Dermatofibrosarcoma protuberans (Übersicht) C44.-

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. Stephan Große-Büning

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Zuletzt aktualisiert am: 25.09.2022

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Synonym(e)

Bednar-Tumor; Dermatofibrosarkom; DFSP; Sarkom Dermatofibrosarcoma protuberans

Erstbeschreiber

Darier u. Ferrand, 1924; Hoffmann, 1925; Bednar, 1957

Definition

Seltener, ausschließlich in der Haut vorkommender, fibroblastischer, intermediärer, lokal aggressiv wachsender, selten metastasierender Tumor des Hautbindegewebes. Das DFSP ist das häufigste Sarkom der Haut.

Einteilung

Eine verbindliche Einteilung wurde bislang nicht vorgeschlagen. Daher kann man grob 3 Stadien unterscheiden:
  • Stadium I: nur Primärtumor vorhanden
  • Stadium II: lokoregionäre Rezidive
  • Stadium III: Fernmetastasierung.

Vorkommen/Epidemiologie

Selten; der Anteil an allen malignen Neoplasien beträgt < 0,1%. Inzidenz: 0,8-5/1.000.000 Einwohner/Jahr. Panethnisch auftretend. Eine größere populationsbasierte Studie in den USA zeigte eine erhöhte Inzidenz bei Afroamerikanern und bei Frauen (Kreicher KL et al. 2016). 

Ätiopathogenese

Die Ätiologie ist im Detail ungeklärt. Beschrieben wurden chromosomale Translokationsmutationen ("Ringchromosomen"), die durch eine Fusion der Chromosomenregionen 17q22 und 22q13 entstehen. Dies sind die Genloci, die auch die alpha-Kette des Kollagen-A1 (COL1A1) und die beta-Kette des platelet derived growth factors (s.u. Wachstumsfaktoren), einem funktionellen Wachstumsfaktor, kodieren. Das nunmehr fusionierte COL1A1-PDGFß-Gen wird als "Ringchromosom" aus den übrigen Genen ausgelagert. Die Folge ist, dass unter dem Einfluss von Transkriptionsfaktoren exzessive Mengen an funktionellem Wachstumsfaktor PDGF-beta gebildet werden, die den Tumor autokrin über PDGF-Rezeptorstimulation zum Wachstum treiben. Diese Fehlfunktion ist hochcharakteristisch für das DFSP (Nachweis in >90%) und gleichzeitig der Schlüssel für die molekular gezielte Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren vom Typ des Imatinib (Glivec).

Manifestation

Auftreten in jedem Lebensabschnitt möglich, Altersgipfel zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr. Mittleres Lebensalter bei Diagnosestellung: 43 Jahre. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen (m:w = 1,2:1,0). Selten tritt der Tumor auch bei Kindern auf (5% der Fälle).

Lokalisation

Vor allem an Stamm (ca. 50-60%), Extremitäten (20-30%), Kopf u. Hals (10-15%) auftretend.

Klinisches Bild

1-10 cm großer, sehr derber, meist hautfarbener bis bräunlich-livider, höckriger, plattenartig ausgebreiteter, vorgebirgsartiger Konglomeratknoten, der aus einem knotigen und einem darunterliegenden plattenartigen Anteil besteht. Typisch ist ein "Eisbergphänomen" (nur ein Teil des Tumors ragt über das Hautniveau heraus, erst beim sorgfältigen Tasten kann man die tatsächliche Größe unter der Oberfläche ermessen).

Das Wachstum erfolgt in zwei Stadien: Zunächst Ausbildung einer derben kutan-subkutan gelegenen plattenförmigen Induration (Stadium 1); dann Übergang in ein "Tumorstadium" mit Ausbildung unterschiedlich großer, sehr fester Knoten (Stadium 2).

Selten ist eine klinische Variante, bei der die Geschwulst als umschriebenes, hautfarbenes oder bräunliches, leicht eingesunkenes (narbenartiges) Areal in Erscheinung tritt ("atrophic dermatofibrosarcoma protuberans" [Pseudonarbe]).

Dermatofibrosarcoma protuberans: 5 cm großes knotiges Infiltrat an der Schulter einer 31 jährigen...

