Morbus Bowen D04.9

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 25.01.2022

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Synonym(e)

Bowen Morbus; Bowen`s disease; carcinoma in situ; Carcinoma in situ Typ Morbus Bowen; Dyskeratosis maligna; M.Bowen; squamous cell carcinoma in situ

Erstbeschreiber

Bowen, 1912

Definition

Von den Keratinozyten ausgehendes, meist solitäres Carcinoma in situ der Haut (s.a. Karzinom kutanes), klinisch gekennzeichnet durch eine langsam wachsende, rote Plaque mit schuppender oder schuppend-krustöser, seltener glatter, roter oder rot-brauner Oberfläche. Bei Auftreten an der Genitalschleimhaut wird der M. Bowen als Erythroplasie bezeichnet.

Ätiopathogenese

V.a. UV-Strahlung über längere Zeiträume; seltener chemische Karzinogene (z.B. Arsen; s.a. Arsenintoxikation) sowie humane Papillomaviren (in Einzelfällen wurden folgende HPV-Typen nachgewiesen: 1, 2, 4, 5, 6, 11, 15, 16, 20, 25, 34, 35, 38).

Manifestation

Bei älteren Menschen (> 60 Jahre) auftretend, bevorzugt bei Hellhäutigen.  Dies trifft jedoch nicht zu bei den Fällen die intertriginös und im Genito-Analbereich auftreten.

Lokalisation

Am gesamten Integument möglich; vor allem lichtexponierte Hautareale (Gesicht, Hände) sind betroffen.

Jedoch können auch andere nicht-lichtexponierte  Areale betroffen sein (HPV-Induktion?) wie Leistenregion, Penisschaft oder Vulva, Perianalregion.  

Klinisches Bild

Meist solitäre, seltener multiple, rote oder braun-rote, scharf- und meist unregelmäßig begrenzte, gering erhabene, sich über Monate hinweg langsam peripherwärts ausdehnende (ekzematoide) Plaque.

Größe sehr unterschiedlich: 2,0-10,0 cm.

Oberflächenstruktur: Mit Schuppen oder rauen Schuppenkrusten bedeckte  (selten verruköse Oberfläche).

Evtl. treten flächige oder umschriebene Erosionen auf. Im Zentrum der Plaque auch Vernarbungen. 

Beim scharfen Überstreichen des Herdes wird häufig Schmerzhaftigkeit angegeben.

 

Auflichtmikroskopisch imponieren gruppierte Punkt/Knäuel-Gefäße, Schuppung, das Erythem tritt eher in den Hintergrund

Histologie

 Akanthose der Epidermis, Verlängerung und deutliche Verdickung der Reteleisten. Kompletter Verlust der physiologischen epidermalen Struktur; die Zellen liegen irregulär verstreut und zeigen eine hochgradige Kernpolymorphie, zahlreiche Mitosen sowie typische dyskeratotische Verhornung von Einzelzellen ( Dyskeratose). Gelegentlich vakuolisierte Zellen in den oberen Epidermislagen. Scharfe Abgrenzung zum Korium, intakte Basalmembran. Schütteres Rundzellinfiltrat in der oberen Dermis. Seltener ist eine akantholytische Variante.  

Therapie

  • Als Therapie der ersten Wahl ist die Exzision im Gesunden anzusehen.
  • Bei ungünstiger Lokalisation und Größe können beim alten Menschen ggf. Kürettage oder Röntgen-Weichstrahltechnik eingesetzt werden (tgl. 3-5 Gray bis zur GD von 40-60 Gray, GHWT 1,0 mm).
  • Alternativ: Kryochirurgie (zweimaliger Gefrierzyklus).
  • Alternativ: Behandlung mit extern applizierbaren Zytostatika wie 5-Fluorouracil (z.B. Efudix Creme) jeden 2. Tag über 1 Woche kann erwogen werden und eignet sich insbes. in der Kombination mit Kürettage.
  • Alternativ: Entfernung mit CO2- Laser oder Photodynamische Therapie.
  • Ein experimenteller Ansatz insbes. bei (HPV-positivem M. Bowen) ist die Okklusivbehandlung (3-4mal/Woche über Nacht für 8-12 Std.; Therapiedauer etwa 3-6 Wochen) mit einer 5% Imiquimod-Creme (Aldara). Eine derartige Option ist v.a. bei ungünstiger Lokalisation (z.B. Finger; Cave! hochwahrscheinlich HPV-induziert) zu erwägen. Sorgfältige Nachkontrolle ist zwingend erforderlich! Bei zu starker Reizung, insbesondere bei nässender Entzündung, Reduktion auf 2-malige Therapie/Woche. Gefahr von Superinfektionen u. Pyodermie. In Deutschland z. Zt. nur als Off-Label-Medikation einsetzbar.

Verlauf/Prognose

Nach jahre- bis jahrzehntelangem horizontalem Wachstum Übergang in ein invasives Plattenepithelkarzinom (sog. Bowen-Karzinom) möglich; Metastasierung möglich .

Fallbericht(e)

Seit 2 Jahren bestehende, scharf begrenzte Plaque, von Schuppen und Krusten und Erosionen durchsetzt. Deutliche aktinische Schädigung der Haut des Handrückens. Nach erstmaliger ablativer Lasertherapie ( Erbium-YAG-Laser), Rezidiv innerhalb von 12 Wochen. Diesmal okklusive Lokaltherapie mit 5% Imiquimod Creme, 3mal/Woche; darunter rezidivfreie komplette Abheilung. Die Nachkontrolle 1 Jahr nach Therapie zeigte Rezidivfreiheit.

Literatur
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