Diuretika

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 15.11.2020

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Synonym(e)

Benzothiazine; Carboanhydrase-Hemmer; Diuretikum,Pflanzliche Diuretika; Osmodiuretika; Schleifendiuretika; Thiaziddiuretika

Definition

Gruppe von Arzneimittel, die durch Hemmung der renalen Rückresorption von v.a. Na+-, Cl- - und HCO3- -Ionen eine erhöhte Ausscheidung dieser Ionen sowie (indirekt) von Wasser bewirken, dadurch das Plasmavolumen senken und Stauungssymptome vermindern.

 

Komplikation(en)

In der Ausschwemmphase von Ödemen langsame Gewichtszunahme anstreben (max. 1kg/Tag). Evtl. begleitende Heparintherapie (Low-dose-Heparin), da das Thromboembolierisiko groß ist! Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) vermindern die Wirkung der Diuretika.

 

Unerwünschte Wirkungen

Diuretika sind im Allgemeinen gut verträglich und haben eine hohe therapeutische Breite. Als mögliche Nebenwirkungen können auftreten:

  • Exsikkose durch zu hohen Wasserverlust
  • Störungen des Elektrolythaushaltes
  • Stoffwechselstörungen
  • Gastrointestinale Störungen  
  • Vermehrte Thromboseneigung
  • Hypotonie
  • unterschiedliche immunologische Fehlreaktionen
  • echte Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber der jeweiligen Wirksubstanz 

Präparate

Je nach Angriffsort und Wirkungsmechanismus lassen sich die Diuretika in verschiedenen Gruppen einteilen:

Schleifendiuretika (z.B. Bumetanid, Furosemid, Piretanid, Torasemid, Etacrynsäure): hemmen reversibel die Wirkung der Natrium-, Kalium- und Chlorid-Symporter (Na+-2Cl-K+-Cotransporters), die in den Nephronen im Thick Ascending Limb (TAL) an der Schnittstelle zwischen Henlescher Schleife mit den Nierenkanälchen (Tubuli) lokalisiert sind.  Furosemid ist auch bei einem Glomerulumfiltrat von <5ml/min diruetisch wirksam. Alle Schleifendiuretika haben eine relativ kurze Wirkungsdauer (< 6h).

Thiaziddiuretika (Benzothiazine: Derivate und Abwandlungen von Hydrochlorothiazid (HCT), Chlortalidon, Xipamid, Indapamid) hemmen reversibel den Na+-Cl- - Cotransport am frühdistalen, luminalen Tubulus. Weiterhin hemmen Thiaziddiuretika die Carboanhydrase und vermindern die glomeruläre Filtrationsrate. Bei der Therapie der arteriellen Hypertonie werden sie meist mit anderen Antihypertonika eingesetzt. Die Ausscheidung von K+-Ionen nimmt zu, die von Ca2+-Ionen hingegen ab. Durch kompensatorische Resorptionssteigerung im distalen kann sich die Wirkung eines Thiaziddiuretikums abschwächen (Diuretikaresistenz).

Kaliumsparende Diuretika

  • Kaliumsparende Diuretika (Diuretika mit Cycloamidinstruktur: Amilorid, Triamteren) verhindern die Natriumresorption am spätdistalen Tubulus und am Sammelrohr. Es kommt zu einer verminderten K+-Sekretion. Die Präparate sind als Monotherapeutika nur schwach wirksam.  Sie werden häufig in Kombination mit Thiaziden eingesetzt ( z.B. Hydrochlorothiazid + Amilorid/Triamteren).
  • Kaliumsparende Diuretika (Diuretika aus der Familie der Aldosteronantagonisten: Spironolacton, Kaliumcanrenoat, Eplerenon) binden kompetitiv am Aldosteronrezeptor und hemmen dadurch die Na+-Rückresorption und die K+-Sekretion. Eplerenon ist ein selektiver Aldosteronantagonist.  Indikationen: Ödeme infolge Hyperaldosteronismus (z.B. bei Leberzirrhose mit Aszites); weiterhin Alternativdiuretikum bei chronischer Herzinsuffizienz. Wirkung kann durch Kombination mit Benzothiadiazinen erhöht werden. 

