Aszites R18

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Co-Autor: Alexander Hentzschel

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Zuletzt aktualisiert am: 15.11.2018

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Synonym(e)

Bauchwassersucht; Hydraskos; Wasserbauch

Definition

Übermäßige Ansammlung von seröser Flüssigkeit in der freien Bauchhöhle. Aszites ist stets ein Hinweis auf eine fortgeschrittene Erkrankung und erfordert daher eine diagnostische Abklärung. Neben der Anamnese und der körperlichen Untersuchung gehören Laboruntersuchungen der Leberwerte, Nierenfunktion sowie der Serum- und Urinelektrolyte zur Primärdiagnostik. Anschließend folgt die gezielte ätiologisch ausgerichtete Diagnostik entsprechend der Wahrscheinlichkeit einer speziellen Organerkrankung.

 

Ätiopathogenese

Die Pathophysiologie der Aszitesbildung ist bisher nicht komplett verstanden (John S et al. 2015). Allen Ursachen gemeinsam ist der Übertritt von Flüssigkeit aus den Blutgefäßen in den Peritonealraum. Häufigste Ursache mit rund 80 % ist die Leberzirrhose, die durch eine Erhöhung des Druckes im Pfortaderkreislauf zu einem Flüssigkeitsaustritt aus den Blutgefäßen führt. Aszites kann auch bei einer (Rechts-)Herzinsuffizienz oder einer Pericarditis constrictiva auftreten, ebenso bei  Tumore der Leber oder Metastasen in den Bauchraum. Bei Perforationen von Hohlorganen führt eine sekundäre Peritonitis zur Aszitesbildung. Ebenso kann eine akute oder chronische Pankreatitis, Fistelbildungen des Gallen- oder Pankreassystems oder ein Albuminmangel zur Aszitesbildung führen. Eine gesteigerte Natriumrückresorption durch Aktivierung des RAAS (Renin-Alosteron-Angiotensin-System) mit Freisetzung von ADH und Katecholaminen ist eine Antwort auf ein vermindertes Blutvolumen.

Klinisches Bild

Sichtbare Schwellung (ausladende Flanken beim liegenden Patienten, im Gegensatz zum nach obenstehenden Bauch bei Adipositas). Der Nabel ist verstrichen oder nach außen gewölbt. Die untere klinische Nachweisgrenze des Aszites liegt bei etwa 1000-1500ml.

Perkussion: Flankendämpfung, die sich bei Lagerungswechsel ändern lässt.

Ballottement (Undulationsphänomen): Bei seitlichem Anstoßen des Bauches bildet sich eine Welle, die (ab etwa zwei Litern Aszitesflüssigkeit) auf der anderen Seite ertastet werden kann.

Sonografie: Untere Nachweisgrenze etwa 50ml. Geringe Flüssigkeitsmengen lassen sich dabei am ehesten am Unterrand der Leber oder knapp oberhalb der Harnblase nachweisen. Der Raum zwischen Leber und Niere (Morison-Grube oder Recessus hepatorenalis) ist im Liegen der tiefste Punkt des Oberbauches.

Labor

Die Aszitesflüssigkeit wird auf Zellzahl und Keime untersucht. An Hand des Eiweißgehaltes unterscheidet man Transsudate (Eiweißgehalt <30g/l) von Exsudaten (Eiweißgehalte > 30g/l). Exsudate sprechen für maligne Tumoren, Infektionen, Kollagenosen oder für einen pankreatogenen Aszites.

SAAG : Albumingehalt des Aszites in Relation zum Albumingehalts des Bluts (Serum-Aszites-Albumin-Gradient = SAAG). Der SAAG  kann einen Hinweis auf die Ursache geben. SAAG > 1,1 g/dl: portalen Hypertension wahrscheinlich.

SAAG > 2,5 g/dl: Aszitesbildung im Rahmen einer Herzinsuffizienz oder eines frühen Budd-Chiari-Syndroms.

SAAG < 1,1 g/dl portale Hypertension weniger wahrscheinlich; spricht für Pankreatitis, Peritonealkarzinose, eines Gallelecks, Tuberkulose oder ein nephrotisches Syndrom.

Diagnose

Klinik und klinische Untersuchung

  • Computertomografie
  • Sonographie
  • Analyse des Aszites nach Punktion des Peritonealraums.
  • Milchiger Aszites weist auf eine Verletzung oder Störung des Lymphabflusses (zum Beispiel durch ein Trauma) hin, kann aber auch bei anderen Erkrankungen vorkommen.
  • Dunkelbrauner Aszites enthält meist einen hohen Anteil an Bilirubin.
  • Schwarzer Aszites bildet sich bei Nekrosen des Pankreas; seltener durch diffuse Metastasierun bei malignem Melanom.
  • Bersteinfarbener Aszites weist auf Rechtsherzversagen oder nephrotisches Syndrom hin.
  • Eitriger Aszites findet sich bei eitriger Peritonitis.
  • Trüber oder hämorrhagischer Aszites findet sich bei eitriger oder auch tuberkulöser Peritonitis.
  • Muzinöser oder schleimiger Aszites (Gallertbauch) findet sich v.a. beim Pseudomyxoma peritonei ausgehend von dem Appendix (Mukozele) oder von Ovarialzysten.

