Dermatitis herpetiformis L13.0

Autoren: Prof. Dr. med. Peter Altmeyer, Prof. Dr. med. Martina Bacharach-Buhles, Dr. med. S. Leah Schröder-Bergmann

Co-Autoren: Dr. med. Lucian Cajacob, Sietske Poortinga

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Zuletzt aktualisiert am: 12.02.2024

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Synonym(e)

Dermatite polymorphe douloureuse; Dermatitis herpetiformis Duhring; DH; DhD; Duhringsche Krankheit; Duhring`s disease; Hidroa bullosa; Hidroa herpetiformis; Hidroa mitis et gravis; Hidroa pruriginosa; Maladie de Duhring; Morbus Duhring; Morbus Duhring Brocq; NGS; Nonceliac gluten sensitivity

Erstbeschreiber

Fox, 1880; Duhring, 1884. Duhring gab ihr den Namen Dermatitis herpetiformis.Zuvor war sie von der Wiener Schule mit dem chronischen Pemphigus und dem Erythema exsudativum mulitforme verwechselt worden. Die älteren französischen  Autoren wie Bazin hatten sie als kleinblasigen Pemphigus oder Hydroa bullosa bezeichnet. Der Franzose Nodet hat sich schon 1880 von dem echten Pemphigus getrennt und ihr den Namen "Pemphigoides polymorphes Erythem" gegeben. Die Engländer bevorzugten in Anlehnung an T.und C. Fox den  Namen Hydroa herpetiformis. Noch in den 50ern des letzten Jahrhunderts war der Zusammenhang mit der Glutensensitivität völlig unbekannt (J Darier).   

Definition

Seltene, glutensensitive, chronische Autoimmunerkrankung (Autoantigene sind sowohl die Gewebstransglutaminase (T2) als auch die epidermale Transglutaminase (T3)) mit disseminierten, gelegentlich auch herpetiform angeordneten, exkoriierten, kräftig roten, 0,1-0,2 cm großen, urtikariellen Papeln, Papulovesikeln und reinen Bläschen.

Schwere Verlaufsformen kennzeichnen sich durch entzündliche Plaques, die sich in flache schmerzhafte Ulzera umwandeln können.

Charakteristisch für die vesikulösen Effloreszenzen ist ein brennender oder stechender "Juckreiz". Diese Form des "Juck-Schmerzes" ist das Leitsymptom, das die Pat. zum Arzt führt. Auch bei der ulzerösen Form der DhD ist der stechend-brennende Schmerz ein hervorstechendes Merkmal.

Die Erkrankung wird als kutane Manifestation einer (nicht IgE-vermittelten), immunologischen Glutensensitivität (Zöliakie) verstanden. Während bei einer DhD fast immer auch eine (häufig asymptomatische) Zöliakie vorliegt, weist nur ein kleiner Teil (etwa 3%) der Zöliakie-Patienten eine Dermatitis herpetiformis auf. 

Manifeste Darmsymptome werden nur bei etwa 25% der Fälle der Dermatitis-herpetiformis-Patienten beobachtet. 

Vorkommen/Epidemiologie

Die Inzidenz der DhD liegt zwischen 0,4 - 3,5 pro 100.000 Menschen pro Jahr, die Prävalenz zwischen 11,2 und 75,3 pro 100.000. Die höheren Raten sind häufig in Ländern wie Finnland zu finden, da diese Krankheit bevorzugt bei Personen nordeuropäischer Abstammung auftritt. Umgekehrt ist die DhD in asiatischen Bevölkerungsgruppen selten (Makino T et al. 2019) und bei Afroamerikanern sogar noch seltener. DhD kann in jedem Alter auftreten, wird aber am häufigsten im Alter von 30 bis 40 Jahren diagnostiziert, mit einem Mittelwert von 43 Jahren. Es überwiegen die Männer mit einem Verhältnis von 1,5:1-2:1 (Nguyen CN et al. 2021).

Insgesamt scheint die Inzidenz der DhD rückläufig zu sein (?). Diese Aussage steht im Gegensatz zur festgestellten vierfachen Zunahme der Inzidenz der Zöliakie (Salmi TT 2019).

