Arterielle Verschlusskrankheit chronische viszeraler Arterien K55.1

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 24.10.2017

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Synonym(e)

chronic mesenteric ischemia; Chronische mesenteriale Ischämie; Chronische Verschlussprozesse der Intestinalarterien; CMI

Definition

Die chronische periphere arterielle Verschlusskrankheit viszeraler und retroperitonealer Arterien umfasst alle stenosierenden und okkludierenden Veränderungen dieser Gefäße, die arteriosklerotischer und entzündlicher Genese sein können.

 

Einteilung

In Anlehnung an die Klassifikation der pAVK nach Fontaine) kann die chronische mesenteriale Ischämie in 4 Stadien unterteilt werden:

  • I keine klinische Symptomatik (Zufallsbefund bei Bildgebung)
  • II intermittierende abdominale Beschwerden (Angina abdominalis, intermittierende postprandiale Bauchschmerzen)
  • III wechselhafter abdominaler Ruheschmerz mit Malabsorptionssyndrom
  • IV ischämische Organläsion (Infarkt) mit akutem heftigem Abdominalschmerz, Ruheschmerz und folgendem paralytischem Ileus.

Vorkommen/Epidemiologie

Die Inzidenz der chronischen mesenterialen Ischämie (CMI) ist altersabhängig. Etwa 50% der > 50-Jährigen weist chronische Verschlussprozesse der Viszeralarterien auf; m>f ;
 

Ätiopathogenese

Häufige Ursachen:

  • Die überwiegende Mehrzahl der Betroffenen leidet an einer allgemeinen progredienten Arteriosklerose (häufig Nikotinabusus) und den damit verbundenen Komplikationen (Plaqueembolie, arterielle Thrombose, Dissektion).

Seltene Ursachen:

  • arterielle Embolie (z.B. bei Vorhofflimmern, Endokarditis)
  • Aortenaneursma
  • Aortitis (Takayashu –Arteriitis, Periarteriitis nodosa)
  • Truncus coeliacus-Syndrom (Kompressionsyndrom durch Ligamentum arcuatum mediale des Zwerchfells)
  • Funktionelle Durchblutungsstörungen im Bereich der viszeralen und retroperitonealen Arterien können eine Folge deines
  • Low-cardiac-Output-Syndroms bei Kreislaufinsuffizienz sein und zu einer Non-occlusive Disease mit ischämischen Schäden an der Darmmukosa führen.
  • Konnatale Stenosen viszeraler Arterien sind selten und betreffen in absteigender Häufigkeit den truncus coeliacus, die A. mesenterica superior und die A. mesenterica inferior.

Autopsiestudien weisen bei > 50-Jährigen hochgradige Stenosen im Bereich des Truncus coeliacus bei 27%, im Bereich der A.mesenterica superior bei 19%, der A.mesenterica inferior bei 12% auf. Diese verlaufen meist symptomlos.  Bemerkung: erst hochgradige Gefäßstenosen (>70%) führen zur klinisch wirksamen Minderperfusion der Erfolgsorgane. Meist müssen mindestens 2 intestinale Hauptarterien betroffen sein um ischämische Beschwerden auszulösen.

Ca. 5 % aller Patienten mit unklaren Bauchschmerzen weisen eine chronische mesenteriale Ischämie (CMI) auf. Insofern ist die Abklärung der intestinalen Gefäßmorphologie ein wesentlicher Schritt in der Diagnostik eines unklaren Abdomens.

 

Klinisches Bild

Die klassische Symptomentrias besteht aus:

  • abdominalem Schmerz: Diagnostisch wegweisend sind postprandiale Bauchschmerzen, die ca. 20 min nach dem Essen einsetzen und 3-4 Stunden anhalten. Diese kolikartige Angina abdominalis führt zum Ausweichen auf kleinere und leichter verdauliche Mahlzeiten, wobei schließlich nur noch Flüssignahrung vertragen werden kann.
  • Gewichtsverlust: Initial kommt es zur Inappetenz und Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Obstipationen wechseln mit Diarrhoen.
  • parumbilikalem Gefäßgeräusch.

Labor

 Unspezifisch 
 

Diagnose

Anamnese, Klinik, Duplexsonographie, CT, MRT. Die intraarterielle Angiographie ist der Goldstandard in der Darstellung der intaarteriellen Angiographie.

