Dermatitis solaris L55.-

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles

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Zuletzt aktualisiert am: 09.11.2023

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Synonym(e)

Dermatitis photoelectrica; Erythema solaris; Phototoxic dermatitis; Phototoxische Dermatitis; Sonnenbrand

Definition

Häufige, akute, toxische Dermatitis als Folge einer übermäßigen Exposition mit ultravioletter Strahlung. Sie tritt v.a. bei sonnentwöhnten, hellhäutigen Kindern und Jugendlichen auf, denen Erfahrungen im Umgang mit Sonne fehlen. Mehr als 75% aller Sonnenbrände werden in der Altersgruppe bis 20 Jahre beobachtet.

Vorkommen/Epidemiologie

Rund  41% aller Deutschen erleiden 1x/Jahr eine Dermatitis solaris. In der Gruppe  der 18-29-Jährigen betrug die Häufigkeit/Jahr 71%, bei den > 60-Jährigen 16%. In der Gruppe der <30-Jährigen hatten rund 25% mehr als 1x/Jahr eine Dermatitis solaris.    

Ätiopathogenese

Phototraumatische Reaktion mit zytotoxischem Prozess durch die UVB-Fraktion des Lichtes. Obwohl die Pathophysiologie von thermischen Verbrennungen und der Dermatitis solaris ähnlich ist, verläuft die Zeitkurve unterschiedlich. Bei Verbrennungen tritt innerhalb weniger Minuten ein Erythem auf, bei der Dermatitis solaris wird dies zeitverzögert innerhalb von 3-5 Std. nach UV-Einstrahlung beobachtet mit einem reaktiven Maximum nach 12-24 Std.

Manifestation

Kinder und Jugendliche bevorzugt betroffen 

V.a. bei pigmentarmen Personen (Hauttyp I und II).

Gehäuft in Frühjahr und Sommer oder nach einer ersten stärkeren Sonnenexposition nach längerer, fehlender Exposition.

Häufig auch bei Aufenthalt in Hochgebirgslagen und an der See (Fehlen der UV-absorbierenden Staub- und Dunstteilchen). Hinzu kommt in diesen Regionen die UV-Reflexion durch Sand, Wasser und Schnee. 

Klinisches Bild

Die Dermatitis beginnt innerhalb der ersten 6 Std., erreicht nach 12-24 Std. ihren Höhepunkt und klingt je nach Intensität der toxischen Reaktion, nach 72 Std. wieder ab.

Anfangs zeigen sich an der Haut flächige (meist großflächige) scharf auf den Expositionsort begrenzte, juckende und schmerzende  Erytheme und z.T. auch flächenhafte Anschwellungen durch Ödembildung sowie Hitzegefühl.

Bei stärkerer Hautschädigung intensive  Schmerzsymptomatik.

Je nach Ausmaß der Schädigung, Ausbildung von kleinen und größeren subepithelialen Blasen.

Abheilung unter Krustenbildung, groblamellärer Abschuppung und ggf. bleibender Hyperpigmentierung; nur bei stärkster Schädigung Narbenbildung.

Bei Befall großer Hautflächen Systemzeichen wie: Fieber, allg. Krankheitsgefühl, Exsikkation, Abfall der Blutzuckerwerte.

Komplikation(en)

Erhöhtes Risiko für die Entwicklung von epithelialen (s.u. Karzinom der Haut) und melanozytären Malignomen (s. Melanom malignes).

Therapie

Einlieferung in ein Krankenhaus ist notwendig bei Patienten mit Verbrennungen 2. Grades (Blasenbildung) von > 10-15% der KO, bei Kindern 5-10% KO. S.u. Verbrennungen.

Externe Therapie

Im Stadium erythematosum: Feuchte Umschläge, kühlende Externa wie Cremes, Lotionen und Schaumsprays (z.B. 0,1% Hydrocortison-17-butyrat Creme [z.B. Laticort-Creme]). In häuslicher Umgebung können auch Leitungswasserumschläge (sauberes Baumwolltuch befeuchten) appliziert werden. Keinesfalls Eis- oder Cold-Packs benutzen, da Gefahr einer lokalen Kälteschädigung. Der Kühlung kommt eine bedeutende Funktion durch Reduktion der Schmerzen zu.

Bei stärkerer Verbrennung: Kurzfristig mittelstarke bis starke Glukokortikoide als Creme oder Lotion wie z.B. 0,1% Betamethason-Lotio R030 , 0,1% Hydrocortisonbutyrat (z.B. Alfason), 0,25% Prednicarbat-Creme (z.B. Dermatop), 0,1% Methylprednisolon-Creme (z.B. Advantan). Dieser Therapieansatz basiert auf klinischen Erfahrungen. Gesicherte Erkenntnisse hinsichtlich eines positiven Effektes dieser Therapie liegen nicht vor!

Im Stadium vesiculosum: Mittelstarke Glukokortikoide (s.o.). Feuchte Umschläge, ggf. mit antiseptischen Zusätzen, z.B. Polihexanid (Prontosan) oder Octenidin (Octenisept) zur Vermeidung von Sekundärinfektionen, s.a. Verbrennung.

Interne Therapie

Unmittelbar nach Sonnenexposition Acetylsalicylsäure (z.B. ASS) einmalig 1 g und Vit. C (z.B. Cebion Tbl.) 400-1000 mg. NSAIDs werden wegen mangelnder Studienergebnisse nicht mehr grundsätzlich empfohlen. Wahrscheinlich wirken sie nur analgetisch! In schweren Fällen Glukokortikoide, systemische p.o. in mittlerer Dosierung wie Prednisolon 40-60 mg/Tag (z.B. Decortin H), schnell ausschleichen.

Prophylaxe

Laut einer Forsa-Umfrage aus dem Jahre 2015 benutzen 17% nie ein Sonnenschutzprodukt, Männer seltener als Frauen (14%/21%). 70% der Befragten verzichten auf intensives Sonnebaden. 63% schützen sich durch Kleidung oder Kopfbedeckung. 36% vermeiden konsequent die Sonne in der Mittagszeit.      

Phytotherapie extern

Hinweis(e)

Wichtig ist die Kenntnis über Medikamente und Produkte, die die Lichtempfindlichkeit steigern (s. u. Phototoxizität).

Eine Dermatitis solaris kann als Triggerfaktor für andere Erkrankungen fungieren (s.a. Lichtdermatosen) - z.B. Psoriasis vulgaris, systemischer Lupus erythematodes .

Literatur
Für Zugriff auf PubMed Studien mit nur einem Klick empfehlen wir Kopernio Kopernio

  1. Amelot A et al. (2014) Phototoxic reaction associated with Malarone (atovaquone/proguanil) antimalarial prophylaxis. J Dermatol 41:346-348
  2.  DAK-Pressemitteilung: Sonnenbrand.  DAK Pressemitteilung 2016
  3. Jaworski K et al. (2014)  Cutaneous adverse reactions of amiodarone. Med Sci Monit 20: 2369-2372
  4. Lampel HP (2015)  Acute phototoxic reaction in a century cyclist. Clin J Sport Med 25:e28
  5. Proksch E et al. (2007) Rationale Behandlung von Patienten mit Verbrennungen 1.Grades. Hautarzt 58: 604-610
  6. Zink A et al. (2014) Images in clinical medicine. Phototoxic dermatitis. N Engl J Med 371:559

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