Q-Fieber A78.x

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 04.04.2021

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Synonym(e)

Balkanfieber; Q-fever; Queryfever

Erstbeschreiber

Die Krankheit wurde zuerst 1937 von Edward Holbroock Derrick bei Schlachthausarbeitern in Brisbane, Queensland, Australien als Erkrankung unbekannter Ursache wissenschaftlich beschrieben, was zu dem Namen Q-Fieber (von "query" für "fraglich") führte.

Definition

Weltweite, durch Coxiella burneti ausgelöste meldepflichtige ( § 7 IfSG: namentliche Meldung auch bei direktem oder indirektem Nachweis mit Hinweis auf akute Infektion.) Zoonose. Der Mensch infiziert sich insbes. über aerogene Inhalation infizierten Schafzeckenkots. Bes. gefährdet sind z.B. Landwirte, Schäfer und Schlachthofarbeiter durch infizierte Stalltiere, Heu, Wolle usw. Die Infektion verläuft bei Tieren asymptomatisch. 

 

 

Erreger

Der Erreger, Coxiella burneti ist ein weltweit vorkommendes, gramnegatives, obligat intrazelluläres, unbewegliches, pleomorphes Stäbchen. Größe 0,2–0,4 µm × 0,4–1 µm.

C. burnetii besitzt zwei Antigenphasen (Phase I und II), die mit der glatten bzw. rauen Wachstumsform der Lipopolysaccharide von Enterobacteriaceae vergleichbar ist.

Coxiella burneti kann in 2 Formen existieren:

  • Small cell variants (SCV), sporenähnliche Stadien mit hoher Tenazität. Diese Form ist extrem überlebensfähig und äußerst infektiös.
  • Large cell variants (LCV): Aus SCVs werden im Organismus large cell variants (LCV),  intrazelluläre, vegetative Stadien. 

Die Übertragung auf Menschen erfolgt insbesondere durch Inhalation von Staub (Kot der Buntzecke) oder durch Kontakt mit kontaminierten Produkten wie Wolle, Milch oder Fleisch. Zecken können den Erreger auch auf andere Tiere übertragen. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch scheint extrem selten zu sein.

Inkubationszeit: 2-3 Wochen

Auf Grund der Ausbildung von SCV existiert eine hohe Resistenz gegen Austrocknung, Hitze, Kälte, Sonnenlicht und viele Desinfektionsmittel. Jahrelange Überlebenszeiten im Boden oder Stäuben sind möglich. Der Erreger kannaerogen über mehrere Kilometer verbreitet werden.

Vorkommen/Epidemiologie

Das Wirtsspektrum umfasst Schafzecken, Nager, Wildtiere, Rinder, Schafe, Ziegen, andere Säugetiere und Vögel. Q-Fieber ist eine – bis auf Neuseeland – weltweit vorkommende Zoonose. Q-Fieber führt auch (selten) in Deutschland zu Ausbrüchen. Hier stellt die Schafzecke den Hauptvektor für die Infektion von Schafen dar. Neben einem basalen Infektionskreislauf zwischen Zecken und Nagern existiert ein Infektionskreislauf zwischen Zecken und Haustieren wie Schafen und Rindern.

 

Klinisches Bild

Natürliche Infektionen verlaufen in 50–70 % der Fälle inapparent bzw. subklinisch. 

Akutes Q-Fieber: Bei den schwer verlaufenden Krankheitsfällen stellt sich folgende Trias ein:

  1. Plötzliches Fieber mit Schüttelfrost und schwerem Krankheitsgefühl und Arthralgien. Fieber kann 1-3 Wochen persistieren.
  2. Kopfschmerzen (retrobulbär)     
  3. Atypische Pneumonie (bei etwa 50% der Fälle) mit kontinuierlichem oder remittierendem Fieber bis 40°C über mehrere Wochen. Transaminasenanstieg nur gering, selten gastrointestinale Symptome oder Ikterus.

Weiterhin:

  • Exanthem, Konjunktivitis, Husten, Brustschmerzen.
  • Granulomatöse Hepatitis (30% der Fälle); oft asymptomatischer Verlauf


Bei Infektionen während der Schwangerschaft: Fehlgeburt, Frühgeburt oder vermindertes Geburtsgewicht möglich.

Chronische Verläufe: Endokarditis ist die häufigste und gefährlichste Spätkomplikation des Q-Fiebers.

 

Labor

Keine Leukozytose aber Linksverschiebung

CRP ↑ BSG ↑ evtl. Transaminsaen ↑

Nachweis von C.burnetii-DNA; Erregerisolierung

Antikörpernachweis 

Diagnose

Eine humane Q-Fieber-Infektion wird in der Regel auf serologischem Wege diagnostiziert. Dabei ist zu beachten, dass erst 1–2 Wochen nach klinischer Manifestation ein serologischer Nachweis von Antikörpern möglich ist. Wichtigster Parameter zur Früherkennung akuter Q-Fiebererkrankungen sind anti-Phase-2-IgM-Antikörper. Zur Diagnostik folgende klinische Untersuchungsmaterialien herangezogen werden:

  • Blut
  • Serum
  • Bioptate (Knochenmark, Gewebeproben)
  • Sputum
  • Urin

Die KBR gegen Phase 2 wird frühestens 2–3 Wochen nach Beginn der Symptomatik positiv. Mit dem ELISA und dem IIFT dagegen sind in der Regel bei akutem Q-Fieber bereits 7–15 Tage nach Beginn der Erkrankung IgM-Antikörper gegen Phase 2 nachweisbar.

