Bortezomib

Zuletzt aktualisiert am: 12.09.2023

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Definition

Bortezomib ist der erste zugelassene Proteasom-Inhibitor, der als Mono- oder Kombinationstherapie angewendet wird. Bortezomib hemmt reversibl und hoch selektiv die Chymotrypsin-ähnlichen Aktivität der 26S-Proteasome. Proteasome sind intrazelluläre Multiproteasekomplexe, die am Abbau zahlreicher Proteine beteiligt sind. Dieser Mechanismus ist essenziell für den Zyklus und das Überleben der Zellen.

Pharmakodynamik (Wirkung)

Inhibition des NFκB-Signalwegs. Es kommt es zur Downregulation verschiedener NFκB-vermittelter Mechanismen, wie der Zellproliferation, Invasion, Metastasierung und Angiogenese.

Signalwege des programmierten Zelltods

Weiterhin führt die Proteasom-Hemmung zur Aktivierung der c-Jun NH2-terminalen Kinase (JNK), die über verschiedene Caspasen zum programmierten Zelltod führt.

Durch die Proteasom-Inhibitonm wird auch das Tumorsuppressorprotein p53 aktiviert. Dies führt über das proapoptotische NOXA sowie Caspasen zur Apoptose.  NOXA kann zudem unabhängig von p53 induziert werden. Auch weitere proapoptotische Proteine, die im Normalfall durch die Proteasomen reguliert werden, akkumulieren und induzieren den Zelltod.

Die Hemmung der Multiproteasekomplexe führt zu einer gesteigerten Ansammlung defekter Proteine in der Zelle. Proteine werden in der Regel im Endoplasmatischen Retikulum (ER) aufgebaut und dort auch einer Qualitätskontrolle unterzogen. Falsch gefaltete Proteine werden den Proteasomen zugeführt. Eine zu große Proteinmenge führt zu Insuffizienzerscheinungen des Endoplasmatischen Retikulums.  Diese werden bei Proteasom-Hemmung durch die Ansammlung falsch gefalteter Proteine noch zusätzlich verstärkt wird. Es kommt zu einer "UPR/Unfolded Protein Response", die die Proteinsynthese reduziert und bei starkem ER-Stress zugleich auch Apoptose auslösen kann.

 

Pharmakokinetik

Bortezomib wird als Peptid intravenös oder subkutan verabreicht. Nach intravenöser Bolusgabe oder subkutaner Injektion bei Patienten mit Multiplem Myelom konnte eine äquivalente systemische Gesamtexposition nach wiederholter Dosisgabe beobachtet werden. Die maximale Plasmakonzentration war bei subkutaner Applikation geringer als bei intravenöser Gabe.

Die Hemmung der Multiproteasekomplexe führt zu einer gesteigerten Ansammlung defekter Proteine in der Zelle. Proteine werden in der Regel im Endoplasmatischen Retikulum (ER) zusammengebaut und einer Qualitätskontrolle unterzogen, falsch gefaltete Proteine werden den Proteasomen zugeführt. Eine zu große Proteinmenge führt zu Insuffizienzerscheinungen des Endoplasmatischen Retikulums.  Diese werden bei Proteasom-Hemmung durch die Ansammlung falsch gefalteter Proteine noch zusätzlich verstärkt wird. Es kommt zu einer "UPR/Unfolded Protein Response", die die Proteinsynthese reduziert und bei starkem ER-Stress zugleich auch Apoptose auslösen kann.

Anwendungsgebiet/Verwendung

Die Behandlung darf nur unter Aufsicht eines in der Krebstherapie erfahrenen Arztes erfolgen. Bortezomib ist in Form eines Mannitol-Boronsäureesters als Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung oder als fertige Injektionslösung im Handel. Die Applikation erfolgt nach Zubereitung abhängig von der Konzentration der Lösung als subkutane oder intravenöse Injektion.

