Mykotoxine

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 27.04.2020

This article in english

Synonym(e)

Mycotoxin; Schimmelpilzgifte

Definition

Mykotoxine sind toxische Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen. Etwa 200 verschiedene Toxine sind bekannt; sie werden von etwas über 300 Pilzarten produziert. Rein sprachlich ist der Begriff „Mykotoxin“ von dem Begriff „Pilzgift“ zu unterscheiden. Pilzgifte (v.a. Phallatoxine, Amantinine) werden von Großpilzen gebildet und hier in ihren Fruchtkörpern.

Mykotoxine sind für den Menschen (auch für gleichwarme Tiere) bereits in geringen Dosen toxisch. In Mitteleuropa nimmt die Bedeutung der Mykotoxine zu. Ursache dafür sind Lebensmittelimporte aus Gebieten mit feuchtwarmem Klima. Sie sind in allen Stufen der Herstellung, von der landwirtschaftlichen Produktion über die Lebensmittelverarbeitung bis zur Lagerung vom Befall durch Schimmelpilze bedroht. Außerdem breiten sich toxinbildende Schimmelpilze, vor allem Fusarien (s.u. Fusarium), in gemäßigten Breiten aus.

Die wichtigsten Mykotoxingruppen und ihre Bildner sind:

  • Mykotoxine von Claviceps-Arten (Gruppe der Mutterkornalkaloide)
  • Mykotoxine von Fusarium-Arten (Zearalenon; Fusarenon)
  • Mykotoxine von Penicillium-Arten (Luteoskyrin, Patulin)
  • Mykotoxine von Aspergillus-Arten (Aflatoxine, Sterigmatocystin, Ochratoxin). Aflatoxine, sind eine häufige Ursache von Lebensmittelvergiftungen.  Sie können aber auch über die Raumluft unspezifische gesundheitliche Problemen wie Kopf- und Gliederschmerzen, Schleimhautreizungen hervorrufen.

Einteilung

Mykotoxine können zu folgenden Stoffgruppen zusammengefasst werden:

  • Äthylalkohol - Saccharomyces cerevisiae (Bier, Wein)
  • Aflatoxine
  • Alternaria-Toxine, wie z. B. Alternariol (AOH), Alternariolmonomethylether (AME), Altenuen und Tenuazonsäure
  • Cephalosporin
  • Chaetomin
  • Citrinin
  • Fumonisine (Fusarium verticilloides;  v.aa.im Mais vorkommend, wirken kanzerogen und neurotoxisch) 
  • Fusarium-Toxine s.u. Fusarium
  • Gliotoxin
  • Griseofulvin
  • Mutterkornalkaloide (Ergotalkaloide) -s.u. Secale cornutum
  • Mycophenolsäure - Penicillium roqueforti 
  • Ochratoxine (z.B. Ochratoxin A; in Getreide und Getreideprodukten) 
  • Patulin - Penicllium spp. (in verschimmelten Obstsorten)
  • Penicillin
  • Penitrem A
  • Roquefortin C
  • Satratoxin
  • Sterigmatocystin
  • Tenuazonsäure
  • Trichothecene, wie z. B. Deoxynivalenol (DON), Nivalenol, T-2-Toxin
  • Viomellein
  • Verrucosidin
  • Verruculogen
  • Xanthomegnin
  • Zearalenon (binden an Östrogenrezeptor) 

Allgemeine Information

Fast alle Mykotoxine sind hitze- und säurestabil. Aflatoxine werden z.B. durch UV-Licht zerstört andere Mykotoxine durch Laugen. Durch Kochen und Braten von verschimmelten Lebensmitteln werden die Mykotoxine nicht zerstört.

Die in Deutschland gültigen Höchstgehalte für bestimmte Mykotoxine sind in der Verordnung zur Begrenzung der Kontaminanten in Lebensmitteln (Kontaminanten-Verordnung) zu finden. Aufgrund der krebserzeugenden Wirkung von Aflatoxinen ist weiterhin in der nationalen Verordnung ein allgemeiner Höchstgehalt für alle Lebensmittel die nicht in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 geregelt sind festgelegt. Außerdem bestehen zusätzlich Höchstgehalte für Ochratoxin A in Trockenobst und in Feigen.

Weiterhin verursachen Schimmelpilze über die Freisetzung von flüchtigen organischen Verbindungen (mikrobiologisch produzierte VOC, sogenannte MVOC) ein schlechtes Raumklima, das in der Regel mit modrigem Geruch einhergeht. Das kann zu unspezifischen Beeinträchtigungen, wie Schleimhautreizungen und Kopfschmerzen führen. Konkrete Gefährdungen sind jedoch noch nicht abschließend erforscht und hängen auch stark von der vorhandenen Pilzart ab.

