Eisen, intravenös

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 07.07.2022

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Erstbeschreiber

Das erste parenterale Eisen kam 1947 als Eisensaccharid in Europa auf den Markt. Hochmolekulares Eisendextran wurde 1954 eingeführt, niedermolekulares Eisendextran 1959.

Eisen- (III)- Carboxymaltose kam in Europa im Jahre 2007 auf den Markt (Biggar 2019).

 

Allgemeine Information

Eisen spielt eine entscheidende Rolle bei der Zellatmung, dem Sauerstofftransport und der Sauerstoffspeicherung (Gafter- Gvili 2019).

Bei Eisenmangel kann die therapeutische Verwendung von Eisen oral oder parenteral erfolgen (Herold 2022).

 

Indikation:

In der Leitlinie wird empfohlen, Eisen ausschließlich bei schweren und nicht behandelbaren Resorptionsstörungen parenteral zu substituieren (Behnisch 2021).

Das kann bei Patienten der Fall sein, die

- orales Eisen nicht vertragen

- deren Bedarf ziemlich akut ist

- an gastrointestinalen Erkrankungen leiden

- bei schwerer Niereninsuffizienz mit großen Eisendepots, die jedoch nicht mobilisiert werden können (Wick 2013)

- in bestimmten palliativen Situationen, z. B. bei schwerer Herzinsuffizienz, (Lundgren 2018)

Hierbei kann eine parenterale Eisengabe bei Eisenmangel (auch ohne Anämie) die Symptome lindern (Lundgren 2018).

- bei Patienten, die ständig Eisen benötigen (Kasper 2015) wie z. B. Hämodialysepatienten (Kuhlmann 2015)

- Hämodialysepatienten:

In einer Metaanalyse von 28 Studien hat sich gezeigt, dass Hämodialysepatienten bei einer parenteralen Substitution von Eisen einen höheren Ferritinspiegel und eine bessere Transferrinsättigung aufweisen als nach oraler Substitution. Von daher ist die parenterale Gabe von Eisen inzwischen für diese Patienten zur Standardapplikationsform geworden. Der Eisenbedarf liegt hierbei zwischen 1.000 – 3.000 mg jährlich (Kuhlmann 2015).

Bei Peritonealdialysepatienten oder prädialytischen Patienten sollte primär eine orale Eisensubstitution versucht werden, da bei ihnen der Eisenbedarf geringer ist (Kuhlmann 2015).

 

Dosierungsempfehlung:

Im Blut findet sich dreiwertiges Eisen, das an das Transportprotein Transferrin gebunden ist (Herold 2022). Dreiwertiges Eisen wird auch bei der intravenösen Gabe eingesetzt, im Gegensatz zur oralen Therapie, bei der zweiwertiges Eisen verabreicht wird.

Verwendet werden sollte bei der parenteralen Gabe Eisen aus Dextran- freien hochmolekular- stabilen Komplexen. Mischinjektionen sind unbedingt zu vermeiden (Herold 2022).

- Eisen- (III)- Carboxymaltose wie z. B. Ferinject sollte als Infusion bis zu 1.000 mg 1 x / Woche - injiziert werden.

- Bei Eisen- (III)- Derisomaltose wie z. B. MonoFer beträgt die maximale Einzeldosis 20 mg / kg .

- Beim Eisen- (III)- Natrium- Gluconat- Komplex wie z. B. Ferrlecit liegt die maximale Einzeldosis bei 62,5 mg.

- Bei Eisen- (III)- hydroxid- Saccharose- Komplex wie z. B. Venofer liegt die Einzeldosis bei maximal 200 – 500 mg, die injiziert werden können (Herold 2022).

Die jeweiligen Herstellerangaben sollten stets beachtet werden.

Die Injektion ist langsam durchzuführen (genaue Zeitangaben des Herstellers beachten). Am besten hat sich eine Kurzinfusion in 100 ml NaCl erwiesen (Herold 2022).

 

Nebenwirkungen:

Bei der parenteralen Substitution besteht das Risiko schwerer allergischer Reaktionen. Zwar ist die Gefahr einer Anaphylaxie bei den modernen Eisenpräparaten geringer, zusätzlich sind hochmolekulare Dextranpräparate in Deutschland inzwischen nicht mehr im Handel (Kuhlmann 2015).

