Sturge-Weber-Krabbe-Syndrom Q85.8

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 24.03.2023

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Synonym(e)

Angiomatosis encephalo-cutanea; Angiomatosis encephalo-oculo-cutanea; Angiomatosis encephalotrigeminalis; Angiomatosis enzephalotrigeminale; Angiomatosis oculo-cutanea; Angiom kutaneo-zerebrales; Brushfield-Wyatt-Syndrom; ektoneurodermales Hamartom (Wohlwill); Encephalo-cutane Angiomatose; Encephalo-oculo-cutane Angiomatose; enzephalotrigeminale Angiomatosis; fourth phacomatosis; Hamartom ektoneurodermales; Hirn-Trigeminus-Angiomatose-Syndrom; Kalischer-Syndrom; Krabbe-Syndrom; Krabbe-Syndrom III; kraniofaziale Angiomatose mit zerebraler Verkalkung; kutaneo-zerebrales Angiom; Neuroangiomatosis encephalofacialis; Sturge-Krankheit; Sturge-Weber-Dimitri-Syndrom; Weber-Dimitri-Syndrom

Erstbeschreiber

Luschka, 1854; Sturge, 1879; Weber, 1922; Krabbe, 1934

Definition

Das Sturge-Weber-Krabbe-Syndrom, auch bekannt als enzephalofaziale Angiomatose, ist eine kongenitale, neurokutane Störung (s.a. Neurokutane Syndrome), die als sporadische angeborene Erkrankung auftritt; sie ist durch einen Feuermalfleck gekennzeichnet, der die Haut in der Verteilung des ophthalmischen Astes des Nervus trigeminus betrifft und mit venös-kapillären Anomalien der Leptomeningen und des Auges einhergeht.

Folgende Trias kennzeichnet das Syndrom:

  • kapilläre Malformation (Naevus flammeus) im Bereich des N. ophthalmicus (Nervus V1)
  • vaskuläre Malformation der Uvea (Glaukomentwicklung mit Gefahr der Blindheit)
  • verkalkende Hämangiome der Leptomeninx mit pathologischen Veränderungen der darunterliegenden Hirnrinde (neurologische Symptomatik - Krampfleiden).

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: ca. 1-2/100.000 Einwohner.

Ein Kind, das mit einem Feuermal im Gesicht geboren wird, hat eine Wahrscheinlichkeit von etwa 6 %, das Sturge-Weber-Syndrom zu haben (Piram M et al. 2012). Dieses Risiko steigt auf 26 %, wenn sich das Feuermal in der Verteilung des ophthalmischen Astes des N. trigeminus befindet (Ch’ng S et al. 2008). Portweinflecken haben in der Regel eine zugrundeliegende Weichteil- und Knochengewebsüberwucherung, die leicht oder massiv sein kann (Greene AK et al. 2009).

Die somatischen Substitutionen in GNAQ, die p.Gln209Leu und p.Arg183Gln kodieren, werden auch bei Patienten mit Aderhautmelanom gefunden (Shirley MD et al. 2013). Für das häufigere p.Gln209Leu wurde gezeigt, dass es den Mitogen-aktivierten Proteinkinase (MAPK)-Signalweg überaktiviert (Van Raamsdonk CD et al. 2009). Die Mutationen führen jedoch zu unterschiedlichen Aktivitäten auf nachgeschaltete Signalwege.

Ätiopathogenese

Das Sturge-Weber-Syndrom (sowie auch scheinbar nicht-syndromale Portweinflecken werden durch eine somatische aktivierende Mutation in GNAQ-Gen verursacht. Beim Sturge-Weber-Krabbe-Syndrom können bei nahezu 90% der Erkrankten eine nicht-synonyme Einzelnukleotid-Variante -c.548G→A, p.Arg183Gln- (nicht-synonyme Einzelnukleotid-Polymorphismen sind SNPs, die zu einem Aminosäurewechsel an dem betreffenden Codon führen) in GNAQ in Proben von betroffenem Gewebe (auch in läsionalen Gehirnproben) nachgewiesen werden (Shirley MD et al. 2013). Auch bei nicht-syndromalen Portweinflecken können diese Einzelnukleotid-Polymorphismen im GNAQ-Gen nachgewiesen werden.

