Primär kutanes CD30 + anaplastisches großzelliges T-Zell Lymphom C86.6

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 04.12.2021

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Synonym(e)

ALCL; Anaplastic large cell lymphoma; Anaplastisches großzelliges T-Zell Lymphom; CD30-positives anaplastisch großzelliges Lymphom; CD30-positives großzelliges kutanes T-Zell-Lymphom; CD30-positives großzelliges T-Zell-Lymphom der Haut; großzelliges CD30-positives kutanes T-Zell-Lymphom; Kutanes anaplastisches großzelliges Lymphom; Primary cutaneous CD30-positive large T-cell-lymphoma

Definition

Malignes T-Zell-Lymphom der Haut, bestehend aus großen Zellen mit anaplastischer, pleomorpher oder immunoblastischer Zytomorphologie, das zu > 75% das CD30-Antigen (Aktivierungsmarker aus der Gruppe der Nervenwachstumsfaktor-Rezeptoren; s.u. Wachstumsfaktoren) exprimiert.

Manifestation

Das mittlere Erkrankungsalter bei Erstdiagnose beträgt etwa 57 Jahre. Männer sind gegenüber Frauen im Verhältnis von 6,7:3,4 betroffen.

Lokalisation

 Bevorzugt an der oberen Körperhälfte. In 43% der Fälle an den Armen. 

Klinisches Bild

Meist solitärer Knoten mit einer mittleren Größe von 2,4cm (bis 7,0cm). Seltener (14%) sind multiple Knötchen oder Knoten in einer Körperregion. Es besteht eine Neigung zur Ulzeration. Spontane Regressionen und erneute Rezidive sind möglich (bei bis zu 25% der Patienten). Im Verlaufe der Erkrankung können sich disseminierte, multiple Knoten entwicklen (Booken N et al. 2012). Die extrakutane Ausbreitung (meist periphere Lymphknoten; weiterhin: zentrale Lymphknoten, Lunge, ZNS) ist insgesamt selten (29% bei Erstdiagnose).

Hinsichtlich der systemischen Formen s.u. Anaplastisches großzelliges Lymphom ALK-positiv (ALCL, ALK+) 

Histologie

Charakteristisch sind überwiegend großzellige, diffuse oder knotige, anaplastische, selten pleomorphe oder immunoblastische Infiltrate der Haut. Mäßige bis fehlende Epidermotropie.

Immunhistologische Kriterien: > 75% der Tumorzellen exprimieren das CD30-Antigen; kleine Lymphozyten sind negativ. T-Zell-Muster sind meist nachweisbar. Bei einem Teil der Tumoren (29%) tritt ein Antigenverlust des Pan-T-Zell-Markers (CD3), bei 14% des T-Zell-Markers CD4 auf.  CD8-Zellen finden sich nur in einem sehr geringen Anteil (<5% CD20+Zellen). Die proliferative Aktivität (MIB-Antikörper) ist bei allen Patienten erhöht. Sie liegt in der Regel bei 55% der Tumorzellen. EMA (= epitheliales Membranantigen) ist bei diesem Lymphomtyp nur sehr vereinzelt reaktiv (Booken N et al. 2011)

Zytogenetisch kann mehrheitlich ein monoklonales Rearrangement von T-Zell-Rezeptor-Genen (TZR gamma-Gene) nachgewiesen werden.

Diagnose

Klinik.

histologische und immunhistologische Untersuchung von Haut und Lymphknoten.

molekulare Diagnostik (T-Zell-Rezeptor-Rearrangement.

Hierdurch ist eine Unterscheidung zwischen monoklonaler und polyklonaler Population möglich). S.a.u. Kutane T-Zell-Lymphome. Nicht empfohlen ist im Rahmen des Tumorstaging eine Knochenmarksbiopsie, da diese in einer Studie nur bei 1/107 Fällen ein positives Resultat erbrachte.

 

 

Differentialdiagnose

Klinisch:

  • Mycosis fungoides: Das klinische Bild des kutanen anaplastischen großzelligen (T-Zell-)Lymphoms kann von dem Tumorstadium der Mycosis fungoides durch die jahrelange "Vorläufersituation" der Mycosis fungoides unterschieden werden. 
  • B-Zell-Lymphom: Eine Neigung zur Ulkusbildung spricht eher gegen das B-Zell-Lymphom
  • Nodales anaplastisches großzelliges Lymphom: Nachweis des extrakutanen Befalls. Der klinische Lokalbefund ist nicht unterscheidbar.

Histologisch:

  • Nodales anaplastisches großzelliges Lymphom: Differenzialdiganose gelingt i.A. nur durch den ergänzenden klinischen Befund (Nachweis des extrakutanen Befalls).
  • Lymphomatoide Papulose Typ C:  Differenzialdiagnose gelingt i.A. nur durch den ergänzenden klinischen Befund (typischer rezidiviereder Verlauf mit langen Latenzen; kein extrakutaner Befall).
  • B-Zell-Lymphome: Auszuschließen durch den beweisenden immunologischen Phänotyp (B-ZellMuster).  

Therapie

  • Bei isoliertem Tumor Exzision oder Bestrahlung: Fraktionierte Radiotherapie (2-3mal/Woche, GD 25-30 Gy, ED 2-5 Gy).
  • Bei multifokalen Läsionen mit Regressionen: Bestrahlungstherapie (s.o.).
  • Bei disseminiertem Auftreten: Chemotherapie oder Bestrahlungstherapie:
    • Chemotherapie:
    • Methotrexat: Zunächst sollte eine Behandlung mit Low-Dose-Methotrexat durchgeführt werden. Bei Rezidiv oder Therapieversagen zunächst Ansatz eines weniger aggressiven Schemas (z.B. Knospe-Schema), bevor aggressivere Kombinationen zum Einsatz kommen. Eingesetzt werden Methotrexat, Knospe-Schema, CHOP-Schema, COPBLAM-Schema. Handling, Nebenwirkungen und Laborkontrollen s. jeweils dort. S.a.u. Zytostatika.
    • Bestrahlungstherapie: Alternativ bei disseminierten Tumoren Ganzkörperbestrahlung mit schnellen Elektronen (GD: 30-36 Gy, ED: 2 Gy).
    • Brentuximab Vedotin ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) mit einem monoklonalen Antikörper, der sich gegen humanes CD30-Antigen richtet. Der Antikörper ist kovalent an 3-5 Moleküle des Zytostatikums Monomethylauristatin E gebunden. Ergebnisse der Zulassungsstudie s. u. Brentuximab Vedotin

Verlauf/Prognose

Im Gegensatz zu den CD30-negativen großzelligen T-Zell-Lymphomen eher günstig; 10-Jahresüberlebensrate etwa 90%.

Literatur
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