Indikation

Progressives Multiples Myelom als Monotherapie oder in Kombination mit Doxorubicin oder Dexamethason bei Erwachsenen, die mindestens eine vorangegangene Therapie durchlaufen und sich bereits einer hämatopoetischen Stammzelltransplantation unterzogen haben oder für diese nicht geeignet sind

Bisher unbehandeltes Multiples Myelom in Kombination mit Melphalan und Prednison bei Erwachsenen, die für eine Hochdosis-Chemotherapie mit hämatopoetischer Stammzelltransplantation ungeeignet sind

Induktionsbehandlung bei bisher unbehandeltem Multiplen Myelom in Kombination mit Dexamethason oder Dexamethason und Thalidomid bei Erwachsenen, die für eine Hochdosis-Chemotherapie mit hämatopoetischer Stammzelltransplantation ungeeignet sind

Bisher unbehandeltes Mantelzell-Lymphom in Kombination mit Rituximab, Cyclophosphamid, Doxorubicin und Prednison bei Erwachsenen, die für eine hämatopoetische Stammzelltransplantation ungeeignet sind

Dosierung und Art der Anwendung

Die fertige intravenöse Injektionslösung enthält 1 mg/ml Bortezomib, die subkutane Injektionslösung nach Zubereitung 2,5 mg/ml des Wirkstoffs.

Bortezomib wird je nach Indikationsgebiet und Kombinationspartnern in drei- bis sechswöchigen Behandlungszyklen angewendet. Es wird eine Dosis von 1,3 mg/m2 Körperoberfläche empfohlen. Der Wirkstoff wird in der Regel ein- bis zweimal wöchentlich über zwei Wochen verabreicht, wobei zwischen den Bortezomib-Dosen mindestens 72 Stunden liegen sollten. In der sogenannten Ruhephase der dritten bzw. sechsten Woche erfolgt eine Behandlungspause. Die Anzahl der Behandlungszyklen richtet sich nach der Indikation und dem Ansprechen der Patienten

Unerwünschte Wirkungen

Zu den bei einer Bortezomib-Behandlung am häufigsten auftretenden Nebenwirkungen zählen:

Übelkeit, Erbrechen

Diarrhoe, Obstipation

Müdigkeit, Fieber

Thrombozytopenie, Anämie, Neutropenie, periphere Neuropathie (einschließlich sensorischer Neuropathie)

Kopfschmerz

Parästhesie

Verminderter Appetit

Dyspnoe

Hautausschlag

Herpes zoster

Myalgie

Gelegentlich (≥ 1/1.000 bis < 1/100) kann es unter der Therapie mit Bortezomib zu den folgenden schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen.

Herzversagen

Tumor-Lyse-Syndrom

Pulmonale Hypertonie

Posteriores reversibles Enzephalopathiesyndrom

Akute diffus infiltrative Lungenerkrankungen

Selten (≥ 1/10.000 bis < 1/1.000) autonome Neuropathie

Bei der Kombinationstherapie des Mantelzell-Lymphoms mit Bortezomib und weiteren Wirkstoffen traten folgende zusätzliche Nebenwirkungen auf.

Hepatitis-B-Infektion (< 1%)

Myokardischämie (1,3%)

Erhöhte Inzidenz für hämatologische Nebenwirkungen, periphere sensorische Neuropathie, Hypertonie, Pyrexie, Pneumonie, Stomatitis und Haarwuchsstörungen

Wechselwirkungen

Bortezomib selbst ist ein schwacher Inhibitor der Cytochrom-P40-Enzyme CYP1A2, CYP2C9, CYP2C19, CYP2D6, CYP3A4 und wird über CYP3A4, CYP2C19 sowie CYP1A2 metabolisiert. Daher sind die folgenden Interaktionen zu beachten.

  • CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Ketoconazol, Ritonavir): erhöhte Wirkspiegel von Bortezomib möglich, daher engmaschige Überwachung empfohlen
  • CYP3A4-Induktoren (z.B. Rifampicin, Johanniskraut, Phenytoin): verringerte Wirksamkeit möglich, Anwendung wird nicht empfohlen
  • Diabetiker, die orale Antidiabetika einnehmen, haben unter der Therapie mit Bortezomib ein erhöhtes Risiko für Hypo- und Hyperglykämien. Daher sollten bei diesen Patienten die Blutzuckerwerte engmaschig überwacht und ggf. die Dosierungen der Antidiabetika angepasst werden.

