Quallen

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 24.10.2017

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Synonym(e)

cnidarians; Jelleyfish; Nesseleltiere

Allgemeine Information

Als Quallen bezeichnet man ein Lebensstadium von Nesseltieren (Cnidaria). Quallen selbst sind keine systematisch-taxonomische Gruppe. Sie gehören zu den ältesten Tieren der Erdgeschichte. Mehr als 2.600 Arten sind bekannt.

Für viele Quallen typisch ist ein Generationswechsel, bei dem sich ein festsitzendes Stadium, (Polyp), und ein sich frei im Wasser bewegendes Medusen- oder Quallen-Stadium regelmäßig abwechseln. Der Polyp erzeugt auf ungeschlechtlichem Wege, z.B. durch Sprossung freischwimmende Medusen, die durch geschlechtliche Fortpflanzung (über Keimzellen) eine Larve bilden, die sich festsetzt und erneut zum Polypen differenziert. Das frei schwimmende Entwicklungsstadium, die eigentliche Qualle, ist demnach nur ein Teil des Lebenszyklus einer Art.

Dieser Lebenszyklus ist typisch für Nesseltiere der Klassen Scyphozoen (Schirmquallen), Cubozoen (Würfelquallen) und Hydrozoen.

Die meisten Quallen haben lange Tentakel, die mit Nesselzellen ausgestattet sind. Diese benutzen sie zum Fang von Beutetieren und zur Verteidigung. Die Nesselzellen (Nematozyten) sind über die Fangarme verstreut und beinhalten ein hochwirksames Toxin. Sie tragen an ihrer Oberfläche ein Sinneshärchen, das in direkter Verbindung zu der Toxin-haltigen Nesselkapsel steht. Bei Berührung explodiert die Nesselkapsel. Ein innenliegender stilettartiger Apparat wird mit einem Druck von 150 bar herausgeschossen, verankert sich im Gewebe der Beute. Innerhalb weniger Nanosekunden wird das in der Nesselkapsel enthaltene Toxin injiziert. Meist ist der Nesselfaden dazu noch mit Bohrstacheln besetzt. Nach Gebrauch werden die Nesselkapseln abgestoßen und neu gebildet.

Die Nesseltoxine sind Proteine (Zytolysine, Neurotaxine), die  zell- oder nervenschädigend wirken. Das klinische Bild der Vernesselung (s.u. Dermatitis medusica) hängt  von Dauer, Ausmaß (Flächenbefall) und Intensität  des Kontaktes mit den Nesselorganen ab sowie von der körperlichen Konstitution des Betroffenen (Alter, Gewicht, Gesundheitszustand).    

Unfälle mit Quallen werden meist an Ort und Stelle behandelt. In medizinischen Einrichtungen werden Patienten mit Vernesselungen aus Urlaubsländern gesehen, die i.A. einige Zeit zurückliegen.  

 

Vorkommen

Blumentiere (Anthozoen)

Mit über 7000 Arten ist dies die größte Klasse innerhalb der Nesseltiere.  Bekanntester Vertreter sind die Seeanemonen, die als „blumenartige“ Polypen auf festem Untergrund wachsen. Sie kommen in allen Meeren vom Flachwasser bis zu 10.000 m Tiefe vor. Die Neurotoxine  dieser Quallenart sind für den Menschen unbedenklich.

Schirmquallen (Scyphozen)

Schirmquallen treten weltweit auch in Nord - und Ostsee in größeren Mengen auf. Hier ist sind die häufigsten Vertreter Ohren- und Feuerquallen.  

Ohrenquallen

Besucher an Nord- und Ostsee bekommen diese harmlosen Quallen mit dem großen Schirm häufig  zu sehen. Das Gift der Ohrenquallen führt beim Menschen nicht zu einer spürbaren Hautreaktion.

