Pachyonychia congenita (Übersicht) Q84.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 25.01.2023

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Definition

Unter der Bezeichnung "Pachyonychia congenita" wird eine Gruppe von ektodermalen Dysplasie-Syndromen, mit meist autosomal dominanter Vererbung und unterschiedlich stark ausgeprägten fokalen Palmoplantarkeratosen (Keratosis palmoplantaris) und der Schleimhäute sowie ausgeprägten Nageldystrophien zusammengefasst. Nachweislich sind Mutationen in den Keratin-Genen KRT6b und KRT17. Die Kombination mit diffuser Alopezie ist beschrieben ( Nikoo A 2012).

Einteilung

Die Pachyonychia congenita wird nach den heutigen Erkenntnissen in 4 klinische Subgruppen unterteilt (PC1-4):

  • Typ I: Jadassohn-Lewandowsky Typ (PC-1; OMIM 167200) - autosomal dominante Mutationen in den Genen KRT16 oder KRT6A (Chromosom 17q12-q21).  Bisher wurden bereits 25 Mutationen in KRT16 mit PC in Verbindung gebracht. 21 Mutationen befinden sich auf Exon 1 und 4 Mutationen auf Exon 6. (Xu Q et al. 2019)
  • Typ II: Jackson-Lawler Typ (PC-2; OMIM 167210) - Mutationen in KRT6b und KRT17, Gene die für die jeweiligen Keratine kodieren und die auf Chromosom 17q12-q21 sowie auf 12q13 lokalisiert sind.
  • Typ III: (PC-3; OMIM 615726)- Mutationen in KRT6a, ein Gen das auf Chromosom 12q13.13 lokalisiert ist.
  • Typ IV: (PC-4; OMIM 61528) - Mutationen in KRT6b, einGen das auf Chromosom 12q13.13 lokalisiert ist.

Weiterhin existiert ein spätmanifestierter Typus (Pachyonychia congenita tarda) der entweder dem PC-1-Typ oder dem PC-2-Typ ähnelt.  

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 0,5-1/100.000 Einwohner/Jahr.

Ätiopathogenese

Überwiegend autosomal-dominant vererbte Mutationen in den Keratingenen KRT6a, 6b (Genlokus: 12q13) sowie KTR16, 17 (Genlokus: 17q12-q21); seltener autosomal-rezessive Vererbung und Spontanmutationen.

Die beschriebenen Mutationen der Keratingene KRT16 u. KRT17 betreffen das Helixinitiationsmotiv, ein funktionell bedeutsamer Abschnitt am Beginn der helikalen Struktur der Keratinmonomere. Diese sind für eine ungestörte Bildung von Keratinfilamenten von entscheidender Bedeutung. Hierdurch entstehen Funktionsdefizite der Keratinozyten, z.B. auf normale mechanische Belastung.

Durch Keratingenmutationen verklumpen sich die Keratinfilamente und können nicht mehr mit anderen Zytoskelettstrukturen interagieren. Hieraus resultiert eine verminderte mechanische Belastbarkeit des epithelialen Verbandes.

Manifestation

Meist kongenital. Spätmanifestationen zwischen 10.-30. LJ sind laut Kasuistiken beschrieben.

Klinisches Bild

Angeborene krallenförmige, verdickte Finger- und Zehennägel. Inselförmige oder streifige Palmar-, seltener Plantarkeratosen (PC1), häufig Hyperhidrose. Umschriebene Keratosen an Zehen, Fußsohlen, Ferse, Ellenbogen und Knien. Sebostase und Blasenbildung sind möglich.

  • Schleimhautveränderungen: Weißliche, streifige Plaques an Zunge, Mundwinkeln, Mundschleimhaut und Kehlkopf (Leukokeratosen v.a. PC1 - s. orale Leukoplakie).

Differentialdiagnose

Externe Therapie

Umschriebene Keratosen, insbes. palmar und plantar mit Salicylsäure-haltigem Pflaster (z.B. Guttaplast Pflaster) in Kombination mit Hornhauthobel oder Salicylsäure-haltigen oder Harnstoff-haltigen Rezepturen wie R215 oder R105 behandeln. Zur Onycholyse hoch konzentriert Harnstoff-haltige Externa anwenden (z.B. 40% Harnstoff-Paste, Onychomal Creme, Harnstoff-Paste 40% (NRF 11.30.). Orthopädisches Schuhwerk ggf. nach Hilfsmittelverordnung verwenden.

Interne Therapie

Unter Acitretin (Neotigason) werden gute Resultate beschrieben, initial 0,5–1 mg/kg KG/Tag, Erhaltungsdosis 0,2–0,5 mg/kg KG/Tag. Relativ hohe Dosierung scheint erforderlich.

Hyperkeratosen an der Haut sind hierunter besser rückläufig als Nagelveränderungen.

Rapamycin (m-TOR-Inhibitor) zeigte hinsichtlich der Keratosen eine Besserung der Symptome. 

Operative Therapie

Abschleifen der Nägel. Ggf. operative Entfernung der Nägel einschließlich des Nagelbettes.

Hinweis(e)

Assoziationen mit eruptiven Vellushaar-Zysten sowie mit Steatocystoma multiplex wurden beobachtet (ebenfalls Mutationen des K17 Gens).

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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  4. Hoting E et al. (1985) Systemische Retinoidtherapie mit Etretinat bei Pachyonychia congenita. Hautarzt 36: 526-528
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  9. Swensson O (1999) Pachyonychia congenita. Hautarzt 50: 483-490
  10. Wilson AG (1905) Three cases of hereditary hyperkeratosis of the nail bed. Br J Dermatol 17: 13-14

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