Lichtdermatosen (Übersicht) L55-L59

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 29.10.2022

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Synonym(e)

Lichterkrankungen; Lichtprovozierte Dermatosen; Photoaggravierte Dermatosen; Photoaggravierte Hauterkrankungen; Photodermatosen; Photodermatoses; Photosensibilisierung; Sonnenlichtprovozierte Hauterkrankungen

Definition

Im weitesten Sinne durch optische Strahlung (Tageslicht, UV-Strahlung und/oder Infrarot-Strahlen) ausgelöste oder aggravierte, akute oder chronische, entzündliche Hauterkrankungen, die auf genetischen, (auto)immunologischen, allergischen (Photoallergie), toxischen (Phototoxizität) oder degenerativen Pathomechanismen beruhen.

Einteilung

Neben anderen, meist (ätiologischen) Einteilungen bietet sich aus Gründen der klinischen Praktikabilität eine Einteilung nach dem zeitlichen Verlauf der Hauterscheinungen im Zusammenhang mit einer Sonnenexposition an:

Ätiopathogenese

Man unterscheidet bezüglich der Ätiologie im Allgemeinen:

Diagnose

  • Anamnese (oft eindeutig und hinweisgebend für die "Lichtprovozierbarkeit"; ggf. kann ein ätiologischer Faktor in einem Patientengespräch eruiert werden z.B. ein auslösendes Photoallergen)
  • klinisches Bild mit dem "auf den ersten Blick" auffälligen, "lichtbetonten" topographischen Verteilungsmuster (Photodistribution)
  • Lichttreppen (s.u. MED)
  • Photoprovokation
  • Photopatchtest
  • Histopathologie (ggf. direkte Immunfluoreszenz zum Ausschluss einer Autoimmunerkrankung)
  • systemische Provokation bei fraglicher " unerwünschter Arzneimittelreaktion"
  • klinisch-chemische Untersuchungen (z.B. Porphyrinbestimmungen; s.u. Porphyrie); autoimmunologische Laborparameter).

Therapie

  • Die akute Behandlung von (auto)immunologisch-vermittelten Lichtdermatosen (früher idiopathische Formen) sowie medikamentös- oder chemisch-induzierten Lichtdermatosen (endogen, exogen) besteht im Wesentlichen aus entzündungshemmenden Maßnahmen. Verwendung finden externe Präparate wie z.B. Lotio alba und topische Glukokortikoide, in schweren Fällen auch die systemische Gabe von Glukokortikoiden und Antihistaminika. Weitere UV-Exposition bzw. auslösendes Agens (z.B. Medikament) ist zu vermeiden.
  • An erster Stelle steht bei allen Lichterkrankungen die Prävention durch effektiven Lichtschutz.
    • Meidung jeglicher UV-Exposition: Jeder unnötige Aufenthalt in der Sonne mit unbedeckter Haut sollte unterbleiben; bedacht werden muss auch, dass im Schatten ein erheblicher Teil an UV-Strahlung vorherrscht. UVA-Strahlung kann Fensterglas und Windschutzscheiben leicht durchdringen!
    • Schutz durch Kleidung: Das Abdecken der Haut durch Kleidung ist ein effektiver und nebenwirkungsarmer Lichtschutz, es sollte jedoch beachtet werden, dass Stoffe je nach Faser, Farbstoff und Maschenart erhebliche Mengen der Strahlung durchlassen können. Möglichst dicht gewebte Kleidung (z.B. Polyester) verwenden.
    • Chemische Lichtschutzmittel: Durch Absorption von UV-Licht im Bereich der Hornhaut verhindern diese Substanzen ein weiteres Eindringen der Strahlung in lebende Zelllagen. Zugesetzte Antioxidantien vermindern zusätzlich die sekundären photochemischen Reaktionen an körpereigenen Molekülen. Vorwiegend im UVB-Bereich absorbieren Substanzen aus den Stoffgruppen der Paraaminobenzoesäurederivate, der Salicylate, der Kampherderivate, der Zimtsäureester und der Benzimidazolderivate. Sogenannte Breitbandfilter wie Dibenzoylmethane und Benzophenone absorbieren sowohl UVB als auch UVA. Gerade für die häufig vorkommende polymorphe Lichtdermatose sind diese Breitbandfilter von besonderer Bedeutung, verursachen jedoch auch Photoallergien, weshalb aus photoallergischer Sicht physikalischen Lichtschutzfiltern der Vorzug zu geben ist. Des Weiteren ist aufgrund der festgelegten Höchstkonzentration dieser Substanzen kein beliebig hoher Lichtschutz zu erzielen und deshalb ein zusätzlicher physikalischer Lichtschutz hilfreich.
    • Physikalische Lichtschutzmittel: Pigmente aus Titanoxid, Eisenoxid oder auch Zinkoxid in einer Korngröße von 10-60 nm absorbieren im Bereich des UV-Lichtes, reflektieren aber das sichtbare Licht kaum, so dass diese Präparate auch kosmetisch akzeptabler geworden sind und daher in breitem Rahmen angewendet werden können. Die Bildung von gefährlichen Radikalen lässt sich durch ein Coating der Pigmentgranula oder durch eine Dotierung, eine beabsichtigte "Verunreinigung" des Kristallgitters durch Ionen von Zusätzen, vollständig verhindern. Da hier keine Zulassungspflicht besteht und keine Höchstgrenzen festgelegt wurden, lassen sich so Lichtschutzmittel mit fast beliebig hohen Schutzwerten herstellen. Die Zugabe von Antioxidantien verringert sekundär den oxidativen Stress der bestrahlten Haut und reduziert damit weiter die zumindest im UVB-Bereich erfolgende sekundäre Erythembildung. Systemische UV-Schutzpräparate wie Antimalariamittel, Cobilinogen, Folsäure und Nikotinamidsäure waren bisher eher enttäuschend. Tocopherol scheint den Verlauf der polymorphen Lichtdermatose günstig zu beeinflussen.
  • Aktivierung und Vermehrung des körpereigenen natürlichen Lichtschutzes (Pigmentierung, Lichtschwiele) sowie Immunmodulation und Immunsuppression:
    • Phototherapie: Eine Phototherapie vor dem Beginn der sonnenreichen Jahreszeit oder vor Antritt einer Urlaubsreise kann stark beeinträchtigende Krankheitsschübe vermeiden und somit den Patienten mit einer Lichtdermatose angeboten werden. Dieses sogenannte "light-hardening" wird vorzugsweise mit Schmalband-UVB oder auch UVA1 (z.B. Urticaria solaris) durchgeführt. Prinzipiell beginnt man mit sehr niedrigen UV-Dosen und steigert behutsam. Die Therapie erstreckt sich in der Regel über 6-8 Wochen.
    • Photochemotherapie: Bei Versagen der reinen Phototherapie und in Fällen extremer Photosensibilisierung kann auch eine systemische Photochemotherapie ( PUVA-Therapie, systemische) durchgeführt werden, die die wirksamste Prophylaxe bei der chronischen aktinischen Dermatitis darstellt.
  • Antiinflammatorisch wirkende Präparate:
    • Glukokortikoide: Der Einsatz von Glukokortikoiden, extern oder systemisch, sollte auf die kurzfristige Therapie einer akut aufgetretenen Photodermatose und auf die oft schwierige Anfangsphase der Photochemotherapie bei chronischer aktinischer Dermatitis oder Lichturtikaria beschränkt werden.
    • Topische Calcineurin-Inhibitoren (z.B. Tacrolimus) können insbesondere bei der chronischen aktinischen Dermatitis und der aktinischen Prurigo versucht werden.
    • Immunsuppressiva: Azathioprin, Ciclosporin A oder auch Chloroquin können in besonderen Situationen, v.a. in der Therapie der Subtypen der chronischen aktinischen Dermatitis, Anwendung finden.
    • Thalidomid ist das Mittel der Wahl bei schwerer aktinischer Prurigo.
    • Bei der Dermatitis solaris können nichtsteroidale Antiphlogistika wie Ibuprofen p.o. (z.B. Ibuprofen ratiopharm) 400-600 mg/Tag angewendet werden.