Ätiopathogenese

Verschiedene Auslöser werden diskutiert:

  • Autoimmunerkrankung mit IgA - Antikörperbildung gegen die epidermale Transglutaminase (tGA), einem entscheidenden Antigen im Endomysium.
  • Häufig (95-100% der Fälle) bestehen Assoziationen mit HLA-Klasse II-Molekülen (DQ2). Ein kleinerer Teil (2-10%) exprimiert serologisch den DQ8-Haplotyp. Die Deamidierung nach dem für Transglutaminase 2 charakteristischen Muster (Q-X-P-Motive) macht Gliadinpeptide immunogener, da sie dadurch besser in die HLA-DQ-Rille von Antigen-präsentierenden Zellen passen (Sollid LM et al. 2011). In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass nur HLA-DQ2.5, 2.2 und DQ8 Gliadinpeptide an T-Zellen präsentieren können. Es können somit nur Patienten mit diesen genetischen Allelen erkranken. Dies ist der Grund dafür, dass die Zöliakie in der kaukasischen Bevölkerung, in der arabischen Bevölkerung und in Indien weit verbreitet ist. Da HLA-DQ2- und DQ8-Moleküle z.B. in afrikanischen und asiatischen Ländern selten ist, tritt die Zöliakie hier nur in Ausnahmefällen auf (Korponay-Szabô IR et al. 2015).  HLA-DQ2- und DQ8-Moleküle benötigen saure Reste an bestimmten Positionen, damit Peptide andocken können , wodurch eine effektive Bindung von Gliadin-spezifischen T-Zellen erfolgen kann. 
  • Assoziationen mit Schilddrüsenantikörpern und/oder Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis).
  • Nachweis von IgA-Antikörpern gegen das Autoantigen der Zöliakie (Gewebetransglutaminase). Zirkulierende Gewebetransglutaminase-Antikörper unterstützen die Diagnose, ihr Fehlen schließt DhD jedoch nicht aus (Salmi TT 2019). Sie sind insbesondere nach längerer Gluten-Karenz nicht mehr nachweisbar!
  • Darüber hinaus werden prädisponierende Faktoren gehäuft beschrieben, u.a.:
    • Besondere Empfindlichkeit gegenüber Halogenen, vor allem Jod
    • ein Fokalgeschehen
    • Maligne Tumoren oder Systemkrankheiten, v.a. B-Zell-Lymphome (im Gegensatz zur Zöliakie bei der vermehrt T-Zell-Lymphome beobachtet werden (Collin P et al. 2017).
    • Veränderungen der Jejunumzotten (diese sind bei nur etwa 1/4 aller DhD-Patienten nachweisbar, was zu der meist fehlenden Darmsympotmatik passt - Collin P et al. 2017). 

Grundsätzlich liegen der Zöliakie und der DhD anfänglich der selbe Pathomechanismen zugrunde. Bei genetischer Disposition (s.o.) und bestimmten Umweltfaktoren, entsteht eine systemische Autoimmunerkrankung mit spezifischen gegen Transglutaminasen gerichteten (IgA-) Antikörpern (Bemerkungen: In der Haut können 6 Isoenzyme der Transglutaminasen (Tg) gefunden werden. Die meisten spielen bei der Verhornung eine Rolle! So führen z.B. Mutationen im Gen der Transglutaminase 1 (TGM1) zur Lamellären Ichthyose). Aus nicht bekannten Gründen bleiben Darmveränderungen (im Gegensatz zur klassischen Zöliakie) bei der DhD anfänglich und auch im späteren Verlauf der Erkrankung häufig klinisch symptomlos (s.a. unter symptomatischer Zöliakie). Insofern halten diese Patienten auch keine Glutenkarenz ein! Dieses "nicht-diätetische Verhalten" führt nach mehreren Jahren der "ungewollten,  jedoch permanenten Glutenprovokation" zur Bildung von hochaffinen AK gegen Transglutaminasen (TG). Die im Serum auftretenden Antikörper bilden sowohl mit der epidermalen Transglutaminase (Tg3) als auch mit der Gewebstransglutaminase (Tg2) (IgA-TG-Isoenzyme) Immunkomplexe. Diese Immunkomplexe zirkulieren, können sich sowohl in den Nierenglomeruli (mögliche Entwicklung einer IgA-Nephropathie) als auch in läsionaler und gesunder Haut (Papillenspitzen, Basalmembran) ablagern. Dort lassen sie sich immunhistologisch (direkte Immunfluoreszenz) granuläre lineare oder auch diskontinuierlich Fluoreszenzen in den Papillenspitzen nachweisen. 

