Dyspnoe R6.0

Autor: Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 24.05.2023

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Erstbeschreiber


Synonyme

Luftnot; Atembeschwerden; subjektiv empfundene Atemnot; erschwerte Atmung; Beklemmungsgefühl; thorakales Engegefühl; Hunger nach Luft; Erstickungsgefühl;

 

 

Erstbeschreiber

Im Jahre 1963 schrieben Campbell und Howell bereits, dass die Dyspnoe eng an Strukturen im ZNS gebunden sei. Sie stellten die Theorie der „Längenspannungsangepasstheit der Atemmuskulatur“ auf und boten damit eine Erklärung für das Auftreten der Dyspnoe sowohl beim Gesunden als auch beim Erkrankten. 

Heutzutage geht man davon aus, dass verschiedene Mechanismen in unterschiedlicher Ausprägung von Bedeutung sind (Weingärtner 2004).

Definition

Unter einer Dyspnoe versteht man laut American Thoracic Society ein subjektives Erleben von Atembeschwerden, welche in ihrer Intensität variieren können und aus qualitativ unterschiedlichen Empfindungen besteht (Kasper 2015).

Dyspnoe leitet sich vom griechischen „dys“ = schwer und „pnoia“ = atmen ab (Kroegel 2014).

Die Dyspnoe zählt zu den unangenehmsten Empfindungen überhaupt. Selbst unter kontrollierten Laborbedingen berichten Probanden von dem Gefühl des drohenden Todes (Herigstad 2011).

Dyspnoe und Schmerz zeigen Gemeinsamkeiten: Sie sind in den selben Hirnregionen angesiedelt und werden subjektiv empfunden. Hinsichtlich der Erforschung hinkt die Dyspnoe der Schmerzforschung jedoch um Jahre hinterher (Herigstad 2011).

Einteilung

Die Dyspnoe wird unterteilt in:

  • Nächtliche paroxysmale Dyspnoe:

Diese tritt ca. 2 – 5 h nach dem Schlafbeginn auf und wird meistens von Husten und Schweißausbrüchen begleitet. Eine Besserung findet sich nach dem Aufsetzen oder Aufstehen.

Es kommt zu einer nächtlichen Dyspnoe i. d. R. beim interstitiellen Lungenödem oder seltener auch beim interalveolären Lungenödem (Gerok 2007).

Diese tritt insbesondere beim flachen Liegen auf (Gerok 2007). Sie findet sich häufig bei einer kongestiven Herzinsuffizienz (CHF), mechanischer Beeinträchtigung des Zwerchfells z. B. bei Adipositas, Asthma (Kasper 2015).

  • Orthodeoxie:

Hierbei kommt es im Stehen zu einer Abnahme der arteriellen Sauerstoffsättigung und dem damit verbundenen Gefühl der Dyspnoe (Kroegel 2014).

  • Platypnoe:

Eine Platypnoe tritt insbesondere bei aufrechter Körperhaltung auf. Sind entsteht durch abnorme Ventilations- Perfusionsverhältnisse wie z. B. bei fehlender Stützfunktion des Diaphragmas, Schwäche der Bauchmuskulatur etc. Selten tritt eine Platypnoe beim Lungenemphysem oder bei kongenitalen Vitien auf (Gerok 2007).

  • Sprechdyspnoe:

Hierbei findet sich ein durch eine Tachypnoe entstehender eingeschränkter bzw. unterbrochener Redefluss (Kroegel 2014) 

  • Trepopnoe:

Bei der Trepopnoe kommt es zu Luftnot beim Liegen auf der Seite, vorzugsweise der linken Seite. Sie ist typisch für eine Dyspnoe in Folge kardialer Erkrankungen (Gerok 2007).

 

Man differenziert je nach (vermutlicher) Lokalisation zwischen inspiratorischer Dyspnoe, die in den oberen Atemwegen entsteht und exspiratorischer Dyspnoe, die in den unteren Atemwegen, insbesondere in den Bronchien entsteht (Gerok 2007).

