Subkorneale Pustulose (Sneddon-Wilkinson) L13.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 22.01.2024

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Synonym(e)

Pustulosis subcornealis; Sneddon-Wilkinson disease; Sneddon-Wilkinson-Syndrom; SPD; subcorneal pustular dermatosis; subkorneale Pustulose; Subkorneale pustulöse Dermatose; Subkorneale Pustulose Sneddon-Wlikinson

Erstbeschreiber

Sneddon u. Wilkinson, 1956

Definition

Seltene, chronische, rezidivierende Systemerkrankung mit Ausbildung streng subkorneal gelegenen, sterilen Pusteln.

Ätiopathogenese

Die Ätopathogenese dieser chronischen Pustulose ist unbekannt, ihre nosologische Einordnung bleibt umstritten.

Kein Nachweis von Erregern in den Pusteln. Die Migration von Neutrophilen durch die Epidermis (subkorneal) deutet auf das Vorhandensein von chemotaktischen Faktoren in der oberen Epidermis. In den subkornealen Bläschen wurden Tumornekrosefaktor (TNF)-alpha, Interleukin-8, C5a-Komplement und IgA nachgewiesen. Ein Anstieg von Interleukin-1beta wurde in der Eruptionsphase der Pustel festgestellt. IL-1beta ist ein Aktivator von TNF-alpha, was darauf hindeutet, dass es eine Rolle bei der Pathogenese der Erkrankung spielen könnte. Die Bedeutung von TNF-alpha in der Pathogenese der Erkrankung wird durch das Ansprechen der Erkrankung auf TNF-alpha-Blocker wie Adalimumab hervorgehoben. Einige Autoren vermuten, dass das neutrophile Priming eine Folge der übermäßigen Produktion von TNF-alpha durch Keratinozyten ist. Der Serumspiegel des Chemokins CCL17 (C-C motif chemokine ligand 17) ist erhöht, was auf eine Th2-Reaktion hindeutet (Bhargava S et al. 2020).

Es bestehen Assoziationen zu autoimmunologischen Bindegewebserkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, Medikamente und Infektionen. Weiterhin wurde die Erkrankung mit Pyoderma gangraenosum und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (d. h. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) in Verbindung gebracht. Weiterhin wurde über Assoziationen mit Sjögren-Syndrom und systemischen Lupus erythematodes berichtet.

Hämatologische Erkrankungen: Zahlreiche hämatologische Erkrankungen, darunter aplastische Anämie, Lymphome, chronische lymphatische Leukämie, IgG-Kryoglobulinämie und monoklonale Gammopathien, insbesondere das IgA-Myelom, wurden mit der Subkornealen Pustulose in Verbindung gebracht. Diese können Jahre nach deren Beginn auftreten. Ein regelmäßiges Screening (Paraproteinämie) wird auch bei Patienten empfohlen, die zunächst negativ getestet wurden.

Malignome: Zu den malignen Erkrankungen solider Organe über die berichtet wurde, gehören metastatische Thymome, Apudome und epidermoidale Karzinome der Lunge (Bhargava S et al. 2020).
Medikamente: Berichtet wurde über Medikamente die Reaktionen mit PS- ähnlichen Merkmalen hervorrufen können. Dies betrifft Multikinase-Inhibitoren Sorafenib und Gefitinib. Weiterhin Paclitaxel, Isoniazid, Amoxicillin, Cefazolin-Natrium, sowie COVID-19 Vakzinierung (McCoy T et al. 2023). Als therapeutisches Paradoxon wurde über das Auftreten einer Subkornealen Pustulose durch Dapson und Adalimumab  berichtet.

Infekte:  Die Subkorneale Pustulose kann durch versch. Infektionen verschlimmert werden (Mycoplasma pneumoniae-Infektion, primäre pulmonale Kokzidioidomykose, Harnwegsinfektionen). 

Manifestation

Gehäuft ab dem 50. Lebensjahr auftretend.

Frauen sind 4mal häufiger als Männer betroffen (?).

Seltener bei Kindern.

Lokalisation

Vor allem Stamm und Extremitäten, v.a. intertriginöse Bereiche sind befallen. Fußsohlen und Handteller, Kopf sowie Schleimhäute bleiben frei .

Klinisches Bild

Symmetrisch angeordnete, gruppierte, auch anulär angeordnete, zunächst straffe, bei Größerwerden schlaffe, "Hypopyon-artige" Pusteln, die von einem schmalen entzündlichen Saum umgeben sind. Da die Decke der Pusteln sehr leicht verletzlich ist, platzen diese frühzeitig.  

Durch Konfluenz und Transformation bilden sich zirzinäre oder auch polyzyklische, nässende und krustenbedeckte Areale mit colleretteartigen Blasendeckenresten.

Charakteristisch ist auch das Abheilungsmuster mit flächigen Erythemen, die von einem aufgeworfenen Schuppenkamm umsäumt sind. Häufig kraniokaudaler Ablauf der Exanthemeruptionen.

Bei frischem Pustelschub erhebliches Krankheitsgefühl, begleitet von steilem Fieberanstieg. Stets ist eine neutrophile Leukozytose nachweisbar.

Labor

Erhöhung von BSG und CRP.