Bemerkenswert ist, dass bei Patienten mit Zöliakie, IgA-Ablagerungen auch in nicht-inflammatorischer Haut nachweisbar sind. Diese immunologischen Befunde widersprechen der unitarischen ätiopathognetischen Bedeutung der papillären Immunkomplexablagerungen für die dermale Inflammation der DhD (Antiga E et al. 2019).  Zusammen mit anderen Gluten-induzierten Erkrankungen werden Zöliakie und DhD unter dem Oberbegriff der glutensensitiven Erkrankungen (GRD) zusammengefasst. 

Manifestation

Auftreten ist in jedem Alter möglich. Betroffen sind v.a. Erwachsene im Alter von 25-55 Jahren. Männer sind etwas häufiger als Frauen befallen (M:F = 6:4).

Kinder sind selten betroffen.

Lokalisation

Meist symmetrisches Verteilungsmuster.

Befallen sind v.a. oberer Schultergürtel (machmal in akneiformer Verteilung), Glutaealregion, Capillitium, Unterarmstreckseiten, Ellbogenbereiche, Oberschenkel- und Unterschenkelstreckseiten, Knieregionen. 

Seltener befallen sind Gesicht und Ohrregion (auch in den äußeren Gehörgängen).

Schleimhäute sind meist frei. Jedoch werden (selten) aphthöse, schmerzende Erosionen an Mund-und Genitalschleimhaut beobachtet.

Vereinzelt, wenn auch selten, werden "Herpes-simplex-artige" Läsionen des Lippenrots gefunden. 

Klinisches Bild

Plötzlicher, seltener auch langsam schleichender, Beginn mit disseminierten, symmetrischen, stark juckenden/brennenden oder stechend-schmerzenden, 0,1-0,2 cm großen, urtikariellen Erythemen. Innerhalb dieser Erytheme kommt es zur Bildung gruppierter Papeln und/oder Bläschen. Die Bläschen erodieren relativ schnell, und hinterlassen eine kleine krustige Papel. 

Es kommt durch die Schubhaftigkeit der DhD zur Ausbildung einer "synchronen Polymorphie" mit Bläschen, Quaddeln, Papeln, verkrusteten kleinen Erosionen, aber auch zu langwierigen und therapieresistenten Ulzera sowie unterschiedlich großer Narben. Dieses bunte Effloreszenzenmuster ist v.a. Bereich der Ellenbogen und am Gesäß nachweisbar. Seltener sind flächenafte rote Plaques (s.Abbn.)."Aphthöse" orale oder genitale Schleimhautbeteiligungen können, wenn auch selten beobachtet werden.

Charakteristisch ist ein extrem chronischer Verlauf. Schübe dauern einen Monat bis über 1 Jahr. Intermissionen können Wochen bis Jahre andauern. Ausdehnung und Intensität schwanken in weiten Grenzen. Eine morphologische Minimalvariante kann eine völlig erscheinungsfreie Haut mit attackenartigem Juckreiz sein, ein Befund der differenzialdiagnostische Probleme aufwirft. 

Bei ausgeprägter Glutensensitivität können Diätfehler, nach Stunden oder Tagen, zu akuter Schubaktivität mit juckenden bis schmerzenden, hochroten urtikariellen Exanthemen, ggf. kombiniert mit rhinopathischen und bronchitischen Symptomen führen. Eine chronische Enteropathie ist möglich aber nicht obligat (Zeichen der Zölikie).

Hingegen besteht bei der (seltenen) Dermatitis herpetiformis im Kindesalter eine enge klinische Korrelation zu einer glutensensitiven Enteropathie (Sprue). 

Labor

In einigen Fällen Bluteosinophilie.

