Disseminierte intravasale Koagulopathie D65.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 18.03.2021

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Synonym(e)

Defibrinierungssyndrom; DIC; DIC und COVID-19; Disseminated coagulopathy; Disseminated intravascular coagulopathy; Disseminierte intravasale Gerinnung; Disseminierte intravasale Gerinnung und COVID-19; Disseminierte intravasale Koagulopathie und Astra-Seneca-Impfstoff; Disseminierte intravasale Koagulopathie und Covid-19-Infektion; Disseminierte vasale Gerinnung; Vasale Gerinnung disseminierte; Verbrauchskoagulopathie

Erstbeschreiber

Dupuy, 1834

Definition

Erworbener Zusammenbruch der Hämostase, an dem die Thrombozyten, das Epithel, die Gerinnungsfaktoren, die Fibrinolyse, die Inhibitoren, das Komplement und das Kininogensystem beteiligt sind. Die Folge ist eine akute intravasale Gerinnung unterschiedlicher Ätiologie mit Ausbildung zahlreicher Mikrothromben, Verbrauch aller gerinnungsaktiven Substanzen (Thrombozyten, Fibrinogen, Gerinnungsfaktoren) und konsekutiver Blutungsneigung.

 

Ätiopathogenese

Die Disseminierte intravasale Gerinnung (DIC) ist eine Störung, die viele Ursachen haben kann, die alle in eine gemeinsame  ätiopathogenetische Endstrecke einmünden. Grundlage der Erkrankung ist ein Verbrauch an Thrombozyten, Koagulanzien und Antikoagulanzien in einem Ausmaß, der durch die Synthese dieser Substanzen nicht mehr ausgeglichen werden kann. Es kommt deshalb zu lokalen oder generalisierten hämorrhagischen Diathesen, zu Thrombosen in der Mikrozirkulation, zu Gewebsnekrosen und zu multiplen Organausfällen.

Auslöser sind oft bakterielle Infekte durch Streptokokken, Staphylokokken, Pneumokokken, Meningokokken, gramnegative Stäbchen, aber auch Viren, Parasiten, Rickettsien oder Mykosen. Weitere Ursachen sind Endothelschädigungen, z.B. im Rahmen eines hämolytisch-urämischen Syndroms, bei akuter Glomerulonephritis oder im Rahmen eines Rocky-Mountain-Fiebers.

Gefürchtete Auslöser sind auch geburtshilfliche Komplikationen, wie Plazentaablösung, Fruchtwasserembolie, septischer Abort, intrauteriener Fruchttod und Eklampsie.

Häufige Ursachen sind weiterhin Neoplasien, wie Adenokarzinome, akute Promyelozytenleukämie, aber auch schwere Hämolysen. Weiterhin können Gewebsschädigungen, wie Verbrennungen, Erfrierungen, Schusswunden eine Verbrauchskoagulopathie auslösen.

Eine wichtige Ursache für die DIC ist die akute Promyelozytenleukämie. Die leukämischen Promyelozyten produzieren eine Leukozytenelastase, die das alpha-2-Antiplasmin, den Faktor-V, das Fibrin und das Plasmin proteolytisch zerstört. Zusätzlich produzieren die Promyelozyten t-PA und Urokinase.

Mehrere tödlich verlaufende Fälle von disseminierter intravasaler Gerinnung sind im Rahmen der derzeit durchgeführten COVID-19 Impfkampagnen mit dem Vektorimpfstoff der Firma Astra-Seneca aufgetreten. Die fatalen disseminierten Gerinnungsstörungen traten innerhalb eines Zeitraumes von 14 Tagen nach der Impfung auf. Vermehrt waren Personenen <55 Jahre betroffen. Vermehrt waren Frauen betroffen (Mitteilung EMA vom 18.3.2021).

 

 

Klinisches Bild

Hautveränderungen (bei 70% der Pat.): Variables Bild von akraler Zyanose über kleinfleckige Purpura bis zu flächenhaften Blutungen mit hämorrhagischen Blasen und Nekrosen.

Labor

BSG-Erhöhung, Anämie, Erniedrigung von Thrombozyten, Quick, Fibrinogen und Gerinnungsfaktoren (Faktor V, VIII, XI).

Therapie

Behandlung der Grundkrankheit, Heparinisierung nach Thrombinzeit, Substitution von Gerinnungsfaktoren. Bei Heparinallergie s.a.u. Lepirudin, s.a. Hirudin.

Hinweis(e)

Eine in Europa seltene Ursache für die DIC ist das Gift der malayischen Mokassinotter. Es enthält Enzyme, die das Fibrin zerstören und thrombinartig wirken. Diese Wirkungen sind nicht durch AT-III antagonisierbar.
 

Literatur
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  1. Chang JC (2018) Disseminated intravascular coagulation: is it fact or fancy?
    Blood Coagul Fibrinolysis 29:330-337.
  2. Dupuy M (1834) Injections de matière cérébrale dans les veines. Gaz Med Paris 2: 524
  3. Hengge UR et al. (2002) Purpura fulminans. A fatal consequence of a widely used medication? Hautarzt 53: 483-487
  4. Levi M et al. (2003) Sepsis and disseminated intravascular coagulation. J Thromb Thrombolysis 16: 43-47
  5. Lubach D, Barthels M (1984) Flächige Purpura mit Nekrosen bei schwer verlaufender Verbrauchskoagulopathie. Hautarzt 35: 152-158
  6. Rheingold SR et al. (2004) HIV infection presenting as severe autoimmune hemolytic anemia with disseminated intravascular coagulation in an infant. J Pediatr Hematol Oncol 26: 9-12
  7. Slofstra SH et al. (2003) Disseminated intravascular coagulation. Hematol J 4: 295-302
  8. Toh CH et al. (2003) Disseminated intravascular coagulation: old disease, new hope. BMJ 327: 974-977
  9. Veiga AB et al. (2003) Fibrinogenolytic and procoagulant activities in the hemorrhagic syndrome caused by Lonomia obliqua caterpillars. Thromb Res 111: 95-101

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