Kompressionsstrumpf medizinischer

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Prof. Dr. Stefanie Reich-Schupke

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Zuletzt aktualisiert am: 06.10.2019

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Synonym(e)

aber nicht korrekt ist die Bezeichung: Stützstrumpf; Gummistrümpfe; MKS; MKS oftmals synonym gebraucht

Definition

Nach RAL-Norm gefertigter medizinischer Strumpf, der in verschiedenen Druckklassen (Kompressionsklassen I-IV s. Tabelle) und Ausführungen erhältlich ist. Die Kompressionsklassen sind definiert entsprechend dem Ruheanpressdruck im Fesselbereich. 

Merkmale: 

  • höchster Druck im Knöchelbereich
  • abnehmender Druck von distal nach proximal
  • Fertigung als Rund- oder Flachstrickmaterial 
  • verschiedene Ausführungen als Maß- oder Serienanfertigung

S.u. Kompressionstherapie.

 

Allgemeine Definition

Gebräuchliche Ausführungen:

  • Kniestrumpf AD
  • Schenkelstrumpf AG
  • Strumpfhose AT

 

Vergleich des Anpressdrucks im Fesselbereich bei Kompressionstrümpfen in versch. Ländern (mmHG). Es existiert bisher keine international einheitliche Norm zur Defintion der verschiedenen Kompressionsklassen. Druckwerte angegeben in mmHg

Land KKL I KKL II KKL III KKL IV
Deutschland 18-21 23-32 34-46  >49
UK 14-17 18-24 25-35     -
Frankreich 10-15 15-20 20-36 >36
USA 15-20 20-30 30-40     -

 

Wirkungen

Folgende Wirkungen konnten in prospektiven, randomisierten und kontrollierten Studein gezeigt werden.

  • Reduzierung des Venenquerschnitts
  • Beschleunigung des venösen und lymphatischen Rückstroms
  • Verbesserung der Venenklappenfunktion
  • Reduktion und Prävention des Extremitätenödems.

Für den Kompressionstrumpf der Klasse I (KKL I) gilt: Im Vergleich zu einem Placebostrumpf mit 3-6mm HG  zeigte ein 10-15mmHG-Strumpf Klasse I signifikante Verbesserung venöser Beschwerden v.a. auch der venösen Ödeme. Die Evidenz zum Nutzen der Kompressionsstrümpfe führte bereits 2005  zu einer Aufnahme der Kompressionsstrümpfe der Klasse I  in das Hilfsmittelverzeichnis, sodass auch der KKL I  zu Lasten der Krankenkassen rezeptiert werden kann.

 

Indikation

  • Varikose:
    • Varikose primär und sekundär
    • Varizen in der Schwangerschaft
    • Unterstützung der Sklerosierungstherapie
    • nach venenchirurgischen Eingriffen.
  • Thromboembolie:
    • Thrombophlebitis (superfiziell) sowie Zustand nach abgeheilter Phlebitis
    • tiefe Beinvenenthrombose
    • Zustand nach Thrombose
    • postthrombotisches Syndrom
    • Thromboseprophylaxe bei mobilen Patienten.
  • Chronische Veneninsuffizienz (CVI):
    • CVI der Stadien I bis III nach Widmer bzw. C1S-C6 nach CEAP
    • Ulkusprävention und Ulkustherapie
    • Leitveneninsuffizienz
    • Angiodysplasie.
  • Ödeme:
    • Lymphödeme
    • Ödeme in der Schwangerschaft
    • posttraumatische Ödeme
    • postoperative Ödeme
    • zyklisch idiopathische Ödeme
    • Lipödeme ab Stadium II
    • Stauungszustände infolge Immobilitäten (arthrogenes Stauungssyndrom, Paresen und Teilparesen der Extremität).
  • Andere Indikationen:
    • Zustand nach Verbrennungen
    • Narbenbehandlung.

Kontraindikation

Absolute Kontraindikationen: Fortgeschrittene AVK, dekompensierte Herzinsuffizienz, septische Phlebitits, Phlegmasia coerulea dolens.