Antikörpernachweis:

  • Anti-Gliadin-AK, Anti-Endomysium-AK, AK gegen Gewebstransglutaminase.
  • AK gegen die epidermale Transglutaminase (sensitivster serologischer Test zur Diagnosesicherung).
  • Hinweis: nach monatelanger Glutenkarenz vermindern sich die Antikörperspiegel und können auch komplett negativ werden.

Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass es auch Fälle von serologisch primär negativer Fälle von DhD gibt.   

Histologie

Ausbildung von subepidermalen Spalten bis hin zu Bläschen; Blasenbildung erfolgt unterhalb der Lamina densa.

Im initialen Stadium (urtikarielles Stadium) bildet sich ein Infiltrat aus neutrophilen Granulozyten in der oberen und mittleren Dermis mit fokaler Epidermotropie. Stellenweise auch Leukozytoklasie.

Im Stadium der Blasenbildung formieren sich neutrophile und eosinophile Granulozyten zu intrapapillären Mikroabszessen, die nahezu pathognomonisch, jedoch nicht immer nachweisbar (Serienschnitte) sind. Häufig Nekrose der basalen Epidermiszellen.

Im Stadium der reifen subepidermalen Blase zeigt sich ein zunehmend lymphozytäres Infiltrat mit zahlreichen neutrophilen Granulozyten am Blasenboden sowie am seitlichen Blasenrand. Eosinophile Granulozyten sind in der Minderzahl.

Dünndarmbiopsie: Die Entnahme von Dünndarmschleimhautbiopsien ist bei der Diagnose DH nicht erforderlich. Wenn sie dennoch durchgeführt wird, zeigt sich bei der Mehrzahl der Patienten eine Zottenatrophie, und selbst bei Patienten mit normaler Zottenarchitektur liegt eine Entzündung vom Zöliakie-Typ vor (Salmi TT 2019).

Direkte Immunfluoreszenz

Feingranuläre Ablagerung von IgA und Komplement, meist kontinuierlich entlang der dermo-epidermalen Junktion, aber auch fokal in den Papillenspitzen; Nachweis sowohl in befallener als auch in unbefallener Haut. IgA-Transglutaminase-Immunkomplexe lassen sich auch in der Wand kleiner Gefäße nachweisen.

Bei japanischen Patienten wurde eine DhD mit fibrillären Ablagerungen der IgA-Immunkomplexe in der papillären Dermis beschrieben ( Makino T et al. 2019).

Indirekte Immunfluoreszenz (nach Ausschluss ein IgA -Defizienz): Nachweis von IgA-AK gegen Transglutaminase 3, Endomysium-IgA-AK, AK gegen Gliadin und eventuel Schilddrüsen-AK sowie AK gegen Parietalzellen.

Diagnose

Die Direkte Immunfluoreszenz (DIF) ist der diagnostische Goldstandard der DhD mit einer Sensitivität von 90-95 % und einer Spezifität von 95-100 %. Die Biopsie sollte aus der unbeteiligten periläsionalen Haut entnommen werden, da diese Regionen deutlich mehr IgA-Ablagerungen enthalten und läsionale Biopsien im Allgemeinen eine höhere falsch-negative Rate aufweisen. Der pathognomonische Befund bei der DIFs sind granuläre IgA-Ablagerungen in den dermalen Papillen und/oder an der dermoepidermalen Grenzfläche.

Eine DhD mit IgA-Ablagerungen ausschließlich entlang der dermoepidermalen Grenzfläche kann jedoch mit einer linearen bullösen IgA-Dermatose verwechselt werden; in diesem Fall sind weitere serologische Tests erforderlich.

Weniger häufig wurde ein fibrilläres Muster von IgA-Ablagerungen in den Hautspitzen von DhD-Patienten beschrieben. Dieses Muster unterscheidet sich vom granulären Muster dadurch, dass die IgA-Ablagerungen als lineare Streifen und nicht als feine Körnchen erscheinen. Das fibrilläre Muster ist in Japan häufiger anzutreffen und kann dort bei bis zu 50 % der Patienten gefunden werden.

Neben IgA wurden auch IgM und C3 an den dermalen Papillen und an der dermoepidermalen Grenzfläche nachgewiesen.

