Impetigo contagiosa L01.0

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Johanna Sophia Frikkel

Co-Autoren: Julian Baur, Hadrian Tran, Dr. med. Florian Weid

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Zuletzt aktualisiert am: 11.04.2021

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Synonym(e)

Borkenflechte; Foxsche Impetigo; Hauteiterung; Hautvereiterung; Impetigo parasitaria Kaposi; Impetigo vulgaris Unna; non-bullous impetigo; Schmutzflechte; Streptokokkenimpetigo

Definition

Weltweit verbreitete, epidermale, hochinfektiöse, nicht an die Hautanhangsgebilde (Haarfollikel, Schweißdrüsen) gebundene, bakterielle Infektion der Haut durch Staphylokokken (in 80% der Fälle ist Staphylococcus aureus der alleinige Auslöser) und etwas seltener durch Streptokokken (in 10% sind Streptokokken die alleinigen Auslöser)  (Bemerkung: eine Infektion der Haut mit eiterbildenden Bakterien wird auch ganz allgemein als Pyodermie bezeichnet). Keimreservoir ist häufig der Nasen-Rachenraum.

Einteilung

Man unterscheidet zwei Formen:

(diese Unterscheidung spielt in der täglichen Arbeit keine Rolle mehr und hat eher historische Bedeutung, zumal mit dieser morphologischen Charakterisierung keine klinischen Entscheidungen (z.B. Art des Erregers, Therapie) verbunden sind)

Ätiopathogenese

Vor allem bei Kindern auftretend. V.a. in der warmen Jahreszeit. Die Übertragung erfolgt durch Schmierinfektion (Kontakt direkt über die Haut oder über kontaminierte Gegenstände). So können unter schlechten hygienischen Bedingungen in engen Gemeinschaften wie Familie oder Ferienlager kleine Endemien ausbrechen.  

Voraussetzung für das Zustandekommen einer staphylogenen Impetigo sind die, von  bestimmten Staphylococcus aureus-Stämmen synthetisierten, Exfoliatine A und B. Serin-Proteasen spalten die interzelluläre Haftstrukturen zwischen Keratinozyten im Stratum granulosum und führen auf diesem Weg zur Blasenbildung. Bei einer Impetigo contagiosa mit Staphylococcus aureus als ursächlichem Erreger kann  es bei Neugeborenen in seltenen Fällen, durch die noch fehlende Immunität, zu einer Toxinämie bis hin zur Entwicklung eines SSSS kommen. 

Manifestation

Vor allem bei Kindern und in der warmen Jahreszeit auftretend.

Lokalisation

Meist Gesicht und Hände, unbedeckte Körperregionen. Nicht selten auch Befall der Mundwinkel (Angulus infectiosus) oder des Körperstamms. Selten Befall der Handflächen/Fußsohlen, Finger/Zehen.  

Klinisches Bild

Meist Beginn nach einem Bagatelltrauma. Inkubationszeit 2-10 Tage. Zunächst rote 0,5-3,0 cm große juckende rote Flecken. Später, auf diesen Erythemen Aufschießen von schlaffen, aber auch gespannten Bläschen und Blasen mit klarem Inhalt. Anschließend rasche Umwandlung in dünnwandige, kleinere und größere, auch konfluierte Pusteln. Nach Platzen der Pusteln kommt es zu einer starken Exsudation von eitrig seröser Gewebeflüssigkeit, die schließlich unter  Ausbildung typischer, honiggelber bis bräunlich borkiger Krusten eintrocknet (herkömmliche Bezeichnung: Borkenflechte, Schmutzflechte). Bemerkung: häufig bleiben die Pusteln unbemerkt.

Unbehandelt heilen die nummulären Herde zentral ab, sodass anuläre, peripher migrierende Formationen entstehen können.

Somit wird vor allem das klinische Bild der kindlichen Impetigo nicht durch klar ersichtliche Pusteln gekennzeichnet, sondern durch nässende, verkrustete, juckende Plaques.  

Die Weiterverbreitung der Pyodermie erfolgt durch Autoinokulation, meist durch den kratzenden Fingernagel.

An Handflächen und Fußsohlen können Pusteln über längere Zeit persistieren, sodass sie im Gegensatz zu den kindlichen Impetigoformen das klinische Bild prägen können (s. Abb.).    

Nicht-bullöse Impetigo: Initial i.d.R. auch Bläschen, bei ärztlicher Vorstellung meist nur honiggelbe Krusten. Kommt auch als Superinfektion bestehender Hautdefekte vor (Impetiginisierung), bspw. bei der atopischen Dermatitis, bei Insektenstichen, bei Herpes-simplex- oder VZV-Infektionen.