 

Nach dem zeitlichen Verlauf einer Dyspnoe differenziert man zwischen:

  • akuter Dyspnoe bei z. B.:
  • subakuter Dyspnoe bei z. B.:
  • chronischer Dyspnoe: Definiert von der American Thoracic Society 1999 als eine > 1 Monat anhaltende Dyspnoe (Steffen 2008), die sich fast immer als Belastungsdyspnoe äußert (Weingärtner 2004) bei z. B.:
  • nächtlicher Atemnot:
    • Zu einer nächtlichen Atemnot kann es bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion als Folge eines erhöhten Drucks in den Lungenkapillaren kommen (ist charakteristisch, aber nicht pathognomonisch [Weingärtner 2004])

 

Der Schweregrad einer chronischen Dyspnoe lässt sich in Abhängigkeit von der Belastung nach der New York Heart Association in 4 Schweregrade einteilen in:

  • NYHA I: unter physiologischen Bedingungen keine Dyspnoe 
  • NYHA II: Dyspnoe bei schwerer Belastung wie z. B. Treppensteigen
  • NYHA III: Dyspnoe bei leichter Belastung wie z. B. Gehen auf ebener Strecke
  • NYHA IV: Dyspnoe in Ruhe (Steffen 2008)

 

und nach der American Thoracic Association in:

  • Grad 0: Keine Atemnot beim raschen Gehen auf ebener Strecke oder leicht aufwärts
  • Grad 1: milde Atemnot beim raschen Gehen auf ebener Strecke oder leicht aufwärts
  • Grad 2: mäßige Atemnot, muss beim raschen Gehen auf ebener Strecke langsamer gehen als Personen der selben Altersgruppe oder sogar anhalten
  • Grad 3: schwere Atemnot tritt auf beim Gehen auf ebener Strecke nach ca. 100 m oder nach wenigen Minuten auf
  • Grad 4: sehr schwere Atemnot beim An- und Auskleiden. Der Patient ist nicht mehr in der Lage, das Haus gehend zu verlassen (Steffen 2008).

 

und nach der modifizierten Borg- Skala in:

  • 0: gar nicht
  • 0,5: sehr, sehr leicht
  • 1: sehr leicht
  • 2: leicht
  • 3: mäßig
  • 4: etwas schwer
  • 5: schwer
  • 6:
  • 7: sehr schwer
  • 8: 
  • 9: sehr, sehr schwer
  • 10: maximal (Steffen 2008)

 

und der VAS (Visual- Analogue- Scale):

Sie beruht - wie auch die modifizierte Borg- Skala - auf Selbsteinschätzung. Hierbei legt der Patient auf einer 100 mm langen Skala seine subjektiv empfundenen Beschwerden zwischen „Keine Atemnot“ und „Extremer Atemnot“ fest (Kroegel 2014).

 

 

Vorkommen/Epidemiologie

Dyspnoe ist eins der häufigsten Symptome sowohl in der hausärztlichen Praxis als auch in Krankenhaus- Notaufnahmen (Berliner 2016).

In den Notaufnahmen machen Patienten mit Dyspnoe ca. 7 % aus, im ambulanten Bereich sind es ca. 25 % und in lungenärztlichen Praxen ca. 60 % (Herold 2020).

In der Framingham- Studie von 1987 klagten bis zu 27 % der Patienten über Luftnot. Die Symptomatik der Patienten mit Dyspnoe war bis zu zwei Drittel auf eine kardiopulmonale Ursache zurückzuführen (Weingärtner 2004).

Bei Patienten mit chronischer Dyspnoe sind für diese in > 85 % der Fälle sieben Entitäten verantwortlich: Asthma bronchiale, COPD, Herzinsuffizienz, interstitielle Lungenerkrankungen, koronare Herzkrankheit / kardiale Ischämie, Pneumonie, psychogene Ursachen (Berliner 2016).

Ätiopathogenese
Dieser Abschnitt wurde automatisch übersetzt.