Kontraindikation

Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff

Akute diffus infiltrative pulmonale und perikardiale Erkrankung

Zusätzliche Kontraindikationen der Wirkstoffe bei einer Kombinationstherapie

Schwangerschaft

Das teratogene Potential von Bortezomib wurde noch nicht abschließend untersucht, daher liegen bisher keine klinischen Daten zur Anwendung des Wirkstoffs in der Schwangerschaft vor. In Tierstudien zeigte Bortezomib keine Wirkung auf die embryonale Entwicklung.

Der Wirkstoff darf in der Schwangerschaft nicht angewendet werden, es sei denn eine Behandlung ist aufgrund des klinischen Zustandes der Frau erforderlich.

Zu beachten ist bei einer Kombinationsbehandlung insbesondere die Kontraindikation in der Schwangerschaft von Thalidomid.

Hinweis(e)

Patienten, bei denen Obstipation auftritt, sollten sorgfältig überwacht werden, da gelegentlich ein Ileus auftreten kann.

Blutbild: Während der gesamten Behandlung mit Bortezomib sollte das Differentialblutbild engmaschig kontrolliert werden. Falls klinisch angemessen, soll eine Thrombozytentransfusion in Betracht gezogen werden.

In Verbindung mit der Behandlung mit Bortezomib wurde über gastrointestinale und intrazerebrale Blutungen berichtet. Daher soll die Thrombozytenzahl vor jeder Gabe des Wirkstoffs kontrolliert werden. Wenn die Thrombozytenzahl <25.000/μl oder im Fall der Kombination mit Melphalan und Prednison ≤30.000/μl ist, sollte die Therapie ausgesetzt werden. Der Behandlungsnutzen sollte sorgfältig gegen die Risiken abgewogen werden, besonders in Fällen moderater bis schwerer Thrombozytopenie und Blutungsrisiken.

Bei Patienten mit Mantelzell-Lymphom wurde eine vorübergehende Neutropenie beobachtet, die zwischen den Behandlungszyklen reversibel war und keine Anzeichen einer kumulativen Neutropenie zeigte. Da Patienten mit Neutropenie ein erhöhtes Infektionsrisiko haben, sollen sie auf Anzeichen und Symptome einer Infektion überwacht und gegebenenfalls unverzüglich behandelt werden. Bei hämatologischer Toxizität können Granulozyten-Kolonie stimulierende Faktoren gemäß dem lokalen Standard angewendet werden. Im Falle wiederholter Verzögerungen bei der Anwendung der Zyklen soll eine prophylaktische Anwendung von Granulozyten-Kolonie stimulierenden Faktoren in Betracht gezogen werden.

Neuropathie-Symptome: Bei Patienten, die Bortezomib in Kombination mit Arzneimitteln erhalten, die bekanntermaßen mit Neuropathien verbunden sind (z. B. Thalidomid), sollte eine frühe und regelmäßige Überwachung von Symptomen einer behandlungsbedingten Neuropathie (Gefühl von Brennen, Hyperästhesie, Hypoästhesie, Parästhesie, Unwohlsein, neuropathischer Schmerz oder Schwäche) mit neurologischer Untersuchung in Betracht gezogen werden.  Patienten mit neu auftretender oder sich verschlechternder peripherer Neuropathie benötigen möglicherweise eine Anpassung der Dosis oder Änderung des Anwendungsschemas oder Umstellung auf die subkutane Anwendung.

Literatur
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  1. Bortezomib: Gelbe Liste. Entnommen am 12.09.2023 unter: https://www.gelbe-liste.de/wirkstoffe/Bortezomib_48310
  2. Tan CRC et al. (2019) Clinical Pharmacokinetics and Pharmacodynamics of Bortezomib. Clin Pharmacokinet 58:157-168.
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