Keratose seborrhoische (Übersicht) L82

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. Lilli Kuhlwilm

Alle Autoren dieses Artikels

Zuletzt aktualisiert am: 20.05.2022

This article in english

Synonym(e)

Akanthokeratose benigne; Alterswarze; Alterswarzen; Alterswarze seborrhoische; Basalzellpapillom; benigne Akanthokeratose; Epitheliom intraepitheliales vom Typ Borst; Epitheliom intraepitheliales vom Typ Jadassohn; seborrheic keratosis; seborrhoische Alterswarze; seborrhoische Keratose; seborrhoische Warze; SK; Verrucae senilis; verruca seborrhoica; Verruca seborrhoica senilis; Verruca senilis; Warze seborrhoische

Definition

Häufige (häufigste Geschwulst der Haut überhaupt), in Ein- oder Mehrzahl auftretende, gutartige, zunächst flache, bei längerer Bestandsdauer auch deutlich exophytische, verruköse, gutartige, fibro-epitheliale Neoplasie, die mit zunehmendem Lebensalter (klassisches Merkmal der Altershaut) vermehrt auftritt und bei multiplem Auftreten ein kosmetisches Problem darstellen kann. Da die seborrhoische Keratose meist dunkel gefärbt ist, stellt sie die wichtigste (und täglich zu beweisende) Differenzialdiagnose zum malignen Melanom dar.

Einteilung

Klinische Unterteilung der seborrhoischen Keratosen (SK):

  • Lentiginöser Typ (flache, pigmentierte, nicht erhabene (frühe) SK)  
  • Plaque Typ (flach erhabene, pigmentierte oder nicht-pigmentierte SK)
  • Papillomatöser Typ (pigmentierte papillomatöse SK)
  • Filiformer Typ (pigmentierte oder nicht-pigmentierte filiforme SK)
  • Sonderformen:

Histologische Unterscheidung der seborrhoischen Keratose :

  • 6 unterschiedliche Typen können feingeweblich unterschieden werden, wobei die einzelnen Typen sich häufig histologisch überlappen (s.u. Histologie):
    • Hyperkeratotischer Typ
    • Akanthotischer Typ
    • Retikulärer/adenoider Typ
    • Klonaler Typ
    • Irritierter Typ
    • Melanoakanthom.

Vorkommen/Epidemiologie

Es gibt wenige statistisch relevante, epidemiologische Daten bzgl. Prävalenz, Geschlechtsverteilung (Männer/Frauen gleich verteilt?), Hautfarbe (hellhäutige Bevölkerung vermehrt betroffen?) oder geographischer Verteilung.

Die klinische Erfahrung zeigt, dass jenseits des 60. Lebensjahres die Prävalenz bei >90% liegt. 

Ätiopathogenese

Familiäre Prädisposition ist anzunehmen. Möglicher autosomal-dominanter Vererbungsmodus. In einem hohen Prozentsatz wurden in seb. Warzen 1 oder auch 2 Mutationen (FGFR3-, PIK3CA-, KRAS-, HRAS- (s.u. Ras), EGFR-, AKT1-Onkogen s.u. Wachstumsfaktoren) in den wesentlichen Onkogenen der Karzinominduktion nachgewiesen. Die Frage, warum Entwicklung von Malignität praktisch ausgeschlossen ist, bleibt derzeit noch unbeantwortet.    

Manifestation

Vor allem im höheren Lebensalter auftretend. Bei Individuen < 30 Jahren selten anzutreffen.

Lokalisation

Vor allem Brust, Rücken, auch Gesicht, Halsbereich, Streckseiten von Händen und Unterarmen sind befallen. Handflächen und Fußsohlen sind stets ausgespart.

Klinisches Bild

Scharf begrenzte, solitäre, meist jedoch multiple, disseminierte, rundliche bis ovale, wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter große, weiche oder weich-elastische, erhabene, grau-braune oder auch schwarze, breit auf der Unterfläche aufsitzende Gebilde mit zerklüfteter, warziger Oberfläche, durchsetzt von schwarzen Einsprengungen (Hornpfröpfe, die sich auflichtmikroskopisch sehr gut darstellen). In einem frühen Entwicklungsstadium erscheinen die seborrhoischen Keratosen als flache, hautfarbene oder grau-braune Flecken oder Plaques mit mattierter Oberfläche. 