Zu den Nebenwirkungen zählen:

  • Schwere allergische Reaktionen
    • treten bei Eisen- Dextran in 33 Fällen pro 10 Mio. Applikationen auf
    • treten bei Eisen- Gluconat in 9 Fällen pro 10 Mio. Applikationen auf
    • treten bei Eisen- Sucrose in 6 Fällen pro 10 Mio. Applikationen auf (Kuhlmann 2015)
  • paravasale Injektion mit
    • starken Schmerzen an der Injektionsstelle (Hitchings 2022)
    • Phlebitis
    • anhaltende Braunverfärbung der Haut (Hitchings 2022)
  • Kopfschmerzen
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Metallgeschmack
  • kardiale Schmerzen
  • Gefahr einer Überdosierung
  • Thrombophlebitis (Herold 2022)

Patienten mit einer atopischen Disposition sollten kein parenterales Eisen erhalten, da bei ihnen das Risiko schwerwiegender Komplikationen deutlich erhöht ist (Hitchings 2022)

 

Im Oktober 2013 gaben wegen schwerer anaphylaktischer Reaktionen die Bundesärztekammer und die Europäische Aufsichtsbehörde eine Warnung für die intravenöse Eisengabe aus, die besagt:

- Die Indikation für die intravenöse Therapie ist erst nach einer erfolglosen oralen Behandlung gegeben

- Eventuelle Risikogruppen sind vor Therapiebeginn zu identifizieren

- Eine ausführliche Aufklärung ist vor der ersten Behandlung erforderlich und sollte in regelmäßigen Abständen wiederholt werden

- Die erste Injektion muss unbedingt unter direkter Aufsicht eines Arztes erfolgen

- Ein in Reanimation erfahrenes Personal muss sich in unmittelbarer Nähe befinden

- Die empfohlene Infusionsdauer von 15 – 30 min ist unbedingt zu beachten

- Nach der Infusion ist eine Nachüberwachung erforderlich. Diese beträgt bei der ersten Gabe 60 min und bei den folgenden Infusionen ≥ 30 min (Kuhlmann 2015)

 

Bei Hämodialysepatienten finden sich allerdings relativ selten Nebenwirkungen (Kuhlmann 2015).

 

Dauer der Anwendung:

Der Gesamtbedarf orientiert sich an den Produktinformationen. Die Normalisierung von Hämoglobin ist dabei der sicherste Indikator für eine ausreichende Substitution.

Das Serumferritin sollte ca. 100 µg / l erreichen und die Transferrinsättigung (TSAT) zwischen 20 – 45 % liegen (Herold 2022). Auf jeden Fall ist ein Anstieg der Transferrinsättigung auf > 50 % zu vermeiden, da Eisen für die Zellen toxisch ist. Falls diese Transferrinsättigung längere Zeit besteht, ist das ein Hinweis auf eine Eisenüberladung des Gewebes (Kasper 2015).

 

Präparate:

- Eisen- (III)- Carboxymaltose wie z. B. Ferinject

- Eisen- (III)- Derisomaltose wie z. B. MonoFer

- Eisen- (III)- Natrium- Gluconat- Komplex wie z. B. Ferrlecit

- Eisen- (III)- hydroxid- Saccharose- Komplex wie z. B. Venofer (Herold 2022)

Eisenpräparate, die auf hochmolekularem Dextran basieren, sind in Deutschland wegen der hohen Gefahr einer Anaphylaxie nicht mehr im Handel (Biggar 2019).

In den letzten Jahren hat die parenterale Verabreichung stark zugenommen (Kasper 2015).

 

Laborkontrollen:

Bereits nach 2 – 3 Wochen findet sich ein Anstieg der Hb- Werte (Kuhlmann 2015).

Die früheste Laborkontrolle sollte jedoch erst 8 – 12 Wochen nach der letzten Eisengabe erfolgen, da vorher falsch positive Werte angezeigt werden können (Herold 2022).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Behnisch W, Muckenthaler M, Kulozik A (2021) AWMF Leitlinie: Eisenmangelanämie. Registriernummer 025 – 021
  2. Biggar P, Langguth P, Krayenbühl P A, Brandenburg V (2019) Intravenöse Eisensubstitution bei chronischer Erkrankung – bei wem, wann und wie? Dtsch Med Wochenschr(144) 969 - 977
  3. Gafter- Gvili A, Schechter A, Rozen- Zvi B (2019) Iron Deficiency Anemia in Chronic Kidney Disease. Acta Haematol. 142 (1) 44 - 50
  4. Herold G et al. (2022) Innere Medizin. Herold Verlag 33 – 38
  5. Hitchings A, Lonsdale D, Burrage D, Baker E, Waldner M, Jefremow A, Bott A (2022) Die Top 100 Medikamente: Praktische Pharmakologie für den klinischen Alltag. Elsevier Urban und Fischer Verlag München
  6. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education, 625 – 629
  7. Kuhlmann U, Böhler J, Luft F C, Alscher M D, Kunzendorf U (2015) Nephrologie: Pathophysiologie – Klinik - Nierenersatzverfahren. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 412 - 413
  8. Lundgren C et al. (2018) Arzneimitteltherapie im Alter. Elsevier Urban und Fischer Verlag 104 – 105
  9. Wick M, Pinggera W, Lehmann P (2013) Klinik und Labor – Eisenstoffwechsel und Anämie: Neue Konzepte bei Renalen- und Tumoranämien. Springer Verlag Wien 80
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