Wenn ein Patient mit hohem klinischen Verdacht auf DhD ein negatives DIF-Ergebnis aufweist, sollte erwogen werden, die Biopsie aus einer neuen, "normal" erscheinenden, periläsionalen Hautstelle zu wiederholen. Falsch-negative Ergebnisse treten bei etwa 5 % der Biopsien auf. Hinweis:  Eine strenge Glutenfreie Diät kann den IgA-Spiegel in der Haut senken, was sich auch auf die DIF-Ergebnisse auswirkt, im Gegensatz zu pharmakologischen Behandlungen, die die IgA-Ablagerungen nicht verändern.

Insofern muss bei der IF-Diagnostik die Ernährung des Patienten mitbewertet werden. Falls der Patient eine strenge Glutenfreie Diät befolgt, sollte nach einem Monat bei "normaler" Gluten-haltiger Ernährung erneut biopsiert werden. In seltenen Fällen kann auch eine Rebiopsie bei DhD-Patienten nicht zu dem gewünschten Ergebis führen. In diesem Fall muss die Kombination aus klinischen, histopathologischen und serologischen Daten zur Erstellung der Diagnose herangezogen werden.

Komplikation(en)

Enteropathie: Die meisten Patienten mit DhD haben Anzeichen für ein gewisses Maß an zöliakieartiger Schädigung in ihrem Dünndarm; diese ist jedoch in der Regel milder als bei Zöliakie (CD). Folglich können Patienten mit DH in der Anamnese GI-Symptome wie Blähungen, Durchfall oder Verstopfung aufweisen, die jedoch in der Regel eher geringfügig sind.

Aufgrund der Assoziation mit der glutensensitiven Enteropathie können bei Patienten mit DhD-Komplikationen der Malabsorption wie Nährstoffmangel, Osteoporose, Minderwuchs, Anämie und Gewichtsverlust auftreten. Diese sind bei DhD jedoch im Gegensatz zu Zöliakie selten. Weiterhin  können sich auch Zöliakie-bedingte Komplikationen wie ulzerative Ileitis oder Non-Hodgkin-Lymphome sowie maligne Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts entwickeln.

Die Diagnose DhD ist wie bei Zöliakie mit einem deutlich erhöhten Risiko für ein Non-Hodgkin-Lymphom verbunden. Allerdings ist dieses Risiko nur in den ersten fünf Jahren nach Diagnosestellung erhöht. Es wurde sowohl über T-Zell- als auch über B-Zell-Lymphome berichtet, wobei B-Zell-Lymphome häufiger vorkommen.

Neurologische Funktionsstörung: In seltenen Fällen wurde die Glutensensitivität mit neurologischen Funktionsstörungen wie zerebellärer Ataxie, Polyneuropathien, Epilepsie, Myelopathie und Enzephalopathie in Verbindung gebracht. In Fallberichten wurde beschrieben, dass DhD mit verschiedenen neurologischen Pathologien einhergeht. Die Inzidenzraten dieser Erkrankungen wurden bei DhD nicht untersucht, sind aber vermutlich gering. Trotzdem sollten sich Dermatologen dieser Assoziation bewusst sein und bei Bedarf an einen Neurologen überweisen.

Autoimmunkrankheiten und assoziierte Erkrankungen: Es gibt Assoziationen zwischen der Diagnose DhD und einer Vielzahl anderer Autoimmunkrankheiten, wobei die häufigsten Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse und Diabetes mellitus Typ I sind. Andere, seltenere Erkrankungen sind perniziöse Anämie, Multiple Sklerose, Sjögren-Syndrom, SLE, rheumatoide Arthritis, Vitiligo, Alopecia areata, Dermatomyositis, Sarkoidose, Morbus Addison, Psoriasis und atopische Dermatitis. Die meisten Kliniker können Patienten mit DhD leicht auf Schilddrüsenerkrankungen (TSH, T3, T4 und Anti-Schilddrüsenperoxidase) und Typ-1-Diabetes (Serumglukose) untersuchen und sollten anhand der damit verbundenen Anzeichen und Symptome auf andere Autoimmunerkrankungen testen.