Differentialdiagnose

Wesentlich für die Differenzialdiagnostik des Aszites ist die diagnostische Parazentese. Sie muss insbesondere die Fragen klären, ob es sich um einen malignen oder infizierten Aszites handelt.

 

Komplikation(en)

Bei jeder Verschlechterung des Allgemeinzustands bei Leberzirrhotikern mit Aszites oder bei Verschlechterung der Leberfunktionsparameter (wie Bilirubin, INR, Albumin) sowie anderer laborchemischer Parameter wie Kreatinin, Harnstoff sollte eine diagnostische Aszitespunktion zum Ausschluss einer spontan bakteriellen Peritonitis (SBP) erfolgen.

 

Therapie

Diät:  Patienten mit Leberzirrhose und Aszites sollen eine ausreichend eiweißhaltige Ernährung (empfohlene Eiweißzufuhr: 1,2–1,5g× kg–1×Tag–1) mit ausreichendem Energiegehalt (Nichteiweißenergie 25kcal×kg–1×Tag–1) erhalten. Alle Patienten sollen aufgeklärt werden, dass eine zusätzliche Salzzufuhr zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes führen kann.

Kontrolle der Therapie durch tägliche Gewichtskontrolle. Optimaler Gewichtsverlust 0,5-0,6kg/Tag. Schneller lässt sich der Gewichtsverlust nicht realisieren.

Diuretika: werden i.A. nur dann eingesetzt, wenn strenge Natriumrestriktion nicht anspricht. Spironolacton (100-300mg/Tag) in 2 oder 3 ED ist i.A. wirksam. Falls nicht ausreichend wirksam zusätzliche Applikation eines Schleifendiuretikums (Hydrochlorothiazid 50-100mg/Tag p.o.), Xipamid (10-40mg/Tag p.o.) oder Furosemid (40-160mg/Tag p.o.). Flüssigkeitseinschränkungen meist nicht notwendig.   

Alternativer Therapieansatz ist die therapeutische Punktion. Die Entnahme von 4-6l Aszites ist gefahrlos möglich, vorausgesetzt es wird gleichzeitig eine salzarme Albuminlösung (etwa 40g i.v./Punktionstermin) infundiert (Wong F 2012). Es erscheint jedoch als ob nach Punktion des Aszites dieser sich schneller wieder aufbaut als bei konservativer Therapie.   

TIPS: TIPS (Transjugulärer intrahepatischer portosystemischer Shunt), also einer Verbindung zwischen der Pfortader und der unteren Vena cava ist eine Alternative bei portaler Hypertension und therapieresistentem Aszites.

Eine weitere Therapieoption stellt bei Leberzirrhose die Transplantation dar.

Parazentesen: maligner Aszites wird häufig mit wiederholten Parazentesen behandelt. Zudem kommen Shunts und Chemotherapien zum Einsatz, die teilweise direkt in den Peritonealraum (intraperitoneal) verabreicht werden, ebenso wie der speziell für die Therapie des Malignen Aszites zugelassene Antikörper Catumaxomab.

PleurX drain: eine Alternative zur therapeutischen Punktion stellt der  „PleurX drain“ dar,  ein im Unterhautfettgewebe getunnelter Katheter. Der Patient, seine Angehörigen oder der Pflegedienst können hiermit ambulant und eigenständig den Aszites drainieren (Tapping CR et al. 2012).

Hinweis(e)

Bei Gesunden enthält der Peritonealraum etwa 50 bis 70 ml Flüssigkeit. Kleinere Aszitesmengen sind meist symptomlos. Erst größere Volumina machen sich als überwiegend schmerzlose Schwellung des Bauches bemerkbar.

Literatur
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  1. Gerbes Al et al. (2011) S3-Leitlinie „Aszites, spontan bakterielle Peritonitis, hepatorenales Syndrom“. Z Gastroenterol 49:749–779
  2. Geraint B et al. (2013) Ascitic Microbiota Composition Is Correlated with Clinical Severity in Cirrhosis with Portal Hypertension. PLoS ONE 8: e74884
  3. John S et al. (2015) Hyponatremia in cirrhosis: pathophysiology and management. World J Gastroenterol 21:3197-3205.https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25805925
  4. Kimer N et al. (2015)  Beta-blockers in cirrhosis and refractory ascites: a retrospective cohort study and review of the literature. Scand J Gastroenterol 50:129-137. 
  5. Matthew P et al. (2013) Tunneled Peritoneal Drainage Catheter Placement for Refractory Ascites: Single-center Experience in 188 Patients. Journal of Vascular and Interventional Radiology 24: 1303–1308
  6. John S et al. (2015) Hyponatremia in cirrhosis: pathophysiology and management. World J Gastroenterol 21:3197-3205.
  7. Tapping CR et al. (2012) PleurX drain use in the management of malignant ascites: safety, complications, long-term patency and factors predictive of success. The British Journal of Radiology 85: 623–628 
  8. Wong F (2012) Management of ascites in cirrhosis. J Gastroenterol Hepatol 27:11-20. 

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Hämatemesis;

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