Carboanhydrase-Hemmer (Acetazolamid) blockieren v.a. an den proximalen Tubuluszellen die Protonensekretion und die Natriumhydrogencarbonat-Rückresorption. Sie haben keine therapeutische Bedeutung als Diuretika. Carboanhydrase-Hemmer finden nur noch in der Augenheilkunde zur Glaukombehandlung Verwendung. 

Vaptane: Mit den Vaptanen steht seit 2005 eine neue Diuretikagruppe zur Verfügung. Die selektiven Vasopressin-Rezeptor-Antagonisten blockieren die Bindung von Arginin-Vasopressin an den V2-Rezeptoren der distalen Teile des Nephrons. Hierdurch wird die Vasopressin-vermittelte Rückresorption von Wasser über Aquaporine unterdrückt, so dass es zu einer erhöhten Diurese kommt. Der erste oral verfügbare Vertreter dieser neuen Wirkstoffgruppe ist Tolvaptan.

Osmodiuretika (z.B. Mannitol 10-20%ige Lösung; Sorbitol). Diuretische Wirkung bei intravenöser Applikation. Die Substanzen binden osmotisch Wasser, werden glomerulär filtriert, aber tubulär nicht rückresorbiert. Osmodiuretika werden intravenös bei drohendem Nierenversagen verwendet.

Pflanzliche Diuretika: Pflanzliche Diuretika haben (neben den chemisch-synthetischen Diuretika) nur eine untergeordnete therapeutische Bedeutung. Es gibt zahlreiche diuretisch wirksame Phytotherapeutika. So wirken folgende Extrakte aus Pflanzen oder deren Bestandteile diuretisch: Acker-Schachtelhalm (Equisetum arvense), Radix levitistici (Liebstöckelwurzel), Dornige Hauhechel (Ononis spinosa), Große Brennnessel (Urtica dioica) und die Kleine Brennnessel (Urtica urens), Gewöhnliche Goldrute (Solidago virgaurea) und die Riesen-Goldrute (Solidago gigantea), Birkenblätter (Betulae folium), Löwenzahn (Taraxacum), Orthosiphonblätter (Orthosiphonis folium). Pflanzliche Diuretika können als Teedrogen verwendet werden. Ein Teil steht Fertigextrakte zur Verfügung (Aufgusspulver, Tabletten oder Tropfen). Die Wirkung dieser diuretisch wirksamen Phytotherapeutika beruht auf dem Gehalt bestimmter Flavonoide und/oder verschiedener ätherischer Öle.

Sonstige Substanzen mit harntreibender Wirkung

  • Quecksilberdiuretika (heute obsolet)
  • Alkohol
  • ACE-Hemmer
  • Xanthine (Coffein, Theobromin und Theophyllin) erhöhen durch Blockade der Adenosinrezeptoren die Nierendurchblutung. Dies führt zu einer vermehrten Bildung von Primärharn. Trotz der diuretischen Wirkung bewirkt Coffein keine dauerhafte Entwässerung, da der Körper entsprechend gegensteuert (Rebound-Effekt).

 

 

Hinweis(e)

Auch eine Apfel-Reis-Diät oder grüner Hafertee können auf diätetischem Wege eine leichte Diurese herbeiführen.

Regelmäßige Kontrolle von Natrium, Kalium, Kreatinin, Harnsäure, Cholesterin, Glukose sind erforderlich.

Patienteninformation(en)

Versch. Diuretika stehen auf der Dopingliste. Der Nachweis des Diuretikums Acetazolamid bei einem Eisschnellläufer aus Japan stellte den ersten Dopingfall bei der Winterolympiade 2018 dar.

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