Varize I83.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 19.01.2018

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Synonym(e)

Krampfader

Definition

Krankhafte, anlagebedingte oder erworbene, kurz- oder langstreckige, spindel-, zylinder- oder sackförmig erweiterte, epifasziale Venenabschnitte mit Tendenz zur Schlängelung, wobei mehrere Windungen regelrechte Varizenknäuel und -konvolute bilden können. S.a. Varikose.

Einteilung

  • Je nach Lokalisation, Etage und Kaliber der betroffenen Venen unterscheidet man:
    • Stammvarizen: Vena saphena magna und parva (komplett und inkomplett)
    • Seitenastvarizen (z.B. Arkaden- und Bogenvenen)
    • Perforansvarizen
    • Pudendale Varizen
    • Retikuläre Varizen: Intrakutane Netzvenen
    • Besenreiservarizen
    • Teleangiektasien.
  • Stadieneinteilung der Stammvarikosis der V. saphena magna (nach Hach):
    • Stadium I: Insuffizienz der Krosse in der Leiste.
    • Stadium II: Insuffizienz von der Krosse ausgehend bis handbreit über dem Kniegelenk.
    • Stadium III: Insuffizienz von der Krosse ausgehend bis unterhalb des Knies.
    • Stadium IV: Insuffizienz von der Krosse ausgehend bis zum medialen Knöchel.
  • Die Stadieneinteilung der Stammvarikosis der V. saphena parva erfolgt ebenfalls nach Hach:
    • Stadium I: Insuffizienz der Krosse in der Kniekehle.
    • Stadium II: Insuffizienz von der Krosse ausgehend bis handbreit über dem Kniegelenk.
    • Stadium III: Insuffizienz von der Krosse ausgehend bis Mitte Unterschenkel.
    • Stadium IV: Insuffizienz von der Krosse ausgehend bis zum lateralen Knöchel.
Venenklassifizierung nach Weiss
Typ Durchmesser (mm) Farbe Lokalisation
Typ I Teleangiektasien 0,1-1 rot intrakutan
Typ Ia Matting < 0,2 hellrot, flächig
Typ II Venektasien 1-2 violett
Typ III Retikuläre Varizen 2-4 blau
Typ IV Seitenastvarizen 3-8 blau-grün subkutan
Typ V Stammvarizen > 8 blau-grün

Vorkommen/Epidemiologie

Varizen gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern in der mitteleuropäischen Bevölkerung. Etwa 70% der deutschen Bevölkerung weisen pathologische Veränderungen des peripheren Venensystems auf, wobei Frauen deutlich häufiger als Männer betroffen sind. Insgesamt sind ca. 12 Millionen Patienten von einer Varikosis betroffen, wobei ca. 20% an einer Stammvarikose, 50% an einer Astvarikosis, zwei Drittel an retikulären und ein Drittel an Besenreisern leiden. Insgesamt bestehen bei 5% der Fälle behandlungsbedürftige Formen.

Ätiopathogenese

Nicht in allen Einzelheiten geklärt. Meist bestehen anlagebedingte, degenerative Veränderungen der Venenwand, vor allem der Tunica media und des kollagenen Fasergerüsts. Prädisponierende Faktoren sind u.a. Alter, stehende Tätigkeit, Übergewicht, chronische Obstipation, regelmäßiger Alkoholgenuss, Schwangerschaft und Mehrfachgeburten, Bewegungsarmut.

Lokalisation

V.a. im Bereich der Beine lokalisiert, im Verlauf der Vena saphena magna und parva.

Klinisches Bild

Schweregefühl im Bein (Besserung durch Gehen oder Laufen), müde Beine, Schmerzen im Bereich der Varizen (besonders im Stehen), prämenstruelle Schmerzen im Bereich der Varizen (auch über retikulären Varizen und Besenreiservarizen), Knöchelschwellungen und abendliche Knöchelödeme, Beschwerdezunahme bei Wärme, Besserung durch Beinhochlagerung, nächtliche Fuß- und Wadenkrämpfe.

Diagnose

Apparative Diagnostik mit Ultraschalldoppler-/Farbduplexsonographiegeräten und CW-Dopplerduplexsonographiegeräten. Phlebographie nur bei Problemfällen. Photoplethysmographie eignet sich zur Verlaufsbeurteilung.

Differentialdiagnose

Im allgemeinen typisches und damit unverwechselbares klinisches Bild.

Komplikation(en)

Therapie

Je nach Venenbeteiligung und Schweregrad (Stammvenen, Seitenäste) sind Kompressionstherapie, Sklerosierung, Schaumsklerosierung oder Operation ( Krossektomie, Babcock Stripping der V. saphena magna, Kryostripping), endoluminale Lasertherapie oder Radiowellentherapie (VNUS Closure) indiziert.

Therapie allgemein

Als Allgemeinmaßnahmen werden eine Gewichtsnormalisierung und regelmäßige körperliche Aktivität empfohlen. Weiterhin sollte bei vorwiegend sitzender oder stehender Tätigkeit für eine ausreichend häufige Unterbrechung dieser Körperhaltung gesorgt werden. Hydrotherapeutische Maßnahmen führen häufig zur Besserung der Beschwerden. Vielfach ist ein medizinischer Kompressionsstrumpf unverzichtbar. Diuretika können zur Beginn der Behandlung eines ausgeprägten Ödems eingesetzt werden.

Externe Therapie

S.u. Kompressionstherapie und Kompressionsverband, phlebologischer. Die konsequente Kompressionstherapie kommt als Alternative bzw. Ergänzung zu Sklerosierung und Operation, als Begleitmaßnahme unmittelbar nach Sklerosierung und Operation und als Bedarfstherapie der Varikosis wie Phlebitis und Varizenruptur zur Anwendung. Verwendet werden Kurzzugbinden, Dauerkompressionsverbände oder der medizinische Kompressionsstrumpf. Unterstützend können die Beine hochgelagert und ggf. Lymphdrainage und apparative intermittierende Kompressionstherapie (s.a.u. AIK) durchgeführt werden.

Operative Therapie

Die Vorgehensweisen bestehen in der Krossektomie (Absetzen der Stammvenen an der Einmündung in das tiefe Venensystem), Stammvenenresektion, Exhairese von Seitenästen und Perforantendissektion. Als Kontraindikationen gelten akute tiefe Bein- und Beckenvenenthrombosen, hämodynamisch relevante Kollateralfunktionen von Venen, suffiziente Venensegmente für Bypassmaterial, schwere Allgemeinerkrankungen, Bettlägerigkeit, Störungen der Hämostase und Lymphödem angegeben. Die Rezidivquoten nach venenchirurgischen Maßnahmen liegen bei bis zu 40%.

Verlauf/Prognose

Primäre Varikose und sekundäre Varikose sowie Entwicklung einer chronisch venösen Insuffizienz können auftreten.

Literatur
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