Relative Kontraindikationen: nässende Dermatosen, Unverträglichkeiten bzw. Allergien auf das Material (sehr selten!!!!), periphere Polyneuropathien, rheumatoide Arthritis.

Merke! Nicht passende Kompressionsstrümpfe können Hautnekrosen und nervale Druckschäden verursachen!

Hinweis(e)

  • Merke! Man unterscheidet bei der Kompressionstherapie eine Entstauungsphase von einer Erhaltungsphase. Kompressionsverbände sind eher für die Entstauungsphase, Kompressionsstrümpfe eher für die Erhaltungsphase geeignet.

  • Für die Versorgung von Menschen mit einem Ulcus cruris existieren spezielle Ulkuskompressionsstrümpfe 
  • Mehrheitlich ist eine Serienversorgung mgl., bei besonderer Körperform oder bei hohen Kompressionsklassen ist eine Anfertigung nach Maß erforderlich. Dies muss auf dem Rezept vermerkt werden.
  • Alle Kompressionsstrümpfe werden nach vorherigem Maßnahmen angepasst (- auch die Serienstrümpfe!!!). Die Messungen erfolgen am stehenden Patienten im möglichst ödemfreien Zustand (morgens!). 
  • Ist der Patient körperlich nicht in der Lage, einen Kompressionstrumpf hoher Klasse anzuziehen, so können auch zwei Kompressionsstrümpfe niedriger Klasse übereinander gezogen werden. Hier addieren sich dann nicht nur die Ruhedrucke, es steigt durch die Addition der Materialien auch die Rigidität der resultierenden Kompression und damit auch der Arbeitsdruck.
  • Ist der Patient nicht in der Lage die medizinischen Kompressionsstrümpfe an- oder auszuziehen, so kann dies auch ärztlich verordnet und durch einen Pflegedienst durchgeführt werden. Seit 12/2017  kann diese Verordnung für alle Klassen der MKS erfolgen.  

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Junger M, Sippel K (2003) Kompressionstherapie bei chronisch venöser Insuffizienz. Hautarzt 54: 1045-1052
  2. Stücker M et al. (2016) Evidenz der Kompressionstherapie unter besonderer Berücksichtigung der Kompressionsstrümpfe der Kompressionsklasse I. Vasomed 28: 20-21
  3. Travers JP, Makin GS (1994) Reduction of varicose veins recurrence by use of postoperative compression stockings. Phlebology 9: 104-107
  4. Wienert V et al. (2006) Leitlinien zum medizinischen Kompressionsstrumpf (MKS). http://leitlinien.net
  5. https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen/726/

Tabellen

Druckklassen von Kompressionsstrümpfen und Indikationsvorschläge. Es gibt keine verbindliche Zuordnung von Kompressionsklassen und Indikationen. Die Verordnung unterliegt der ärztlichen Therapiefreiheit. 

Kompressionsklassen

Wirkung

Andruck in Fersengegend [mm Hg]

Andruck in Fersengegend [kPA]

Indikationen

Klasse I

Leichte Kompression

18-21 mm Hg

2,4-2,8

Schwere- und Müdigkeitsgefühl in den Beinen bei geringer Varikosis ohne wesentliche Ödemneigung

Schwangerschaftsvarikose

Klasse II

Mittelkräftige Kompression

23-32 mm Hg

3,1-4,3

stärkere Beschwerden

ausgeprägte Varikosis

Ödemneigung

posttraumatische Schwellungszustände

nach oberflächlichen Thrombophlebitiden

nach Verödung und Varizenoperationen zur Fixierung des Behandlungserfolges

bei stärkerer Schwangerschaftsvarikose

Klasse III (oder 2 Strümpfe der Klasse II)

Kräftige Kompression

34-46 mm Hg

4,5-6,1

postthrombotischer Folgezustand

schwerste chronische venöse Insuffizienz

schwere Ödemneigung

nach Abheilung schwerer und rezidivierter Ulzera

schweres Lymphödem

Klasse IV

Extra kräftige Kompression

> 49 mm Hg

6,5 und größer

schwerstes Lymphödem

Elephantiasis

 

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