Klinisches Bild

Kapilläre Malformation (Naevus flammeus, auch als Portwein-Flecken bezeichnet) einer Gesichtshälfte, häufig nur im Ausbreitungsgebiet des 1. Trigeminusastes. Seltener sind die gesamte Kopfhälfte sowie die Mundschleimhaut (mit Gingivahyperplasie) betroffen.

Entwicklung eines Glaukoms meist im frühen Kindesalter. Multiple neurologische Symptome sind möglich: Spastische Hemiparese, fokale epileptische Anfälle, homonyme Hemianopsie, Migräne.

Volle Ausprägung des Syndroms ist nur in etwa 50% der Fälle vorhanden. Bei fehlender Augenbeteiligung spricht man auch von einer Angiomatosis encephalo-cutanea, bei fehlender ZNS-Beteiligung von einer Angiomatosis oculo-cutanea.

Diagnose

Neurologische und ophthalmologische Untersuchung (insbesondere Messung des Augeninnendrucks), Röntgenbild des Schädels (charakteristische, doppelt konturierte, geschlängelte Verkalkungen), Computertomogramm und evtl. Kernspintomogramm des Schädels.

Therapie

Behandlung der Hautveränderungen mit dem Laser (Argon-, gepulster Farbstoff-Laser).

Die klinische Effizienz von Latanoprost auf das Glaukom, das mit der vaskulären Malformation assoziiert ist, ist als unbefriedigend zu bezeichnen (Altuna JC et al.1999).

Verlauf/Prognose

Im Alter Bildung von Gefäßknötchen im Bereich des Naevus flammeus.

Literatur
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  1. Altuna JC et al. (1999) Latanoprost in glaucoma associated with Sturge-Weber syndrome: benefits and side-effects. J Glaucoma 8:199-203.
  2. Carrasco L et al. (2003) Acral arteriovenous tumor developed within a nevus flammeus in a patient with Sturge-Weber syndrome. Am J Dermatopathol 25: 341-345
  3. Ch’ng S et al. (2008) Facial port-wine stains — clinical stratification and risks of neuro-ocular involvement. J Plast Reconstr Aesthet Surg 61:889–893.
  4. Comi AM (2003) Pathophysiology of Sturge-Weber syndrome. J Child Neurol 18: 509-516
  5. Dimitri V (1923) Tumor cerebral congénito (angioma cavernosum). Rev Ass Med Argent 36: 63
  6. Enjolras O, Riche MC, Merland JJ (1985) Facial port-wine stains and Sturge-Weber syndrome. Pediatrics 76: 48-51
  7. Fritsch G, Sacher M, Nissen Th (1986) Klinik und Verlauf des Sturge-Weber-Syndroms im Kindesalter. Monatsschr Kinderheilk 134: 242-245
  8. Greene AK et al. (2009) Sturge-Weber syndrome: soft-tissue and skeletal overgrowth. J Craniofac Surg 20 (Suppl 1):617–621.Piram M et al. (2012) Sturge-Weber syndrome in patients with facial port-wine stain. Pediatr Dermatol 29:32–37.
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  11. Krabbe KH (1934) Facial and meningeal angiomatosis associated with calcification of the brain cortex. A clinical and an anatomopathologic contribution. Arch Neurol Psych (Chicago) 32: 737-755
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  13. Piram M et al. (2012) Sturge-Weber syndrome in patients with facial port-wine stain. Pediatr Dermatol 29:32–37.
  14. Schirmer R (1860) Ein Fall von Telangiektasia. Graefes Arch Ophtalmol 7: 119-121
  15. Shirley MD et al. (2013)Sturge–Weber Syndrome and Port-Wine Stains Caused by Somatic Mutation in GNAQ. N Engl J Med 368: 1971–1979.
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  18. Van Raamsdonk CD et al. (2009) Frequent somatic mutations of GNAQ in uveal melanoma and blue naevi. Nature 457:599–602.
  19. Weber FP (1922) Right-sided hemi-hypertrophy resulting from right-sided congenital spastic hemiplegia, with a morbid condition of the left side of the brain, revealed by radiograms. J Neurol Psychopath (London) 37: 301-311

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