Favus B35.0

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 03.01.2021

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Synonym(e)

Dermatomycosis favosa; Erbgrind; Favus alopecia; Favusalopezie; Favus-Alopezie; Flechtengrind; Kopfgrind; Pilzgrind; Scutula; Tinea capitis favosa; Tinea favosa

Definition

Seltene Sonderform der Tinea capitis, mit hochchronischer, zu narbiger Alopezie ( Pseudopéladezustand) führende Entzündung der Kopfhaut mit Bildung charakteristischer schildchenförmiger, myzelhaltiger Krusten (Scutula).

Erreger

Trichophyton schoenleinii, ein zu den Dermatophyten gehöriger Pilz. Übertragung von Mensch zu Mensch, geringe Kontagiosität.

Vorkommen/Epidemiologie

Der Favus ist in Mitteleuropa sehr selten und wird gelegentlich durch Personen aus Endemiegebieten (Nordafrika, Süd- und Osteuropa, Iran, Russland) eingeschleppt.

Manifestation

Vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern auftretend. Schlechte hygienische Verhältnisse und stark abschließende Kopfbedeckungen fördern die Infektion. Mit zunehmendem Alter nimmt die Empfänglichkeit der Haut für den Favus ab. Erwachsene erkranken kaum noch.

Lokalisation

Kapillitium, sehr selten Mitbefall von Gesicht und Extremitäten.

Klinisches Bild

Zunächst mit feinen grauweißen Schuppen bedeckte Erytheme, bei Ausdehnung der Pilzkolonien Entstehung gelblicher Krusten in den Haarfollikeln. Vergrößerung zu den sog. Scutulae (= schüsselförmig gedellte, 0,5 bis 2,0 mm große, teilweise konfluierende gelbe Krusten, die im Zentrum von 1 oder 2 Haaren durchbohrt werden) auch als Favuscutulae bezeichnet. Exsudation, Impetiginisation, penetranter Geruch nach "Mäuseurin". Die Herde fluoreszieren im Wood-Licht grau-grün. Nach Abheilung narbige Alopezie mit einzelnen Haarbüscheln in den atrophischen Arealen (Favus-Alopezie). Meldepflicht!

In selteneren Fällen entwicklen sich klinische Bilder die an eine Tinea amiantacea erinnern (Anane S et al. 2012).

Histologie

Die Scutulae stellen Reinkulturen von Trichophyton schoenleinii (Myzel, Sporen) vermischt mit Zelldetritus und Fetten dar. Nachweis des Pilzmyzels außerdem im Bereich von Haarschäften und Talgdrüsen (PAS-Färbung).

Diagnose

Klinischer (Klinik + Wood-Licht), mikroskopischer und kultureller Erregernachweis.

Therapie

Ohne Therapie schreitet die Erkrankung über Jahre hinweg zentrifugal weiter unter Hinterlassung einer zentralen Vernarbung.

Externe Therapie

Krustenlösende Externa können hilfreich sein wie z.B. 2% Salicylsäure-Salbe (z.B. Salicylvaseline Lichtenstein, R228 ). Evtl. Breitband-Antimykotika wie z.B. 2% Clotrimazol-Cremes/Salben R056 oder Ketoconazol-Lösung (z.B. Terzolin). Verbände anlegen.

Interne Therapie

Standardtherapie mit Griseofulvin (z.B. Likuden M), Kinder: 10 mg/kg KG/Tag, Erwachsene: 500-1000 mg/Tag p.o. Therapiedauer: 2 Wochen, Einnahme mit fettreicher Mahlzeit. Aufgrund der Nebenwirkungen von Griseofulvin wird zunehmend der Einsatz von Azol- Antimykotika, insbes. Itraconazol (z.B. Sempera Kps.) 100-200 mg/Tag p.o. empfohlen (Therapiedauer der Klinik entsprechend).

Verlauf/Prognose

Ohne adäquate Therapie jahrzehntelanger, evtl. lebenslanger Verlauf, jedoch auch spontane Abheilung nach der Pubertät möglich.

Literatur
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  1. Anane S et al. (2012) Tinea capitis favosa misdiagnosed as tinea amiantacea. Med Mycol Case Rep 2:29-31.
  2. Kaposi M (1976) Favus . In Virchow R (Hrsg) Handburch der speciellen Pathologie und Therapie. Verlag F. Enke, Stuttgart S.592-593  

  3. Niczyporuk W et al. (2004) Tinea capitis favosa in Poland. Mycoses 47:257-260.
  4. Poppe H et al. (2013) Pitfall scarring alopecia: favus closely mimicking lichen planus. Mycoses 56:382-384.

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