Die von Schimmelpilzen freigesetzten MVOC mit Reizwirkung zählen, sind vor allem Alkohole, Ester, Aldehyde und Ketone. Den typischen Schimmelgeruch verursachen in den Räumen Substanzen wie Geosmin, 1-Octen-3-ol oder 3-Methylfuran. Beim Nachweis von 2-Methyl-1-Propanol, 2-Methyl-1-butanol und Dimethyldisulfid in der Raumluft liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schimmelpilzbefall vor, da diese Verbindungen charakteristische Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen sind.

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Khetan S et al. (2017) Urinary tract infection due to Fusarium oxysporum in an immunocompetent patient with chronic kidney disease. J Biomed Res. doi: 10.7555/JBR.32.20160128. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/29569576
  2. Ortiz J et al. (2018) Multiple mycotoxin exposure of infants and young children via breastfeeding and complementary/weaning foods consumption in Ecuadorian highlands. Food Chem Toxicol 118:541-548.
  3. Ratnaseelan AM et al. (2018) Effects of Mycotoxins on Neuropsychiatric Symptoms and Immune Processes. Clin Ther pii: S0149-2918(18)30229-7.
  4. Verordnung zur Begrenzung von Kontaminanten in Lebensmitteln (Kontaminanten-Verordnung – KmV. 

 

Tabellen

Auflistung der wichtigsten Mykotoxine:

  • Aflatoxine (Aspergillus flavus), auf Nüssen und Ölsaaten – lebertoxisch und leberkarzinogen
  • Alternariol (Alternaria alternata, Alternaria solani), auf Obst, Gemüse, Tabak, Hirse, Nüsse; mutagen
  • Cephalosporin (Cephalosporium acremonium), antibiotisch
  • Chaetomin (Chaetomium-Arten) nephrotoxisch, antibiotische Wirkung auf grampositive Bakterien
  • Citrinin (Aspergillus ochraceus, Penicillium citrinum), auf Getreide, hepatotoxisch, nephrotoxisch, karzinogen
  • Deoxynivalenol (DON) (Fusarium culmorum, Fusarium graminearum, s.u. Fusarium), auf Getreide, gastrointestinaler Reizstoff
  • Fumagillin (Aspergillus fumigatus), hemmt Angiogenese, antibiotisch
  • Fumonisine  (Fusarium-Arten - Fusarium verticilloides) v.a. auf Mais, evtl. karzinogen, teratogen; 
  • Fusarenon (Fusarium-Arten), auf Getreide,  möglicherweise karzinogen
  • Fusarinsäure (Fusaria-Arten), auf Getreide wachsend, schwach toxisch, antibiotisch
  • Gliotoxin  (Aspergillus-Arten, Gliocladium fimbriatum), zytotoxisch, immunsuppressiv
  • Griseofulvin (Penicillium grisefulvum), antibiotisch
  • Kojisäure (Aspergillus- und Penicillium-Arten), Mais und andere Futtermittel, schwach mutagen, mäßig antibiotisch
  • Luteoskyrin (Penicillium islandicum) auf Reis, lebertoxisch und leberkarzinogen?)
  • Mycophenolsäure (s.a. Mycophenolatmofetil)
  • Ochratoxine (Aspergillus ochraceus) auf Getreide und grünem Kaffee, nephrotoxisch
  • Ochratoxin A (OTA) (Aspergillus ochraceus, Penicillium viridicatum), auf Erdnüssen, Mais, Weizen, Baumwollsamenmehl, nephrotoxisch, karzinogen
  • Patulin (Penicillium articae, Penicillium claviformi) auf Äpfeln und Apfelprodukte, Magenschleimhaut-toxisch
  • Roquefortin (Penicillium roqueforti, Penicillium commune) auf Reismehl u. a. Nahrungsmittel, neurotoxisch, paralytisch
  • Sterigmatocystin (Aspergillus nidulans) auf Getreide, lebertoxisch und leberkarzinogen)
  • T-2-Toxin – Trichothecene -  (u.a. Fusarium) auf Getreide, hämatotoxisch
  • Xanthomegnin (Aspergillus-, Penicillium-, Trichophyton- und Microsporum-Arten) auf Fleisch, hepatotoxisch
  • Zearalenon (Fusarium) auf Mais, Getreide, Nüsse,  östrogene Wirkung, Infertilität, fragliche Karzinogenität
Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 27.04.2020