Diagnose

Nachweis der Erreger (Strepto- oder Staphylokokken) durch Abstrich aus einer noch intakten Blase (Pustel). Material dünn auf Objektträger ausstreichen, lufttrocknen, fixieren und mittels Gramtechnik anfärben. Bei der Gramfärbung lassen sich die Gram-positiven Kokken in Haufen- oder Weintrauben-Form nachweisen. Die Erregerkultur erfolgt meist auf Blutagar. Das Ergebnis ist nach 24-48h ablesbar (Hartman-Adams H et l. 2014). Eine weitere Differenzierung kann mittels der Bunten Reihe erfolgen (Api-Staph-System, Api-20-Strep-System). 

Differentialdiagnose

Superinfizierte Herpes-simplex-Infektion: Gruppierte angeordnete juckende Bläschen mit klarem Inhalt; Anamnese mit bekannten Rezidiven in loco. 

Tinea faciei: langsamer Beginn und langsames Fortschreiten; zirzinäre Begrenzung der Läsionen; mikroskopischer (und kultureller) Pilznachweis       

Akute toxische Dermatitis: plötzlicher Beginn nach Kontaktereignis; vesikulöse Dermatitis; scharfe Begrenzung, Juckreiz.   

Komplikation(en)

Otitis media

Akute poststreptokokken-Glomerulonephritis (PIGN): akute, immunmediierte, postinfektiöse Inflammation der Nierenglomerula, die v.a. Kinder zwischen 5 und 15 Jahren betrifft (Wang D et al. 2017).

Therapie

Abdecken befallener Hautpartien mit einer Mullgaze oder mit einem angepassten Schlauchverband (zur Meidung der Übertragung von Bakterien durch den kratzenden Finger). Kein Pflaster zum Befestigen verwenden.

Krusten werden am besten mit Salben oder weichen Pasten abgeweicht (z.B. 2% Clioquinol-Titanoxidpaste), ggf. darüber desinfizierende Lösungen wie Chinolinol-Lösung (z.B. Chinosol 1:1000) oder R042 oder Polihexanid (Serasept®, Prontoderm®). Statt Clioquinol-Salbe kann auch eine 2% Chinolinol-Salbe (alternativ: Polyvidon-Jod-Salbe wie Betaisodona®) oder eine desinfizierende weiche Zinkpaste (günstig bei Befall intertriginöser Räume) gewählt werden.

Bewährt haben sich v.a. lokale Antibiotika, z.B. Infectopyoderm®, Fusidinsäure (z.B. Fucidine®), Gentamicin (z.B. Refobacin®-Salbe). Als neueres Antibiotikum hat sich Pleuromutilin bewährt. 

Verband 2mal/Tag wechseln: Handschuhe anziehen, Herde mit reinem Olivenöl abtupfen; Krusten zart beseitigen, Pusteln und Blasen mit Kanüle eröffnen, erneut mit Salben behandeln.

Desinfizierende Bäder sind für den Heilungsprozess förderlich (z.B. mit Chinosol 1:1000, Kaliumpermanganat (hellrosa) oder Polyvidon-Jod-Lösung).

Hinweis(e)

Die hier durchgeführte Einteilung in: großblasige Impetigo contagiosa (bullous impetigo) und kleinblasige Impetigo contagiosa (non-bullous impetigo) ist im angloamerikanischen Schrifttum nicht üblich. Dort erfolgt die Einteilung nach "bullous impetigo" für die großblasige Impetigo conatiosa und "non-bullous" für die kleinblasige Impetigo contagiosa. Dies ist insofern gerechtfertigt als Bläschen bei der kleinblasigen Impetigo nur selten gesehen werden. Stattdessen imponieren häufig flächige, schmierige Krustenbildungen.

Literatur
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  1. Hartman-Adams H et l. (2014) Impetigo: diagnosis and treatment. Am Fam Physician 90:229-35.
  2. Mempel M et al (2015) Ausgewählte bakterielle Infektionen der Haut im Kindesalter. Hautarzt 66: 252-257
  3. Rittenhouse S et al. (2006) Selection of retapamulin, a novel pleuromutilin for topical use. Antimicrob Agents Chemother 50:3882-3885
  4. Wang D et al. (2017) Acute postinfectious glomerulonephritis associated with scabies in the elderly: A case report. Parasitol Int 66:802-805.

 

Disclaimer

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