Granulom L92.2

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 24.04.2021

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Erstbeschreiber

Virchow R. 1863

Definition

Knötchen- oder knotenförmige Zellansammlungen, die sich im Verlauf einer chronischen Entzündung ausbildet und hauptsächlich aus Makrophagen bzw. deren Abkömmlingen (Epitheloidzellen = stimulierte, dicht zusammengelagerte Makrophagen; mehrkernige Riesenzellen = fusionierte Makrophagen) besteht. Granulomatöse Entzündungen wurden früher auch als spezifische Entzündungen bezeichnet. Heute geht man davon aus, dass aus der Granulomstruktur lediglich orientierende Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Erkrankung möglich sind.

Einteilung

Man unterscheidet im Wesentlichen:

Ätiopathogenese

Granulome sind als chronische Entzündungen mit unterschiedlichen Ätiologien aufzufassen. Sie treten bei Infektionskrankheiten (Tuberkulose, Leishmaniose, Syphilis), als Fremkörperreaktionen (Siliziumdioxid, Asbest, Silikone, pflanzliche Bestandteile) oder idiopathisch, als Hypersensitivitätsreaktion bei Erkrankungen wie Granuloma anulare oder Sarkoidose

Als Ziel einer granulomatösen Gewebereaktion wird die "Eingrenzung" eines Pathogens vermutet. So wird bei einem mikrobiellen Agens das Granulom als "stabile Einheit" der Infektion bezeichnet, die verhindert, dass sich eine Infektion systemisch ausbreitet. Für die Granulomentwicklung spielen die mit einer Th1-Antwort assoziierten Zytokine eine entscheidene Rolle, dies betrifft v.a. Interleukin-12 und Interferon gamma. Interleukin-12 oder Interferon gamm defiziente Mäuse können nur verzögert oder überhaupt keine Granulome ausbilden.

Andererseits kann die Granulombildung auch als Vorteil für den Erreger aufgefasst werden, da das Immunsystem offenbar nicht in der Lage ist, den Erreger vollständig zu eliminieren.  

Bei granulomatösen Fremdkörperreaktionen spielt die Größe, Zusammensetzung und strukturelle Beschaffenheit des Fremdkörpers eine wesentliche Rolle. Typische Beispiele sind granulomatöse Gewebereaktionen auf Asbestnadeln, auf körpereigene Keratinbestandteile oder Pflanzenstacheln.

Nicht jedes in die Haut eingedrungene Fremdmaterial verursacht  eine granulomatöse Gewebereaktion. Ein Beispiel hierfür sind die Kohlepartikel in der Haut des Bergmanns, oder feinste Farbpartikel bei Tätowierungen die reaktionslos frei im Gewebe oder gespeichert in Makrophagen am Invasionsort verbleiben können. Hier ist eine immunologische Toleranz eingetreten. Auch freies dermales Melanin (bei Pigmentinkontinenz) oder Amyloid bei kutaner Amyloidose induzieren keine granulomatöse Lokalreaktion. Hingegen verursachen andere körpereigene Substanzen wie z.B. Keratinbestandteile aus einer undichten Epithelzyste stets granulomatöse Gewebereaktionen. 

Histologie

Die klassischen Architektur des „reifen „ Granuloms besteht aus einem konzentrischen Lymphozyteninfiltrat, das in seinem Inneren vorwiegend CD68+, antigenpräsentierende Zellen, Epitheloidzellen, mehrkernige Riesenzellen, sowie CD4+ und CD45RO+ Gedächtniszellen umfasst. CD8+ -T-Zellen dominieren in der äußeren Schicht. Es folgen B Zellen in aktive Follikel-artigen Zentren die sekundären lymphoiden Organen ähneln.

Als Besonderheit, der über Wochen dauernden Granulombildung bei Infektionen mit Mycobacterium  tuberculosis,  ist die zentrale „Verkäsung“. Diese stellt sich erst ab einem Mindestvolumen des Granuloms von 0,1 cbmm statt (Ulrichs T et al. 2004) und ist bzgl. ihrer immunologischen Relevanz ungeklärt. Wahrscheinlich jedoch besteht das nekrobiotische Material aus verdämmerten Schaummakrophagen (von Stebut E 2017).      

Der Ablauf der Granulombildung ist phasenhaft.

Das frühe Granulom: Durch spez. Immunsignale kommt es zu einer fokalen Rekrutierung und Ansammlung von mononukleären, myeloiden Zellen (Makrophagen) im Gewebe. Unbekannte immunologische Signale führen zur Bildung von mehrkernigen Riesenzellen.

Das reife Granulom: In dieser Phase ist der typische Aufbau des Granuloms erkennbar mit einem histiozytären Kern und einem umgebenden Lymphozytenmantel. Dieser besteht in erster Linie aus T-Lymphozyten, jedoch auch aus assoziierten B-Zellen, neutrophilen und eosinophilen Granulozyten, Plasmazellen (z.B. bei der syphilitischen Gewebereaktion sehr prägnant).  Dieser überwiegend Th1-assoziierte inflammatorische Prozess dient der Aufrechterhaltung einer stabilen Granulomstruktur. Die Th1-Immunantwort mit den Interferon-gamma produzierenden Th1-Zellen ist die Grundlage  für die Bekämpfung intrazellulärer Pathogene wie Mykobakterien oder Leishmanien. Interferon-gamma führt zu einer Aktivierung von M1-Makrophagen die diese in die Lage versetzen die Erreger abzutöten.

Das chronische Granulom: Nach erfolgreicher Elimination des auslösenden Agens führen antiinflammatorische Signale zu einer Rückbildung der granulomatösen Reaktion. Fehlt dieses Signal so führt das zu einem langzeitigen, erheblichen fibrotischem Umbau des Parenchyms mit unterschiedlichen Störungen der Gewebefunktionen (z.B. bei Sarkoidose und  Granuloma anulare).        

   

      

 

Literatur
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  1. Ulrichs T et al. (2004) Human tuberculous granulomas induce peripheral lymphoid follicle-like structures  to orchestrate local host defence in the lung. J Pathol 204:217-228.
  2. von Stebut E (2017) Was ist ein Granulom?  Hautarzt 68: 520-525. 

Disclaimer

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