Eosinophile Ösophagitis K20

Autor: Prof. Dr. med. Guido Gerken

Co-Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 27.03.2024

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Synonym(e)

EoE; Eosinophile Ösophagitis, eosinophile; Eosinophilic esophagitis (engl.)

Erstbeschreiber

Attwood SE et al., 1993

Definition

Chronisch-entzündliche, immunvermittelte, ösophageale, eosinophile Mukositis mit ösophagealer Dysfunktion und eosinophiler Schleimhautinfiltration  (>15% eosinophile Granulozyten/Gesichtsfeld) 

Vorkommen/Epidemiologie

EoE kommt weltweit vor. Die Prävalenz 50/100.000 Einwohner bezieht sich auf die industrialisierten europäischen Länder sowie die USA. Es gibt auch Fälle aus Asien und dem Nahen Osten. Indien und Afrika südlich der Sahara bilden eine Ausnahme, da aus diesen Gebieten keine Fälle dokumentiert wurden Reed CC et al. (2019).

m:f=3:1

Ätiopathogenese

Tiermodelle, genetische Studien, komorbide allergische Erkrankungen und die Wirksamkeit von Eliminationsdiäten deuten darauf hin, dass EoE eine atopische Erkrankung ist (Reed CC et al. 2019).
In etwa 50% der Fälle können Nahrungsmittelallergien nachgewiesen werden (Weizenallergie, Kuhmilchallergie). Die meisten Patienten reagieren empfindlich auf ein oder mehrere Nahrungsmittel und haben eine Überempfindlichkeit gegen Aeroallergene oder eine Allergie der Atemwege. Die Rolle der Antigensensibilisierung wird durch klinische und histologische Verbesserungen bei Eliminationsdiäten ohne auslösende Allergene unterstützt. Zunehmende Daten zeigen, dass EoE nicht IgE-vermittelt ist und IgG4 eine Rolle bei der Entstehung von EoE spielen könnte (Reed CC et al. 2019).

Bei Kindern werden v.a. Nahrungsmittelallergien nachgewiesen, bei Erwachsenen stehen eher aerogene Allergene unter Verdacht.

Nahrungsmittelallergene und aerogene Allergene setzen eine Entzündungsreaktion mit Aktivierung des Th2-Signalweges in Gang. Die Th-2 Zytokine (IL-13, IL-9, IL-5 ) stimulieren die Produktion von Eotaxin-3 sowie Periostin aus hyperplastischen Epithelzellen mit Adhäsion und Rekrutierung von Eosinophilen und Mastzellen. 

Rolle der epithelialen Barriere: Es ist nachweisbar, dass SPINK7 Teil des Differenzierungsprogramms des menschlichen Ösophagus-Epithels ist. Das Fehlen von SPINK7 in den Epithelzellen des Ösophagus scheint beim Menschen zu einer Dysfunktion der epithelialen Barriere  zu führen (Lyles J et al. 2019). Bei der eosinophilen Ösophagitis wird SPINK7 (sowie SPINK5) nur in geringem Umfang exprimiert. Seine Depletion ist für die eosinophile Ösophagitis von pathogenetischer Relevanz (Azouz NP et al. 2018). Offenbar führt der Verlust der zellulären Differenzierung sowie die veränderte Genexpression zu einer allergischen Immunreaktion.

 

Manifestation

EoE tritt häufiger in kalten und trockenen Klimazonen sowie in ländlichen Gebieten auf und betrifft am häufigsten Personen, die jünger als 50 Jahre sind,48 Männer und Kaukasier (Reed CC et al. 2019).

Klinisches Bild

Unterschiedlich intensiv ausgeprägte Dysphagie, Bolusobstruktion, evtl. Sodbrennen oder andere Symptome des gastroösophagealen Refluxes (GERD). 

Bei Kindern: häufig abdominelle Schmerzen.

In manchen Fällen kann eine Bolusobstruktion das erste klinische Zeichen der Erkrankung sein.  

Häufig ist die eosinophile Ösophagitis von Erkrankungen des atopischen Formenkreises begleitet wie:

Exakte Vergleichszahlen ergaben sich in einer größeren Studie von Mohammad AA et al. (2017), der die Prävalenzen von Patienten mit eosinophiler Ösophagitis hinsichtlich Komorbitäten von Asthma, allerg. Rhintis und atopischer Dermatitis, mit atopischen Patienten ohne eosinophile Ösophagitis verglich.  In den Vereinigten Staaten wird die Prävalenz von:

  • Asthma auf 22,3 %
  • allergischer Rhinitis auf 19,1 %
  • atopischer Dermatitis auf 8,3 %

geschätzt. Im Gegensatz dazu liegen ihre Prävalenzen bei Patienten mit eosinophiler Ösophagitis + :

  • Asthma bei (22,3) 39,0 %
  • allergischer Rhinitis bei (19,1) 61,9 %
  • bei atopischer Dermatitis bei (8,3) 46,1 %.

Diese Konstellationen deuten auf einen starken Zusammenhang zwischen atopischen Erkrankungen und eosinophiler Ösophagitis hin. Darüber hinaus wiesen Patienten, bei denen eine eosinophile Ösophagitis + eine dieser 3  atopischen Erkrankungen gleichzeitig auftraten, signifikant höhere periphere Eosinophilenzahlen und höhere IgE-Werte auf.