DhD ist auch mit einem erhöhten Risiko für bullöses Pemphigoid verbunden. Über die Diagnose DhD und die anschließende Diagnose BP wurde in unterschiedlichen Abständen berichtet. Daher sollten Dermatologen auf die Möglichkeit einer neuen Diagnose von bullösem Pemphigoid achten, wenn sich das klinische Bild durch die Bildung großer Blasen ändert und/oder eine glutenfreie Diät nicht mehr wirksam ist (Nguyen CN et al. 2021).

Therapie

Diät und Substitution von Vitaminen und Eisen:

  • Konsequente glutenfreie Diät: Die Behandlung der Wahl bei DH ist eine strikte, lebenslange Einhaltung einer glutenfreien Diät. Neben der Linderung der Symptome der DH und der Heilung der Dünndarmschleimhautschäden erhöht eine einer glutenfreie Diät die Lebensqualität der Patienten und verringert das Risiko für Lymphome bei DH (Salmi TT 2019).
  • Bei glutenfreier Diät bleibt etwa 1/3 aller Patienten auch ohne Therapie erscheinungsfrei. Meiden aller Getreideprodukte (Gerste, Hafer, Roggen, Weizen). Auch bei fehlenden Zeichen einer Zöliakie (Steatorrhoe) lässt sich bei den meisten Patienten histologisch eine Zottenatrophie sichern.
  • Jodarme Diät: Kein Jodsalz, keine Seefische, wenig Milchprodukte, ausgewählte Wurst- und Fleischwaren (da häufig mit Jodsalz behandelt), keine jodhaltigen Medikamente.
  • Medikament der 1. Wahl ist nach wie vor Dapson; Dosierung: 50-150 mg/Tag bis max. 300 mg/Tag (z.B. Dapson-Fatol), Cave! Met-Hb Bildung! Vor Therapiebeginn Bestimmung der Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase! Nach Abklingen der Erscheinungen minimale Erhaltungsdosis über Jahre. Auslassversuch frühestens nach 6 Monaten.
  • alternativ Colchicin: Bei Sulfonamidunverträglichkeit Colchicin (z.B. Colchicin dispert) 3mal 0,5 mg/Tag.
  • alternativ: in therapierefraktären Fällen Versuch mit Ciclosporin A (z.B. Sandimmun Optoral) 5 mg/kg KG/Tag, ggf. Dosissteigerung auf 7 mg/kg KG/Tag.
  • Bei starkem Juckreiz Antihistaminika wie Desloratadin (z.B. Aerius) 1-2 Tbl./Tag. Bei Gluten-induzierter Enteropathie Behandlung durch Internisten, guter Effekt kann mit Sulfasalazin (z.B. Azulfidine) in mittlerer Dosierung (3-6 g/Tag) erzielt werden.
  • Eisensubstitution: Hb-Defizit in g/l × 25 = Gesamtbedarf an Eisen in mg.
    • Peroral: (z.B. Ferro sanol duodenal) 2(-3)mal 50 mg/Tag, später 2(-3)mal 100 mg/Tag p.o. möglichst auf leeren Magen.
    • Intravenös: (z.B. Ferrlecit) selten notwendig, Erwachsene 3,2-5,0 ml/Tag langsam i.v.
    • Intramuskulär: (z.B. Ferrum Hausmann) Erwachsene 4 ml/Tag i.m., Kleinkinder: 5 mg/kg KG/Tag p.o., verteilt auf 3 ED über 3 Monate. Intramuskuläre Gabe bei Kleinkindern (z.B. Ferrum Hausmann): Zickzackartige Einspritzung (Hautpigmentierung!). Hb-Defizit (Altersnorm) × KG (in kg) × 3,5 = Eisenbedarf in mg. 1-2 ml i.m. jeden 2. Tag. Cave! Keine gleichzeitige Gabe mit Tetracyclinen, Antazida, Colestyramin, Penicillamin.
  • Vit. B12-Substitution (z.B. Neurotrat B 12): Induktion mit 1000-2000 μg/Woche i.m., i.v., oder s.c. Retikulozyten nach 5-8 Tagen ansteigend. Erhaltungsdosis: 100-300 μg alle 2 Monate.
  • Folsäuresubstitution (z.B. Folsäure-Hevert): 5-15 mg/Tag p.o. Kinder: 5-10 mg/Tag p.o. über 4 Wochen oder 0,2 mg/Tag parenteral über 4 Wochen.
  • Vit. D Substitution: Vit D3 (Dekristol, Vigantoletten): 5000-10.000 IE/Tag p.o. über 6 Wochen, später 2000-5000 IE/Tag über mehrere Monate. Unbedingt Calciumzufuhr (4mal/Tag 250 mg p.o.).ä
  • Experimentell: In Einzelfällen kann der Einsatz von Antibiotika deutliche positive Effekte hervorrufen. So wirkt auch das penicillinasefeste Betalactam-Antibiotikum Flucloxacillin in mittlerer oder niedriger Dosierung. 