Bildgebung

Auflichtmikroskopisch können (von erfahrenen Untersuchern)  6 dermatoskopische Kriterien für DFSP identifiziert werden ( Bernard 2013):

  • zartes Pigmentnetz (90%)
  • verästelte/verzweigte Gefäße (80%)
  • strukturlose hellbraune Areale (70%)
  • leuchtend, weiße Streifen (70% nur bei Polarisierung nachweisbar)
  • rosafarbener Hintergrund (70%)
  • strukturlose hypo-oder depigmentierte Areale (60%)

Histologie

Infiltrierend wachsender, polymorpher, bindegewebiger Tumor, der die Dermis meist komplett erfasst und die Subkutis in breiten Strängen mitbefällt. Seltener ist die Muskelfaszie mitbefallen. Das Tumorparenchym besteht aus engmaschig miteinander verwobenen Spindelzellbündeln. Die faszikuläre oder radiäre Anordnung ergibt das typische Cartwheel-Muster. Typisch ist ebenso das sog. "Honigwaben-Muster", d.h. das Umfließen der Fettgewebslobuli und Adipozyten durch spindelzellige Tumorformationen. Mäßige Zellpolymorphie sowie deutlich gesteigerte Mitoserate kennzeichnen die Tumorzellen. Charakteristisch ist ein diskontinuierliches Wachstum der Geschwulst, so dass die Beurteilung der seitlichen Tumorränder (Tumorfreiheit) nur in seriellen Schnitten möglich ist.

Immunhistologie: Die Tumorzellen sind durchgängig CD34 positiv (s.u. CD-Klassifikation), CD99 schwach positiv und S100 und SMA (smooth-muscle actin) negativ. Weitgehendes Fehlen von FXIIIa (DD: tief penetrierendes Dermatofibrom). Wichtig ist der CD34-Verlust in sarkomatösen und myxoiden Anteilen; im Bednar-Tumor: Nachweis von S100 positiven dendritischen Zellen.

Elektronenmikroskopie: Stark segmentierte Kerne (Labyrinthkern).

Histologische Varianten:

  • Atrophisches (Morphea-artiges) DFSP (Abgrenzung umstritten)
  • Plaqueartiges DSPF 
  • Granularzelliges DFSP
  • Fibrosarkomatöses DSFP (10-15% Metastasierung!) mit fischgrätenartigen (hering-bone), Mitose-reichen Parenchymformationen.
  • Myxoides DSFP
  • Pigmentiertes DSFP (Bednar-Tumor), Einstreuung dendritische Melanozyten.
  • Riesenzellfibroblastom (juvenile Variante des DFSP; kennzeichnet sich bizarre Riesenzellen, Muzin und gefäßähnliche Spalten).
  • DSFP mit myoider Differenzierung.

Differentialdiagnose

  • Klinisch:
    • Lymphom, kutanes B-Zell-Lymphom: Können solitär auftreten mit exophytischem Wachstum; der entscheidende Unterschied ist die Konsistenz des Knotens, die beim DFSP "holzartig" hart, beim CBCL eher elastisch fest ausfällt. Auch zeigt das CBCL kein Eisbergphänomen.
    • Dermatofibrom: Erreicht kaum die Größe des DFSP. Das sog. tief infiltrierende Dermatofibrom wird in erster Linie am Rumpf und den Extremitäten jüngerer Menschen angetroffen. Sie sind mit 1,0-2,0 cm im Durchmesser größer als die üblichen Formen.
    • Sonstige Sarkome (s.u.): Sehr selten. Klinisch nicht zu differenzieren.
    • Keloid: In junger Patientenpopulation auftretend; hochrote, schnell wachsende, schmerzhafte meist plattenartige Knoten mit glatter Oberfläche. Meist Narbensituation vorausgehend.
    • Metastasen der Haut: Meist schnell wachsende exophytische Knoten: Selten holzartig hart.
    • Basalzellkarzinom: In seltenen Fällen stellen sich BCC, insbes. nach insuffizienter Vortherapie als plattenartige, sehr derbe Indurationen der Haut dar. In diesen Fällen ist die klinische DD schwierig. Histologische Abklärung!
    • Neurofibrom: Meist multipel im Rahmen einer Neurofibromatose. Größe: 0,2-0,5 cm oder >; hautfarben bis bläulich, breit oder gestielt aufsitzende, auffallend weiche Tumoren, evtl. mit Faltenbildung oder als wammenartiges Gebilde (klinisch hierdurch deutlich different).
  • Histologisch:

Therapie

Frühzeitig großzügige Exzision im Gesunden mittels mikroskopisch kontrollierter Chirurgie (MKC). Sicherheitsabstand bei jedem Schritt ca. 1 cm. Lokale Rezidivquote von 50-80%, sind vermutlich auf subklinische, fingerartige Ausläufer zurückzuführen. Ausreichende, lückenlose histologische Randschnittkontrollen sind deshalb unumgänglich, zwei- oder mehrzeitiges Vorgehen ist u.U. notwendig.

