation

- Anisozytose (unregelmäßig große Erythrozyten) und dadurch Erhöhung des RDW (red cell distribution width)

- Poikilozytose (unregelmäßig geformte Erythrozyten)

- mikrozytäre Erythrozyten mit einem MCV < 80 fl

- hypochrome Erythrozyten mit einem MCH < 28 pg (Herold 2022)

 

 

Differentialdiagnose

  • Hypochrome Anämie:

Hierbei findet sich ein MCH < 28 pg (Herold 2022).

  • Runner’s anemia:

Hierbei handelt es sich um eine sog. Verdünnungsanämie durch große Zunahme des Plasmavolumens (Herold 2022).

  • Schwangerschaftshydrämie:

Es handelt sich ebenfalls um eine Verdünnungsanämie. Sie kommt hierbei durch eine Zunahme der Gesamthämoglobinmasse bei gleichzeitiger Zunahme des Blutvolumens zustande. Bei Schwangeren spricht man erst ab einem Hb < 11 g / dl von einer Anämie (Herold 2022).

 

Differentialdiagnose einer hypochromen mikrozytären Anämie:

  • Thalassämie: Hierbei finden sich
    • normale oder erhöhte Eisenspiegel
    • normale Transferrinsättigung (Kasper 2015)
    • Erythrozytenverteilungsbreite (RDW) ist – im Gegensatz zur Eisenmangelanämie - normal 
  • Anämie durch chronische Entzündungen (wichtigste Differentialdiagnose [Metzgeroth 2015])
    • Ferritin normal oder erhöht
    • prozentuale Transferrinsättigung unterhalb des Normwertes
    • TIBC erniedrigt (Kasper 2015)
  • myelodysplastische Syndrome:
    • Bei diesen Patienten besteht oftmals eine gestörte Hämoglobinsynthese mit mitochondrialer Dysfunktion. Diese führt zu einem gestörten Eiseneinbau in Häm. Trotz Mikrozytose und Hypochromie zeigen die Eisenwerte normale Speicher und eine mehr als ausreichende Versorgung des Knochenmarks (Kasper 2015).

Therapie allgemein

Hinsichtlich der Ursache einer Eisenmangelanämie sollte eine entsprechende kausale Therapie erfolgen, außerdem eine entsprechende Eisensubstitution (Herold 2022). 

Zweiwertiges Eisen wird hauptsächlich im Duodenum und oberen Jejunum resorbiert. Tierisches Eisen liegt bereits als zweiwertiges Fe ++ vor, dreiwertige Eisenionen müssen zuvor in der apikalen Zellmembran zu zweiwertigen Ionen reduziert werden (Behnisch 2021).

 

Die Eisensubstitution kann erfolgen als:

- orale Eisentherapie

- parenterale Eisentherapie

- Erythrozytentransfusion (Kasper 2015)

- Erythropoese- stimulierende Agenzien (Metzgeroth 2015).

Näheres s. u. „Interne Therapie“

Interne Therapie

Die Eisensubstitution sollte als Ersttherapie per os erfolgen (Herold 2022). Dazu zählen insbesondere Patienten mit nachgewiesener Eisenmangelanämie, die aber bislang asymptomatisch sind (Kasper 2015). Zur oralen Therapie sollte ausschließlich zweiwertiges Eisen verwendet werden, da der Darm nur dieses zu 10 – 20 % resorbieren kann (Herold 2022).

Durch die Eisengabe kommt es bei Patienten mit normal funktionierendem Knochenmark zu einer zwei- bis dreifachen Produktion roter Blutkörperchen durch den entsprechenden Erythropoetin- Stimulus (Kasper 2015).

 

Dosierungsempfehlung:

Eisendragees z. B. auf nüchternen Magen 1 x 100 mg Fe (II) / d oder jeden 2. Tag. Bei der 2- tägigen Gabe besteht eine bessere Verträglichkeit und durch den Abfall von Hepcidin auch eine bessere Resorption (Herold 2022).

 

Unerwünschte Wirkungen:

- gastrointestinale Beschwerden in Form von Übelkeit, Erbrechen, Obstipation (Kasper 2015)

 

Dauer der Anwendung: 

Der Zielwert für Ferritin liegt bei ca. 100 µg / l. Sobald dieser erreicht ist, sollte die Substitution noch über einen weiteren Zeitraum von 3 – 6 Monaten erfolgen (Herold 2022). 