 

Labor

Gehäuft Hämatoeosinophilie (5-50%), IgE erhöht (bei bis zu 70% der Patienten - s. zuvor).

Diagnose

Klinische Symptomatik 

Hämatoeosinophilie (in 5-50% der Fälle), erhöhtes Gesamt IgE (70% der Fälle).

Endoskopie des oberen Intestinaltraktes mit bioptischer Klärung (Nachweis von >15 eosinophilen Granulozyten pro HPF (High Power Field = Gesichtsfeld pro 400-fache Vergrößerung).  

Mögliche endoskopische Befunde: rötliche Längsfurchen, Krepppapier-Mukosa = unelastische fragile Mukosa, durch solitäre oder multiple Ringe (bei 82% der Pat. nachweisbar) erhält der Ösophagus einen Trachea-artigen Aspekt, Gabe von Protonenpumpeninhibitoren (PPI); 2/3 der Pat. mit EoE spricht nicht auf PPI an.

 

Differentialdiagnose

Gastroösophagealer Reflux (K21.9);

Malignome;

Motilitätsstörungen z.B. bei progressiver systemischer Sklerodermie (M34.0).   

Therapie


Therapeutisch kommen die sog. "3 Ds" (Diät - Allergenkarenz-, Drugs (topische Anwendung von Budenosid-Sprays), Dilatation (bei fixierten Fibrostenosen) in Frage. Bei Therapieresistenz systemische Therapie mit Glukokortikoide. 

Eine two-food-group elimination (glutenhaltiges Getreide, Milch) führt bei rund 40% der Betroffenen zu einer Remission der Ösophagitis (Molina-Infante et al. 2018)

Therapie allgemein

Medikamente, Diät und Dilatation sind die wichtigsten Behandlungsmethoden für EoE. Medikamente und Diät reduzieren die EoE-assoziierte Entzündung, und die Dilatation zielt auf Ösophagusstrikturen und -verengungen ab. Die Wahl der Behandlung richtet sich nach der Präferenz des Patienten, den klinischen Merkmalen und den Kosten. Zu den Therapiezielen gehören eine klinische und histologische Verbesserung und eine Verringerung der langfristigen Komplikationen. Es gibt keine von der Food and Drug Administration (FDA) zugelassenen Medikamente für EoE, so dass in den Vereinigten Staaten alle Medikamente "off label" eingesetzt werden.

Wichtig sind Ernährungsumstellungen; aber die Krankheit kehrt in der Regel zurück, wenn die Intervention abgesetzt wird.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Arias a et al. (2014) Efficacy of dietary interventions for inducing histological remission in patients with eosinophilic esophagi is: a systematic review and meta-analysis. Gastroenterology 146:1639-1648. 
  2. Attwood SE et al. (1993) Esophageal eosinophilic with dysphasia. A distinct clinopahtologic syndrome. Dig Dis Sci 38: 109-116  
  3. Azouz NP et al.(2018) The antiprotease SPINK7 serves as an inhibitory checkpoint for esophageal epithelial inflammatory responses. Sci Transl Med 10:eaap9736.Collins MH (2014) Histopathology of eosinophilic esophagitis. Dig Dis. 32:68-73.
  4. Hiremath GS et al. (201)  Esophageal Food Impaction and Eosinophilic Esophagitis: A Retrospective Study, Systematic Review, and Meta-Analysis. Dig Dis Sci 60:3181-3193.
  5. Lehman HK et al. (2021) Eosinophilic Esophagitis. Immunol Allergy Clin North Am 41(4):587-598.
  6. Lyles J et al.(2019) Role of genetics, environment, and their interactions in the pathogenesis of eosinophilic esophagitis. Curr Opin Immunol 60:46-53.
  7. Mohammad AA et al. (2017) Prevalence of atopic comorbidities in eosinophilic esophagitis: A case-control study of 449 patients. J Am Acad Dermatol 76:559-560.
  8. Molina-Infante J et al. (2018) Step-up empiric elimination diet for pediatric and adult eosinophilic esophagitis: The 2-4-6 study. J Allergy Clin Immunol 141:1365-1372.
  9. Kinoshita Y et al. (2015)  Systematic review: Eosinophilic esophagitis in Asian countries. World J Gastroenterol. 21:8433-8440.
  10. Lin SK et al. (2015)A review of the evidence linking eosinophilic esophagitis and food allergy. Allergy Asthma Proc 36:26-33. 
  11. Merves J et al. (2014) Eosinophilic esophagitis. Ann Allergy Asthma Immunol 112:397-403.
  12. Philpott H et al.(2015) Eosinophilic esophagitis: a clinicopathological review. Pharmacol Ther 146:12-22.
  13. Tan ND et al.(2015) Steroids therapy for eosinophilic esophagitis: Systematic review and meta-analysis. J Dig Dis 16:431-442.
  14. Reed CC et al. (2019) Eosinophilic Esophagitis. Med Clin North Am 103:29-42.

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