Nicht selten lösen sich durch mechanische Einflüsse (z.B. Abfrottieren) kleinere oder größere Gewebestücke ab. Auch komplette Ablösungen sind möglich. Größere seborrhoische Warzen erscheinen wie auf die Haut "aufgesetzt".   

Passagerer Juckreiz kann vorhanden sein. Patienten weisen manchmal auf eine mit anderen seborrhoischen Warzen idente Warze hin, die immer wieder jucken würde. 

In intertriginösen Arealen finden sich die seborrhoischen Keratosen als glattgescheuerte, flache, häufig hautfarbene Plaques, manchmal auch nässend.  

Auflichtmikroskopisch zeigen die seb. Keratosen unterschiedliche Bilder. Der Nachweis von Hornperlen ist charakteristisch.       

Gestielte VS werden vor allem in den intertriginösen Räumen gefunden.

Klinisch zu den flachen seborrhoischen Keratosen zu zählen sind die unterschiedlich stark pigmentierten Verruca-plana-artigen SK (s.u. seborrhoische Warzen, Verruca-plana-artige), die v.a. an den Handrücken zu beobachten sind (häufig auch bei jüngeren Individuen).

Histologie

Exophytisch wachsende intraepidermale Proliferation ausgereifter spindelzelliger oder basaloider Plattenepithelien mit Hornzysten und Pseudohornzysten sowie unterschiedlich ausgeprägter Hyperkeratose.
  • Hyperkeratotischer Typ: Sägezahnartiges Oberflächenrelief mit distinkter Papillomatose. Voluminöse Orthohyperkeratose sowie nur fokal auch Parahyperkeratose sind vorhanden. Mäßig ausgeprägte Akanthose mit überwiegendem Auftreten spindelzellig differenzierter Keratinozyten. Fehlende oder nur mäßige Hyperpigmentierung. Keine Horn- oder Pseudohornzysten.
  • Akanthotischer Typ (häufigster histologischer Typus): Mächtige homogene oder netzige Akanthose bei mäßiger oder geringer Hyperkeratose und Papillomatose. Zahlreiche Horn- und Pseudohornzysten. Überwiegend basaloid differenziertes Tumorparenchym mit deutlicher Hyperpigmentierung insbes. der dermoepidermalen Junktionszone. In der Dermis besteht häufig ein schütteres lympho-histiozytäres Infiltrat.
  • Adenoid/retikulärer Typ: Der retikuläre Typ wird auch als adenoider Typ bezeichnet, obwohl keine drüsige Genese besteht. Das histologische Bild entsteht durch eine netzige Akanthose bei mäßiger oder geringer Hyperkeratose und Papillomatose. Die miteinander vernetzten Epithelstränge sind 2-3 reihig. Kaum Horn- und Pseudohornzysten. Überwiegend basaloid differenzierte Tumorzellen. Deutliche Hyperpigmentierung des Tumorparenchyms mit Akzentuierung der dermoepidermalen Junktionszone. In der Dermis zeigt sich häufig schütteres lympho-histiozytäres Infiltrat.
  • Klonaler Typ: Kräftige, unregelmäßige Akanthose und Papillomatose bei Orthohyperkeratose. Innerhalb des spindelzellig differenzierten Tumorparenchyms treten deutlich abgesetzte Nester mit basaloiden oder auch blasseren größeren Nestern auf (s.a. Borst-Jadassohn-Phänomen).
  • Irritierter Typ: Proliferation von spindelzellig differenzierten, eosinophilien Plattenepithelien, teils in zwiebelschalenartiger oder wirbeliger Anordnung. Basaloide Formationen fehlen meist vollständig. Vereinzelt bestehen auch Dyskeratosen. Selten Akantholyse.
  • Melanoakanthom: Bild des akanthotischen Typs der Verruca seborrhoica mit homogener Proliferation reifzelliger, überwiegend basaloider Epithelzellen. Geringe oder fehlende Hyperkeratose. Zahlreiche, über alle Lagen des Tumors verteilte Melanozyten. Dichtes Lager von Melanophagen in der Dermis. Geringes schütteres Entzündungsinfiltrat.

Therapie

Merke! Bei Verdacht auf Leser-Trélat-Syndrom: Umfassende Tumorsuche.