 

Laborkontrollen:

Bereits nach 1 Woche steigen Retikulozyten und Hb an (Herold 2022), sofern es sich um einen schweren Eisenmangel handelt. Das Serumferritin sollte nach ca. 3 Monaten kontrolliert werden (Behnisch 2021). 

 

 

Die Indikation für eine parenterale Eisensubstitution ist bei Patienten gegeben, die orales Eisen nicht vertragen, deren Bedarf ziemlich akut ist oder die ständig Eisen benötigen. In den letzten Jahren hat die parenterale Verabreichung stark zugenommen (Kasper 2015).

Verwendet werden sollte hierbei Eisen aus Dextran- freien hochmolekular- stabilen Komplexen. Mischinjektionen sind unbedingt zu vermeiden (Herold 2022).

 

Dosierungsempfehlung:

Eisen- (III)- Carboxymaltose wie z. B. Ferinject sollte als Infusion bis zu 1.000 mg 1 x / Woche injiziert werden.

Bei Eisen- (III)- Derisomaltose wie z. B. MonoFer beträgt die maximale Einzeldosis 20 mg / kg .

Beim Eisen- (III)- Natrium- Gluconat- Komplex wie z. B. Ferrlecit liegt die maximale Einzeldosis bei 62,5 mg.

Bei Eisen- (III)- hydroxid- Saccharose- Komplex wie z. B. Venofer liegt als Einzeldosis bei maximal 200 – 500 mg, dieinjiziert werden können (Herold 2022).

Die jeweiligen Herstellerangaben sollten stets beachtet werden.

Die Injektion ist langsam durchzuführen (genaue Zeitangaben des Herstellers beachten). Am besten hat sich eine Kurzinfusion in 100 ml NaCl erwiesen (Herold 2022).

 

Dauer der Anwendung: 

Der Gesamtbedarf orientiert sich an den Produktinformationen. Die Normalisierung von Hämoglobin ist dabei der sicherste Indikator für eine ausreichende Substitution. 

Das Serumferritin sollte ca. 100 µg / l erreichen und die Transferrinsättigung (TSAT) zwischen 20 – 45 % liegen (Herold 2022). Auf jeden Fall ist ein Anstieg der Transferrinsättigung auf > 50 % zu verhindern. Falls dieser längere Zeit besteht, ist das ein Hinweis auf eine Eisenüberladung des Gewebes. Da Eisen für die Zellen toxisch ist, sollte dieser Zustand unbedingt vermieden werden (Kasper 2015).

 

Laborkontrollen:

Die früheste Laborkontrolle empfiehlt sich 8 – 12 Wochen nach der letzten Eisengabe, da vorher falsch positive Werte angezeigt werden (Herold 2022).

 

 

  • Erythrozytenkonzentrate

Erythrozytentransfusionen sind für Patienten geeignet mit:

- kardiovaskulärer Instabilität 

- schwerer Eisenmangelanämie (Kasper 2015)

Hierbei ist die Behandlung nicht so sehr auf den Eisenmangel bezogen, sondern vielmehr auf die Folgen der schweren Anämie (Kasper 2015).

 

 

  • Erythropoese- stimulierende Agenzien (ESA)

ESA erhöht die Nutzung der Eisenspeicher.

Insbesondere bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz hat sich die Gabe von ESA bewährt. Es sollte allerdings erst eingesetzt werden, wenn der funktionelle und absolute Eisenmangel korrigiert wurden und die Gabe von ESA gegen ein erhöhtes Schlaganfallrisiko abgewogen worden ist (Elstrott 2020).

Verlauf/Prognose

Die auf eine IDA zurückzuführenden Todesfälle liegen weltweit im Jahr bei ca. 841.000 (Kasper 2015). 

Insbesondere Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz haben bei Vorliegen einer Eisenmangelanämie ein erhöhtes Morbiditätsrisiko (z. B. durch Verschlechterung einer Herzinsuffizienz) und auch ein erhöhtes Mortalitätsrisiko (Gafter- Gvili 2019). 