Dyspnoe entsteht in den überwiegenden Fällen durch Abweichungen von der normalen Funktion des Herz- Kreislauf- und Atemsystems (Kasper 2015). Die Ursachen für sind vielfältig:

 

 

  • 3. extrathorakale Ursachen wie z. B.:
    • Adipositas
    • Anämie
    • Aszites
    • emotionale Faktoren wie z. B. Hyperventilation
    • Erkrankungen von
      • Nerven
      • Rückenmark
      • ZNS wie z. B. Muskeldystrophie Duchenne, Myasthenie, amyotrophe Lateralsklerose, Guillain- Barrè- Syndrom etc. (Berliner 2016)
    • Fieber
    • Hypoxie
    • metabolische Azidose (Herold 2020)
    • Medikamente wie z. B. Betablocker, NSAR, Acetylsalicylsäure, Thrombozytenaggregationshemmer Ticagrelor (Berliner 2016)

Pathophysiologie

Das Atmungsempfinden stellt eine Folge von Wechselwirkungen dar zwischen 

  • der efferenten (ausgehenden motorischen) Leistung des Gehirns an die Atemmuskulatur (sog. feed- forward) und 
  • der afferenten (eingehenden sensorischen) Leistung von Rezeptoren im gesamten Körper (sog. feedback) sowie
  • der integrativen Verarbeitung dieser Informationen.

In der Medulla und dem Karotiskörper (Glomus caroticum) werden Chemorezeptoren durch Hypoxämie, akute Hyperkapnie und Azidämie aktiviert. Dies führt zu einer Stimulierung weiterer Rezeptoren, die eine Steigerung der Ventilation bewirken. 

Durch Bronchospasmen werden Mechanorezeptoren in der Lunge stimuliert und führen zu einem Gefühl der Enge in der Brust. Zum Gefühl der Enge tragen außerdem die durch akute Veränderungen des Lungenarteriendrucks aktivierten J- Rezeptoren und pulmo- vaskulären Rezeptoren bei.

Erhöht wird die Intensität der Atemnot noch durch eine Diskrepanz zwischen der Feed- Forward- Botschaft an die Beatmungsmuskeln und der Rückmeldung durch die Rezeptoren wie es z. B. beim Asthma oder der COPD der Fall ist.

Akute Angst bei der Dyspnoe erhöht den Schweregrad durch Veränderung der Interpretation sensorischer Daten oder indem die Angst zu Atemmustern führt, die physiologische Anomalien noch verstärken (Kasper 2015).

Bei den meisten Erkrankungen des Atemsystems liegen Veränderungen der mechanischen Eigenschaften der Lunge und / oder der Brustwand vor. Manche Erkrankungen des Atemsystems stimulieren auch pulmonale Rezeptoren.

Störungen des kardiovaskulären Systems hingegen führen zu Problemen des Gasaustausches mit Stimulierung pulmonaler und / oder vaskulärer Rezeptoren (Kasper 2015).

Bei Patienten mit Polio, induzierter Spinalanästhesie oder induzierter Atemmuskellähmung tritt unmittelbar keine Dyspnoe auf. Von daher kann man davon ausgehen, dass die Aktivierung der Atemmuskulatur nicht wesentlich ist für eine Dyspnoe. Erst die Reflex- Chemostimulation durch das zunehmende CO2 verursacht eine Dyspnoe (Hayen 2013).

Klinisches Bild

Abhängig von den pathophysiologischen Mechanismen entsteht das Symptom einer Dyspnoe auf unterschiedlichste Art und Weise und wird deshalb auch unterschiedlich beschrieben.

  • Eingeschränkte linksventrikuläre Funktion:

Sie entsteht durch einen erhöhten Druck in den Lungenkapillaren und führt zu einer typischen Belastungsdyspnoe. Auch eine Orthopnoe und paroxysmale nächtliche Dyspnoe sind typisch, aber nicht pathognomonisch. 

Folgende zugrunde liegende Mechanismen werden diskutiert:

- fortschreitende Dekonditionierung

- Schwäche der Atemmuskulatur

- früh einsetzende Laktatazidose durch ein reduziertes Herzzeitvolumen

Patienten mit Herzinsuffizienz beschreiben ihre Probleme mit dem Gefühl, schwer atmen zu können, einen Hunger nach Luft zu haben, zu ersticken (Weingärtner 2004).