In kosmetisch störenden Fällen oder zum Ausschluss anderer Pigmenttumoren Abtragung mit dem scharfen Löffel, mit der elektrischen Schlinge oder mittels Erbium-Yag oder CO2- Laser. Cave! Bei blinden Verfahren ist keine Histologie möglich. Anschließende Wundbehandlung z.B. mit antiseptischen Salben wie Polyvidon-Jod-Salbe (z.B. R204 , Braunovidon Salbe) oder antibiotikahaltigen Salben, (z.B. Fucidine Salbe) und Fettgaze (z.B. Oleo-Tuell, Jelonet) und lockerem Verband. Alternativ austrocknende desinfizierende Externa wie z.B. 0,5% Methylrosaniliniumchlorid-Lösung.

Verlauf/Prognose

Günstig. Keine Hinweise auf Entwicklung von Malignität.

Hinweis(e)

  • Der Begriff "seborrhoisch" weist irreführender Weise auf "Seborrhoe" hin. Mit der Talgdrüse oder deren Funktion hat die seborrhoische Warze jedoch nichts zu tun. Vielmehr bezieht sich die Bezeichnung auf die fettig/wachsartig-anmutende Konsistenz; diese tritt v.a. bei der Flachabtragung zutage. 
  • Als klinische Sonderform ist die Stukkokeratose anzusehen. Histologisch findet sich hierbei der hyperkeratotische Typ.
  • Das eruptive Auftreten multipler Verrucae seborrhoicae ist als paraneoplastisches Syndrom (Leser-Trélat-Syndrom) bekannt und bedarf einer intensiven Tumorsuche.
  • Familiäres Auftreten multipler Verrucae seborrhoicae, insbes. bei Farbigen, wird als Dermatosis papulosa nigra bezeichnet.
  • Die Diagnose "seborrhoische Keratose" ist auf der einen Seite für den erfahrenen Arzt eine  "einfache" Diagnose. Am Wichtigsten jedoch ist ihre sichere Abgrenzung zu einem maligen Melanom. Diese Abgrenzung kann von einem Nicht-Arzt mit der notwendigen Sicherheit nicht vorgenommen werden. Insofern sind wie auch immer geartete Laien- oder auch Ferndiagnosen nur als "vorläufig" und nicht belastbar zu betrachten. Sie bedürfen in jedem Fall der qualifizierten Überprüfung durch einen ausgewiesenen Experten.   

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Argenziano G et al. (2003) Melanoma simulating seborrheic keratosis: a major dermoscopy pitfall. Arch Dermatol 139: 389-391
  2. Braun RP et al. (2002) Dermoscopy of pigmented seborrheic keratosis: a morphological study. Arch Dermatol 138: 1556-1560
  3. Duque MI (2003) Frequency of seborrheic keratosis biopsies in the United States: a benchmark of skin lesion care quality and cost effectiveness. Dermatol Surg 29: 796-801
  4. Hafner C et al. (2010) Multiple oncogenic mutations and clonal relationship in spatially distinct benign human epidermal tumors. Proc Natl Acad Sci 107:20780-20785
  5. Inamadar AC, Palit A (2003) Eruptive seborrhoeic keratosis in human immunodeficiency virus infection: a coincidence or 'the sign of Leser-Trelat'? Br J Dermatol 149: 435-436
  6. Izikson L et al. (2002) Prevalence of melanoma clinically resembling seborrheic keratosis: analysis of 9204 cases. Arch Dermatol 138: 1562-1566
  7. King R (2003) Desmoplastic seborrheic keratosis. Am J Dermatopathol 25: 210-214
  8. Kwon OS et al. (2003) Seborrheic keratosis in the Korean males: causative role of sunlight. Photodermatol Photoimmunol Photomed 19: 73-80
  9. Miracco C et al. (2003) Carcinoma with eccrine differentiation arising in a seborrhoeic keratosis. Br J Dermatol 148: 831-833
  10. Nakamura S, Nishioka K (2003) Enhanced expression of p16 in seborrhoeic keratosis; a lesion of accumulated senescent epidermal cells in G1 arrest. Br J Dermatol 149: 560-565
  11. Nakamura H et al. (2001) Clonal nature of seborrheic keratosis demonstrated by using the polymorphism of the human androgen receptor locus as a marker. J Invest Dermatol 116: 506-510
  12. Pesce C, Scalora S (2000) Apoptosis in the areas of squamous differentiation of irritated seborrheic keratosis. J Cutan Pathol 27: 121-123

Disclaimer

Bitte fragen Sie Ihren betreuenden Arzt, um eine endgültige und belastbare Diagnose zu erhalten. Diese Webseite kann Ihnen nur einen Anhaltspunkt liefern.

Abschnitt hinzufügen

Autoren

Zuletzt aktualisiert am: 20.05.2022