Externe Therapie

Antipruriginöse Behandlung z.B. mit 3% Polidocanol-Creme (z.B. Thesit oder als Rezeptur: Polidocanol-Creme 2–5%).

S.a.u. Antipruriginosa. Bei stark entzündlichem Charakter kurzfristig oder intervallartig schwache oder mittelstarke Glukokortikoid-Cremes/Emulsionen wie 0,05% Betamethason-Lotio (z.B. Betagalen, R030 ).

Tabellen

Gluten- und Jod-freie Diät bei Dermatitis herpetiformis Duhring

Nahrungsmittel

erlaubt

verboten

Brot

Kartoffel-, Mais-, Reis-, Sojabohnenmehl

sämtliche Brot-, Gebäck- und Kuchensorten aus üblichen Getreidesorten s.o.

Obst

alle Sorten

Gemüse

alle Sorten

Milchprodukte

(wenig wegen Jod)

naturbelassene Milchprodukte wie Frischmilch, Naturjoghurt, Kefir, Dickmilch, Buttermilch, Sahne

Fruchtjoghurt (enthalten häufig nichtdeklarierte Bindemittel), Körnerjoghurt

Fett

tierische Fette, Margarine, Kokosfett, Sonnenblumenöl, Distelöl, Maisöl, reine Mayonnaise

Weizenkeimöl, mit Mehl hergestellte Marinaden und Saucen

Bindemittel

Maisstärke (z.B. Mondamin), Kartoffelstärke

Nudeln

Fleisch

reines Fleisch

mit Teigwaren zubereitete und gestreckte Fleischprodukte, mit Jod-Salz vorbehandelte Produkte

Gewürze

alle Gewürze außer

Jod-Salz

Käse

alle Käsesorten außer

Schmelzkäse, andere Formen weiterbearbeiteter Käse, die Stärkezusatz enthalten können

Süßspeisen, Süßigkeiten

Pudding aus erlaubten Mehlsorten, Stärke, Gelatine, Bonbons, Marmelade/Gelee, Konfitüre, Honig, Nutella, Schokolade ohne Getreidezusätze

Kuchen, Torten, Pudding, Fertigprodukte aus Getreidemehlsorten

Getränke

alle Fruchtsäfte, Mineralwasser, Tee, Bohnenkaffee, Wein, Kakao, Maisbier

alle Biersorten (außer Maisbier)

Diät/Lebensgewohnheiten

Bei einem Patienten mit lange bestehenden "dyshidrotischen Bläschen", die sehr stark hämorrhagisch waren, konnte Herr Rose histologisch und serologisch eine Dermatitis herperiformios nachweisen. Nach genauer Instruktion über glutenfreie Ernährung bestellte sich der Patient im Flugzeug ein Fischgerischt, wonach es zu einem schweren Schub kam. Mittlerweile reagiert er auf Jod so stark, dass er nur noch Irisches Fleisch verträgt, weil nur dieses ohne Jodsalz gefüttert wird.

Hinweis(e)

Diagnose:

  • Klinik, Histologie (papilläre Mikroabszesse)
  • Jejunumbiopsie
  • Immunhistologie (Nachweis der granulär abgelagerten IgA-Komplexe an der dermo-epidermalen Junktion).
  • Serologischer Antikörpernachweis (s.o.).

Literatur
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