 

  • Obstruktive Lungenerkrankungen:

Bei diesen Patienten bestehen ein erhöhter ventilatorischer Bedarf bei gleichzeitiger herabgesetzter ventilatorischer Kapazität, ein sog. Ventilations- Perfusions- Mismatch.

Beim Emphysematiker kommen zusätzlich eine vermehrte Totraumventilation und ein herabgesetzter ventilatorischer Recoil mit reduzierter Sauerstoffaufnahme hinzu.

Bei einer akuten Exazerbation kommt es durch die progrediente Hyperkapnie zu einem Symptom der Luftnot.

Patienten mit COPD z. B. beschreiben ihre Dyspnoe als Hunger nach Luft und schwerer Atmung (Weingärtner 2004).

Bei ihnen kommt es eher zu einer verlangsamten, aber tiefen Atmung (Kroegel 2014).

 

  • Restriktive / parenchymale Lungenerkrankungen:

Bereits bei der Untersuchung fällt hierbei eine ausgeprägte Tachypnoe auf, die sich laborchemisch als erniedrigte pCO2- Werte darstellt.

Durch das versteifte Lungengewebe kommt es zu erniedrigten Lungenvolumina, die Compliance der Lunge ist reduziert und durch die Veränderung der Längenspannungsangepasstheit im Bereich der Atemmuskulatur findet sich eine Steigerung der Atemnot mit reduzierten O2- Werten.

Diese Patienten bezeichnen ihre Atmung als flach, anstrengend und keuchend (Weingärtner 2004). Bei ihnen findet sich eine Steigerung der Ventilation bzw. der Atemfrequenz (Kroegel 2014).

 

  • Pulmo- vaskuläre Erkrankungen:

Die bei z. B. einer Lungenembolie vorliegenden Mechanismen, die zu einer Dyspnoe führen, sind bislang umstritten. Diskutiert werden die Aktivierung vaskulärer Rezeptoren, Stimulation der J- Rezeptoren, mechanische Veränderung des Lungengewebes, Reduktion des Herzminutenvolumens und Abfall der O2- Sättigung.

Bei der pulmonalen Hypertonie spielt die Aktivierung vaskulärer Rezeptoren im Bereich der Lungenstrombahn zur Dyspnoe.

Die Patienten beschreiben ihre Atmung als vergleichsweise schnell (Weingärtner 2004).

 

  • Neurogene / neuromuskuläre Lungenerkrankungen:

Hierbei kommt es durch die zunehmende Schwäche bzw. Paralyse der Atemmuskulatur zu einer Dyspnoe, die sich bis zum vollständigen Atemversagen ausbilden kann. 

Die Patienten bezeichnen ihre Atmung als anstrengend und flach (Weingärtner 2004).

Diagnostik

  • Bereits in der Notaufnahme ist umgehend zu klären, ob eine vitale Gefährdung des Patienten besteht. Hinweise hierfür sind:
    • rasche Entwicklung einer Dyspnoe
    • Atemfrequenz > 20 / min
    • Sauerstoffsättigung SpO2 < 90 % (Herold 2020)

Die Notwendigkeit eines stationären Aufenthaltes sollte sich an den Kriterien des German Appropriateness Evaluation Protocol (G-AEP) orientieren (Hauswaldt 2017).

Die G-AEP umfasst 6 Kategorien:

- Kategorie A: Schwere der Erkrankung

- Kategorie B: Intensität der Behandlung

- Kategorie C: Operation und Invasive Maßnahmen

- Kategorie D: Komorbiditäten

- Kategorie E: Notwendigkeit intensiver Betreuung

- Kategorie F: Soziale Faktoren (Weid 2011)

 

Anamnestisch sollten erhoben werden:

  • berufliche Anamnese mit eventuellen Hinweisen auf berufsbedingte Lungenerkrankungen
  • Risikofaktoren für eine koronare Herzerkrankung abklären
  • ausführliche Anamnese hinsichtlich des zeitlichen Auftretens einer Dyspnoe:

Nächtliche Dyspnoe:

Eine nächtliche Dyspnoe deutet am ehesten auf eine Herzinsuffizienz oder Asthma hin (Kasper 2015).