Gelbe Haarqualle (Feuerqualle)

Diese Quallenart tritt im Nordatlantik sowie in der Nordsee und in der westlichen Ostsee auf. Charakteristisch ist ihr gelb-orangener Schirm, sowie lange Tentakeln. Die Vernesselung führt zu schmerzhaften Rötungen und Juckreiz; seltener sind blasige Reaktionen oder Herz-Kreislauf-Probleme. 

Würfelquallen(Cubozoen)

Namensgebend ist ihre quader- oder würfelförmige Gestalt. Ihre Tentakel können bis zu 3 m lang sein. Sie bevölkern weltweit alle tropischen und subtroischen Meere und sind schnelle Schwimmer. Vereinzelt wurden sie auch vor der portugiesischen Küste wie auch im Mittelmeer angetroffen.

Carukia barnesi

Carukia barnesi, eine sehr kleine Würfelqualle, deren Schirm kaum mehr als 1,0 cm groß ist, löst bei Hautkontakt das Irukandji-Syndrom aus, mit  heftigen Tage bis Wochen anhaltenden abdominal ausstrahlenden Rückenschmerzen. Todesfälle sind nicht bekannt

Seewespen (Chironex fleckeri)

Der bekannteste Vertreter der Würfelquallen ist die Seewespe , die gehäuft an der Nord- und Ostküste Australiens auftritt. Die Seewespe gilt als das giftigste Meerestier überhaupt. Jedes Jahr sterben mehr Menschen an den Folgen einer Seewespen-Vernesselung als durch Haiangriffe! Das neurotoxisch wirkende Gift führt zu einer Lähmung der Skelett-und Herzmuskulatur und je nach Ausmaß der Vergiftung zum Herzstillstand.

Die Seewespensaison dauert von November bis Mai. In dieser Zeit sollte auf das Baden in Seewespen-reichen Meeren verzichtet werden.  Am Strand angeschwemmte Seewespen sollten nicht berührt werden. Die Nesselzellen bleiben über Wochen, auch bei ausgetrockneter Qualle noch intakt.

Hydratiere (Hydrozoen)

Wichtigster Vertreter ist die Portugiesischen Galeere (Physalia physalis), die vor Australien und an den Küsten des Pazifiks und Atlantiks lebt. Ihr Nesselgift kann bei geschwächten Personen oder Kindern im Extremfall tödlich sein. Auch wenn die Form dieser Quallenart  an eine klassische Qualle erinnert, so besteht sie jedoch aus einer ganzen Kolonie verschiedener Polypenkolonien. Physalia physalis kommt vorzugsweise in den tropischen und subtropischen Regionen (auch vor den Küsten der Kanaren, Portugals, Nordspaniens sowie im Mittelmeer vor Mallorca und Ibiza) vor. Ihre Tentakel sind bis zu 30 m lang.

                  

 

 

 

Klinisches Bild

Kontakt mit Quellen kann zu Vernesselungen unterschiedlicher Art und Stärke führen; s.u. Dermatitis medusica (Jellyfish-Dermatitis).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Di Costanzo L et al. (2009)Successful management of a delayed and persistent cutaneous reaction to jellyfish with pimecrolimus. J Dermatolog Treat 20:179-180.
  2. Horiike T et al. (2015)  Identification of allergens in the box jellyfish Chironex yamaguchii that cause sting dermatitis. Int Arch Allergy Immunol. 167:73-82.
  3. Montag (2016) Quallen – ihre giftigsten Vertreter und die Behandlung ihrer Vernesselungsfolgen. Derm 22: 94-102
  4. Sivaprakasam K (2015) Jellyfish dermatitis. Indian J Dermatol Venereol Leprol 81:389-390.
  5. Tezcan ÖD et al. (2015) Severe Toxic Skin Reaction Caused by a Common Anemone and Identification of the Culprit Organism. J Travel Med 22: 269-271.

 

Weiterführende Artikel (1)

Dermatitis medusica;
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