Xanthoma disseminatum E78.2 + Xanthoma disseminatum

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

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Zuletzt aktualisiert am: 08.03.2023

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Erstbeschreiber

von Gräfe, 1867; Montgomery, 1938

Definition

Seltene (weltweit beschrieben sind etwas mehr als 100 Fälle), mit disseminierten (auch eruptiv exanthematisch auftretend) Papeln an Haut und ggf. den Schleimhäuten einhergehende chronische Nicht-Langerhans-Zell-Histiozytose (Xanthogranulom-Familie) ohne Hyperlipidämie (nur ganz vereinzelt wird über eine Assoziation mit Hyperlipidämien berichtet). 

Abortivform der Langerhanszell-Histiozytose (Assoziation mit Diabetes insipidus möglich/Montgomery-Syndrom).

Einteilung

Bekannt sind 3 charakteristische Verlaufsformen:

  • Selbstlimitierende Form, mit Spontaremission nach Jahren
  • Persistierende Form
  • Progressive Form mit systemischem Befall.

Manifestation

Auftreten im frühen Kindesalter oder später, auch im Erwachsenenalter. Bevorzugung junger männlicher Patienten; Männer sind 2-3mal so häufig betroffen wie Frauen. 50% der Patienten erkranken vor dem 25. Lebensjahr, 36% der Erkrankten sind Kinder.

Lokalisation

Vor allem intertriginöse Bereiche, Gelenkbeugen; Schleimhautbefall bei etwa 40-60% der Patienten (Mundhöhle, Pharynx und obere Luftwege, Kornea und Konjunktiven).

Klinisches Bild

Disseminierte, umschriebene oder flächenhafte, orangefarbene bis braunrote, ggf. zu größeren Plaques konfluierende Papeln. Diabetes insipidus tritt etwa bei 40% der Patienten auf, selten ist ein Panhypopituitarismus (Ursache: meningeale Läsionen der Hypophysengrube). Nicht selten ist ein Köbner-Phänomen nachweisbar. Im Gesicht vorwiegend ein Befall um die Augen. Schleimhautbefall bei 30-40% der Patienten (Lippen, Mundschleimhaut, Nasopharynx, Larynx/Heiserkeit).  

Histologie

Entzündliches Granulom: Leukozyten, Eosinophile, Lymphozyten, Makrophagen, Einlagerung von Lipiden, Touton-Riesenzellen.

Stabilin-1, HAM56, HHF35, KP1, KiM1P, Faktor XIIIa, Vimentin positive Histiozyten; CD1a und S100 sind negativ.

Komplikation(en)

Alle Organe und Organsysteme können durch die Erkrankungen mitbetroffen sein (Befall der Hypophyse, Atemwegsobstruktionen, Befall der Kornea!).

Therapie

Spontane Regression möglich. Ausschluss Diabetes insipidus (ADH Bestimmung, Urinosmolalität, Tumorausschluss der Hypophyse/Hypothalamus), ggf. Therapie des Diabetes insipidus: Desmopressin (z.B. Minirin) 2mal/Tag intranasal. Zusammenarbeit mit dem Internisten.

Exzision störender Xanthome, v.a. im Augenbereich oder bei Verlegung der Atemwege chirurgische Intervention. Abtragung kann alternativ auch elektrokaustisch, mit dem CO2- Laser oder mit Hilfe der Kryochirurgie erfolgen.

Glukokortikoide scheinen keinen positiven Effekt zu haben. In Einzelfällen wurde über gute Effekte bei Therapie mit Cyclophosphamid 50-100 mg/Tag p.o. berichtet.

Verlauf/Prognose

Spontane Regression möglich. Meist jedoch persistierend oder progredient. 

Fallbericht(e)

Bei einem 17-jährigen Patienten traten erste papulöse Hautveränderungen im Alter von 10 Jahren auf. Im 13. Lebensjahr wurde bei Polyurie und Polydipsie die Diagnose eines Diabetes insipidus und eines Panhypopituarismus gestellt. Eine Substitution aller Hypophysenhormone wurde nötig. Im folgenden Jahr kam es zu Krampfanfällen. Es erfolgte eine Einstellung auf Antikonvulsiva. Im MRT zeigten sich diskrete Läsionen im Bereich der Temporallappen und am Hypophysenstiel. Es folgten Dyspnoe und Stridor, der Patient wurde einer Tracheostomie unterzogen. In der Bronchoskopie zeigten sich multiple xanthomatöse Knoten im Larynx. Im 16. Lebensjahr erblindete der Patient bei massiver Augenbeteiligung.

Befund: Am Stamm und den Extremitäten, multiple, stellenweise konfuierte, prall elastische, gelb-braune Knötchen und Knoten, die stellenweise zu verrukösen Arealen konfluiert waren. Befall der konjunktivalen Schleimhaut beider Augen. Laryngoskopisch multiple xanthomatöse knötchen und Knoten.

Therapie: Ansätze mit Etoposid, Thalidomid, topischem Mechlorethamin waren bisher ohne Erfolg geblieben. Zunächst wurde über 14 Monate eine Therapie mit Azathioprin 150 mg/Tag eingeleitet, worunter die kutanen Herde stabil blieben, der ophthalmologische Befund sich jedoch weiter verschlechterte. Die Therapie wurde dann auf Cyclophosphamid 50-100 mg/Tag umgestellt. Hierunter kam es zu dramatischer Besserung des Hautbefundes, auch die Läsionen der Kornea und Konjunktiven verkleinerten sich und die laryngealen Knoten verschwanden, so dass das Tracheostoma überflüssig wurde.

Literatur
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  10. Utikal J et al. (2003) Cutaneous non-Langerhans' cell histiocytoses. J Dtsch Dermatol Ges 1: 471-491
  11. von Gräfe (1867) Verhandlungen ärztlicher Gessellschaften: ein Fall von eigentümlichen Tumoren auf Hornhäuten. Klin Wschschr 4: 323

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