 

Akute intermittierende Episoden von Dyspnoe:

Sie finden man am häufigsten bei Patienten mit myokardialer Ischämie, Bronchospasmus oder Lungenembolie (Kasper 2015).

 

Chronisch anhaltende Dyspnoe:

Die chronisch anhaltende Dyspnoe tritt überwiegend bei interstitiellen Lungenerkrankungen oder chronisch thromboembolischen Erkrankungen auf (Kasper 2015).

 

Lageveränderungen:

Wenn eine Dyspnoe in aufrechter Position klagt, die sich bei Rückenlage bessert - eine sog. Platypnoe – kann das auf ein linkes Vorhofmyxom oder ein hepato- pulmonales Syndrom hindeuten (Kasper 2015).

 

Körperliche Untersuchung:

Die körperliche Untersuchung sollte insbesondere umfassen:

  • Anzeichen für eine erhöhte Atemarbeit vorhanden wie z. B. supraklavikuläre Retraktionen, Einsatz akzessorischer Atemmuskeln, Dreibeinhaltung etc.?
  • Messung der Atemfrequenz
  • Pulsus paradoxus?
  • Sprechen in ganzen Sätzen wegen Luftnot nicht möglich?

Falls der Patient nicht in ganzen Sätzen sprechen kann, ohne erneut tief Luft zu holen, deutet das auf eine Beeinträchtigung der Atmung mit reduzierter Vitalkapazität oder auf eine Stimulation des Reglers hin.

  • Anzeichen für eine Anämie vorhanden wie z. B. blasse Bindehäute?
  • Anzeichen für eine Leberzirrhose wie z. B. Gynäkomastie, Spider naevi?
  • Brustkorb symmetrisch?
  • Perkussion des Thorax (Kasper 2015)
  • Auskultation des Thorax:
    • inspiratorischer Stridor bei Laryngospasmus. Trachealstenose, Glottisödem
    • exspiratorischer Stridor bei Asthma bronchiale, COPD (Herold 2020)
    • fehlendes Atemgeräusch einseitig
      • plus hypersonorer Klopfschall bei Pneumothorax
      • plus Dämpfung bei großem Pleuraerguss oder Atelektase (Herold 2020)
    • fehlender Stimmfremitus bei Zwerchfellhochstand und Pleuraerguss 
    • feuchte Rasselgeräusche
      • plus klingende RGs (plus Fieber) bei Pneumonie
      • plus nicht klingende RGs bei Lungenödem und Linksherzinsuffizienz (Herold 2020)
    • Hyperventilation mit Parästhesien verbunden?
    • auskultatorisch unauffälliger Lungenbefund bei Fluid lung = interstitielles Lungenödem (nur im Röntgenbild Thorax stehend erkennbar) oder Lungenembolie möglich (Herold 2020)
  • Thoraxschmerzen bei Lungenembolie, ACS, Pneumothorax (Herold 2020)
  • kardiologische Untersuchung:
    • Hinweise auf einen erhöhten Jugularvenendruck
    • Ödeme
    • Auskultation der Herztöne
  • Abdomenuntersuchung:
    • Einwärtsbewegung bei der Einatmung deutet auf eine Zwerchfellschwäche hin
    • Rundung des Abdomens bei der Ausatmung deutet auf ein Lungenödem hin
  • Gelenkschwellungen oder Gelenkverformungen können auf einen kollagenen Gefäßprozess hindeuten (Kasper 2015)

 

 

Bildgebung

Röntgen Thorax

Bei einer Dyspnoe sollte immer ein Röntgenbild des Thorax erfolgen. 

  • Überblähung:

Eine Überblähung deutet auf eine obstruktive Lungenerkrankung hin.

  • Geringes Lungenvolumen:

Ein geringes Lungenvolumen kann auf eine Fibrose, ein interstitielles Ödem, eine Funktionsstörung des Diaphragmas oder eine eingeschränkte Bewegungsmöglichkeit der Brustwand hindeuten.

  • Lungenparenchym:

Das Lungenparenchym kann Hinweise auf ein Emphysem oder auf eine interstitielle Erkrankung wie z. B. Lungenödem = fluid lung geben.

