Menkes-Syndrom E83.0

Autor: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer

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Zuletzt aktualisiert am: 31.03.2020

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Synonym(e)

Kinky hair disease; Kinky-hair-disease; Kraushaarsyndrom; Kraushaar-Syndrom; Menkes disease; Menke`s kinky hair syndrome; Menkes-Stahlhaarkrankheit; Menkes-Stahlhaar-Krankheit; Menkes-Syndrom; OMIM 30001; OMIN 309400; Pili torti mit Kupfermangel; Stahlhaar-Syndrom; Steely-hair-syndrome; Trichopoliodystrophie

Erstbeschreiber

Menkes, 1962

Definition

X-chromosomal-rezessiv vererbte, fortschreitende, neurodegenerative Erkrankung infolge von Kupferresorptionsstörungen im Darm und von beeinträchtigtem Kupfertransport im Gewebe. Dies führt u.a. zu Störungen der Kupfer-abhängigen Tyrosinase (Depigmentierung der Haare), Anstieg freier Sulfhydrylgruppen im Keratin mit konsekutiver Beeinträchigung der Disulfidbrücken der Keratinmoleküle (Brüchigkeit der Haare).

Vorkommen/Epidemiologie

Inzidenz: 1:298.000 Lebendgeborene.

Ätiopathogenese

X-chromosomal-rezessiv vererbte Mutationen des ATP7a-Gens (Cu-transporting ATPase, alpha polypeptide Gen; Genlokus Xq12-Xq13.3). Das defekte ATP7a-Gen kodiert für eine Kupfer-transportierende ATPase, die für den intrazellulären Transport dieses Spurenelementes zuständig ist (Fujisawa C et al. 2019). Viele Symptome der Kinky hair disease lassen sich auf die verminderte Aktivität von 5 Kupfer-abhängigen Enzymen zurückführen, darunter die Lysyloxidase und die Tyrosinase.

Manifestation

Überwiegend 5. Lebenswoche bis 5. Lebensmonat. Jungen sind bevorzugt befallen.

Lokalisation

Kopfhaar, Augenbrauen.

Klinisches Bild

Hautblässe mit ausgeprägter  Cutis laxa.

Pili torti, spärliche, pigmentarme, borstige, glanzlose, geknickte Haare.

Körperliche- und psychomotorische Retardierung, Krämpfe, oft Hypothermie-Episoden. Wachstumsstörungen mit skorbutartigen Knochenveränderungen. Fortschreitende Dezerebrationszeichen. Maskenhaftes Gesicht mit rundlichen, herabhängenden Wangen, oft starrer Blick. 

Gehirn: Erweiterung der Seitenventrikel, Hypoplasie bzw. Atrophie von Zerebrum und Zerebellum, Demyelinisierung, Leukomalazie, Subduralhämatome.

Skelett: Metaphysäre Becherung und Spornbildung, diaphysäre periostale Auflagerungen, Schaltknochen am Schädel, Osteoporose, selten Platyspondylie.

Gefäße: Tortuositas, Erweiterung (Kalibersprung) und/oder Vermehrung sowie korkenzieherartige Verwindungen v.a. der intrakraniellen und viszeralen Arterien; Blasendivertikel, vesikoureteraler Reflux.

Labor

Pathologisch tiefes Serumkupfer und -coeruloplasmin, abnorm erhöhte Kupferaufnahme durch kultivierte Fibroblasten.

Diagnose

Pränatale Diagnose aus Chorionzotten ist sicherer als aus Fruchtwasserzellen.

Chorionzotten: Kupfer-Gehalt erhöht (ein Mehrfaches der Norm), an Trophoblast-Zellmembran gebundenes Kupfer ist elektronenmikroskopisch nachweisbar.

Fruchtwasserzellen: erhöhte Kupferaufnahme.

Therapie

Unter Kupfersubstitution (Kupferhistidinat) sind Verbesserung der Haarstruktur und Pigmentierung beschrieben. Die Prognose kann hiermit nicht verbessert werden.

Verlauf/Prognose

Der Verlauf ist bestimmt durch Krampfleiden und Luftwegsinfekte (Immobilisierung, Aspiration). Tod im Säuglings- oder Kleinkindesalter, meist im 4. bis 5. Lebensjahr. Sehr selten ist das Überleben ins Erwachsenenalter beschrieben.

Hinweis(e)

Das Ocipital-horn-Syndrom wurde in der Vergangenheit unter "Cutis-laxa" geführt. Es hat jedoch den selben Gendefekt wie das Menkes-Syndrom (Kinky hair disease), sodass es als Minusvariante dieses Syndroms eingestuft werden kann.  

Literatur
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  1. Banci L et al. (2004) Solution structure and backbone dynamics of the Cu(I) and apo forms of the second metal-binding domain of the Menkes protein ATP7A. Biochemistry 43: 3396-3403
  2. Fujisawa C et al.(2019) ATP7A mutations in 66 Japanese patients with Menkes disease and carrier
    detection: A gene analysis. Pediatr Int 61:345-350.
  3. Garnica A et al. (1994) Copper-Histidine treatment of menkes disease. J Pediatr 125: 336-337
  4. Kodama H et al. (2003) Biochemical indicator for evaluation of connective tissue abnormalities in Menkes' disease. J Pediatr 142: 726-728
  5. Menkes JH, Alter M, Steigleder GK et al. (1962) A sex-linked recessive disorder with retardation of growth, peculiar hair, and focal cerebral and cerebellar degeneration. Pediatrics 29: 764-779
  6. Tonnesen T, Kleijer WJ, Horn N (1991) Incidence of Menkes disease. Hum Genet 86: 408-410
  7. Tonnesen T, Petterson A, Kruse TA et al. (1992) Multipoint linkage analysis in Menkes disease. Am J Hum Genet 50: 1012-1017
  8. Vulpe C, Levinson B, Whitney S et al. (1993) Isolation of a candidate gene for Menkes disease and evidence that it encodes a copper-transporting ATPase. Nat Genet 3: 7-13
  9. Zaffanello M et al. (2003) Rare urological abnormalities in 2 cases of Menkes' syndrome. J Urol 170: 1335

Weiterführende Artikel (3)

Menkes-Syndrom; Pili torti; Tyrosinase;

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