Bei Patienten mit alleiniger chronischer Herzinsuffizienz liegt bei bestehender IDA ein 40 – 60 % höheres Mortalitätsrisiko vor (Elstrott 2020).

Hinweis(e)

  • Wechselwirkungen von Eisenpräparaten:

Eisen sollte nicht gleichzeitig eingenommen werden mit z. B. Antazida, Colestyramin, Tetrazyklinen, bestimmten Nahrungsmitteln und Tee, da es zu wechselseitigen Resorptionsstörungen kommen kann (Herold 2022). Von daher empfiehlt sich die Nüchterneinnahme ohne Milch, Tee oder Kaffee (Behnisch 2021).

 

  • Eisentabletten:

- sind im Röntgenbild schattengebend und können leicht mit einer Lithiasis verwechselt werden 

- können den Stuhl schwarz färben 

- können bei Auflösung auch zur Schwarzfärbung der Zunge führen

- können in therapeutischer Dosis nach längerer Einnahme bei Alkoholikern, chronisch Lebererkrankten und Patienten mit Hämochromatose zur Eisenüberladung führen

- können für Kinder toxisch sein und lebensbedrohliche Zustände hervorrufen. Die letale Dosis liegt bei ca. 3 g Eisen- II- Sulfat. Deshalb sollten Eisenpräparate immer von Kindern fern gehalten werden (Herold 2022).

 

  • Prophylaxe

Während der Schwangerschaft, Frühgeborene und Neugeborene mit einem Geburtsgewicht < 2.500 g sollten eine prophylaktische Eisensubstitution erhalten (Herold 2022). 

Schwangere sind im 1. Trimester ab einem Hb von 11 g / dl (10,5 g / dl) zu substituieren und ab einem Hb von 10,5 g / dl im 2. und 3. Trimester bis zu einem Hb- Wert von 12,0 g / dl (laut WHO).

(Means 2020)

 

Dosierungsempfehlungen:

- Schwangere: 80 – 100 mg / d oral (Means 2020)

- Bei Neugeborenen < 2.500 g ab der 8. Lebenswoche 2 – 2,5 mg / kg KG / d bis zum 12. - 15. Lebensmonat (Behnisch 2021). 

 

 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Behnisch W, Muckenthaler M, Kulozik A (2021) AWMF Leitlinie: Eisenmangelanämie. Registriernummer 025 - 021
  2. Burdach, S. (2007) Hämatologie und Onkologie. In: Schölmerich J, Burdach S, Drexler H, Hallek M, Hiddemann W, Hörl W H, Klein H, Landthaler M, Lenz K, Mann K, Mössner J, Müller- Ladner U, Reichen J, Schmiegel W, Schröder J O, Seeger W, Stremmel W, Suttorp N, Weilemann L S, Wöhrle J, Zeuner R A. Medizinische Therapie 2007 | 2008. Springer Verlag Berlin, Heidelberg. 1850 – 1860
  3. Elstrott B, Khan L, Olson S, Raghunathan V, DeLoughery T, Shatzel J J (2020) The role of iron repletion in adult iron deficiency anemia and other diseases. Eur J Haematol. 104 (3) 153 - 161
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  6. Kaltwasser J P, Werner E (2013) Serumferritin: Methodische und klinische Aspekte. Springer Verlag Berlin / Heidelberg / New York 2, 88
  7. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education, 625 – 629
  8. Kühne T, Schifferli A (2016) Kompendium Kinderhämatologie. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 13 – 19
  9. Means R T (2020) Iron Deficiency and Iron Deficiency Anemia: Implications and Impact in Pregnancy, Fetal Development, and Early Childhood Parameters. Nutrients 12 (2) 447
  10. Metzgeroth G, Hastka J (2015) Eisenmangelanämie und Anämie der chronischen Erkrankungen. Der Internist (56) 978 – 988
  11. Schwabe U, Paffrath T (2016) Arzneiverordnungsreport 2016: Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare. Springer Verlag Berlin / Heidelberg 268
  12. Tischendorf J W, Lutz H H (2019) Neues diagnostisches Tool bei unklarer Eisenmangelanämie. Gastro- News (6) 11 - 12

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