  • Gefäßsystem:

In den oberen Bereichen der Lunge deutet ein ausgeprägtes pulmonales Gefäßsystem auf eine pulmonal- venöse Hypertonie hin. 

Zentral vergrößerte Lungenarterien können auf eine pulmonal- arterielle Hypertonie hinweisen.

  • Herz:

Eine vergrößerte Herzsilhouette weist auf eine dilatative Kardiomyopathie oder auf eine Klappenerkrankung hin.

  • Pleura:

Beidseitige Pleuraergüsse sind typisch für eine Herzinsuffizienz und einige kollagene Gefäßerkrankungen.

Einseitige Ergüsse können bei einer Lungenembolie, bei einem Karzinom oder bei einer Herzinsuffizienz auftreten.

(Kasper 2015)

 

Thorax- CT

Eine Thorax- CT empfiehlt sich bei einem V. a. eine Lungenembolie oder zur weiteren Beurteilung des Lungenparenchyms bei z. B. interstitiellen Erkrankungen (Kasper 2015). Außerdem lässt sich der Prozentanteil bei emphysemartig veränderter Lunge erkennen (Berliner 2016).

 

12- Kanal- EKG

Hierbei können sich Hinweise ergeben auf eine ventrikuläre Hypertrophie, einen stattgehabten bzw. akuten Myokardinfarkt (Kasper 2015 / Berliner 2016), Rhythmusstörungen, Zeichen einer Rechtsherzbelastung (Steffen 2008).

 

Transthorakale Echokardiographie

Die Echokardiographie ist angezeigt bei Hinweisen auf eine relevante Rechtsherzbelastung (Berliner 2016) wie z. B. bei V. a. eine pulmonale Hypertonie, systolischer Dysfunktion oder Erkrankung der Herzklappen (Kasper 2015).

 

 

Sonstige Untersuchungsmethoden

Spirometrie

Eine Lungenfunktion sollte zur weiteren Diagnostik bei allen Patienten mit Dyspnoe erfolgen (Weingärtner 2004). Bei einer funktionellen Dyspnoe findet sich i. d. R. eine Hypokapnie mit respiratorischer Alkalose mit erniedrigtem pCo2 und Bikarbonat plus erhöhtem pH.

Eine Hypokapnie kann aber auch bei einer organisch bedingten Dyspnoe vorliegen, von daher bedarf es hierbei der weiteren diagnostischen Abklärung (Steffen 2008). 

Cave: Bei einer Hyperkapnie zeigt der Abfall des pH- Wertes < 7,25 eine respiratorische Dekompensation an (Kroegel 2014).

 

Bronchoprovokationstest

Ein Bronchoprovokationstest sollte insbesondere bei Patienten mit V. a. ein Asthma bronchiale erfolgen (Kasper 2015).

 

Broncholysetest

Hiermit lassen sich reversible Atemobstruktionen von irreversiblen unterscheiden (Steffen 2008).

 

Kardio- pulmonaler Belastungstest

Bei Patienten, die sowohl Anzeichen einer Lungen- als auch einer Herzerkrankung aufweisen, sollte ein kardio- pulmonaler Belastungstest durchgeführt werden um festzustellen, welches Organ für die Dyspnoe verantwortlich ist.

Falls bei maximaler Belastung die maximale Ventilation erreicht wird und eine Hypoxämie, ein Bronchospasmus oder ein Anstieg des Totraums auftreten, ist das Atmungssystem am ehesten Ursache der Problematik.

Wenn aber die Herzfrequenz > 85 % des Maximums liegt, der Blutdruck übermäßig ansteigt oder während der Belastung abfällt, die anaerobe Schwelle frühzeitig erreicht wird, der O2- Puls sinkt (das Verhältnis O2 / Herzfrequenz ist ein Indikator für das Schlagvolumen) oder sich im EKG Hinweise auf eine Ischämie zeigen, ist am ehesten eine Erkrankung des kardiovaskulären System die Ursache der Dyspnoe (Kasper 2015).

