Lichen planopilaris L66.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 23.03.2023

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Erstbeschreiber

Kaposi 1895

Definition

Umstrittene Bezeichnung für eine chronische, primär lymphozytäre Follikulitis, die zu einer schleichenden, kompletten Follikelatrophie und Alopezie führt. Der Begriff wird von den meisten Autoren synonym zum Lichen ruber follicularis geführt. Er ist soweit verzichtbar.  

Das hier als Lichen planopilaris beschriebene Krankheitsbild kennzeichnet dieses als atrophisierende, follikuläre Verhornungsstörung (Keratosis pilaris), die entweder unter "Keratosis pilaris decalvans (syn: Keratosis follicularis spinulosa decalvans) oder unter der  postmenopausalen, frontalen, fibrosierenden Alopezie (Gálvez-Canseco A et al. 2018) subsumiert werden kann. 

 

Ätiopathogenese

Unbekannt. 

 

Manifestation

Im mittleren Lebensalter auftretend.  f:m = 8:2.

Lokalisation

Am Capillitium lokalisiert, v.A. in Parietal- und Frontalbereich. Selten okzipitaler Befall.

Klinisches Bild

Diffus über eine kleinere oder auch größere Fläche verteilte, stecknadelkopfgroße, follikuläre, zart- bis kräftig rot gefärbte, halskrausenartig um den Haarfollikel angeordnete Erytheme, die im Verlauf von Monaten 0,05 - 0,1 cm großen, geröteten Papeln mit zugespitzter Hyperkeratose/Follikelhyperkeratose ("pilar casts") mit oder ohne zentralem Haar weichen.

Ältere "ausgebrannte" Areale zeigen eine atrophisch vernarbte, glatt spiegelnde (vernarbende) Alopezie ohne Erytheme oder Follikelstrukturen (Pseudopelade).

Bei einem Teil der Patienten finden sich gleichzeitig Hinweise auf eine noch vorhandene oder bereits ausgebrannte Keratosis follicularis (atrophicans) an den Streckseiten der Oberarme oder Oberschenkel und/oder ein Ulerythema ophryogenes.

Histologie

Interface-Dermatitis mit lymphozytärer Infiltration des Infundibulums und des Isthmus des Follikels.  

Differentialdiagnose

Externe Therapie

Symptomatisch: Topische Glukokortikoide.

Interne Therapie

Experimentelle Ansätze in kleineren Studien: 

  • Anwendung oraler Tetracycline.
  • Mäßig gute klinische Resultate wurden bei Einsatz von Hydroxychloroquin und oralen Retinoiden beschrieben.
  • Berichte über den systemischen Einsatz von "low dose" Methotrexat oder Cyclosporin A liegen vor.

Operative Therapie

Im ausgebrannten Stadium können Haartransplantationen empfohlen werden.

Hinweis(e)

Der Begriff "Lichen planopilaris" wird uneinheitlich gebraucht. Im angloamerikanischen Sprachraum wird er synonym zum "Lichen planus follicularis" gesetzt. Mit dieser Zuordnung würde für nomenklaturische Klarheit gesorgt. Prinzipiell schließen wir uns dieser Meinung an. Wir führen den Begriff Lichen planopilaris nur, um seine Resonanz im internationalen Schrifttum widerzuspiegeln. 

Patienteninformation(en)

Patientenanfrage:

Vor ca. einem Jahr habe ich nach und nach meine Augenbrauenhaare verloren. Ich vermutete eine Hormonveränderung altersmässig (62 Jahre). Vor etwa einem halben Jahr nun merkte ich eine starke Verdünnung der Kopfhaare, vor allem Geheimratsecken und über den Ohren. Der Hautarzt entnahm eine Kopfhautprobe. Befund: Lichen plano pilaris. Nun behandle ich aufgrund seiner Empfehlung dreimal die Woche die Kopfhaut mit Dermovate scalp application-Lösung. Im Netz las ich, dass es gegen diese Krankheit kaum eine Heilung gibt. Was können Sie mir noch raten? Muss ich mit totalem Haarverlust rechnen? Ich habe auf Anraten meines Arztes meine Teilzeitstelle aufgegeben, um die berufliche Stress-Situation auszuschliessen(Nachtwache). Gibt es noch weitere Ursachen dieser Krankheit? Sind noch weitere Symptome bekannt? Mich plagen seitwärts beim Innenfuss-Rist, oberhalb des grossen Zehs schubartige Schmerzen, vor allem öfters in der Nacht oder in der Ruhephase – es sind sehr unangenehme und starke Stiche, die in der Bewegung nicht auftreten. Gibt es womöglich da ein Zusammenhang? Ich habe auch schon an Fibromyalgie gedacht? Vielen Dank für Ihre Antwort.

Bemerkung (Prof. Altmeyer): Klassische Schilderung eines Keratosis-pilaris-Syndroms

Antwort von Prof. Dr. med. Stephan Lautenschlager:

Ihre Schilderung des Haarverlustes passt gut zur Diagnose des "Lichen planopilaris". Diese Erkrankung, deren Ursache bislang nicht geklärt ist, ist glücklicherweise harmlos und kann für Ihre Schmerzen nicht verantwortlich gemacht werden. Leider kann sie jedoch im Bereiche von behaarten Stellen zu Narben führen, weshalb der Verlust von Haaren teilweise irreversibel ist. Ein Therapieziel bei Ihnen muss also sein, den Entzündungsprozess zu stoppen um eine weitere Verschlechterung zu vermeiden, dies kann gut mit Dermovate versucht werden. Falls keine Wirkung zu erzielen ist, können ev. auch Tabletten (Retinoide, Antimalarika oder Prednison) eingesetzt werden. 

Lit: Beitrag entnommen am 18.02.9.30 Uhr aus aus seniorweb: https://seniorweb.ch/2013/12/31/haarverlust-und-lichen-planopilaris/

Literatur
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  2. Chieregato C et al. (2003) Lichen planopilaris: report of 30 cases and review of the literature. Int J Dermatol 42: 342-345
  3. Gálvez-Canseco A et al. (2018) Lichen planopilaris and frontal fibrosing alopecia cannot be differentiated by histopathology. J Cutan Pathol doi: 10.1111/cup.13112. 
  4. Gupta SN, Palceski D (2003) Lichen planopilaris presenting as truncal alopecia: a case presentation and review of the literature. Cutis 72: 63-66
  5. Habashi-Daniel A et al.(2014) Absence of catagen/telogen phase and loss of cytokeratin 15 expression in hair follicles in lichen planopilaris. J Am Acad Dermatol 71:969-972
  6. Lyakhovitsky A et al. (2014) A case series of 46 patients with lichen planopilaris: Demographics, clinical evaluation, and treatment experience. J Dermatolog Treat 1:1-5
  7. Mirmirani P et al. (2003) Short course of oral cyclosporine in lichen planopilaris. J Am Acad Dermatol 49: 667-671
  8. Vaisse V et al. (2003) Postmenopausal frontal fibrosing alopecia: 20 cases. Ann Dermatol Venereol 130: 607-610

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