Komplikation(en)

Akuter komplikativer Mesenterialarterienverschluss (AMI). Dieser kann plötzlich ohne Vorwarnung als okklusive mesenteriale Ischämie (OMI) auftreten. Ursächlich sind arterielle Embolien (70%), arteriellen Thrombosen (30%) oder das nicht mehr kompensierbare Endstadium der CMI.

Der akute komplikative Mesenterialarterienverschluss läuft in 3 Phasen ab:

  1. Initial heftiger kolikartiger Abdominalschmerz, Übelkeit
  2. Mehrstündiges relativ beschwerdefreies Intervall
  3. Akutes Abdomen mit paralytischem Ileus, Durchwanderungsperitonitis, diffuser Druckschmerz.


 

Therapie

Gefäßerweiternde Mittel (Medikamente, Kaffee, Alkohol) wirken anfänglich lindernd.

 

Operative Therapie

Operative Behandlungsindikationen ergeben sich nur bei klinischen Beschwerden. Bei symptomatischem Zufallsbefund im Stadium I, besteht keine operative Therapieindikation.
Im Stadium II und III besteht eine absolute operative Behandlungsindikation. 

Das Nekrosestadium IV bezeichnet die akute mesenteriale Ischämie und gilt als Notfall.  Die offene chirurgische Arterienrekonstruktion gilt noch als hauptsächliche

Behandlungsmethode: Die Chirurgie chronischer Verschlussprozesse der Intestinalarterien ist heute standardisiert und sollte eine Letalität unter 3 % erreichen. Wegen des großen Zugangstraumas und der damit verbundenen Morbidität finden moderne endovaskuläre Verfahren zunehmend Anwendung. Besondere Indikationen ergeben sich bei inoperablen Patienten mit bedrohlicher mesenterialer Ischämie und zur Korrektur insuffizienter chirurgischer Rekonstruktionen.
Da die Restenoserate einer transfemoralen oder transbrachialen PTA der Intestinalarterien bis zu 30 % nach 1 Jahr beträgt, sollte das Dilatationsergebnis stentgeschützt werden.  Wegen der raschen In-Stent-Stenosen und der Symptomrezidive bei jedem 4. Patient ist eine engmaschige bildgebende Kontrolle unbedingt erforderlich, um das Risiko eines infarktauslösenden Stentverschlusses zu minimieren.

Verlauf/Prognose

Die Gefahr der chronischen mesenterialen Ischämie besteht in ihrer Progredienz.  Die Folgen der Erkrankung sind massiver Gewichtsverlust sowie eine Einschränkung der körperlichen Leistungskraft. Eine berufliche Tätigkeit ist u.U. nicht mehr möglich. Unbehandelt entwickelt sich ein jahrelanges Krankheitsgeschehen mit Malassimilationssyndrom, therapieresistenten chronischen Organentzündungen sowie gastroduodenale Ulzerationen.

Das Fortschreiten der Arteriosklerose führt letztlich zur Insuffizienz der Kollateralzirkulation und zum akuten Mesenterialarterienverschluss (K55.01) mit Mesenterialinfarkt (acute upon chronic visceral ischemia). 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Armstrong PA (2007) Visceral duplex scanning: evaluation before and after artery intervention for chronic mesenteric ischemia. Perspect Vasc Surg Endovasc Ther 19: 386-9
  2. Atkins MD et al.(2007)  Surgical revascularization versus endovascular therapy for chronic mesenteric ischemia: A comparative experience. J Vasc Surg 45: 1162-71
  3. Biebl M et al.(2007)  Surgical and interventional visceral revascularization for the treatment of chronic mesenteric ischemia--when to prefer which? World J Surg 31: 562-568
  4. Brown DJ et al. (2005)  Mesenteric stenting for chronic mesenteric ischemia. J Vasc Surg 42: 268-74
  5. Crawford RS et al. (2016) A Statewide Analysis of the Incidence and Outcomes of Acute Mesenteric Ischemia in Maryland from 2009 to 2013. Front Surg 3:22.
  6. Jeican II et al. (2016) Intestinal ischemia in neonates and children. Clujul Med 89:347-51.
  7. Kärkkäinen JM (2016) Acute mesenteric ischemia in elderly patients. Expert Rev Gastroenterol Hepatol 10:985-958.
  8. Zacharias N et al. (2016) Chronic mesenteric ischemia outcome analysis and predictors of endovascular failure. J Vasc Surg 63:1582-1587.

 

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Chronische mesenteriale Ischämie;

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