 

Berechnung des Wells- Score

Der Wells- Score dient zur Abschätzung des Risikos einer Lungenembolie:

  • 1,5 Punkte bei Z. n. Lungenembolie oder tiefer Beinvenenthrombose 
  • 1,5 Punkte bei Herzfrequenz > 100
  • 1,5 Punkte bei Operation oder Immobilisierung in den letzten 4 Wochen
  • 1 Punkt bei Hämoptysen
  • 1 Punkt bei aktiver Krebserkrankung
  • 3 Punkte bei klinischen Zeichen einer tiefen Beinvenenthrombose
  • 3 Punkte bei alternativer Diagnose weniger wahrscheinlich als Lungenembolie

Die Wahrscheinlichkeit auf eine Lungenembolie ist bei 3- stufiger Einteilung: 

– niedrig bei 0 – 1 Punkten

– intermediär bei 2 – 6 Punkten

– hoch bei ≥ 7 Punkten

Die Wahrscheinlichkeit auf eine Lungenembolie bei 2- stufiger Einteilung: 

– unwahrscheinlich bei 0 – 4 Punkten

– wahrscheinlich bei ≥ 5 Punkten (Berliner 2016)

 

 

Labor

  • Bestimmung laborchemischer Parameter auf Entzündungen, Ischämien und metabolische Erkrankungen (Steffen 2008)

außerdem:

  • hirnnatriuretisches Peptid = BNP (Brain natriuretic Peptide)

Dieses sollte bestimmt werden zur Beurteilung einer Herzinsuffizienz oder bei einer rechtsventrikulären Belastung z. B. bei einer Lungenembolie (Berliner 2016). In beiden Fällen ist es erhöht (Kasper 2015).

  • D- Dimere

D- Dimere besitzen zwar einen hohen negativen prädiktiven Wert, eine Erhöhung ist aber unspezifisch und daher nicht als Screeningtest einer Lungenembolie geeignet (Berliner 2016).

  • Troponine

Sollten klinisch Hinweise auf ein akutes Koronarsyndrom bestehen, sind Troponin I und Troponin II zu bestimmen. Auch bei einer akuten Lungenarterienembolie mit relevanter Rechtsherzbelastung können kardiale Troponine erhöht sein (Berliner 2016).

  • Fibrinogen
  • Kreatinin
  • CRP (Berliner 2016)
  • Blutgasanalyse

Erniedrigter pCO2- Wert durch eine Tachypnoe findet sich bei Patienten mit restriktiven / parenchymalen Lungenerkrankungen (Weingärtner 2004) und bei Hyperventilation.

Therapie

Als Erstes sollten Hinweise auf eine vitale Gefährdung des Patienten überprüft werden:

  • rasche Entwicklung der Dyspnoe
  • Atemfrequenz > 20 / min
  • Sauerstoffsättigung SpO2 < 90 % (Herold 2020)

Bei vitaler Gefährdung des Patienten sind umgehend die Vitalparameter wie z. B. Puls, Blutdruck, Sauerstoffsättigung zubestimmen und abhängig davon das weitere Procedere wie intensivmedizinische Überwachung, invasive Beatmung etc. in die Wege zu leiten (Berliner 2016).

In allen anderen Fällen steht die Diagnostik im Vordergrund.

Die Notwendigkeit eines stationären Aufenthaltes sollte sich an den Kriterien des German Appropriateness Evaluation Protocol (G-AEP) orientieren (Hauswaldt 2017).

Näheres s. o. „Diagnostik“.

 

Sauerstoff:

Für Patienten mit fortgeschrittener Herz- oder Lungenerkrankung kann eine Sauerstofftherapie nützlich sein, insbesondere wenn der Patient bereits in Ruhe hypoxisch ist. 

Für Patienten mit COPD empfiehlt sich eine Langzeit- Sauerstofftherapie (LTOT) bei stabiler COPD ab einem Ruhe- PaO2 ≤ 7,3 kPa. 

Zusätzlicher Sauerstoff verringert die Sterblichkeitsrate bei chronisch hypoxischen Patienten. Hinsichtlich des Linderns der Atemnot gibt es aber widersprüchliche Daten (Coccia 2016).

 

Pulmonale Rehabilitation:

Eine pulmonale Rehabilitation ist bei allen Patienten mit chronischem Lungenleiden wesentlicher Bestandteil der Behandlung.