Bei einzeitiger Exzision ist ein ausreichend großer Sicherheitsabstand von 2,0-3,0 cm (Leitlinie DDG) einzuhalten (47% Lokalrezidive bei Sicherheitsabständen < 3,0 cm vs. 7% bei Sicherheitsabständen > 3,0 cm). Bei der fibrosarkomatösen Variante des Dermatofibrosarcoma protuberans wird ein Sicherheitsabstand von 3,0-5,0 cm gefordert. Einige Autoren empfehlen die Mitnahme der Faszie.  Lymphknotenausräumung ist i.d.R. nicht indiziert, sie muss nur bei entdifferenzerierten DFSP erwogen werden, die die Fähigkeit zur Metastasierung besitzen.

Nur bei nicht operationsfähigen Patienten erfolgt Bestrahlungstherapie (hochenergetische Photonenstrahlung) der Primärtumormanifestation mit 2 Gy ED 5mal/Woche und 60-70 Gy GD und ausreichend großem Sicherheitsabstand von 3-5 cm. Die Radiotherapie ist mit einer hohen Rezidivquote belastet!

Bestrahlungstherapie

Strahlentherapie ist indiziert bei primärer Inoperabilität, R1- oder R2-Resektion sowie bei Z.n. mehrfachen Rezidiven. Das Zielvolumen umfaßt den Primärtumor, postoperative Narben sowie einen Sicherheitsabstand von 3-5 cm. Die Einzeldosis beträgt 2 Gy und wird 5mal/Woche angewendet. Gesamtdosis: 60 Gy (mikroskopischer Tumor) bis 70 Gy (makroskopischer Tumor) bei kurativer Zielsetzung. Palliativ und abhängig von der Lokalisation mit entsprechenden umgebenden Risikostrukturen sind 50 Gy Gesamtdosis anzustreben. Der Sicherheitsabstand beträgt ca. 3-5 cm.

Interne Therapie

Eine effektive Chemotherapie ist nicht bekannt.

Der Tyrosinkinasehemmer Imatinib (Glivec®) ist für die Therapie des nichtoperablen DFSP zugelassen. Imatinib unterbricht die durch PDGF induzierte Wachstumsstimulation (s.u. Ätiologie). Die Therapie mit Imatinib kann auch bei ausgedehnten, schwierig operablen Tumoren zur Tumorreduktion angewendet werden (70% der Fälle sprechen therapeutisch an).

Verlauf/Prognose

Im Allgemeinen hat das DFSP bei lege artis durchgeführter OP-Technik eine exzellente Prognose mit einer 10-Jahres-Überlebensquote von bis zu 99%.  

Cave: Lokale Rezidivquote von 50-80% bei ungenügendem operativem Sicherheitsabstand.

Lymphknotenmetastasierungen können auftreten, sind aber selten. Fernmetastasen werden in der Regel nur nach langer Bestandsdauer und bei häufigen Rezidiven gesehen (< 0,5% der Fälle).

Rezidive sind auch nach Strahlentherapie beschrieben. 

Nachsorge

Klinische Nachkontrollen (und ggf. Sonographie im Narbenbereich) im ersten Jahr in 3-monatigen, anschließend in 6-monatigen und nach 3 Jahren in jährlichen Abständen. Tumornachsorge insgesamt über 5 Jahre.

Hinweis(e)

Wird das uniforme storiforme Zellmuster des Dermatofibrosarcoma protuberans durch Abschnitte mit hoher Zelldichte, Kernpolymorphie und Mitoserate durchbrochen, so liegt hierbei eine sarkomatöse Entartung (CD34 Negativität) mit der Gefahr einer Metastasierung vor.

Das seltene fibrosarkomatöse Dermatofibrosarcoma protuberans hat eine größere Tendenz zur Metastasenbildung als das nicht fibrosarkomatöse DFSP. Daher der größere Sicherheitsabstand von 3,0-5,0 cm. 

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

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Zuletzt aktualisiert am: 25.09.2022