Tabellen

Einteilung der Lichtdermatosen nach ihrer Ätiologie


Diagnose

Auslöser

Klinisches Bild

Prophylaxe

Therapie

Dermatitis solaris

UVB

metachrone Ausbildung von Erythem, Ödem, Bläschen, Blasen, Schuppen (typische Entzündungsreaktion, Erythem in der frühen Phase vermittelt durch Prostaglandine)

Lichtschutz (UVB-Sonnenfilter)

Intern (nur bei schweren Sonnenbrandreaktionen): Glukokortikoide, Indometacin oder ASS

Extern: Feuchte Umschläge oder Hydrogele, Glukokortikoide in Form von Cremes, Schaum oder Emulsion; Lotio zinci zur Linderung des Juckreizes und zur Kühlung

Phototoxische Reaktionen

UVA + phototoxische Substanzen, z.B. Methoxsalen, Steinkohle-Teer, Tetracycline

analog Sonnenbrand; auf das bestrahlte Areal limitierte Reaktion

Absetzen der phototoxischen Medikamente, Lichtschutz
(UVA-Lichtfilter)

Extern: Glukokortikoidhaltige Milch, Cremes (Behandlung analog zur toxischen Kontaktdermatitis). Bei großflächigen Blasen Lotio zinci. Therapie wie bei Verbrennungen 2. Grades (Blasen steril eröffnen; Applikation antibiotikahaltiger Kortikoidcremes).

Photoallergische Reaktionen

UVA (UVB selten)
+ Photoallergen
z.B. Sulfonamide, Antidiabetika, Tuberkulostatika

allergische Reaktion vom Typ IV; starker Juckreiz und Hautveränderungen, die über das bestrahlte Areal hinausreichen

Meidung des Allergens, Lichtschutz (UVA)

Extern: Feuchte Umschläge, glukokortikoidhaltige Emulsionen oder Creme.

Intern: Bei schweren Fällen auch systemische Glukokortikoide.

Polymorphe Lichtdermatose

UVA-Strahlen u/o UVB-Strahlen

Papeln, Plaques oder Papulovesikel

Lichtschutz
(Breitband); Lichttraining (Light-hardening, z.B. PUVA-Hardening)

Bestehende Hautveränderungen sprechen auf lokale Glukokortikoide gut an (in schweren Fällen auch systemische Glukokortikoide).


Einteilung der Lichtdermatosen nach klinischer Morphologie

Klinische Morphologie

Diagnose(n)

scharf begrenztes Erythem, ggf. Ödem, Blasen

Phototoxische Dermatitis

Ekzemreaktion

akut: photoallergische Dermatitis

chronisch: chronische aktinische Dermatitis

Aktinische Prurigo

Papeln, Vesikel, Plaques (nicht ekzematös)

polymorphe Lichtdermatose

Lupus erythematodes

Bläschen, Krusten, Narben

Hidroa vacciniformia

Quaddeln

Lichturtikaria

Papeln, Knoten, Ulzera

Aktinische Prurigo

 

Literatur
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  10. Wong SN et al. (2001) Late-onset hydroa vacciniforme: two case reports. Br J Dermatol 144: 874-877

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