Ziele der Reha sind:

  • Verringerung der Belastungsdyspnoe
  • verbesserte Belastungstoleranz
  • Verringerung der selbst berichteten Dyspnoe bei Belastung 

Die Hauptkomponente ist die körperliche Bewegung, außerdem die Verbesserung der Konditionierung, Desensibilisierung gegenüber der Dyspnoe, Taktung der Aktivitäten, Schulung zur Verbesserung der Inhalationstechnik, Atemtechnik und Einhaltung der Medikamenteneinnahme (Coccia 2016).

In Studien hat sich gezeigt, dass durch Lufthunger eine stärkere affektive Reaktion hervorgerufen wird als durch eine erhöhte Anstrengung bzw. vermehrte Atemarbeit. Durch eine pulmonale Rehabilitation können Atembeschwerden durch eine Veränderung dieser Dimension verringert werden (Kasper 2015).

 

Nichtinvasive Beatmung:

Die nichtinvasive Beatmung kann die Dyspnoe durch Entlastung der Atemmuskulatur lindern, aber es gibt nur wenige Studien mit Dyspnoe als Endpunkt (Coccia 2016).

 

Kalte Luft:

Häufig berichten Patienten darüber, dass es durch Bewegung in kühler Luft zu einer Linderung der Atemnot kommt (Coccia 2016).

 

 

Interne Therapie

Opioide:

Die am meisten untersuchten Medikamente bei Dyspnoe sind Opioide. Kurzfristig lindern sie die Atemnot bei interstitiellen Erkrankungen, fortgeschrittener COPD, Karzinomen und CCF (Carotid- cavernous fistula). 

Studien hinsichtlich der langfristigen Wirksamkeit sind widersprüchlich und begrenzt (Coccia 2016).

Verlauf/Prognose

Eine bei der Aufnahme erhöhte Atemfrequenz bei einer Dyspnoe mit vitaler Gefährdung ist ein Prädiktor für eine schlechte Prognose mit häufigen intensivmedizinischen Aufenthalten und höherer Mortalität (Berliner 2016).

Hinweis(e)

Eine medizinische nicht erklärbare Dyspnoe wird mit einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber einer akuten Hyperkapnie in Verbindung gebracht (Kasper 2015).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Berliner D et al. (2016) Differentialdiagnose bei Luftnot. Dtsch Arztebl Int (113) 834 - 845
  2. Coccia C B I et al. (2016) Dyspnoea: Pathophysiology and a clinical approach.S Afr Med 106 (1) 3236 DOI: 10.7196/SAMJ.2016.v106il.10324
  3. Gerok W et al. (2007) Die innere Medizin: Referenzwerk für den Facharzt. Schattauer Verlag Stuttgart / New York 1508 
  4. Hauswaldt J, Blaschke S (2017) Dyspnoe Der Internist (58) 925 - 936
  5. Hayen A et al. (2013) Understanding dyspnea as a complex individual experience. Maturitas (76) 45 - 50
  6. Herigstad M et al. (2011) Dyspnoea and the brain. Respir. Med. 105 (6) 809 - 817
  7. Herold G et al. (2020) Innere Medizin. Herold Verlag 328 - 329
  8. Kasper D L et al. (2015) Harrison‘s Principles of Internal Medicine. Mc Graw Hill Education 47e – 1 - 47e – 5
  9. Kroegel C et al. (2014) Klinische Pneumologie: Das Referenzwerk für Klinik und Praxis. Georg Thieme Verlag Stuttgart / New York 
  10. Steffen M H et al. (2008) Internistische Differentialdiagnostik: Ausgewählte evidenzbasierte Entscheidungsprozesse und diagnostische Pfade. Schattauer Verlag Stuttgart / New York 179 - 183
  11. Weid S et al. (2011) Möglichkeiten der leistungsorientierten Vergütung von nicht angestellten Ärzten im stationären Sektor: Eine Prozesskostenrechnung am Beispiel von Varizenpatienten. Universitätsverlag der Technischen Universität Berlin 26 
  12. Weingärtner O et al. (2004) Pathophysiologie und Differentialdiagnose der Dyspnoe. Herz (29) 595 - 601 

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