Meist ausgeprägte neutrophile Leukozytose.

Pustelausstrich: Zahlreiche Neutrophile, selten Eosinophile.

Serumprotein-Elektrophorese: Paraproteinämie in bis zu 40% der Fälle. Häufig monoklonale IgA-Gammopathie oder IgG-Gammopathie.

Histologie

Bei klinisch voll ausgeprägter Pustelbildung findet sich eine große, meist einkammerige, intraepithelial gelegene Makropustel, deren obere Abdeckung streckenweise oder ausschließlich durch das Stratum corneum (subkorneale Pustel) gebildet wird. Der Pustelinhalt besteht nahezu ausschließlich aus neutrophilen Granulozyten, gemischt mit wenigen apoptotischen Keratinozyten. Die epitheliale Pustelwand wird nur noch durch einen dünnen Epidermisaum gebildet, der schwammartig aufgelockert (spongiform) und von neutrophilen Granulozyten durchsetzt ist. Dichte entzündliche, überwiegend neutrophile Infiltration der unterliegenden Dermisanteile.

Differentialdiagnose

Dermatitis herpetiformis: Immunhistologische Abgrenzung durch den Nachweis granuläre IgA-Ablagerungen im Papillarkörper möglich.

Impetigo contagiosa: Bakteriologische Untersuchung

Bullöses Pemphigoid: Immunhistologische Abgrenzung durch den Nachweis von Immunglobulin-Ablagerungen an der dermo-epidermalen Basalmembran möglich.

Pemphigus vulgaris: Immunhistologische Abgrenzung durch den Nachweis von Immunglobulin-Ablagerungen 

Pemphigus foliaceus: (Minus-) Variante des Pemphigus vulgaris mit hoher intraepidermaler (subkornealer) Kontinuitätstrennung und dadurch sehr dünner, flüchtiger, leicht einreißender Blasendecke. Schleimhautveränderungen fehlen beim Pemphigus foliaceus im Gegensatz zum Pemphigus vulgaris stets.  

Pemphigus erythematosus:Nachweis von IgG-Antikörpern in der Interzellularsubstanz und an der Basalmembran, bis zu 60% positiver Lupusbandtest.

IgA-Pemphigus: IgA-AK gegen Desmollin 1/2 und Desmogleine: Positive Immunfluoreszenz an der Keratinozytenoberfläche.

Genetische Syndrome, die durch Pustelbildung gekennzeichnet sind, wie z. B. pyogene Arthritis/Pyoderma gangrenosum/Akne (PAPA-Syndrom) und das SAPHO-Syndrom.

Pustulöse Psoriasis: Einige Autoren vermuten, dass die subkorneal Pustulose eng mit der pustulösen Psoriasis verwandt ist. Typische histopathologische Merkmale der pustulösen Psoriasis, wie psoriasiforme Hyperplasie, Parakeratose und spongiforme Pusteln, werden bei der Subkornealen Pustulose jedoch nicht festgestellt.

AGEP: Akute generalisierte exanthematische Pustulose: AGEP ist ein plötzlicher, selbstlimitierter Ausbruch, der typischerweise durch ein Medikament oder eine Infektion ausgelöst wird. Das Vorhandensein von systemischen Symptomen, Eosinophilie, ausgeprägtem Ödem der papillären Dermis, Keratinozytennekrose, gemischten neutrophilen-reichen interstitiellen und mitteldermalen Infiltraten mit Eosinophilen in den Pusteln oder der Dermis unterscheidet AGEP von der Subkornealen Pustulose Typ Sneddon-Wilkinson.

Externe Therapie

Austrocknende Maßnahmen mit Lotio alba und Zusatz von 3–5% Clioquinol R050 , ggf. mit Glukokortikoiden wie Betamethason Emulsion/Creme R030 oder Triamcinolon-Creme R259 .

Bestrahlungstherapie

Therapieerfolge mit lokaler PUVA-Therapie, auch in Kombination mit Acitretin (RePUVA) sind beschrieben.

Interne Therapie

DADPS (z.B. Dapson-Fatol) 100-150 mg/Tag, allerdings kann nur morbostatische Wirkung erzielt werden. Versuchsweise aromatische Retinoide wie Acitretin (Neotigason) 0,5-1,0 mg/kg KG/Tag oder Isotretinoin (z.B. Isotretinoin-ratiopharm; Aknenormin) 20-40 mg/Tag.

Bei therapieresistenten Fällen ist eine Methotrexat-Therapie (z.B. MTX) mit 5-15 mg/Woche zu erwägen.

Alternativ kann ein Versuch mit Fumarsäureestern (Fumaderm) unternommen werden.

Alternativ: In Einzelfällen waren die TNF-alpha Inhibitoren Infliximab und Etanercept erfolgreich.

Alternativ: Bei weiteren Einzelfällen wurden über Therapieerfolge mit Ciclosporin A, Mycophenolatmofetil, Adalimumab berichtet. 

Bei Patienten mit assoziiertem Myelom, kam es zur Abheilung der Hautersccheinungen nach suffizienter Therapie des Myeloms.  

Hinweis(e)

Die Entität dieses Krankheitsbildes wird zunehmend in Frage gestellt.

Literatur
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