Im weiteren Verlauf der akuten Infektion treten wenige Tage später Phase-2-IgGAntikörper auf. Die höchsten Phase-2-IgG-Antikörpertiter werden in der Rekonvaleszenz etwa 8 Wochen nach klinischer Symptomatik erreicht.

Erregernachweis: mit einer begründeten Verdachtsdiagnose aus klinischem Material ist methodenbedingt innerhalb von 24 h zu rechnen (EM: 90 min – bei fixierter Probe 20 min, PCR 4–24 h). Bei einer Häufung von humanen Erkrankungsfällen mit klinischem Verdacht auf Q-Fieber ist aufgrund der verzögerten Antikörperantwort ein direkter Erregernachweis mittels PCR aus Blut zu empfehlen.

Konsiliarlaboratorien:

  • LGA Baden-Württemberg Referat 93: Hygiene und Infektionsschutz Nordbahnhofstr. 135
  • Robert Koch-Institut Zentrum für Biologische Sicherheit Nordufer 20 13353 Berlin Friedrich-Loeffler-
  • Institut Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Institut für Epidemiologie Seestr. 55 16868 Wusterhausen

Komplikation(en)

Neurologische (zerebrale) Manifestationen imponieren als aseptische Meningoenzephalitis mit retrobulbären Kopfschmerzen, Aphasie, Hemiparesen, Verwirrtheit und Sehstörungen.

Selten ist ein persistierender Infektionsverlauf mit Endokarditis und chronischer granulomatöser Hepatitis (Monate bis Jahre nach der Infektion)

Möglich ist das Auftreten eines Chronischen Müdigkeitssyndroms (CSF=chronic fatigue syndrome).
 

Therapie

Eine antibiotische Therapie sollte bei gesicherter Erkrankung wegen der Gefahr einer chronischen Verlaufsform durchgeführt werden.

Akuter Verlauf:

  • Doxycyclin 2 × 100 mg/d p. o. für 14–21 Tage.
  • Alternativ: Fluorchinolone , z. B Ciprofloxacin, Levofloxacin.

Chronischer Verlauf:

  • Doxycyclin 2 × 100 mg/Tag p. o. und Chloroquin 1–3 × 200 mg/Tag über mindestens 18 Monate.
  • Alternativ: Erfolge sind auch erzielt worden mit Doxycyclin + Fluorchinolonen oder Rifampicin oder TMP/SMZ.

Schwangere und Kinder:

  • Cotrimoxazol oder Clarithromycin.
  • Alternativ: die Kombination Ciprofloxacin/Doxycyclin bzw. Ciprofloxacin/Rifampicin wird in der Schwangerschaft nur unter Vorbehalt empfohlen.

Aktive Immunisierung exponierter Personen (Q-Vax® - eine aus inaktivierten Erregern der Phase I bestehende Q-Fieber-Vakzine): In Deutschland ist dieser Impfstoff nicht zugelassen! In Australien ist Q-Vax® erhältlich. Wegen mäßiger Verträglichkeit und der Gefahr schwerer hyperallergischer Reaktionen ist vor allem bei asymptomatischer Infektion der Einsatz derzeit nicht gerechtfertigt.

Therapie allgemein

Ausschaltung der Infektionsquellen! 

Evtl. Arbeitsschutzmaßnahmmen (Masken tragen)

Da Mensch-zu-Mensch-Übertragungen nur sehr vereinzelt beschrieben wurden, sind keine besonderen Absonderungsmaßnahmen notwendig.

Verlauf/Prognose

Unbehandelt:  Letalität gesamt < 2 %.

Inapparente /subklinische Verläufe in der Regel selbstlimitierend.

Coxiellen-Endokarditis: diese verläuft in  4 % der Fälle innerhalb von 3 Jahren tödlich.

Behandelt:  Post-Q-Fieber-Fatigue-Syndrom (allgemeines Schwächegefühl, leichte Ermüdbarkeit und verringertes körperliches Leistungsvermögen – oft Rekonvaleszenz von mehreren Monaten notwendig).

Prophylaxe

Postexpositionsprophylaxe (PEP): Spätestens zwischen dem 8. und 12. Tag nach einer vermuteten (B)-Exposition mit Coxiellen sollte mit der Postexpositionsprophylaxe begonnen werden:

  • Doxycyclin 2 × 100 mg/Tag p. o. für 7 Tage
  • Alternativ: Erythromycin 4 × 500 mg/Tag p. o. für 7 Tage.

Hinweis(e)

C. burnetii wurde in Biowaffenprogrammen verschiedener Länder beforscht. Bedeutsam als BT-Agens ist es auf Grund der Ausbringungsmöglichkeit als Aerosol, seiner Umweltstabilität sowie seiner hohen Infektiosität als Aerosol (möglicherweise kann bereits ein einziger eingeatmeter Keim die Erkrankung auslösen). C. burnetii hat nur eine geringe Letalität (< 2 %).

Im Jahr 2001 kam es im Lahn-Dill-Kreis, 2003 in Soest zu einer größeren Endemie. 2005 wurden im Stadtgebiet von Jena etwa 300 Personen mit der Diagnose Q-Fieber registriert. Auslöser war eine Schafherde, die im Bereich des Wohngebiets geweidet hatte.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Eldin C et al. (2017) From Q Fever to Coxiella burnetii Infection: a Paradigm Change. Clin Microbiol Rev 30:115-190.
  2. Morroy G et al. (2016) Fatigue following Acute Q-Fever: A Systematic Literature Review. PLoS One 1:e0155884.
  3. Reimer LG (1993) Q fever. Clin Microbiol Rev 6:193-198

Weiterführende Artikel (2)

Infektionsschutzgesetz; Zoonosen (Übersicht);

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