Exfoliatio areata linguae K14.1

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 02.10.2023

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Synonym(e)

Benign migratory glossitis; Benign migratory stomatitis; Exfoliatio areata dolorosa; Exfoliatio areata mucosae oris; Exfoliatio linguae et mucosae oris; Exfoliativa areata dolorosa; Exfoliativa linguae et mucosa oris; Geographic stomatitis; geographic tongue; Glossitis areata exsudativa; Glossitis exfoliativa marginata; Glossitis geographica; Glossitis migrans; Landkartenzunge; Lingua geographica; Stomatitis areata migrans; Stomatits geographica; Wandering rash of the tongue; Wanderplaques

Definition

Selbstlimitierende, chronisch-exfoliative, über die Zungenschleimhaut wandernde, oberflächliche Epithelablösungen, die sich zu anulären oder polyzyklischen Figuren formieren ("wandering rash; Wanderplaques").

In seltenen Fällen können auch andere Stellen der Mundhöhle befallen sein. Diese Veränderungen werden als Exfoliatio areata mucosae oris oder Stomatitis geographica bezeichnet. 

Vorkommen/Epidemiologie

In zahnärztlichen Kollektiven werden Prävalenzen zwischen 0,6 und 9,8% mitgeteilt. Andere Prävalenzzahlen werden mit 1 - 3% angegeben. Keine gesicherte Geschlechtspräferenz (w>m?).

Ätiopathogenese

Ungeklärt. Anazidität des Magens, Gastritiden, nutritive Faktoren sowie psychogene, neurohumorale und genetische Faktoren werden diskutiert. 

Kombination mit Lingua plicata ist häufig. Diese Konstellation kann als Teilmanifestation eines Melkersson-Rosenthal-Syndroms auftreten. Versch. Autoren sehen die Wanderplaques als Vorläuferstadium der Lingua plicata.  

Die Glossitis mediana rhombica wird als Variante der Wanderplaques betrachtet. 

Auch bei Streptokokken-Infekten oder Candida-Infektionen.

Die Exfoliatio areagta linguae tritt gehäuft bei Patienten mit Psoriasis pustulosa auf (Psoriasis pustulosa - Dreyer LN et al. 2012). In diesem Zusammenhang ist der Nachweis von IL36RN-Genmutationen bei Personen mit Exfoliatio areata linguae (und bei Patienten mit Psoriasis pustulosa generalisata) von pathogenetischer Bedeutung (Liang J et al. 2017).

Weiterhin ist die Lingua geographica eine Teilmanifestation des Reiter-Syndroms

Die Exfoliatio areata linguae wird vermehrt beim Down-Syndrom beobachtet.

Nicht selten werden im Rahmen einer oralen Toxizität von Tyrosinkinaseinhibitoren Wanderplaques als Nebenwirkungen beobachtet.

Manifestation

Bei Kleinkindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen.

Klinisches Bild

Wandernde Abschilferung der obersten Epitheldecke der Zungenschleimhaut. Hierdurch entstehen anuläre, girlandenförmige oder auch landkartenförmige, belagfreie (Abstoßung der hypertrophen Papillen der Zungoberfläche), sattrote (nackte) Plaques, die von einem aufgeworfenen und weißlich verquollenen, fetzigen Randsaum begrenzt werden. Nach einer mehrmonatigen Latenz regenerieren sich die abgestoßenen Papillen erneut. Die Zungenoberfläche erscheint wieder normal. Evtl. Zungenbrennen. Nicht selten ist die Lingua geographica mit einer Lingua plicata vergesellschaftet, auch als Teilmanifestationen eines Melkersson-Rosenthal-Syndroms. 

Histologie

Epithelverschmälerung im Zentrum der Herde, Epithelverbreiterung im Randgebiet. Ödem, entzündliche Zellinfiltrate mit zahlreichen epitheliotropen neutrophilen Granulozyten, seltener sind spongiforme Pusteln nachweisbar; Schwund der elastischen Fasern. 

Differentialdiagnose

Glossitis bei perniziöser Anämie; Anulus migrans bei Psoriasis pustulosa generalisata.

Therapie

Nicht erforderlich, Aufklärung über Harmlosigkeit des Befundes. Bei brennenden Missempfindungen Mundspülungen mit Kamillenextrakt (Kamillosan), Salviathymol oder Dexpanthenol R066 .

Verzicht auf stark gewürzte Speisen, Zitrusfrüchte, Ananas.

Bei Nachweis von Streptokokken oder Candida antimikrobielle Behandlung.

Gute Erfolge wurden mit topisch appliziertem Tacrolimus erzielt (Purani JM et al. 2014). 

Verlauf/Prognose

Obwohl harmlos ist die Erkrankung ungemein lästig und durch gelegentliches Zungenbrennen gekennzeichnet. Spontane Abheilungen sind häufig, lebenslange Persistenz möglich. 

Literatur
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  1. Ching V et al. (2012)  Increased prevalence of geographic tongue in burning mouth complaints: a retrospective study. Oral Surg Oral Med OralPathol Oral Radiol 114:444-448
  2. Dreyer LN et al. (2012) Oral manifestations of psoriasis. Clinical presentationand management. N Y State Dent J 78:14-18
  3. Gupta T et al. (2014) Medical image. A benign glossal lesion. Geographic tongue.N Z Med J 127:88-90
  4. Jainkittivong A et al. (2005): Geographic tongue: clinical characteristics of 188 cases. J Contemp Dent Pract 6 :123-135
  5. Pass B et al. (2005)  Geographic tongue: literature review and casereports. Dent Today 54: 56-57
  6. Prinz H (1927): Wandering Rash of the Tongue. The Dental Cosmos 69 (4):272-275
  7. Purani JM et al. (2014) Treatment of geographic tongue with topical tacrolimus. BMJ Case Rep 2014:bcr-2013-201268

  8. Sibaud V et al. (2014) Oral toxicity of targeted anticancer therapies. Ann Dermatol Venereol 141:354-363
  9. Tarakji B et al.(2014)  Relation between psoriasis and geographic tongue. J Clin Diagn Res 8: ZE06-07

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